Studiencheck
Reicht die Basistherapie nicht aus, um die Blutzuckerwerte zu senken, können zusätzlich Diabetes-Medikamente in Betracht gezogen werden. In der Regel beginnt man mit dem Medikament Metformin. Lassen sich auch dadurch die Behandlungsziele nicht erreichen, können weitere Medikamente hinzukommen – zum Beispiel Liraglutid. Es wird zusätzlich zu Metformin eingenommen. Bei manchen Menschen kann die Diabetes-Behandlung auch direkt mit der Kombination aus Liraglutid und Metformin beginnen. Das sind zum Beispiel Menschen mit Diabetes, die zusätzlich eine Herz-Kreislauf-Erkrankung haben.
Liraglutid ist ein Diabetes-Medikament aus der Wirkstoffklasse der GLP-1-Analoga. Sie ahmen die Wirkung eines körpereigenen Hormons nach und sorgen u. a. dafür, dass die Bauchspeicheldrüse nach der Nahrungsaufnahme Insulin freisetzt. Dadurch wird mehr Zucker aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen und der Blutzuckerspiegel sinkt. Liraglutid wird nicht als Tablette eingenommen, sondern muss einmal täglich mit einem Pen ins Unterhautfettgewebe gespritzt werden.
Welchen Nutzen hat die Behandlung mit Liraglutid zusätzlich zu Metformin? Welche Nebenwirkungen können dabei auftreten? Wir haben uns anhand einer randomisiert-kontrollierten Studie die Studienlage für Menschen mit Diabetes Typ 2 angeschaut.
Ausführlicher Studiencheck
Eine randomisiert-kontrollierte Studie (RCT) untersuchte über einen Zeitraum von zwei Jahren, welchen Nutzen die Behandlung mit Liraglutid zusätzlich zu Metformin für Menschen mit Diabetes Typ 2 hat. Die teilnehmenden Personen wurden dazu in zwei Gruppen aufgeteilt:
- Die eine Gruppe erhielt Metformin und zusätzlich Liraglutid. Die Dosierung von Liraglutid lag bei 0,6 mg, 1,2 mg oder 1,8 mg.
- Die Kontrollgruppe bekam Metformin. In den ersten 26 Wochen bekamen die teilnehmenden Personen zusätzlich ein Scheinmedikament (Placebo). Danach nur noch das Metformin allein (Kontrollgruppe).
Im Anschluss wurde überprüft, wie sich die zusätzliche Injektion von Liraglutid zu Metformin auf den HbA1c-Wert, den Blutdruck und das Körpergewicht der teilnehmenden Personen ausgewirkt hat.
Die Ergebnisse
Wie verändert die zusätzliche Behandlung mit Liraglutid den HbA1c-Wert?
Bei Personen, die Liraglutid zusätzlich zu Metformin bekamen, sank der HbA1c-Wert stärker als bei Personen, die nur Metformin einnahmen. Das betraf alle drei untersuchten Liraglutid-Dosierungen (0,6 mg, 1,2 mg und 1,8 mg).
Wie verändert die zusätzliche Behandlung mit Liraglutid das Körpergewicht?
Personen, die 1,2 mg oder 1,8 mg Liraglutid zusätzlich zu Metformin bekamen, verloren mehr Gewicht als Personen, die nur Metformin einnahmen. Die Dosierung von 0,6 mg führte zu keinem Unterschied.
Beeinflusst die zusätzliche Behandlung mit Liraglutid den Blutdruck?
Im Vergleich zu der Kontrollgruppe führte die zusätzliche Behandlung mit Liraglutid zu keiner Senkung des Blutdrucks der teilnehmenden Personen. Das galt für alle drei untersuchten Liraglutid-Dosierungen (0,6 mg, 1,2 mg und 1,8 mg).
Beeinflusst die zusätzliche Behandlung mit Liraglutid die Cholesterinwerte?
Bei der Kontrollgruppe verringerte sich der HDL-Cholesterin-Wert im Laufe der Studie. HDL-Cholesterin wird als „gutes Cholesterin“ bezeichnet. Hier sind höhere Werte erwünscht. Bei Personen, die 0,6 mg Liraglutid zusätzlich zu Metformin bekamen, traten dagegen keine Veränderungen auf. Welche Bedeutung dieser Unterschied tatsächlich für die Erkrankung hat, ist fraglich.
Kann die zusätzliche Behandlung mit Liraglutid die Sterblichkeit senken?
Diese Frage lässt sich derzeit nicht beantworten. Es wurden keine randomisiert-kontrollierten Studien gefunden, die dies im Vergleich zu alleiniger Metformin-Einnahme untersucht haben.
Kann die zusätzliche Einnahme von Liraglutid Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern?
Diese Frage lässt sich derzeit nicht beantworten. Es wurden keine randomisiert-kontrollierten Studien gefunden, die dies im Vergleich zu alleiniger Metformin-Einnahme untersucht haben.
Welche Nebenwirkungen können durch die zusätzliche Behandlung mit Liraglutid auftreten?
Bei Personen, die Liraglutid zusätzlich zu Metformin bekamen, traten teilweise häufiger Nebenwirkungen auf als in der Kontrollgruppe. Ob Liraglutid die tatsächliche Ursache dieser Nebenwirkungen war, lässt sich jedoch anhand der Studie nicht beurteilen.
Übelkeit und Durchfall waren die Nebenwirkungen, die von den Teilnehmenden der Studie am häufigsten berichtet wurden. In der Gruppe, die Liraglutid zusätzlich zu Metformin bekam, trat die Übelkeit mit der Zeit seltener auf. Der Anteil der Personen, die die Studie aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen haben, war in der Liraglutid-Gruppe höher als in der Kontrollgruppe.
Ein Teilnehmer, der zusätzlich zu Metformin 1,2 mg Liraglutid bekam, erlitt eine schwerwiegende Unterzuckerung, die er nicht allein bewältigen konnte. Bei einem weiteren Teilnehmer mit dieser Dosierung entzündete sich die Bauchspeicheldrüse während der ersten sechs Monate.
Über die Dauer der Studie wurden vier Todesfälle in der Liraglutid-Gruppe berichtet. Die Autorinnen und Autoren nahmen an, dass alle vier Todesfälle nicht mit dem Medikament zusammenhingen. Für die Kontrollgruppe wird nicht berichtet, ob Todesfälle aufgetreten sind.
Erstellt im Juli 2021. Nächste geplante Aktualisierung: Juli 2024.
Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Anke Steckelberg