Hintergrund
Rückenschmerz ist zunächst einmal ein Symptom – Betroffene verspüren Schmerzen in ihrem Rücken. Rückenschmerzen kommen in allen Altersgruppen und in allen Kulturkreisen vor.
Rücken- und Kreuzschmerzen
Der Begriff Rückenschmerzen meint im medizinischen Sinne Schmerzen an der Körperrückseite zwischen den Schultern abwärts bis einschließlich Gesäß.
Wird im Alltag von Rückenschmerzen gesprochen, sind damit meistens Schmerzen im Bereich des unteren Rückens gemeint. Medizinisch werden diese Schmerzen als Kreuzschmerzen bezeichnet. Der untere Rücken beginnt unterhalb der Rippen und schließt das Gesäß mit ein. In diesem Bereich befinden sich die Lendenwirbelsäule, das Kreuzbein und das Steißbein. Schmerzen im Bereich des Nackens gehören nicht zu den Rückenschmerzen.
Rückenschmerzen mit oder ohne erkennbare Ursache
Wenn eine klare Ursache für die Schmerzen im Rücken erkennbar ist, wird von „spezifischen“ Rückenschmerzen gesprochen. Diese auslösende Ursache kann im Rücken selbst oder aber auch in anderen Körperregionen zu finden sein.
In den meisten Fällen lässt sich allerdings keine eindeutige Ursache für Rückenschmerzen feststellen. Diese Rückenschmerzen nennt man „nicht-spezifisch“ oder „unspezifisch“.
Akute und chronische Rückenschmerzen
Rückenschmerzen können nach ihrer Dauer unterteilt werden in:
- akute Rückenschmerzen: Dauer bis zu 6 Wochen
- subakute Rückenschmerzen: Dauer 6–12 Wochen (Übergangsstadium zu chronischen Rückenschmerzen)
- chronische Rückenschmerzen: Dauer länger als 12 Wochen.
Dabei können die Schmerzen in diesen Zeiträumen verschieden stark sein. Außerdem wird noch von einem Wiederauftreten (Rezidiv) gesprochen, wenn nach einer beschwerdefreien Phase von mindestens 6 Monaten erneut Schmerzen auftreten.
Einteilung von Rückenschmerzen nach Schweregrad
Ärzte teilen Rückenschmerzen oft auch nach Schweregrad ein. Betroffene werden danach befragt, wie stark die empfundenen Schmerzen sind und welche Beeinträchtigungen bei alltäglichen Tätigkeiten daraus entstehen. Anhand dieser Angaben kann man die Beschwerden einem Schweregrad zuordnen.
In Deutschland sind Rückenschmerzen weit verbreitet. Nach einer großangelegten Rückenschmerzstudie aus dem Jahr 2007 waren 85 % aller befragten Personen bereits einmal in ihrem Leben von Rückenschmerzen betroffen. Am Tag der Befragung verspürten 37 % der Befragten Rückenschmerzen.
31 % der Erwachsenen in Deutschland hatten in ihrem Leben bereits einmal chronische, also länger als 12 Wochen andauernde Rückenschmerzen. 21 % hatten in den letzten 12 Monaten solche chronischen Rückenschmerzen.
Chronische Rückenschmerzen betrafen vor allem Menschen in fortgeschrittenem Alter sowie mit niedrigem sozialem Status (z. B. mit einem geringen Einkommen).
In manchen Fällen lässt sich eine klare Ursache für Rückenschmerzen finden. Wenn diese Ursache behandelt werden kann, dann können sich durch die Behandlung auch die Rückenschmerzen bessern. Mögliche Auslöser sind u. a.:
- Wirbelkörperbrüche: Maximal 50 von 1000 Patienten mit Rückenschmerzen haben einen oder mehrere gebrochene Wirbel. Wirbel können durch Unfälle brechen, aber auch bei geringer Knochendichte (Osteoporose), zum Beispiel im Alter.
- Ursachen außerhalb des Rückens: Bei ungefähr 20 von 1000 Personen, die mit Rückenschmerzen zum Arzt gehen, wird als Ursache eine Erkrankung an den Organen im Bauch gefunden. Dazu gehören zum Beispiel Erkrankungen der Nieren, des Magen-Darm-Trakts, der Bauchspeicheldrüse oder der Bauchschlagader. Auch eine Gürtelrose kann Rückenschmerzen verursachen.
- Entzündliche Erkrankungen: Bei diesen Formen handelt es sich in der Regel um rheumatische Erkrankungen, die sich an der Wirbelsäule abspielen. Sie stellen sich bei weniger als 10 von 1000 Rückenschmerzpatienten als Ursache heraus.
- Krebserkrankungen: Bei einer Krebserkrankung vermehren sich Zellen unkontrolliert und verdrängen oder zerstören dadurch anderes Gewebe. Krebszellen aus verschiedenen Organen können an der Wirbelsäule Tochtergeschwülste (Metastasen) bilden, seltener entsteht ein bösartiger Krebs auch direkt an der Wirbelsäule. Bei weniger als 1 von 1000 Patienten mit Rückenschmerzen sind Krebserkrankungen die Ursache.
- Infektionen: Keime können auch an der Wirbelsäule Infektionen auslösen. Sie gelangen zum Beispiel über Spritzen oder bei Operationen in den Körper und entweder auf direktem Weg oder über das Blut zur Wirbelsäule. Infektionen an der Wirbelsäule treten fast nur bei Menschen mit geschwächtem Abwehrsystem auf. Insgesamt findet man in weniger als 1 von 1000 Rückenschmerzpatienten eine Infektion als Ursache.
- Auch eine Verengung des Rückenmarkkanals (Spinalkanalstenose) kann Rückenschmerzen verursachen. Sie wird bei etwa 30 von 1000 Rückenschmerzpatientinnen und -patienten als Ursache der Rückenschmerzen erkannt. Eine Verengung kommt vor allem im Alter durch Abnutzung und Verschleiß der Wirbelsäule zustande. Typischerweise strahlen die Schmerzen in ein oder beide Beine aus und bessern sich in Ruhe. Verengungen des Rückenmarkkanals können jedoch auch bestehen, ohne dass Beschwerden auftreten. Daher reicht ein Röntgenbefund allein für die Diagnose nicht aus.
- Ähnliches gilt für Bandscheibenvorwölbungen und Bandscheibenvorfälle: In dem Raum zwischen zwei Wirbeln befindet sich jeweils eine Bandscheibe. Wenn Teile der Bandscheibe aus diesem Raum herausgedrückt werden, können sie auf Nerven drücken und dadurch Schmerzen auslösen. Diese Schmerzen sind dann zumeist ausstrahlend. Außerdem können zusätzlich Berührungsempfinden und Muskelkraft gestört sein.
Allerdings haben auch viele Personen geschädigte Bandscheiben, ohne dass dies Beschwerden verursacht. Wenn in einer CT- oder MRT-Untersuchung also ein Bandscheibenvorfall entdeckt wird, muss er nicht unbedingt die Ursache für gleichzeitig bestehende Rückenschmerzen sein. Das gilt insbesondere dann, wenn die Rückenschmerzen nicht typisch sind, also z. B. nicht ausstrahlen. Nur wenn Beschwerden und Untersuchungsbefunde gut zusammenpassen, lässt sich ein Bandscheibenvorfall als Auslöser der Rückenschmerzen benennen und behandeln. Dies ist bei etwa 40 von 1000 Rückenschmerzpatienten der Fall.
Rückenbeschwerden oder Rückenschmerzen erlebt in seinem Leben fast jeder einmal – gelegentliche Rückenprobleme gehören quasi zum Leben dazu. Doch nicht jede und jeder empfindet die Schmerzen gleichermaßen als behandlungsbedürftige Beeinträchtigung: Weniger als die Hälfte aller Betroffenen nimmt wegen ihrer Rückenprobleme ärztliche Hilfe in Anspruch.
Kann eine Ursache für die Schmerzen gefunden werden, hängt der weitere Verlauf von der damit verbundenen Therapie ab. Eine generelle Aussage darüber, wie Rückenschmerzen durchschnittlich verlaufen, lässt sich also nicht treffen.
Bei neu aufgetretenen nicht-spezifischen Rückenschmerzen bessern sich die Beschwerden innerhalb der ersten sechs Wochen am schnellsten – auch ohne gezielte Behandlung. Nach einem Jahr ist etwa ein Drittel der Patienten und Patientinnen vollständig beschwerdefrei, die übrigen haben noch mehr oder weniger starke Beschwerden. Etwa 5 – 10 % der Bevölkerung haben chronische Rückenschmerzen.
Es ist auch möglich, dass es zu einem Rückfall kommt, d. h. eine neue Rückenschmerzepisode nach einem beschwerdefreien Zeitraum auftritt.
Diagnostik
Wenn Patientinnen und Patienten mit Rückenschmerzen zum Arzt, zur Ärztin kommen, müssen verschiedene Fragen geklärt werden:
- Handelt es sich um einen Notfall, der dringend behandelt werden muss?
- Liegt die Ursache der Beschwerden am Rücken selbst oder an anderen Körperstellen?
- Lässt sich eine behandelbare Ursache für die Rückenschmerzen finden?
Hierzu werden als Erstes die aktuellen Beschwerden und die Krankengeschichte erfasst. Danach schließt sich eine körperliche Untersuchung des Rückens und je nach Beschwerdebild anderer Körperregionen an. Finden sich hier keine Hinweise auf einen Notfall oder eine spezifische Ursache, ist die Diagnostik erst einmal beendet. Bildgebende Untersuchungsverfahren wie Röntgen oder MRT sind in diesen Fällen nicht erforderlich.
Die Erkrankung wird dann als nicht-spezifische Rückenschmerzen eingeordnet, also als Rückenschmerzen ohne klare Ursache. Auf dieser Einordnung baut die weitere Behandlung auf. Die Behandlung bei nicht-spezifischen Rückenschmerzen zielt auf die Beseitigung der Schmerzen und Beeinträchtigungen ab.
Wurden jedoch Hinweise auf eine spezifische Beschwerdeursache gefunden, schließen sich weitere Untersuchungen an. Was genau sinnvoll ist, ist abhängig von der Verdachtsdiagnose. Jede weitergehende Untersuchung sollte nur bei begründetem Verdacht durchgeführt werden. So werden unnötige und belastende Untersuchungen vermieden, deren Ergebnis an der Behandlung nichts ändern würde.
Bildgebende Verfahren (z. B. Kernspintomographie, Röntgenaufnahmen) kommen zum Beispiel bei Verdacht auf Nervenschädigung (neurologische Ausfälle) oder auf Knochenbruch (nach Verletzung, bei Osteoporose) zum Einsatz. Beim Verdacht auf Entzündungen oder Erkrankungen innerer Organe können Laboruntersuchungen notwendig sein.
Auch bei erneuten oder länger dauernden Rückenbeschwerden bleibt das Vorgehen gleich. Es werden jedoch zudem Risikofaktoren für lang dauernde Verläufe (Chronifizierung) gezielt erfasst. Dazu gehören das psychische Befinden und Belastungen am Arbeitsplatz.
Weniger als die Hälfte aller von Rückenschmerzen Betroffenen sucht deswegen einen Arzt auf – vermutlich auch weil sie wissen, dass die meisten Rückenschmerzen zwar lästig, aber ungefährlich sind und ohne spezielle Behandlung wieder verschwinden.
Treten starke Schmerzen aber zum ersten Mal auf und/oder schränken die Rückenschmerzen die täglichen Aktivitäten deutlich ein, ist es sinnvoll, ärztliche Hilfe zu suchen. So kann man auch abklären, ob eine gefährliche Ursache für die Beschwerden verantwortlich ist.
Es gibt eine Reihe von Hinweisen auf eine spezifische Ursache für Rückenschmerzen. Folgende Warnhinweise sollten ärztlich abgeklärt werden:
- In ein oder beide Beine ausstrahlende Schmerzen mit deutlichen Gefühlsstörungen und Schwächegefühl in den Beinen können auf Nervenschädigungen oder Nervenreizungen hinweisen.
- Gefühlsstörungen in der Gesäßregion, zusammen mit Schwierigkeiten Urin und Stuhlgang zu kontrollieren, können ebenfalls auf Nervenschädigungen hinweisen.
- Plötzlich auftretende Schmerzen nach einem Sturz oder Unfall deuten möglicherweise auf Knochenbrüche hin. Bei älteren Menschen oder bei geringer Knochendichte (Osteoporose) können Wirbel auch bereits bei heftigem Husten oder Niesen brechen.
- Zusätzliche allgemeine Beschwerden wie Fieber, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust oder Appetitlosigkeit können Symptome einer Erkrankung sein, die auch weitere Körperteile außerhalb der Wirbelsäule betrifft, z. B. Infektionen, Krebserkrankungen oder entzündliche Gelenkerkrankungen.
- Ungewollter Gewichtsverlust, schnelle Ermüdung und Schmerzen, die in Rückenlage oder nachts zunehmen, können auf eine Krebserkrankung oder eine entzündliche Gelenkserkrankung hindeuten.
Diese Warnhinweise dienen dem Arzt, der Ärztin dazu zu entscheiden, in welche Richtung weiter untersucht wird.