Behandlungsziele
Behandlungsziele bei Insomnie sind die Verbesserung der nächtlichen Schlafqualität und Schlafdauer sowie eine bessere Tagesbefindlichkeit.
Warum Insomnie behandelt werden sollte, erklärt Prof. Dr. Dieter Riemann, Leiter der Abteilung Schlafforschung an der Universitätsklinik Freiburg, im Film:
Die kognitive Verhaltenstherapie ist auf die Ursache der Schlafstörung ausgerichtet und nicht nur auf die Beschwerden. Oft spielen psychische Faktoren eine Rolle bei der Entstehung und dem Andauern einer Insomnie. Nach den aktuellen ärztlichen Leitlinien wird daher die Verhaltenstherapie, möglicherweise kurzfristig in Kombination mit Medikamenten, bei Insomnie als die Methode der Wahl empfohlen.
Die Behandlung der Insomnie mit schlaffördernden Medikamenten kann lediglich die Beschwerden wie Einschlaf- und Durchschlafschwierigkeiten lindern, geht aber nicht deren Ursachen an. Schlaffördernde Medikamente sollten laut ärztlicher Leitlinie nur über einen kurzen Zeitraum eingenommen werden. Bei einigen Medikamenten besteht bei längerer Einnahme das Risiko, eine Abhängigkeit zu entwickeln.
Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
Zur kognitiven Verhaltenstherapie wird eine Vielzahl psychotherapeutischer Methoden gezählt. Man geht dabei davon aus, dass unser Verhalten erlernt ist und verändert oder wieder verlernt werden kann. Unser Erleben und unser Verhalten werden durch Wahrnehmungen, Einstellungen und Überzeugungen beeinflusst. Im Zusammenhang mit Schlafstörungen bedeutet dies, dass sich unser Schlaf korrigieren lässt, wenn wir uns unser Verhalten bewusst machen und es gegebenenfalls verändern.
Die kognitive Verhaltenstherapie bieten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit einer verhaltenstherapeutischen Ausbildung an. Sie findet in Form von Einzel- oder Gruppentherapie oder in einer Kombination aus beidem statt. Eine kognitive Verhaltenstherapie kann ambulant in einer psychotherapeutischen Praxis, aber auch stationär in einem Krankenhaus oder teilstationär in einer Tagesklinik erfolgen. In den letzten Jahren wurden auch Onlinetherapien entwickelt, die auf der kognitiven Verhaltenstherapie basieren.
Die Dauer einer kognitiven Verhaltenstherapie hängt vom Schweregrad und dem bisherigen Verlauf der Erkrankung ab. Mitunter genügen bereits wenige Behandlungstermine, manche Menschen benötigen aber auch eine längerfristige Behandlung. In der kognitiven Verhaltenstherapie finden die Behandlungen meist regelmäßig statt, üblicherweise einmal pro Woche circa eine Stunde. Daher dauert die Therapie insgesamt mehrere Wochen bis Monate.
Verschiedene Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie sind für die Behandlung von Insomnie geeignet. Diese Therapiemethoden können einzeln oder in Kombination angewendet werden. Die Auswahl der Therapiemethoden erfolgt auf Grundlage des Beschwerdebildes und unter Berücksichtigung von Wünschen und Bedürfnissen der betroffenen Person.
Internetbasierte kognitive Verhaltenstherapie (iKVT)
Traditionell wird die kognitive Verhaltenstherapie durch Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten durchgeführt. Dabei finden regelmäßige persönliche Treffen zwischen Therapeutin, Therapeut und Patientin, Patient in Einzel- oder Gruppentherapie statt.
Es gibt jedoch Gründe, die es erschweren können, eine kognitive Verhaltenstherapie aufzunehmen. Dazu gehören zum Beispiel die teilweise sehr langen Wartezeiten auf einen Termin, persönliche Gründe wie die Skepsis gegenüber einer Psychotherapie sowie Zeitmangel oder geringe zeitliche Flexibilität aufgrund von Arbeitszeiten oder anderen Verpflichtungen.
Die internetbasierte kognitive Verhaltenstherapie (iKVT) ist eine Behandlungsalternative, wenn eine klassische kognitive Verhaltenstherapie nicht infrage kommt. Internetbasierte kognitive Verhaltenstherapien sind Selbsthilfeprogramme, die sich an den Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie orientieren. Die Nutzerinnen und Nutzer werden angeleitet, die Methoden mit Hilfe eines Computerprogrammes selbstständig zu erlernen und anzuwenden.
Internetbasierte Selbsthilfeprogramme können begleitet oder unbegleitet sein. Unbegleitete Selbsthilfeprogramme bearbeiten Nutzerinnen und Nutzer komplett selbstständig. Von einem begleiteten Selbsthilfeprogramm wird gesprochen, wenn die Nutzerin, der Nutzer das Programm überwiegend selbstständig anwendet, aber eine zusätzliche professionelle Begleitung erhält, zum Beispiel in Form von inhaltlichen Rückmeldungen.
Es gibt zwei deutschsprachige und in wissenschaftlichen Studien untersuchte internetbasierte Selbsthilfeprogramme zur Behandlung von Symptomen der Insomnie (Stand Augst 2023). Es handelt sich dabei um die Onlineprogramme „somnio – Das digitale Schlaftraining“ und „HelloBetter Schlafen“.
Sie gehören beide zu den digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs), die von Ärzten oder Psychotherapeuten verschrieben werden können. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen.
Um die Programme nutzen zu können, werden entweder ein Computer oder ein Smartphone sowie eine Internetverbindung benötigt.
Medikamente
Bei Schlafstörungen scheint manchmal der Griff zur Schlaftablette oder zum Beruhigungsmittel der einfachste Weg zu sein, um das Problem zu lösen. Die aktuellen ärztlichen Leitlinien zur Behandlung von Insomnie raten jedoch zur Zurückhaltung. Das ideale Schlafmittel gibt es nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin empfiehlt grundsätzlich, zunächst Regeln der Schlafhygiene einzuhalten und sich in eine kognitive Verhaltenstherapie zu begeben. Erst wenn dies nicht zum Ziel geführt hat, sollten Schlafmittel in Erwägung gezogen werden. Grundsätzlich sollte die Behandlung mit verschreibungspflichtigen Schlafmitteln nicht länger als vier Wochen erfolgen.
In Deutschland sind verschreibungspflichtige und frei verkäufliche Schlafmittel erhältlich, allerdings gibt es keins, das alle Kriterien für ein ideales Schlafmittel erfüllt. Es solle:
- eine ganz gezielte Wirkung entfalten, um den Schlaf zu unterstützen
- die natürlichen Schlafabläufe wiederherstellen
- gut verträglich sein
- sich auch mit anderen Medikamenten gut vertragen
- dazu führen, dass man sich am nächsten Tag erholt und leistungsfähig fühlt
- die Lebensqualität verbessern
- das Risiko von Folgeerkrankungen durch Schlafstörungen herabsetzen
Darüber hinaus darf ein ideales Schlafmittel:
- keine unerwünschten Wirkungen haben, auch nicht auf die Denkfähigkeit der Gefühlswelt
- nach dem Absetzen keine verstärkten Schlafprobleme verursachen
- nicht zu Gewöhnung und Abhängigkeit führen
- nicht giftig sein, auch nicht wenn versehentlich zu viel genommen wurde
Benzodiazepine und Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten (BZRA, Z-Substanzen) gehören zu den in Deutschland am häufigsten verordneten Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Im Gehirn verstärken sie an verschiedenen Stellen die Wirkung des körpereigenen Botenstoffes GABA. Dadurch wirken sie nicht nur schlaffördernd, sondern auch allgemein beruhigend und angstlösend. Außerdem setzen sie die Muskelspannung herab, können aber auch das Denkvermögen beeinträchtigen.
Unter „Antidepressiva“ wird eine ganze Gruppe von Medikamenten mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zusammengefasst, die in erster Linie zur Behandlung von Depressionen dienen. Antidepressiva wirken stimmungsaufhellend, antriebssteigernd und angstlösend, aber auch beruhigend. Antidepressiva mit überwiegend beruhigender Wirkung werden daher auch bei Schlafstörungen eingesetzt. Für die Behandlung einer Schlafstörung ohne begleitende Depression ist in Deutschland nur der Wirkstoff Doxepin zugelassen.
Antipsychotika sind Medikamente, die zur Behandlung von schweren psychischen Erkrankungen, die z. B. mit Erregungszuständen, Wahnideen, Halluzinationen, Denkzerfahrenheit und weiteren Störungen des Erlebens oder Verhaltens einhergehen, eingesetzt werden. Bestimmte Formen von Antipsychotika verlangsamen alle psychischen Vorgänge, vermindern den Eigenantrieb und machen müde. Zwei Antipsychotika sind in Deutschland für die Kurzzeitbehandlung von alleinigen Schlafstörungen zugelassen: Pipamperon und Melperon.
Diese Medikamente werden überwiegend sehr alten Patientinnen und Patienten verabreicht. Auch hier sollte die Behandlungsdauer vier Wochen nicht überschreiten.
Antihistaminika wurden ursprünglich zur Behandlung von allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen oder Asthma entwickelt. Damals fiel auf, dass die Medikamente eine unangenehme Nebenwirkung haben – sie machen müde.
Einige dieser müde machenden Antihistaminika, in Deutschland Diphenhydramin und Doxylamin, sind noch als Schlafmittel zur rezeptfreien Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen auf dem Markt.
Melatonin ist ein Botenstoff, der an der natürlichen Regulierung des Schlafrhythmus beteiligt ist. Es kann als Medikament zusätzlich verabreicht werden. Da der Körper den Botenstoff sehr schnell abbaut, wird das Medikament in einer Zubereitung angeboten, die den Wirkstoff nur langsam freisetzt.
Die Palette schlaffördernder Präparate auf Pflanzenbasis ist sehr umfangreich. Die Zubereitungen sind als alkoholische oder wässrige Lösungen (Tropfen, Saft), als Tabletten, Kapseln oder Dragees oder auch als Tee erhältlich. Pflanzliche Schlafmittel gehören zu den „traditionellen Arzneimitteln“, das heißt, ihre schlaffördernde Wirkung wird aus ihrer traditionellen Anwendung abgeleitet. Wissenschaftliche Studien, die die Wirksamkeit der pflanzlichen Schlafmittel untersucht haben, gibt es nur vereinzelt und diese wenigen Studien kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen.
Darüber hinaus wird eine weitere Vielzahl von Therapien zur Behandlung von Schlafstörungen angeboten. Allen gemeinsam ist, dass sie bisher nicht wissenschaftlich auf Wirksamkeit geprüft wurden oder dass die Ergebnisse der Überprüfung nicht eindeutig waren. Das schließt aber nicht aus, dass manche Betroffene diese Therapien als hilfreich bei der Überwindung ihrer Schlafprobleme empfinden.