Berlin, 12.03.2021 - Rohrreiniger und Oleander statt Arsen und Zyankali: Bei Vergiftungen sind Haus und Garten die größte Gefahrenquelle, vor allem für Kinder. Im Vorschulalter gehören sie zu den häufigsten Unfallarten. Bei Erwachsenen sind eher Gase, Alkohol oder Tabletten die Ursache. Welche Substanzen gefährlich sind, was bei einem Vergiftungsunfall zu tun ist und wie man bei Vergiftungen am besten reagiert, finden Sie hier.
Mögliche Quellen für Vergiftungen sind zahlreich: Ältere Menschen können Medikamente verwechseln, Kinder schlucken Reinigungsmittel oder kauen auf Pflanzenblättern aus dem Garten herum. Wenn übermäßig viel Alkohol getrunken wird, ist nicht selten eine Alkoholvergiftung die Folge. Aber auch beim Sammeln von Pilzen oder Bärlauch kann es zu folgenschweren Verwechslungen kommen – wenn beispielsweise Maiglöckchen oder Herbstzeitlose statt Bärlauch im Salat landen oder nicht der Wiesenchampignon, sondern der hochgiftige Knollenblätterpilz gebraten wird. Von einer Vergiftung spricht man also, wenn ein giftiger Stoff über Mund, Nase, Haut oder auch die Augen in den Körper gelangt und ihn schädigt.
Genaue Zahlen zu Vergiftungen in Deutschland gibt es trotz ärztlicher Meldepflicht nicht. Die Experten der Giftnotrufzentralen diagnostizieren am häufigsten Vergiftungen mit Haushalts- und Reinigungsmitteln und dabei wiederum mit Produkten, die schäumen: Spül- und Waschmittel, Shampoo oder Allesreiniger. Sie stehen in der Regel offen zugänglich in Haus oder Wohnung und sind für Kinder eine potenzielle Gefahr. Zum Glück führen diese Stoffe, wie auch Kosmetika und Pflanzen, meist nicht zu schweren Vergiftungen. Schlagzeilen machen eher Vergiftungen durch Rauchgas oder illegale Drogen. Aber die Dosis macht das Gift. Denn auch eigentlich ungiftige Stoffe wie Salz können, je nach Menge, tödliche Folgen haben.
Ob sofort Symptome auftreten oder erst nach Stunden, Tagen oder sogar Jahren, hängt von der Art und Dosis des Gifts ab. Zudem beeinflusst auch, auf welchem Weg der Stoff in den Körper gelangt, die auftretenden Symptome. Verschluckte oder eingeatmete Stoffe haben allgemein häufig Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall zur Folge. Auch Kopfschmerzen, Schwindel und Bewusstseinsveränderungen bis hin zur Bewusstlosigkeit können auftreten. Veränderungen der normalen Pulsfrequenz zu sehr schnell oder langsam, Blässe, Atemnot oder Herz-Kreislaufstillstand können ebenfalls Symptome einer Vergiftung sein. Wenn die Haut mit giftigen Substanzen in Kontakt kommt, treten oft Rötungen, Schmerzen, Ausschläge bis hin zur Blasenbildung auf. Sind die Augen betroffen, kann neben Schmerzen und Rötungen auch die Sehkraft beeinträchtigt werden. Je nach Wirkung des Gifts können bei jeder Vergiftung auch weitere Symptome wie beispielsweise Lähmungen oder Krampfanfälle auftreten.
- Beruhigen Sie den Betroffenen.
- Geben Sie Wasser zu trinken – keine große Menge, etwa ein Glas reicht.
- Rufen Sie den regionalen Giftnotruf (Nummern weiter unten im Infokasten) oder die Rettungsleitstelle unter 112 an. Bewusstlosigkeit, Krampfanfälle, Kreislauf- und Atemstillstand sind ein Notfall.
- Rät der Giftnotruf zum Aufsuchen eines Arztes, bringen Sie wenn möglich die Flasche oder die Verpackung der Substanz mit in die Arztpraxis oder ins Krankenhaus.
- Schäumende Produkte verschluckt: Einen Teelöffel eines Entschäumers geben (Inhaltsstoff Dimeticon oder Simeticon). Alternativ kann Fett gegen Schaum helfen, z.B. ein Brot mit viel Butter bestrichen. Danach sollte ein Glas Wasser getrunken werden.
- Säuren oder Laugen verschluckt: Ein bis zwei Gläser Wasser oder Tee gegen die Verätzungen geben, wenn der Patient wach ist.
- Das Auge verätzt: Mindestens fünf bis zehn Minuten bei geöffnetem Lid mit laufendem, lauwarmem Wasser spülen.
- Giftige Pflanzen oder Pilze gegessen: Reste sichern, um die Art zu bestimmen (zur Not auch Erbrochenes)
- Hautverletzungen z.B. durch Pflanzenschutzmittel oder organische Lösemittel: Kleidung entfernen (zerschneiden) und die Haut mit lauwarmem Wasser und Seife abwaschen.
- Gasvergiftungen: Patienten an die frische Luft bringen (ohne sich selbst in Gefahr zu bringen). Bei Atemstillstand Notruf absetzen, dann Wiederbeleben.
- Keine kohlensäurehaltigen Getränke geben: Kohlensäure kann im Magen chemisch reagieren.
- Keine Milch geben: Dadurch können Giftstoffe schneller ins Blut gelangen.
- Betroffene nicht eigenmächtig zum Erbrechen bringen: Das kann je nach Substanz die Speiseröhre oder Lunge schädigen, zudem kann Erbrochenes in Luftröhre und Lunge geraten.
- Kohlepräparate nur nach Rücksprache mit dem Arzt oder dem Giftnotruf geben: Aktivkohle kann eine endoskopische Untersuchung stark erschweren.
- Kein Salzwasser geben, um Erbrechen auszulösen: Das kann vor allem bei Kleinkindern zu einer Salzvergiftung führen.
In Deutschland gibt es acht regionale Giftnotrufzentralen. Rufen Sie lieber einmal zu viel als zu wenig an. Um zu klären, ob die Lage lebensbedrohlich ist, sind folgende Fragen wichtig:
- Wer ist betroffen? (Alter, Gewicht)
- Was wurde eingenommen? (Substanz, Verpackung, Firma, Pflanze)
- Wieviel und wann? (Gesicherte Zeitangabe oder Vermutung)
- Wie wurde es eingenommen? (Geschluckt? Eingeatmet? Auf die Haut? Ins Auge?)
- Welche Symptome zeigt der Patient? (Husten? Erbrechen? Muskelzuckungen? Rauschzustand? Benommenheit? Schmerzen?)
- Was wurde bereits unternommen?
- Wer ruft an? (Name und Telefonnummer für den Rückruf).
Auf einen Blick: Was tun bei Vergiftungen?