Studiencheck

Erstellt im August 2018, aktualisiert am 19.04.2023; Nächste geplante Aktualisierung: Februar 2026
Autoren: Claudia Höppner, Jochen Randig, Lisa-Marie Ströhlein
Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. med. Diana Lüftner

Häufig wird Eierstockkrebs erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt, weil er keine oder keine eindeutigen Beschwerden verursacht. Dadurch sinken die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung.

Hinweise auf Eierstockkrebs können sich im Rahmen einer frauenärztlichen Untersuchung ergeben. Wenn der Verdacht sich erhärtet, werden betroffenen Frauen meistens einer oder beide Eierstöcke bei einer Operation entfernt und anschließend im Labor untersucht. Erst jetzt lässt sich endgültig feststellen, ob es sich wirklich um Eierstockkrebs handelt.
 

Um Eierstockkrebs möglichst zu einem frühen, noch beschwerdefreien Zeitpunkt zu erkennen, bieten manche Ärzte und Ärztinnen im Rahmen einer gynäkologischen Untersuchung eine Früherkennungsuntersuchung mit Ultraschall durch die Scheide an. Die frühe Diagnose soll die Chance einer erfolgreichen Behandlung erhöhen. Die Eierstockkrebs-Früherkennung mit Ultraschall ist eine sogenannte individuelle Gesundheitsleistung (IGeL). Das bedeutet, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen und die Untersuchung selbst zu zahlen ist. Mehr Informationen dazu, wie diese Früherkennungsmaßnahme abläuft, finden Sie hier.

Ob die Früherkennungsuntersuchung mit Ultraschall tatsächlich einen Nutzen hat oder sogar schaden kann, erfahren Sie auf dieser Seite. Dazu stellen wir die Ergebnisse einer großen Studie vor.
 

Was wurde untersucht?

In einer großen Studie wurden u. a. Nutzen und Schaden der Eierstockkrebs-Früherkennung mit Ultraschall erforscht. An der Studie nahmen 200.000 Frauen nach den Wechseljahren teil. Diese wurden nach einem Zufallsprinzip in mehrere Gruppen aufgeteilt (randomisiert-kontrollierte Studie). In diesem Studiencheck besprechen wir zwei davon. Diese erhielten entweder

  • für sieben bis elf Jahre eine jährliche Ultraschall-Untersuchung durch die Scheide (transvaginaler Ultraschall) zur Früherkennung von Eierstockkrebs 
    oder
  • keine jährliche Früherkennungsuntersuchung mit Ultraschall. 

Die beiden Gruppen wurden anschließend miteinander verglichen. In der Studie wurden dabei u. a. folgende Fragen untersucht:

  • Bei wie vielen Frauen wurde in der jeweiligen Gruppe Eierstockkrebs festgestellt?
  • Ließ sich der Krebs durch die Früherkennung in einem früheren Stadium feststellen?
  • Führte die Früherkennung dazu, dass weniger Frauen an Eierstockkrebs verstarben?
  • Wie vielen Frauen wurden die Eierstöcke entfernt, ohne dass hinterher Eierstockkrebs festgestellt wurde?
  • Wie häufig treten bei einer unnötigen Operation infolge auffälliger Ultraschallbefunde Komplikationen auf?

Die Ergebnisse im Einzelnen

Bei wie vielen Frauen wurde Eierstockkrebs entdeckt?

In beiden Studiengruppen – mit und ohne Ultraschall-Früherkennung – wurde etwa gleich häufig Eierstockkrebs festgestellt. Etwa 6 von 1.000 Frauen erhielten jeweils innerhalb der mittleren Beobachtungszeit von 11 Jahren die Diagnose Eierstockkrebs.

Es gab auch keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen, wie fortgeschritten der Krebs zum Zeitpunkt der Entdeckung war: Die Früherkennung half also nicht dabei, den Krebs früher festzustellen.

Wie viele Frauen sind an Eierstockkrebs verstorben?

In beiden Studiengruppen – mit oder ohne Ultraschall-Früherkennung – verstarben etwa gleich viele Frauen an Eierstockkrebs. Etwa 3 von 1.000 Frauen starben jeweils innerhalb der mittleren Beobachtungszeit von 11 Jahren an Eierstockkrebs. Auch bei einer längeren Beobachtungsdauer zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen: Jeweils 6 von 1.000 Frauen starben innerhalb einer mittleren Beobachtungszeit von gut 16 Jahren an Eierstockkrebs.

Die Früherkennung mit Ultraschall führte also nicht dazu, dass weniger Frauen an Eierstockkrebs verstarben.

Mögliche Gründe dafür sind, dass Eierstockkrebs mit Ultraschall nicht früh genug entdeckt werden kann. Bestimmte Arten von Eierstockkrebs haben eventuell schon Metastasen gebildet („gestreut“), wenn der Krebs entdeckt wird.

Wie vielen Frauen wurden die Eierstöcke ohne anschließende Krebsdiagnose entfernt?

Etwa 47 von 1000 Frauen, die über sieben bis elf Jahre hinweg eine Früherkennung mit Ultraschall erhielten, wurden die Eierstöcke entfernt. Bei etwa 41 dieser operierten Frauen wurde hinterher kein Eierstockkrebs festgestellt.

Bei den Frauen, die sieben bis elf Jahre lang keine Früherkennungen erhielten, wurden in 14 von 1000 Fällen die Eierstöcke entfernt. Bei etwa 8 dieser operierten Frauen wurde hinterher kein Eierstockkrebs festgestellt.

Zusammengefasst zeigt die Studie, dass Frauen mit Früherkennung im Vergleich zu Frauen ohne Früherkennung häufiger operiert wurden, ohne dass sie anschließend die Diagnose Eierstockkrebs erhielten.

Operiert wurde in der Studie meistens erst, wenn sich an eine erste auffällige Ultraschall-Untersuchung eine oder mehrere weitere auffällige Untersuchungen angeschlossen haben. Viele der zunächst auffälligen Befunde stellten sich schon während der weiteren Untersuchungen als harmlos heraus. Bleiben die Befunde jedoch auffällig, muss operiert werden, um den Verdacht auf Krebs mit Sicherheit bestätigen oder entkräften zu können. Dafür wird das entnommene Gewebe in einem Labor untersucht.

In der Gruppe der Frauen mit Früherkennung wurde deshalb geschaut, wie viele dieser Operationen unnötig waren. Unnötig heißt: Nach der Operation ließ sich im entnommenen Gewebe kein Eierstockkrebs feststellen. Die Forscher und Forscherinnen fanden heraus, dass etwa 90 Prozent der Operationen aufgrund auffälliger Befunde bei der Früherkennung mit Ultraschall unnötig waren.

Bei wie vielen Frauen mit Ultraschall-Früherkennung traten infolge unnötiger Operationen Komplikationen auf?

Bei etwa einer von 1.000 Frauen, die über sieben bis elf Jahre hinweg eine jährliche Früherkennung erhielten, traten Komplikationen infolge einer unnötigen Operation der Eierstöcke auf. Dabei handelte es sich z. B. um Verletzungen der Blase, Blutungen, Thrombosen der tiefen Venen oder Lungenembolien.

Welche weiteren Informationen gibt es zu der Studie? Zusatzwissen: Welche Folgen hat die Entfernung beider Eierstöcke bei Frauen vor den Wechseljahren? Quellen