Katrin Kallweit (43) - persönlicher Erfahrungsbericht
Ich bin Katrin Kallweit, 43 Jahre alt und ich bin von Beruf Kauffrau für Bürokommunikation, arbeite in einem Steuerbüro. Angefangen hat alles schon 2014, als ich festgestellt hab, dass ich meinen Urin nicht mehr halten konnte, gar nicht mehr, und ich hab gedacht: "Das kann alles gar nicht sein, das ist doch nicht normal."
Diagnostiziert wurde halt die Belastungsinkontinenz, auch die Dranginkontinenz gleich mit. Also gemerkt habe ich, dass etwas nicht in Ordnung ist, ja schon 2014. Da war's das erste mal, dass ich das bewusst wahrgenommen hab, weil's gleich so schlimm war, dass ich wirklich komplett nass war. Also das war ein ganz, ganz furchtbarer Moment. Aber das war dann so "Kopf in den Sand und ist alles gar nicht da." Es ist natürlich immer schlimmer geworden. Dreimal die Stunde musste ich zur Toilette, weil ich das Gefühl hatte, ich muss so dringend, dass ich, wenn jetzt irgendwas dazwischen kommt, dass dann alles schief geht.
Morgens schon fing's an. Ich geh eigentlich immer gemeinsam mit meiner Tochter aus dem Haus. Und spätestens wenn wir an der Tür waren und ich wusste, ich muss 20 Minuten bis zur Arbeit fahren. Wenn da noch was dazwischen kommt! Ich hab so oft zu ihr gesagt: "Geh schon mal, ich muss noch mal." Und dann haben wir uns immer einen Spass draus gemacht, und dann hat sie gesagt "Wieder drei Tröpfchen?" Und letztenendes war das dann immer bloß ganz wenig. Aber das Gefühl war unglaublich. Also ich habe wirklich gedacht, das geht nicht lange gut, das geht keine zehn Minuten gut. Das war echt verrückt. Und das war dann auch keine Lebensqualität mehr.
Wenn ich es irgendwie mal eilig hatte und so, ich wusste immer: Das wird mit einer nassen Hose enden.
Und so war's ja dann auch immer. Und das wollte ich dann ja auch immer. Inkontinenz ist schon etwas sehr privates, etwas sehr intimes auch. Das hat ja auch mit Urin zu tun, mit Geruch hat es auch zu tun Aber ich wollte es auch nicht jemandem erzählen. Ich wusste schon, ich muss es irgendjemandem erzählen. Deshalb habs ich's meiner Frauenärztin erzählt, weil sie ja auch eine Frau war. Und als sie dann gesagt hat "Ich kann Ihnen da nicht helfen, das muss ein Urologe abklären", dann bin ich erstmal für einen Monat wieder von der ganzen Sache abgekommen.
Naja, und dann bin ich zum Urologen gegangen. Musste dann schon der Anmeldung sagen was los ist, und das war mir alles so unangenehm. Aber ich war dann an dem Punkt wo ich gesagt hab "Ich will so nicht weitermachen". Ich kann's nur jedem empfehlen zum Arzt zu gehen, sich selbst zu überwinden, ein Stück weit, weil es bringt ja nichts, es wird ja nicht besser, und irgendwann muss es dann doch gemacht werden. Es sei denn, man lebt gerne so und man nimmt das billigend in Kauf, dann darf man sich halt nicht darüber ärgern.
Wünschen würde ich mir in der Öffentlichkeit dass das Thema nicht mehr so Tabu ist. Es gehört zum Körper dazu, es ist menschlich, und ob man jetzt dreißig ist, vierzig ist oder achtzig ist - ich hab ja gemerkt, das ist keine Frage des Alters. Es können junge Menschen genau betroffen sein wie ältere. Deshalb ist es nicht gesagt, dass es nur 80 plus betrifft und das dann ein Opa-und-Oma-Problem ist.Das ist es tatsächlich nicht.