Wie können Angehörige Alkoholprobleme ansprechen?
Angehörige sind oft die ersten, die registrieren und mitkriegen, da trinkt jemand zu viel. Von daher sind Angehörige diejenigen, die den Betroffenen am ehesten ansprechen können und das ist eine ganz wichtige Aufgabe oder Funktion, die Angehörige haben können, weil es in der Regel sonst niemand tut. Und wenn ich jemanden anspreche als Angehörige, der oder die zu viel trinkt, gelten auch die Regeln der guten Kommunikation, also sachlich bleiben, die Beobachtungen mitteilen und vor allen Dingen auch mitteilen, wie ist es für mich als Angehöriger, dir gegenüber zu sitzen, wenn du zu viel getrunken hast? Und das heißt, ein bisschen Realität ins Geschehen zu bringen, welche Auswirkungen hat der Konsum eigentlich? Das ist etwas, was Angehörige sehr gut tun können. Und wenn das alles ohne Vorwurf gelingt, dann ist schon viel erreicht.
Was sollte beim Ansprechen des Trinkverhaltens vermieden werden?
Was keine gute Idee ist, ist jemanden anzusprechen, der gerade trinkt oder getrunken hat. Alkohol vernebelt die Sinne, da kann ich kein vernünftiges Gespräch führen, das endet mit hoher Wahrscheinlichkeit im Streit. Wenn Sie merken, etwas eskaliert, der Streit wird zu groß, es hat keinen Zweck, nicht dazubleiben, nicht weiter zu streiten, nicht weiter Vorwürfe zu machen, sondern für sich zu sorgen und zu sagen, ich mache jetzt etwas für mich. Es ist auch keine gute Idee, mitzutrinken und zu sagen, wir beide hören dann nach zwei Gläsern auf, dann behält Alkohol einfach so die zentrale Stellung im Geschehen. Und was auch eine wichtige Geschichte ist für Angehörige: sich keine Schuldgefühle einreden zu lassen. In Streits kommt es manchmal so Sätze wie, wenn du nicht so viel mit mir streiten würdest, dann würde ich weniger trinken. Den Schuh muss sich niemand anziehen. Wenn jemand trinkt, hat er oder sie selbst die Verantwortung dafür.
Wie können Angehörige konkret unterstützen?
Was eine Unterstützung sein kann, ist natürlich, denjenigen zu begleiten. Zum Beispiel Suchtberatungsstellen sind ja zuständig. Ich komme mit, mach du den Termin, nicht der Angehörige übernimmt diese Aufgabe, der Betroffene soll es tun, aber anzubieten mitzukommen. Oder auch gemeinsam im Netz zu recherchieren, was Selbsttests angeht, Reduktionsprogramme oder auch zu gucken, welche Selbsthilfegruppen gibt es in meiner Gegend, die ich vielleicht ansprechen kann? Und auch da können Angehörige unterstützen, indem sie mitgehen, wenn es denn gewünscht ist.
Was hilft nicht?
Dazu muss man wissen, dass jemand, der alkoholabhängig ist oder auf dem Weg dahin ist, am ehesten aufhört oder sich überlegt aufzuhören, wenn er oder sie die Konsequenzen spürt. Also sowas, wie Ärger auf der Arbeit, Freunde ziehen sich zurück, Schulden, Geldmangel und dergleichen. Wenn ich dem Trinkenden immer aus der Patsche helfe, denken Angehörige oft, er hat mehr Zeit und Raum, sich damit zu beschäftigen aufzuhören. Was sie aber erreichen, ohne es natürlich zu beabsichtigen, ist, dass derjenige einfach, muss man so klar sagen, in Ruhe weiter trinken kann, weil die Konsequenzen einfach nicht spürbar sind. Was Angehörige aber tun können, ist, unabhängig davon, ob der Betroffene aufhört oder nicht, ganz alleine für sich selber etwas zu tun, was ihnen guttut. Um das rauszufinden und auch umzusetzen, braucht es eben oft auch Unterstützung, zum Beispiel durch Gespräche in einer Suchtberatung.