Ich bin Sophie Schäfer, geboren 1993 und leide seit 2007 an Depressionen. Angefangen hat es mit circa 14 Jahren. Zu dieser Zeit habe ich mich oft nicht nur traurig gefühlt, sondern auch auf eine Art "leer" und unverstanden. Ich habe sehr viel grundlos geweint und ich wusste nicht warum.
Die Diagnose an sich war für mich nicht wirklich schockierend. Es war einfach eine Art Bestimmung in dem Sinne, dass ich das Ganze nicht mehr als
Wirrwarr wahrgenommen habe, sondern es als Depression betiteln konnte.
Eine Ursache war, dass ich meine leibliche Mutter sehr früh verloren habe, als ich noch sehr klein war. Und das hat bei mir auch Verlustängste hervorgerufen. Und zum anderen hat sich herausgestellt, dass es auch genetische Aspekte gibt. Und dieser genetische Hintergrund sorgt dafür, dass ich die Krankheit mein ganzes Leben lang haben werde.
Mit 18 Jahren habe ich mit dem ersten Therapeutenbesuch dann auch angefangen, die Medikamente zu nehmen. Mehr oder weniger durchgehend bis heute. Die Gruppentherapie lief etwas länger als ein Jahr. Darüber habe ich festgestellt, wie wichtig es ist, auch zu schauen, wie andere damit zurechtkommen. Um sich dann etwas herauszusuchen, was für einen selbst eine Lösung sein könnte. Und so habe ich mit dem Joggen angefangen - häufig auch in schlechten Phasen. Das gibt so ein wahnsinniges Gefühl von Freiheit, wenn ich joggen gehe. Ich kann mit jedem Schritt diese Gedanken abschütteln. Das ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl!
Mittlerweile geht es mir mit meiner Depression deutlich besser. Es ist so, dass ich sehr viel gefestigter in meinem Leben bin. Ich weiß, dass die Medikamente mich unterstützen. Ich weiß aber auch, was ich selbst tun kann, wenn ich noch einmal in ein solches Loch falle. Und so habe ich mir bestimmte Atemübungen beigebracht. Ganz tief einatmen - Halten - Ausatmen. Und gerade dieses Ausatmen, das beruhigt innerlich.
In besonders stressigen Phasen ist es oft so, dass ich nicht schlafen kann. Die Gedanken kreisen: "hätte-wäre-wenn" - Situationen werden gedanklich durchgespielt. Und richtig zur Ruhe komme ich erst, wenn ich mir ein Hörbuch anmache. Und sobald ich das höre, mich voll und ganz auf die Geschichte konzentriere, dann schlafe ich meistens innerhalb von Minuten ein.
Früher war es sogar so, dass ich in schlechten Zeiten mein Strickzeug immer in einer kleinen Tüte dabeihatte. Und wenn es dann besonders stressig für mich war, dann habe ich mich irgendwo hingesetzt, mein Strickzeug rausgeholt und eine Runde gestrickt. Die Konzentration darauf - die wirkt einfach beruhigend. Ich kann alles um mich herum abschalten und grenze damit auch den Stress aus. Ein Resultat aus dem "Stricken unterwegs" ist meine Patchwork-Decke. Diese Decke lässt mich auch meiner leiblichen Mutter ein bisschen näher kommen, weil dort tatsächlich noch ein kleines Stück Restwolle verarbeitet ist, dass ich von ihr damals geerbt habe. Und das habe ich in dieser Decke verewigt!
Ich ziehe demnächst in eine neue Stadt. Das lässt auch mein Gedankenkarussell wieder etwas schneller drehen. Und das macht das Ganze etwas schwierig, aber ich versuche das Positive darin zu sehen. Mittlerweile ist es so, dass ich auf eine gewisse Art und Weise stärker bin als die Erkrankung. Allein dieses Wissen im Hinterkopf zu haben und damit umgehen zu können, das stabilisiert enorm.
Wissen ist gesund.