Um die Beschwerden einer Dranginkontinenz in den Griff zu bekommen, kombinieren manche Betroffene ein Blasentraining mit Beckenbodentraining. Ob diese Therapie einen Nutzen hat bzw. die Kombination besser hilft als ein alleiniges Blasentraining, haben wir anhand der vorhandenen wissenschaftlichen Studien geprüft.

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Das Blasentraining ist eine Form des Toilettentrainings, das zur Behandlung von Dranginkontinenz eingesetzt werden kann. Teilweise werden für Blasentraining auch andere Begriffe benutzt oder etwas anderes darunter verstanden. Wir meinen mit Blasentraining folgendes: Es wird ein Toilettenplan aufgestellt, der Toilettengänge zu bestimmten Zeiten vorsieht. Diese Zeiten sollen auch dann eingehalten werden, wenn kein Harndrang besteht. Die festgelegten Toilettengänge erfolgen zunächst in kurzen Abständen, die mit der Zeit ausgedehnt werden. Zusätzlich werden Techniken erlernt, wie man Harndrang unterdrücken und die Blasenentleerung etwas hinauszögern kann. Das Training soll die Blase daran gewöhnen, mehr Urin zu speichern.

Beim Beckenbodentraining handelt es sich ebenfalls um ein Verfahren zur Behandlung von Dranginkontinenz. Dabei wird die Beckenbodenmuskulatur durch Übungen wie dem schnellen und anhaltenden Zusammenziehen der Muskulatur trainiert. Angeleitet werden die Übungen von Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten. Das Training umfasst auch eine selbständige Wiederholung der erlernten Übungen zu Hause. Da die Beckenbodenmuskulatur daran beteiligt ist, den Urin zu halten, geht man davon aus, dass die Kräftigung dieser Muskulatur einem ungewollten Verlust von Urin entgegenwirken kann.

Welchen Nutzen und Schaden hat eine Kombination aus Blasen- und Beckenbodentraining bei Dranginkontinenz?

Zu dieser Fragestellung liegen insgesamt vier randomisiert-kontrollierte Studien vor.

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In einer randomisiert-kontrollierten Studie konnte gezeigt werden, dass mehr Frauen mit Dranginkontinenz nach Abschluss eines achtwöchigen Kombinationsprogramms beschwerdefreiwaren als in der Kontrollgruppe, die keine Behandlung erhielt.

Zwei randomisiert-kontrollierte Studien untersuchten, ob die Anzahl der sogenannten Dranginkontinenzepisoden innerhalb von 24 Stunden bzw. 7 Tagen durch ein 8- bis 12-wöchiges Kombinationsprogramm zurückging. Die Ergebnisse zeigen, dass nach der Kombinationstherapie weniger Dranginkontinenzepisoden auftraten. In den Kontrollgruppen, die keine Therapie erhielten bzw. Tipps und eine Informationsbroschüre bekamen, ergab sich im gleichen Zeitraum kein wesentlicher Rückgang der Inkontinenzepisoden. Die Lebensqualität wurde in den Studien nicht untersucht.
Aussagekräftige Langzeitergebnisse hinsichtlich der Wirksamkeit einer Kombinationstherapie von Blasen- und Beckenbodentraining liegen nicht vor. 

Ob durch Beckenbodentraining auch Nebenwirkungen auftreten können, wurde in drei der vier Studien untersucht. Hiernach konnten für die Kombination aus Blasen- und Beckenbodentraining keine Nebenwirkungen festgestellt werden.

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Die Teilnehmerzahl ist relativ gering: In allen vier randomisiert-kontrollierten Studien nahmen zusammengenommen nur 169 Personen mit Dranginkontinenzsymptomen teil. Auch weisen die Studien in unterschiedlichem Ausmaß methodische Mängel auf. 

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Sind die Ergebnisse übertragbar? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Inwieweit die Ergebnisse der Studien auf andere Personengruppen wie z. B. junge Menschen mit Dranginkontinenz übertragbar sind, ist unklar. Ob Männer mit Dranginkontinenz im selben Ausmaß wie Frauen von einer Kombinationstherapie profitieren, ist unsicher, da die Ergebnisse zum weitaus größten Teil aus Studien mit Frauen stammen. Eine indirekte Übertragbarkeit der Ergebnisse aus den Studien mit Frauen auf Männer erscheint nur eingeschränkt möglich. 

Die Informationen stellen keine endgültige Bewertung dar, sondern basieren auf den besten derzeit verfügbaren Erkenntnissen. Neue Studien können die Ergebnisse verändern.

Hilft eine Kombination aus Blasen- und Beckenbodentraining besser als ein alleiniges Blasentraining?

Zu dieser Fragestellung liegen insgesamt zwei randomisiert-kontrollierte Studien vor.

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Eine der beiden randomisiert-kontrollierten Studien untersuchte eine Kombinationstherapie aus Blasen- und Beckenbodentraining im Vergleich zu alleinigem Blasentraining über 6 Wochen. Nach den 6-wöchigen Trainings fand sich kein Unterschied zwischen den Trainings im Hinblick auf die mittlere Anzahl der Inkontinenzepisoden und auf Inkontinenzsymptome. Hinsichtlich der Lebensqualität zeigte die Kombinationstherapie einen Vorteil gegenüber alleinigem Blasentraining.

Die zweite randomisiert-kontrollierte Studie verglich u. a. ein 12-wöchiges alleiniges Blasentraining mit einer ebenfalls 12-wöchigen Kombinationstherapie aus Blasentraining, Beckenbodentraining und zusätzlich auch einer Beratung zu Verhaltensmaßnahmen wie Trinkverhalten, richtiger Körperhaltung oder Maßnahmen zur Vermeidung von Verstopfungen. 

Die Auswertungen nach einem Jahr bzw. vier Jahren zeigten Verbesserungen in beiden Trainingsgruppen im Vergleich zu Studienbeginn sowohl hinsichtlich der mittleren Anzahl der Inkontinenzepisoden, der Inkontinenzsymptome als auch der Lebensqualität. Der Vergleich zwischen den Studiengruppen zeigte jedoch weder nach einem noch nach vier Jahren einen Unterschied zwischen den Trainingsgruppen hinsichtlich der mittleren Anzahl der Inkontinenzepisoden, der Inkontinenzsymptome als auch der Lebensqualität. Die Kombinationstherapie ist diesbezüglich also nicht wirksamer als ein alleiniges Blasentraining.

Es finden sich in den Studien keine zuverlässigen Aussagen dazu, ob bei der Durchführung von alleinigem Blasentraining oder einem Kombinationstraining Nebenwirkungen auftraten. 

Warum sind die Ergebnisse der Studien nicht zuverlässig? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

In beiden randomisiert-kontrollierten Studien nahmen zusammengenommen nur 98 Frauen mit Dranginkontinenzsymptomen teil. Auch weisen die Studien methodische Mängel auf. 

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Inwieweit die Ergebnisse der Studien auf andere Personengruppen wie z. B. junge Menschen mit Dranginkontinenz übertragbar sind, ist unklar. Da in den Studien nur Frauen untersucht wurden, ist ebenfalls unsicher, inwieweit die Erkenntnisse auch für Männer gelten. Eine indirekte Übertragbarkeit der Ergebnisse aus den Studien mit Frauen auf Männer erscheint nur eingeschränkt möglich. 

Die Informationen stellen keine endgültige Bewertung dar, sondern basieren auf den besten derzeit verfügbaren Erkenntnissen. Neue Studien können die Ergebnisse verändern.

Wissenschaftliche Beratung: PD Dr. med. Karl Horvath, Univ.Ass. Mag.rer.nat. Thomas Semlitsch
Erstellt im August 2019. Nächste geplante Aktualisierung: August 2025

Quellen