Berlin, aktualisiert am 13. Juli 2022 – Macht Spinat wirklich stark? Erhöhen zu viele Eier tatsächlich den Cholesterinspiegel? Macht Schokolade nun glücklich oder nicht? Wer nach Informationen zu Ernährung sucht, stößt auf eine Vielzahl an Mythen. Welche davon stimmen und welche nicht, zeigt in manchen Fällen ein Blick auf die Studienlage. Was ist wissenschaftlich dran an den Gesundheitsmythen zum Thema Ernährung? Wir fassen zusammen, was Studien zu den gängigen Mythen sagen.
Niemand anderes als Popeye der Seemann steht für diesen Mythos: Wer Spinat isst, steigert seine Muskelkraft. Seit Generationen wird diese Weisheit am Esstisch weitergegeben, damit die Kleinen ihren Teller aufessen. Aber stimmt das wirklich?
Macht Spinat stark?
Das sagen Studien: In einer Studie mit 60 Teilnehmern haben Ernährungswissenschaftler der Freien Universität Berlin das im Spinat enthaltene pflanzliche Steroid „Ecdysteron“ an junge Männer verabreicht und daraufhin die körperliche Leistungsfähigkeit über einen langen Zeitraum gemessen. Das Ergebnis: Bei den Teilnehmern, die das „Ecdysteron“ verabreicht bekommen haben, hat die Muskelmasse spürbar zugenommen. Die Autoren der Studie empfahlen sogar, das Steroid als Dopingmittel im Sport zu verbieten.
Wer seine Muskelkraft mithilfe von Spinat steigern möchte, müsste allerdings zwei bis acht Kilogramm täglich essen, um einen spürbaren Effekt zu erzielen. Die geringste Dosis, die eine Probandengruppe während der Studie zu sich nahm und einen Effekt zeigte, entsprach umgerechnet bis zu vier Kilogramm Spinat pro Tag.
Bei so einer Dosis vergeht wohl auch dem größten Spinat-Liebhaber der Appetit. Daher empfehlen Ernährungswissenschaftler Menschen, die an Muskelmasse zunehmen wollen, „Ecdysteron“ in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zu sich zu nehmen, um eine leistungssteigernde Wirkung zu erzielen.
Steigern Karotten die Sehkraft?
Wenn wir viele Karotten essen, verbessern wir unsere Sehkraft. Diese Behauptung hat keinen ernährungswissenschaftlichen Hintergrund. Historiker vermuten, dass es sich um einen Mythos aus dem Zweiten Weltkrieg handeln könnte.
Als die Piloten der Royal Air Force im Zweiten Weltkrieg erstmals feindliche Flugzeuge mit einem Radar entdeckten, war man bemüht, diese neue Technologie für sich zu behalten. Um die neuen Erfolge der britischen Flieger zu erklären, behauptete die Militärführung, die Piloten hätten besonders viele Karotten gegessen, wodurch sie nachts besonders gut sehen konnten. Seitdem hält sich der Glaube daran, dass Karotten die Sehkraft stärken.
Diesem Mythos sind Wissenschaftler der University of California nachgegangen und haben herausgefunden, dass das in Karotten enthaltene Vitamin A zwar gesund ist für das menschliche Auge, die Sehkraft aber nicht verbessert. Unsere Ernährung ist bereits reich an Vitamin A. Ein Überschuss wird von unserem Körper sogar reguliert, um zu verhindern, dass sich schädliche Konzentrationen der Substanz anreichern.
Einen Einfluss auf die Sehkraft durch Vitamin A gibt es dann, wenn ein Mangel etwa durch schlechte Ernährung oder Alkoholismus vorliegt. Dann kann sich die Sehkraft zwar verschlechtern, allerdings durch die Zugabe von Vitamin A verbessern. In einigen Ländern der Dritten Welt lässt sich diese Entwicklung in Teilen der Bevölkerung beobachten.
Erhöhen zu viele Eier den Cholesterinspiegel?
Ob Rührei, Spiegelei, Omelett oder Osterei - Eier schmecken in allen Varianten. Aber der Mythos sagt, ein zu großer Ei-Konsum erhöhe auch den Cholesterinspiegel, was ein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellen kann. Was sagen die Studien zum Ei-Mythos?
Das in den Eiern enthaltene Cholesterin kann unseren Cholesterinspiegel tatsächlich erhöhen. Die zusammengefassten Ergebnisse bisher durchgeführter Studien zeigen aber nicht, dass Eier per se ungesund sind. Sie deuten eher darauf hin, dass der Verzehr von fünf Eiern pro Woche bei gesunden Menschen die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht begünstigt. In Maßen ist der Verzehr also unbedenklich.
Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen hingegen wird von Ärztinnen und Ärzten sowie von medizinischen Organisationen empfohlen, ihren Eier-Konsum einzuschränken.
Hilft Hühnersuppe bei Erkältungen?
Großmutters Patentrezept bei Erkältungen aller Art lautet: Hühnersuppe essen. Den darin enthaltenen Bestandteilen wird seit Generationen eine heilsame Wirkung nachgesagt. Belege für die Wirksamkeit der Suppe beim Menschen gibt es jedoch kaum.
Eine kleine Studie hat untersucht, wie sich der Verzehr von Hühnersuppe auf den Nasenschleim auswirkt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Suppe kurzfristig den Nasenschleim flüssiger macht, sodass dieser besser ablaufen kann. Ein ähnliches Ergebnis ließ sich durch heißes Wasser erzielen. Nach dreißig Minuten war der Nasenschleim wieder so zäh wie zuvor.
Ernährungswissenschaftler geben zu bedenken, dass die Suppe eine äußerst vielseitige Mischung aus verschiedenem Gemüse, Fett und Hühnerfleisch ist, bei der man kaum herausbekommen kann, welche Wirkung die verschiedenen Zutaten der Suppe auf all die Mitstreiter der Immunabwehr haben.
Was die Suppe in jedem Fall ist: Sie ist heiß! Durch die Wärme weiten sich die Blutgefäße und das Gewebe wird besser durchblutet. Deshalb wird Hühnersuppe bei einem grippalen Infekt oft als wohltuend empfunden. Generell können warme Flüssigkeiten bewirken, dass Nasenschleim und andere Sekrete gelockert werden und besser abfließen. Außerdem liefert die Suppe – je nach Zubereitungsart – wichtige Nährstoffe für den angeschlagenen Körper und dringend nötige Energie, damit Verschnupfte rasch wieder auf die Beine kommen!
Macht Schokolade glücklich?
Manchmal reicht ein Stückchen Schokolade, um glücklich zu sein - sagt man. Aber was ist dran am Mythos vom süßen Glücklichmacher? Was sagen die Studien dazu?
Schokolade kann kurzfristig für gute Laune sorgen. Das zeigt eine wissenschaftliche Übersichtsarbeit, in der britische Psychologen und australische Forscher Studien über die Wirkung von Schokolade auf die Psyche zusammengefasst haben. Der Großteil der Studien darin zeigte eine stimmungsverbessernde Wirkung. Das liegt aber kaum an den stimmungsaufhellenden Stoffen in der Kakaobohne. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Schokolade vor allem durch den enthaltenen Zucker und unsere Erwartungshaltungen zum Glücklichmacher wird.
Allerdings gilt zu beachten: Da es insgesamt nur wenige Studien mit nur geringen Teilnehmerzahlen gibt, die zudem auch methodische Mängel aufweisen, ist die Aussage über die stimmungsaufhellende Wirkung von Schokolade leider nur schlecht abgesichert. Zudem ist ungeklärt, ob Schokolade glücklicher macht als andere Süßigkeiten. Dafür müssten weitere Studien durchgeführt werden, für die sich sicher ausreichend Teilnehmer finden lassen.
Low fat oder low carb? Was hilft beim Abnehmen?
Manche verzichten auf Butter und Öl, um abzunehmen. Andere verbannen Brot, Nudeln und Reis aus den Vorratsschränken. Ob der Verzicht auf Fett einen schnelleren Gewichtsverlust bringt, als eine Low-Carb-Diät – das war bislang umstritten. Dieser Debatte könnte eine randomisierte Studie ein Ende setzen. In dieser Studie wurden Testpersonen zwölf Monate lang auf Diät gesetzt. Unter professioneller Anleitung verzichteten sie entweder auf Kohlenhydrate oder auf Fette. Am Ende waren beide Ansätze – low carb und low fat – gleichermaßen erfolgreich.
Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass für den Abnehm-Erfolg in erster Linie die tägliche Kalorienzufuhr ausschlaggebend ist. Neben Kohlenhydraten und Fettgehalt sollten dabei auch auf hochwertige Nahrungsmittel achten.
Hilft Honig bei akutem Husten?
Honig zählt zu den ältesten Hausmitteln bei Husten. Ihm wird eine entzündungshemmende Wirkung nachgesagt. Legt sich der Honig über die strapazierten Schleimhäute im Hals, empfinden das viele Menschen als wohltuend bei Erkältungen.
Es gibt wissenschaftliche Hinweise, dass Honig Kindern mit akutem Husten helfen kann: Hustenattacken werden ein wenig gelindert, d. h. sie sind weniger heftig und treten seltener auf und die Kinder schlafen dadurch möglicherweise etwas besser. Das zeigen Ergebnisse einer systematischen Übersichtsarbeit mit sechs kleinen Studien. Ernste Nebenwirkungen, die auf Honig zurückzuführen waren, konnten nicht festgestellt werden. Die Qualität der Wirksamkeitsnachweise (Evidenz) war insgesamt niedrig bis moderat. Wie viel Honig eingenommen werden muss, um eine Wirkung zu erzielen und welche Sorte zu bevorzugen ist, lässt sich aus der Übersichtsarbeit nicht ableiten.
Aber: Kinder unter einem Jahr dürfen keinen Honig zu sich nehmen. Denn Honig kann bestimmte Bakterien enthalten, die für Säuglingen schädlich sind. Außerdem sollte auf gute Zahnhygiene geachtet werden: Denn gut für die Zähne ist der in Honig reichlich enthaltende Zucker natürlich nicht.
Ob Honig auch Erwachsenen bei Husten hilft, wurde bisher noch nicht systematisch untersucht. Aufgrund der zwar schwachen, aber positiven Wirkung bei Kindern spricht nichts dagegen, einfach auszuprobieren, ob einem Honig bei Husten guttut.
Helfen Katermittel nach dem Rausch?
Der Kopf schmerzt, der Magen ist flau und der Kreislauf fährt Achterbahn. Nach dem Rausch kommt oftmals der Kater und von Zitronensaft trinken bis Matjes essen gibt es viele Mittel dagegen. Aber welche helfen wirklich? Was sagen die Studien?
Zu viel Alkohol überlastet die Leber und entzieht dem Körper Wasser und Mineralstoffe. Die Auswirkungen davon nennt man im Volksmund „Kater“. Welche Mittel präventiv oder im Nachhinein helfen können, sollte in einer systematischen Übersichtsarbeit herausgefunden werden. Dafür wurden Forschungsarbeiten aus den Jahren 2009 bis 2016 zum Thema bewertet. Das Ergebnis: Es gibt bislang keinen wissenschaftlichen Beleg für die Wirksamkeit eines Mittels gegen alle Symptome eines Katers.
Aber Achtung: Nur weil es an einer wissenschaftlichen Beweislage zum Thema Katermittel mangelt, heißt das noch lange nicht, dass Gewürzgurken oder Espresso mit Zitrone nicht helfen können. Ziel muss es sein, den Körper beim Abbau des Alkohols zu unterstützen und den Flüssigkeits- und Mineralhaushalt wieder zu normalisieren. Von daher spricht nichts gegen Katermittel, die dem Körper guttun und nicht schaden.
Obst und Gemüse: Stecken unter der Schale die meisten Vitamine?
Dieser Mythos wurde am 03.09.2024 ergänzt.
Sollte man Obst und Gemüse vor dem Essen schälen oder nicht?
Tatsächlich steckt die Schale vieler Obst- und Gemüsesorten voller Vitamine, Ballaststoffe und Antioxidantien. Mehrere Studien haben herausgefunden, dass die Schale vieler Früchte mehr gesunde Nährstoffe enthält als das Fruchtfleisch. Die hohe Nährstoffkonzentration in der Schale hat wahrscheinlich eine schützende Funktion für die Frucht. Sie sorgt dafür, dass die Frucht keinen Schaden durch Umwelteinflüsse nimmt, wie etwa Hitze, Kälte, Trockenheit oder UV-Strahlung.
Manche Menschen schälen Obst und Gemüse und werfen die Schale weg, weil sie befürchten, dass sie Rückstände von Pestiziden enthält. Die Verbraucherzentrale empfiehlt, eher saisonale Produkte aus der EU zu kaufen, da diese weniger belastet seien als Obst und Gemüse aus Drittstaaten. Sie rät außerdem dazu, Obst und Gemüse vor der Zubereitung gründlich unter fließendem Wasser zu waschen und ggf. mit einem Tuch oder einer Bürste abzureiben.
Vorsicht ist bei Kartoffeln angebracht: So macht das Bundesinstitut für Risikobewertung darauf aufmerksam, dass Kartoffelschalen den Giftstoff Solanin enthalten können