Berlin, aktualisiert am 06. April 2023 - Impfen oder nicht impfen? Einige Menschen sind verunsichert, wenn sie sich mit dem Thema für sich oder ihre Kinder auseinandersetzen. Hilfreich kann dabei sein, zu verstehen, was genau im Körper bei einer Impfung passiert, wann und wie eine Impfung wirkt und wie einzelne Impfempfehlungen zustande kommen.
Damit wir gesund bleiben, hat unser Körper ein ausgeklügeltes Abwehrsystem aufgebaut. Stetig muss er in der Lage sein, Bakterien, Viren oder Pilze abzuwehren. Die Abwehrleistung geschieht im Inneren und an den Außengrenzen des Körpers. So leben z. B. auf der Haut besondere Mikroorganismen, die krankheitserregende Pilze und Bakterien fernhalten. Auch der Speichel im Mund, die Schleimhäute in Magen und Lunge sowie die Tränenflüssigkeit sorgen dafür, dass viele Krankheitskeime gar nicht erst in den Körper eindringen können.
Manchmal schaffen Krankheitserreger es trotzdem, die äußeren Schutzbarrieren des Körpers zu durchdringen. Nun reagieren die inneren Abwehrmechanismen: Bestimmte Zellen im Blut erkennen den Eindringling und versuchen ihn zu bekämpfen. Je nach Art des Erregers werden auch spezielle Abwehrzellen und Abwehrstoffe gebildet. Diese sind genau auf den krankmachenden Erreger zugeschnitten und können ihn sehr gezielt und nachhaltig bekämpfen. Allerdings dauert es einige Tage, bis Zellen und Stoffe fertig gebaut sind. In dieser Zeit kann sich der Erreger ausbreiten und womöglich bleibenden Schaden im Körper anrichten.
Damit das Immunsystem schneller reagieren kann, verfügt es über ein Gedächtnis. Beim ersten Kontakt merkt es sich genau, wie der krankmachende Erreger aussieht und wie er sich bekämpfen lässt. Sollte dieser nach Wochen, Monaten oder Jahren erneut in den Körper eindringen, sind die Abwehrzellen und Abwehrstoffe sofort bereit. Dieses Gedächtnis des Immunsystems macht man sich beim Impfen zunutze.
Bei der Impfung macht man sich die Mechanismen der körpereigenen Abwehr zunutze: Der Impfstoff enthält abgeschwächte Krankheitserreger, gegen die das Immunsystem entsprechende Abwehrstoffe bildet. Kommt es später zu einem tatsächlichen Kontakt mit dem Krankheitserreger, kann der Körper die eigene Abwehr schneller ankurbeln. Der Körper ist jetzt immun gegen den Erreger. Man spricht beim Impfen deshalb auch von einer Immunisierung.
Um den Erstkontakt zwischen dem Immunsystem und einem Krankheitserreger nachzustellen, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Der Normalfall ist die sogenannte aktive Impfung (aktive Immunisierung). Dabei erzeugt man eine Immunreaktion durch die Gabe eines Krankheitserregers. Das können sowohl abgetötete als auch lebende Erreger sein. Bei ersterem handelt es sich um sogenannte Totimpfstoffe. Sie enthalten, wie der Name schon sagt, abgetötete Krankheitserreger oder Teile davon, die sich nicht mehr vermehren können.
Bei der Gabe von lebenden Erregern, spricht man von Lebendimpfstoffen. Sie sind jedoch in ihrer Wirkung abgeschwächt, sodass die Erkrankung selbst nicht ausgelöst wird. Abgeschwächte Lebendimpfstoffe werden etwa bei der Masern-, Mumps-, Röteln- und Windpockenimpfung eingesetzt. Totimpfstoffe werden bei der Impfung gegen Grippe (Influenza), Keuchhusten (Pertussis) und Kinderlähmung („Polio“) verwendet. Bei der Impfung gegen Haemophilus influenzae B (HiB), Leberentzündung (Hepatitis B) und die Erreger von u. a. Lungen- und Hirnhautentzündungen (Pneumokokken) sind nur einzelne Bestandteile des (toten) Erregers im Einsatz.
Neben den aktiven Impfformen gibt es auch die passive Impfung (passive Immunisierung). Sie ist recht selten. Dabei werden nicht tote oder abgeschwächte Krankheitserreger gespritzt, sondern direkt Antikörper, die der Körper dann nicht selbst produzieren muss. So ist es möglich, Infektionen sofort zu behandeln, etwa wenn der Verdacht besteht, dass der Körper schon mit einem Erreger infiziert ist.
Angewendet wird die passive Impfung zum Beispiel bei einer drohenden Tollwut-Infektion nach dem Biss eines Tieres, oder wenn Schwangere einem gefährlichen Erreger ausgesetzt waren und das Baby geschützt werden soll. Passivimpfungen wirken schnell, schon nach wenigen Stunden oder Tagen. Allerdings hält der Impfschutz auch nur wenige Wochen, weil sich die gespritzten Antikörper im Blut wieder abbauen.
mRNA-Impfstoffe sind eine neue besondere Form der Totimpfstoffe. Manche sprechen auch von genbasierten Impfstoffen. Sie enthalten keine (abgeschwächten oder toten) Krankheitserreger oder deren Bestandteile. Bei dieser Impfung werden den Zellen Teile der Erbinformation des Virus geliefert, die in der sogenannten mRNA (messenger Ribonucleic Acid) gespeichert sind. Damit bekommen die Zellen die Information, die sie brauchen, um einen kleinen Teil des Virus selbst herzustellen. Man kann sich die gelieferten Informationen wie eine Art Bauplan vorstellen.
Im Fall von Sars-CoV-2 enthalten einige Impfstoffe den Bauplan für einen Bestandteil des sogenannten Spikeproteins auf der Virusoberfläche. Diese Proteine sind auf Abbildungen des Corona-Virus‘ meist als Stacheln dargestellt. Das Virus braucht sie, um in die Zellen eindringen zu können. Mit einer Impfung sollen nun Körperzellen dazu gebracht werden, dieses Protein selber herzustellen. Nachgebaut wird dabei nicht das gesamte Virus, nur das Protein – und das Spikeprotein an sich ist ungefährlich.
Gelangen die selbst gebauten Proteine in das Blut, aktivieren sie das Immunsystem und rufen im Erfolgsfall eine Immunantwort hervor. Im Falle einer späteren Infektion mit dem „echten“ Virus, ist der Körper vorbereitet und kann optimalerweise die Infektion besser abwehren.
Das Erbgut wird durch mRNA-Impfstoffe nicht verändert – denn mRNA ist ein Botenmolekül, das nicht in die DNA einer Zelle eingebaut werden kann und vom Körper abgebaut wird.
Auch Vektor-Impfstoffe gehören zu den genbasierten Impfstoffen und damit zu den Tot-Impfstoffen. Sie enthalten ebenfalls die Erbinformation eines Krankheitserregers. Diese wird aber nicht über eine mRNA sondern mithilfe eines sogenannten Vektors in den Körper gebracht. Ein Vektor ist ein harmloser Virus, der lediglich als Transportmittel dient. Die Erbinformation wird in den Virus eingebaut. Nach der Impfung dringt das Vektorvirus in die Körperzellen ein und gibt den Bauplan frei. Dieser wird – wie bei den mRNA-Impfstoffen – abgelesen und die menschlichen Zellen stellen für eine kurze Zeit die Virusbestandteile selbst her. Vektorviren vermehren sich gar nicht oder nur für eine begrenzte Zeit im Körper der geimpften Person. In beiden Fällen werden die Vektorviren mitsamt der genetischen Information vom Immunsystem erkannt und beseitigt. Auch hier können die Virus-Gene nicht in das menschliche Erbgut eingebaut werden.
Je nach Impfstoff kann es bis zu einigen Wochen dauern, bis sich eine Immunität entwickelt. Manchmal sind mehrere Teilimpfungen nötig. Der Grund: Bei einer einzigen Impfung wird meist nur eine relativ schwache Immunisierung erreicht. Erst wenn alle vorgegebenen Teilimpfungen verabreicht sind, ist der Körper eine längere Zeit oder sogar dauerhaft unempfindlich gegen den Erreger.
Manche Impfungen schützen lebenslang, andere lassen im Laufe der Zeit in ihrer Wirkung nach und müssen nach einigen Jahren wiederholt (man sagt auch „aufgefrischt“) werden. Nach der Auffrischung ist der Körper dann eine längere Zeit oder sogar dauerhaft unempfindlich gegen den Erreger.
Es gibt auch Krankheitserreger, die sich verändern, wie zum Beispiel die Erreger der echten Grippe (Influenza). In diesen Fällen können zum Beispiel jährliche Impfungen mit jeweils neuen Impfstoffen erforderlich sein, um geschützt zu bleiben.
Bevor Impfstoffe in Deutschland auf den Markt kommen, müssen sie wissenschaftlich nachweisen, dass sie für die Gesundheit weitestgehend unbedenklich sind. Dass nach einer Impfung eine Reaktion auftritt, ist normal. Meist ist das aber harmlos. Typische Beschwerden nach einer Impfung sind laut Robert Koch-Institut (RKI) Rötungen, Schwellungen oder Schmerzen an der Impfstelle. Auch Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen oder Unwohlsein sind möglich, aber meist nach wenigen Tagen verschwunden. Schwerwiegende Komplikationen sind mit den heutigen Impfstoffen sehr selten geworden.
Trotz allem findet man immer wieder irritierende Aussagen darüber, ob beispielsweise Autismus, Diabetes oder Multiple Sklerose durch Impfungen ausgelöst werden könnten. Einen wissenschaftlichen Nachweis dafür gibt es nicht. Die Ergebnisse zahlreicher Studien zeigten keinen Zusammenhang zwischen Impfungen und den genannten Krankheiten. Darauf weisen das Robert-Koch Institut und das Paul-Ehrlich-Institut hin. Da Impfstoffe aber auch Nebenwirkungen haben können, ist es vorgeschrieben, Verdachtsfälle von Impfkomplikationen zu melden.
Die meisten Menschen in Deutschland sind geimpft. Damit sind sie vor Krankheiten geschützt, die teils schwerwiegende Folgen haben können. Durch Impfungen konnten schon einige gefährliche Erkrankungen ausgerottet oder zurückgedrängt werden. Impfungen sind in der Regel ein wirksamer und sicherer Schutz vor Infektionskrankheiten. Wie bei anderen Methoden in der Medizin ist die Wirksamkeit von Impfungen jedoch nicht immer hundertprozentig, sondern je nach Impfung und individueller Immunantwort unterschiedlich. Hier sind persönliche Faktoren wie Alter, Geschlecht, bestehende Grunderkrankungen etc. für die individuelle Reaktion auf Impfungen entscheidend.
Impfungen schützen wirksam vor Krankheiten, die tödlich sein können und früher teils verheerende Auswirkungen hatten. Eine Tollwut-Infektion etwa ist tödlich und kann mit einer Impfung verhindert werden. Eine Röteln-Infektion bei Schwangeren führt häufig zu schweren Missbildungen – eine Impfung vor der Schwangerschaft schützt. Zehntausende Menschen starben noch im Zweiten Weltkrieg in Deutschland an der Diphtherie ‒ heute ist die Krankheit kaum noch bekannt. Zudem ist es durch hohe Impfquoten möglich, einzelne Krankheiten komplett auszurotten. Das ist Ende der Siebzigerjahre bei den Pocken gelungen, im Fall der Masern und der Kinderlähmung (Poliomyelitis) ist es ein bislang nicht erreichtes Ziel internationaler Gesundheitspolitik.