Ich bin Heike Demke, geboren 1960 und seit 10 Jahren an Depressionen erkrankt. Als ich die Diagnose gestellt bekommen habe, war ich eigentlich befreit. Weil ich wusste: Jetzt ist eine Diagnose da, die nehme ich an. Die Angst, wie gehen andere damit um, die hatte ich, gar keine Frage. Aber ich wusste, da ist sie und ja, ich muss damit umgehen können, allein.
Es ging mit Angstzuständen im Dunklen los. Dass ich nur noch bei Licht schlafen konnte. Dass ich sehr unruhig war, dass ich Angst hatte, etwas zu verpassen. Und dass ich Angst vor mir selber hatte.
Es ist wie so ein Schalter, der umklickt. Den man aber nicht wieder zurück machen kann. Das ist geschieht einfach im Kopf. Aber ich konnte es nicht steuern. Das war das Schlimme daran, dieses "Nicht über sich herrschen zu können". Das war eine wahnsinnig große Gefahr. Ich wusste, ich muss da etwas machen, ich muss da raus!
Ich musste mich sehr überwinden, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Weil es ja immer hieß: „Aha, Du gehst zum Seelen-Klempner oder zum Bekloppten-Doktor." Und das war für mich wirklich hart!
Es ist sehr, sehr schwer, überhaupt einen guten Therapeuten zu finden, bei dem man sich öffnen kann. Und so vergingen ein paar Jahre, bis ich endlich eine Klinik fand. Ich hatte gehofft, dass die praktisch einfach den Schalter für mich umschalten und ich bin geheilt! Aber es ist einfach nur eine Begleitung, die sie da geben und ich kann halt nur etwas ändern. Ich muss komplett mein Leben ändern, meine Einstellung ändern.
Ich bin dann viel umgezogen. Mindestens 10 Mal, weil ich einfach ein Zuhause gesucht habe. Und dann bin ich an eine Psychologin gekommen, die gesagt hat: „Gehen Sie an den Punkt zurück, wo sie am glücklichsten waren." Und das habe ich gemacht. Innerhalb von 2 Wochen die Sachen gepackt und umgezogen. Und ich wusste sofort: Das ist es! Sie hatte recht. Und das war wirklich meine Rettung.
Den Alltag umstellen, war schwer. Gelassenheit lernen. Vieles nur für mich tun. An mich denken! Einfach meine Bedürfnisse sehen und nicht die der Anderen! Wie z.B. "Wann braucht mich jemand?" oder "Wo muss ich jetzt sein?" Das habe ich jetzt schon ein wenig gelernt. Ich kann das nicht immer. Aber immer öfter nein sagen! Und ich habe mich von Leuten
distanziert, die mir weh tun und die mir nicht guttun.
Ich hab dann gewusst, ich brauche jemanden, der auch für mich da ist. Und dann habe ich meinen kleinen Anton gekauft, meinen Hund, der auch sein
Schicksal hat. Ich helfe ihm - er hilft mir!
Mittlerweile gehe ich offen damit um, weil ich das einfach nicht mehr verheimlichen möchte. Ich denke, dass viele es nicht sagen mögen, dass es ihnen mal schlecht ging. Oder dass sie auch in eine depressive Phase reingerutscht sind. Aber ich finde es wichtig - für mich ist es
wichtig! Meine engsten Freundinnen wissen es und waren auch froh und haben mir gesagt: „Du hast es uns endlich erzählt!" Und ich sagte: "Ja, ich konnte es vorher nicht, ich hatte Angst!" Aber jetzt stehe ich wirklich dazu und sage "Es ist so."
Ich bin wieder im Theater Abo mit einer Freundin, weil es einfach guttut. Wieder raus, mit Menschen, auch wenn es mir manchmal schwerfällt, aber ich gehe raus.
Ich schreibe jetzt mein Leben auf. Das ist natürlich nicht immer einfach.
Man kommt ja wieder zurück in diese Welt, die man eigentlich verlassen hat. Es ist auch nicht immer tränenlos, aber zur Bewältigung von allem finde ich es sehr schön. Und es soll für mich sein.
Heute bin ich glücklich. Ich bin in meinem Leben wieder angekommen. Ich bin natürlich nicht geheilt. Aber ich bin stabil. Wenn auch die Phasen zwischendurch noch kommen, ich wüsste, ich steh' das durch. Ich muss es hinkriegen. Denn wir haben wirklich nur dieses eine Leben!
Wissen ist gesund.