Bei der Behandlung von Adipositas soll das Körpergewicht dauerhaft reduziert werden. Das bedeutet auch, die Patientinnen und Patienten darin zu unterstützen, den Gewichtsverlust möglichst langfristig zu halten.
Mit einer dauerhaften Gewichtsreduktion sinkt das Risiko von Folgeerkrankungen. Die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen soll erhalten und ihre Lebensqualität verbessert werden.
Welche Behandlung im Einzelnen erfolgt und sinnvoll ist, hängt vom Schweregrad der Adipositas und von den vorliegenden persönlichen Risikofaktoren und Begleiterkrankungen ab. Auch das Alter und die Wünsche der Patientinnen und Patienten können die Therapieentscheidung beeinflussen.
Ernährung und Bewegung
Um abnehmen zu können, muss der Körper mehr Energie verbrauchen, als er aufnimmt. Erreichen kann man das zum Beispiel durch eine kalorienärmere Ernährung.
Meist wird eine langsame Gewichtsabnahme angestrebt
Die Behandlung der Adipositas verfolgt meist das Ziel, langsam, dafür aber anhaltend Gewicht zu verringern. In bestimmten Fällen, zum Beispiel bei einem geplanten Gelenkersatz, kann eine stark kalorienreduzierte Diät auch eine raschere Gewichtsabnahme herbeiführen. Bei einer solchen Diät ist die Kalorienzufuhr auf weniger als 800 Kilokalorien pro Tag beschränkt.
Stark kalorienreduzierte Diäten können Nebenwirkungen haben
Stark kalorienreduzierte Diäten können mit unerwünschten gesundheitlichen Folgen wie Gallensteinleiden, Mangelernährung, Haarausfall und Verdünnung der Haut verbunden sein. Die reduzierte Ernährung kann es erfordern, dass ergänzend Mineralstoffe, zum Beispiel Kalium oder Kalzium, oder Vitamine zugeführt werden müssen. Deshalb sind vor Beginn dieser Behandlung eine gründliche ärztliche Untersuchung und während der Diät regelmäßige ärztliche Kontrollen notwendig.
Ob bestimmte Diäten besser oder schlechter geeignet sind als andere, um überschüssige Pfunde loszuwerden, ist derzeit unklar. Noch nicht geklärt ist auch, ob stark kalorienreduzierte Diäten langfristig erfolgreich sind.
Abnehmen kann man auch, indem man den Kalorienbedarf des Körpers erhöht – zum Beispiel durch Bewegung. Ein höheres Maß an Bewegung steigert den täglichen Energieverbrauch.
Neben angeleiteten Trainingsprogrammen können Aktivitäten, die in den Alltag integriert werden, zu einem höheren Energieverbrauch beitragen. Solche Aktivitäten sind zum Beispiel Treppen zu steigen, statt Aufzug zu fahren, schnelles Gehen, Radfahren oder Gartenarbeit.
Dauer und Intensität der Bewegung
Die Dauer und Intensität einer körperlichen Aktivität orientiert sich am individuellen Fitnesszustand. Bei geringer Fitness bietet es sich an, die sportliche Aktivität zunächst mit einer geringen Intensität und kurzen Dauer zu beginnen. Durch das Training passt sich der Körper mit der Zeit an und körperliche Aktivitäten lassen sich steigern.
Bei fortgeschrittener Adipositas
Stark adipöse Menschen (BMI über 35 kg/m2) sollten Sportarten auswählen, die die Gelenke nicht belasten. Teilweise werden die Patientinnen und Patienten dabei von ausgebildetem Personal angeleitet und begleitet. Eine Untersuchung bei der Ärztin, dem Arzt kann ausschließen, dass bei den Betroffenen andere Gesundheitsprobleme bestehen, die möglicherweise gegen eine gesteigerte körperliche Aktivität sprechen.
Verhaltenstherapie
Alltägliche Gewohnheiten zu verändern, stellt für viele Menschen eine große Herausforderung dar und ist ohne Unterstützung schwer zu bewerkstelligen. So gelingt es vielen Menschen mit Übergewicht oder Adipositas nicht, ihre gewünschten Abnehmziele zu erreichen, obwohl sie über die Möglichkeiten informiert sind und den festen Willen dazu haben. In diesen Fällen kann eine Verhaltenstherapie hilfreich sein.
Ziel der Verhaltenstherapie ist es, dass Patientinnen und Patienten Verhaltensweisen, die zum Entstehen der Adipositas geführt haben und zur Erhaltung der Krankheit beitragen, erkennen und verändern. Dies versucht die Verhaltenstherapie mit unterschiedlichen Lerninhalten und Strategien.
Zu den Inhalten einer Verhaltenstherapie bei Adipositas gehört zum Beispiel:
- zu lernen, wie man das eigene Verhalten beobachten kann
- zu üben, wie man sein Ess- und Bewegungsverhalten für einen langfristigen Abnehmerfolg flexibel kontrolliert. Geeignete Strategien sind zum Beispiel, sich Verhaltensspielräume zu ermöglichen, anstatt sich zeitlich begrenzten starren Diätvorschriften zu unterwerfen, und sich für Erfolge zu belohnen.
- den Umgang mit Lebensmitteln zu verändern ‒ beim Einkaufen angefangen bis hin zum Verzehr
- falsche Denkmuster zu erkennen, die einer besseren Selbstakzeptanz im Wege stehen und einen am langfristigen Abnehmen hindern
- zu lernen, wie man mit Rückfällen umgeht, bei denen es zu einer erneuten Gewichtszunahme kommt
Im Rahmen einer Verhaltenstherapie werden Zielvereinbarungen zwischen Patient, Patientin und Behandlerin, Behandler getroffen, um unrealistische Behandlungsziele und Erwartungen auszuschließen. Nicht erreichte Ziele dienen dazu, die Behandlung zu überprüfen und gegebenenfalls zu verändern.
Familie oder Freunde können zur Unterstützung der Betroffenen in die Verhaltenstherapie einbezogen werden.
Programme zur Gewichtsabnahme
Es gibt auch internet- oder telefonbasierte Programme zur Gewichtsabnahme. Zu diesen Programmen gehören – wie zur Direktbehandlung auch – Beratungen zu Ernährung und körperlicher Bewegung sowie Maßnahmen zu Verhaltensänderungen. Sie haben den Vorteil, dass man sie zeitlich flexibel und von zu Hause aus in Anspruch nehmen kann. Verlässliche Ergebnisse zur Wirksamkeit von internetbasierten Gewichtsreduktionsprogrammen in Deutschland liegen bis jetzt nicht vor.
In wissenschaftlichen Untersuchungen wurde festgestellt, dass Gewichtsreduktionsprogramme wirksamer sind, wenn die Beratung auf persönlicher Ebene und vor Ort, zum Beispiel bei der Ärztin, dem Arzt oder beim Ernährungsberater, bei der Ernährungsberaterin, stattfindet.
Medikamente
In bestimmten Fällen kann bei Adipositas auch eine zusätzliche Behandlung mit Medikamenten infrage kommen, um das Körpergewicht zu senken. Diese Option kommt aber erst dann in Betracht, wenn mit einer Ernährungsumstellung und mehr Bewegung allein kein ausreichender Abnehmerfolg eintritt. Denn beim Einsatz von Medikamenten können Nebenwirkungen auftreten. Auch die Langzeiteffekte der einzelnen Medikamente sind noch nicht hinreichend untersucht.
Bei übergewichtigen Personen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von über 28 kg/m² empfiehlt die ärztliche Leitlinie zur „Prävention und Therapie der Adipositas“ eine Behandlung mit Medikamenten nur dann, wenn zusätzliche Risikofaktoren oder Begleiterkrankungen, zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hoher Blutdruck oder Diabetes mellitus, vorliegen. Die Behandlung mit Medikamenten erfolgt dann zusammen mit dem Basisprogramm zur Lebensstiländerung, also einer gesünderen Ernährung und mehr Bewegung.
In Deutschland sind derzeit Medikamente mit den Wirkstoffen Orlistat, Liraglutid, Cathin, Amfepramon und ein Kombinationspräparat, das die beiden Wirkstoffe Bupropion und Naltrexon enthält, zur Behandlung von Adipositas zugelassen. Sie werden zusätzlich zu den lebensstiländernden Maßnahmen – der Ernährungsumstellung und gegebenenfalls einer Steigerung der täglichen Bewegung – eingesetzt.
Die Wirkstoffe unterscheiden sich in ihrer Wirkweise und Verabreichung:
Die Entscheidung gemeinsam mit der Ärztin, dem Arzt abwägen
Ihr Arzt oder Ihre Ärztin wird Sie zum Nutzen und Schaden einer Behandlung von Adipositas mit Medikamenten beraten, wenn eine solche Therapie angezeigt ist. Im Arzt-Patienten-Gespräch können Sie mit Ihrer Ärztin, Ihrem Arzt auch besprechen, welches spezielle Medikament im Bedarfsfall am besten für Sie geeignet ist.
Operationen
Chirurgische Eingriffe werden vorgenommen, um in kurzer Zeit eine große Gewichtsabnahme zu erreichen. Zu den möglichen Operationen zählen der Magenbypass, die Magenverkleinerung und das Magenband. Diese Operationen zur Gewichtsverringerung werden auch bariatrische Operationen genannt. Sie kommen jedoch nur bei schwerer Adipositas zum Einsatz.
Bei wem kommt ein operativer Eingriff in Betracht?
Da eine Operation zur Gewichtsreduktion bei Adipositas mit Risiken und Komplikationen verbunden ist, wird der Arzt oder die Ärztin im Vorfeld mögliche Vor- und Nachteile gemeinsam mit der Patientin, dem Patienten genau besprechen. Denn das Für und Wider einer Operation sollte gut abgewogen werden.
Je nach Art der Operation kann es zu unterschiedlichen Komplikationen und Folgebeschwerden kommen. Außerdem sind nach dem Eingriff eine gute Betreuung und regelmäßige Kontrolluntersuchungen erforderlich.
Da die Gefahr von Folgeerkrankungen besteht, müssen Gesundheitszustand und Dosisanpassungen von Medikamenten regelmäßig ärztlich überwacht werden. Diese Maßnahmen können auch lebenslang notwendig sein.
Nach einer gewichtsminimierenden Operation erfolgt außerdem eine Ernährungsberatung, da Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten teils lebenslang umgestellt werden müssen. Es kann notwendig sein, Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, um Mangelerscheinungen vorzubeugen. Denn der Verdauungstrakt kann Vitamine und Nährstoffe nach bestimmten Operationen zur Gewichtsreduktion nur noch eingeschränkt aufnehmen. Möglicherweise können Operierte für einige Wochen keine feste Nahrung zu sich nehmen und/oder es kommt zum Flüssigkeitsmangel.
Auch bestimmte Medikamente, zum Beispiel Aspirin, Ibuprofen, Naproxen und andere Entzündungshemmer, die Betroffene möglicherweise zur Behandlung anderer Erkrankungen erhalten, dürfen nach einer Operation unter Umständen nicht eingenommen werden. Es kann auch der Fall eintreten, dass bestimmte Aktivitäten im Beruf oder Haushalt für ein paar Wochen nach der Operation nicht ausgeübt werden können.