Berlin, 17. Juni 2022 – Mit Familienmitgliedern verbringen wir nicht nur viel Zeit – von ihnen lernen wir auch und übernehmen einige ihrer Gewohnheiten. Eltern können so bei ihren Kindern den Grundstein für eine gesunde Ernährung und ein gesundes Leben legen. Doch eine gesunde Ernährung ist im Alltag manchmal gar nicht so einfach. Lesen Sie in diesem Beitrag, wie Sie sich und Ihre Familie auch im stressigen Alltag gesund ernähren können.
Für Kinder ist die Zeit in der Familie prägend. Eltern sind Vorbilder für ihre Kinder – das gilt auch in Sachen Ernährung. Das Essverhalten, das wir in unserer Kindheit lernen, begleitet uns oft unser Leben lang. Schon im Mutterleib und später durch die Muttermilch wird vermutlich zu einem gewissen Teil bestimmt, welche Lebensmittel wir mögen und welche nicht. Wenn die Mutter während der Schwangerschaft und Stillzeit bestimmte Lebensmittel bevorzugt, isst das Kind diese vielleicht später auch gern. Wenn Eltern in der Kindheit ein gesundes Essverhalten vorleben, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder es übernehmen und sich auch als Erwachsene noch gesund ernähren.
Im Alltag ist es nicht immer leicht, ein Vorbild zu sein. Oft fehlt die Zeit zum Einkaufen, Kochen und gemeinsamen Essen. Nicht jedem schmeckt alles und manches Familienmitglied hat seine ganz eigenen Vorlieben beim Essen.
Wir haben uns häufige Alltagsprobleme zum Thema Ernährung angeschaut und zeigen Lösungen auf.
Studien zeigen: Kinder, die mindestens dreimal pro Woche gemeinsam mit der Familie essen, haben meist ein normales Gewicht und ein gesünderes Essverhalten als Kinder, die fast immer alleine essen. Gerade wenn beide Eltern berufstätig sind, fehlt jedoch häufig die Zeit für das gemeinsame Essen. Umso wichtiger ist es, die Familienmahlzeiten fest in den Kalender einzuplanen. Suchen Sie sich zum Beispiel drei feste Tage in der Woche aus, an denen alle gemeinsam an den Tisch kommen. Je nach Alter können Kinder auch schon beim Kochen und Tischdecken mit einbezogen werden. Damit beim Familienessen eine entspannte Stimmung herrscht, lohnt es sich, vorher einige Regeln festzulegen, wie zum Beispiel:
- Vor dem Essen waschen sich alle die Hände.
- Alle helfen beim Kochen, Tischdecken und Abräumen mit.
- Das Essen beginnt, wenn alle am Tisch sitzen.
- Handy, Fernsehen, Zeitung und Spielsachen sind am Esstisch nicht erlaubt.
- Jeder bleibt sitzen, bis alle fertig sind.
- Oder: Wer fertig mit Essen ist, darf auch ganz gemütlich etwas anderes machen.
Je nach Familiensituation können diese Regeln anders lauten. Wichtig ist nur, dass alle darüber Bescheid wissen.
Einer der am häufigsten genannten Gründe, warum eine gesunde Ernährung nicht gelingt, ist die fehlende Zeit: Laut der TK-Ernährungsstudie von 2017 mit 1200 befragten Personen glauben 56 Prozent, dass gesundes Essen viel Zeit kostet, die sie nicht haben.
Gesunde Ernährung muss aber gar nicht viel Zeit kosten. Eine gute Planung kann helfen, sich ohne großen Zeitaufwand gesund, ausgewogen und nährstoffreich zu ernähren. So bietet es sich an, einen Essensplan für die Woche zu erstellen. Damit lässt sich ganz leicht eine Einkaufsliste schreiben, um die nötigen Zutaten zu beschaffen. In der Regel reicht dafür ein Wocheneinkauf. Legen Sie sich einen Vorrat an haltbaren Lebensmitteln zu, die Sie immer wieder benötigen, z. B. Speiseöl, Reis, Nudeln und Gemüse in Konserven oder als Tiefkühlware. So haben Sie auch immer etwas zu essen da, wenn es einmal schnell gehen muss.
Auch die Zubereitung von gesunden Mahlzeiten muss nicht lange dauern. Es gibt viele schnelle und einfache Rezepte. Mit ein paar Tricks lässt sich zusätzlich Zeit sparen:
- Wer keine Zeit hat, frisches Gemüse zu waschen und zu schneiden, kann tiefgefrorenes Gemüse verwenden. Das ist oft bereits in mundgerechte Stücke geteilt und muss nur noch erwärmt werden.
- Auch konserviertes Gemüse in Gläsern oder vorportionierter Salat können Zeit beim Kochen sparen.
- Einige Kinder essen Gemüse auch gern roh. Schneiden Sie es nur in mundgerechte Portionen und sparen sich so die Kochzeit.
- Mit einem Schnellkochtopf gewinnt man einige Minuten beim Garen von Speisen.
- Kochen Sie größere Mengen, die Sie portionsweise einfrieren. So haben Sie gleich für mehrere Tage gekocht.
- Wenn es einmal etwas Besonderes sein soll: Einige Lieferdienste bieten gesunde Mahlzeiten oder Kochboxen mit allen benötigten Zutaten plus Rezepten.
Die eine mag keine Möhren, der andere möchte unbedingt Fleisch und der Dritte will nichts außer Nudeln mit Ketchup. Gemeinsame Mahlzeiten können zu einer Herausforderung werden, wenn es unterschiedliche Geschmäcker in der Familie gibt. Um den Vorlieben aller gerecht zu werden, lassen sich Lösungen finden: Man kann zum Beispiel nur das servieren, was alle gerne essen. Oder man geht Kompromisse ein und nimmt Lieblingsgerichte abwechselnd in den Essensplan auf.
Wichtig zu wissen ist: Mäkeliges Essverhalten hört bei den meisten Kindern nach einiger Zeit von selbst wieder auf. Gerade kleine Kinder lehnen neue Lebensmittel häufig ab – das ist normal und gehört zur kindlichen Entwicklung. Es nützt dann wenig, das Kind zum Essen zu zwingen. Tatsächlich kann das die Abneigung gegenüber Lebensmitteln sogar verstärken. Seien Sie stattdessen ein Vorbild, indem Sie sich selbst gesund ernähren und neue Lebensmittel ausprobieren.
Außerdem können Sie Folgendes versuchen:
- Geben Sie nicht auf. Bieten Sie Ihrem Kind immer wieder das neue Lebensmittel an. Manche Kinder müssen Lebensmittel häufiger probieren, bis sie ihnen schmecken.
- Servieren Sie Obst und Gemüse kinderfreundlich: Legen Sie zum Beispiel mit Rohkost Gesichter aufs Butterbrot oder ordnen Sie Gemüse in einem bunten Muster auf dem Teller an.
- Auch bei der Namensgebung dürfen Sie kreativ sein: „Kleine Bäumchen“ und „Schneemannnasen“ klingen doch viel spannender als „Brokkoli“ oder „Möhren“.
- „Verstecken“ Sie gesunde Lebensmittel, wenn das Kind sie sonst nicht isst. Sie können z. B. Obst und Gemüse pürieren und Säfte oder Smoothies daraus machen. Manche Kinder essen Gemüse auch eher, wenn es Nudeln, Suppen oder Kuchen beigemischt wird. Auch fettarme Soßen zu Gemüse können helfen, das Geschmackserlebnis für Kinder zu verbessern.
- Manche Kinder bekommen mehr Lust auf gesundes Essen, wenn sie beim Einkauf das Obst und Gemüse mit aussuchen und später auch beim Kochen helfen dürfen.
- Kinderportionen kommen Erwachsenen manchmal sehr klein vor. Aber Ihr Kind hört wahrscheinlich dann mit dem Essen auf, wenn es keinen Hunger mehr hat. Zwingen Sie es in diesem Fall nicht weiter zu essen. Eventuell können Sie den Appetit des Kindes anregen, indem Sie Süßigkeiten und kalorienhaltige Getränke zwischen den Mahlzeiten weglassen.
Zu Hause bestimmen in der Regel die Eltern darüber, was gegessen wird. Ist Ihr Kind in der Schule oder bei Freunden zu Besuch, haben Sie jedoch weniger Handhabe. Was also tun, wenn das gesund belegte Pausenbrot unterwegs gegen Fast Food und Süßigkeiten getauscht wird?
- Damit Kinder sich auch ohne Aufsicht der Eltern gesund ernähren, ist es wichtig, sie über gesunde Ernährung zu informieren. Erklären Sie Ihrem Kind, warum es nicht jeden Tag Pizza, Pommes und Kuchen gibt.
- Kinder sollten sich von Ernährungsvorgaben nicht überfordert fühlen. Stellen Sie deshalb gemeinsam Regeln auf: Wie viel Obst und Gemüse sollte mindestens gegessen werden? Wie viele Süßigkeiten sind erlaubt?
- Wichtig ist, dass Sie keine grundsätzlichen Verbote aussprechen. Auch Fast Food oder die Lieblingsnascherei können ab und an erlaubt sein.
- Bieten Sie Ihrem Kind Alternativen zu ungesunden Snacks an. Das können neben Obst und geschnittener Rohkost auch einmal selbst gebackene Kekse oder Kuchen sein. Selbstgemachte Leckereien enthalten in der Regel weniger Zucker und Fett als gekauftes Gebäck.
Viele von uns hatten schon einmal den Vorsatz, sich gesünder zu ernähren. Für eine Weile klappt das in der Regel gut, aber schnell verfällt man wieder in alte Muster. Laut der TK-Ernährungsstudie von 2017 gelang es 46 Prozent der Befragten nicht, ihre guten Ernährungsvorsätze langfristig zur Gewohnheit zu machen. Dafür gibt es viele mögliche Gründe: So ist es schwieriger, sich gesund zu ernähren, wenn man ständig den Verlockungen von Süßigkeiten und Fast Food ausgesetzt ist – z. B. weil in der Schublade des Wohnzimmerschranks immer reichlich Gummibärchen liegen. Oder weil die Kollegen einen in der Mittagspause doch zum Besuch der Pommesbude überreden. Oder weil die TV-Werbung den Heißhunger auf Schokolade erst so richtig befeuert.
Wer sich langfristig gesund ernähren möchte, sollte Hürden im Alltag erkennen und überlegen, wie man sie überwinden kann. Oftmals ist es leichter, sich schon im Vorfeld einen Plan zu machen, um auf schwierige Situationen vorbereitet zu sein. Statt der Gummibärchen in der Schublade können Sie sich einen Vorrat z. B. an Nüssen und Gemüse zulegen und griffbereit auf Schalen und Teller verteilen. Vielleicht geht man auch lieber spazieren, anstatt sich vor den Fernseher zu setzen. Oder auf der Arbeit überzeugt man die Kollegen, das Mittagsessen auch einmal woanders einzunehmen.
Sie müssen nicht all Ihre Gewohnheiten von heute auf morgen ändern: Setzen Sie sich kleine Ziele, zum Beispiel: „Einmal pro Woche möchte ich mit den Kindern zusammen ein gesundes Essen kochen.“ Wenn das funktioniert, könnten Sie den nächsten Schritt gehen. Sie können sich auch Regeln aufstellen, um neue Essgewohnheiten zu entwickeln, zum Beispiel: „Ich möchte regelmäßig Frühstück, Mittag und Abendbrot essen, mindestens einmal pro Woche Fisch zu mir nehmen oder mittwochs immer einen vegetarischen Tag einlegen.“
Erstellt im Juni 2022. Nächste geplante Aktualisierung: Juni 2025.
Autoren: Anne Engler, Lisa-Marie Ströhlein, Jochen Randig (alle von der Stiftung Gesundheitswissen)
Wissenschaftliche Beratung: Univ.Ass. Mag.rer.nat. Thomas Semlitsch, MSc Cornelia Krenn, BA MA Carolin Zipp (alle vom Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Medizinische Universität Graz)