Wie können Angehörige mit "herausforderndem Verhalten" bei Demenz umgehen? (Prof. Daniela Holle)
"Herausforderndes" Verhalten umfasst Verhaltensänderungen, die im Verlauf einer Demenzerkrankung auftreten. Beim "herausforderndem Verhalten" unterscheidet man motorische Verhaltensweisen, verbale Verhaltensweisen, aber auch Formen wo sich jemand zurückzieht, was wir apathisches Verhalten nennen.
Beispiele dafür sind, dass jemand sehr unruhig ist, hin und her wandert, es kann aber auch ein ständiges Rufen sein, dass jemand beim Essen die Nahrung verweigert - all das sind Möglichkeiten, wie sich Verhalten äußern kann.
Wir unterscheiden zwei unterschiedliche Faktorengruppen, die "herausforderndes Verhalten" auslösen können, das sind zum einen Hintergrundfaktoren, das sind Merkmale, die Menschen mit Demenz mitbringen, die Biographie, die Persönlichkeit. Auf der anderen Seite haben wir auch so etwas wie Nahfaktoren. Das können Aspekte sein wie körperliche Ursachen, die "Verhalten" auslösen wie Schmerz, wie Hunger, es kann eine Medikamentennebenwirkung sein. Es kann aber auch Langeweile sein, jemand fühlt sich nicht beschäftigt, jemand ist traurig, all dass, was wir als unerfüllte Bedürfnisse bezeichnen, kann "Verhalten" auslösen. Und häufig ist es ein Wechselspiel zwischen unterschiedlichen Faktoren, die dann erst dazu führen, dass das "Verhalten" sich zeigt oder ausbricht.
Im Zuge der Demenzerkrankung kommt es zu kognitiven Veränderungen und damit auch zu sprachlichen Veränderungen, sprich: Menschen mit Demenz können Worte nicht mehr verstehen. Genauso können sie sich selbst aber nicht mehr mit verständlichen Worten ausdrücken. In den Vordergrund tritt dieses "herausfordernde Verhalten" und da ist es einfach wichtig, dass "herausforderndes Verhalten" auch eine Möglichkeit der Kommunikation sein kann und für Angehörige ist es hier wichtig, dass sie das auch als eine Form der Kommunikation wahrnehmen und verstehen und versuchen, diese vielleicht eher nonverbale Kommunikation auch für sich so zu deuten, dass so der Angehörige mit ihnen ins Gespräch kommen möchte, in Kommunikation kommen möchte.
Lösungsansätze zum Umgang mit "herausforderndem Verhalten" wären in erster Linie, dass man sich auf den Weg macht, versucht, das Verhalten zu verstehen und da ist es letztendlich immer zentral, dass man zunächst versucht, das Verhalten möglichst präzise zu beschreiben. Das heißt: Wie häufig tritt das Verhalten auf, und welche Art des Verhaltens - ist es eher ein unruhiges Verhalten, ein teilnahmsloses Verhalten - aber sich auch bewusst wird: In welchen Situationen tritt das auf? Gibt es bestimmte Räumlichkeiten, wo das stattfindet oder in Anwesenheit von bestimmen Personen oder immer dann, wenn keiner da ist? Weil grade über eine sehr konkrete Beschreibung des Verhaltens kriegt man viele Anhaltspunkte dafür, was mögliche Ursachen für das Verhalten sein können, wo man dann gezielt Maßnahmen einleiten könnte.
Wenn der Geduldsfaden reißt, empfiehlt es sich natürlich, wenn man in dieser sehr konkreten Situation ist, wo jemand "herausforderndes Verhalten" zeigt, erstmal aus dieser Situation herauszugehen. Für Angehörige ist es, glaube ich, relativ wichtig, dass sie sich Hilfe holen zu diesem Thema. Wenn man bereits Pflege in Anspruch nimmt, kann man auch hier die Pflegenden des ambulanten Dienstes konkret auf solche Situationen ansprechen oder, wenn jemand in die Tagespflege geht, wären das auch Möglichkeiten wo man konkret Hilfe holen könnte. Aber auch der Hausarzt kann ein guter Ansprechpartner sein, beispielsweise um abzuklären, ob körperliche Ursachen hinter dem Verhalten stecken.
Um Unterstützung zu bekommen zum Thema "herausforderndes Verhalten" kann man sich zum einen an regionale Alzheimergesellschaften wenden, die dazu Informationsveranstaltungen bieten, man kann sich auch an Beratungsstellen wenden, an pflegerische Beratungsstellen.