Menschen mit Alzheimer-Demenz können sich in ihrem Wesen und Verhalten ändern. Dies äußert sich z. B. in sehr starker Streitlust (Aggression), Reizbarkeit, sehr starke Unruhe, Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Um diese Symptome zu lindern, gibt es Medikamente, die auf das Gehirn und Nervensystem wirken: die Neuroleptika. Eines dieser Medikamente heißt Risperidon.

Risperidon ist bei mäßiger bis schwerer Alzheimer-Demenz für die Behandlung anhaltender sehr starker Streitlust (Aggression) zugelassen. Dabei darf Risperidon nicht länger als sechs Wochen eingenommen werden. Allerdings darf Risperidon laut Arzneimittel-Zulassungsbehörde nur eingesetzt werden, wenn nicht-medikamentöse Therapien nicht gewirkt haben und wenn die Erkrankten sich selbst oder andere gefährden könnten.

Wir haben anhand der vorhandenen randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) geprüft, welchen Nutzen und Schaden die Behandlung mit Neuroleptika bei psychischen Beschwerden und Verhaltens-Änderungen haben kann. Nutzen bedeutet in diesem Zusammenhang: Die psychischen Beschwerden und Verhaltens-Änderungen bessern sich. Schaden heißt: Bei Einnahme der Medikamente treten Nebenwirkungen auf. An den Studien nahmen überwiegend Menschen mit Alzheimer-Demenz teil. Diese wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe bekam das Medikament Risperidon. Die andere Gruppe bekam ein Scheinmedikament ohne Wirkung. Diese beiden Gruppen wurden miteinander verglichen.

 

Nutzen und Schaden auf einen Blick Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Nach aktuellem Stand der Forschung überwiegt der Schaden den Nutzen. Die Studien sind allerdings nicht frei von Mängeln oder es bestehen Zweifel, ob sie fachgerecht durchgeführt wurden. Deswegen ist die Zuverlässigkeit der Ergebnisse eingeschränkt.

Was sind die Ergebnisse der Studien? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Die sechs Studien kamen zu keinen einheitlichen Ergebnissen. In vier Studien scheint Risperidon die Symptome nicht zu lindern. In den anderen zwei Studien wurde eine Linderung nachgewiesen. Diese ist aber meist so gering, dass bezweifelt wird, ob sie für die Patienten und Patientinnen sowie Pflegepersonen im Alltag überhaupt wahrnehmbar ist.

In fünf der sechs Studien haben die Patienten und Patientinnen, die Risperidon erhielten, deutlich mehr unerwünschte Nebenwirkungen als diejenigen, die ein Schein-Medikament bekamen. Dabei handelt es sich um vermehrte Muskel-Anspannungen, Gang- und Sprachstörungen sowie Händezittern. Die Symptome ähneln denen von Patienten und Patientinnen, die unter der Parkinson-Krankheit leiden. Ebenfalls fünf von sechs Studien berichten mehr Todesfälle in der Risperidon-Gruppe.

Zu den Langzeitfolgen einer Behandlung mit Risperidon können die Studien keine Aussagen treffen, weil die Studiendauer je nach Studie nur zehn bis maximal 36 Wochen betrug.

Warum sind die Ergebnisse der meisten Studien unsicher? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Die Studien haben größtenteils methodische Mängel oder es bestehen Zweifel, ob die Studien gut durchgeführt wurden. Es ist beispielsweise nicht klar, ob die zufällige Zuteilung der Studienteilnehmer auf die zwei Studiengruppen fachgerecht durchgeführt wurde. Wenn dies nicht der Fall ist, sind die beiden Studiengruppen möglicherweise nicht vergleichbar. Dies könnte die Ergebnisse verzerrt haben.

Für die Gesamtbewertung der Ergebnisse aller Studien ist außerdem wichtig zu wissen, dass in den verschiedenen Studien die Verhaltens-Änderungen unterschiedlich definiert und unterschiedliche Fragebögen zu deren Messung genutzt wurden. Auch war die Einnahmemenge von Risperidon unterschiedlich hoch. Den behandelnden Ärzten und Ärztinnen war es freigestellt, die Dosierung je nach Wirkung bei den einzelnen Patientinnen und Patienten in einem gewissen Rahmen zu verändern. In allen Studien durften zusätzliche Medikamente, wie Beruhigungsmittel, Schlafmittel und Schmerzmittel gegeben werden.

Wer hat an den Studien teilgenommen? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

In einigen Studien nahmen nur Menschen mit Alzheimer-Demenz teil, in anderen hatte der überwiegende Teil der Untersuchten Alzheimer-Demenz. Die Patienten und Patientinnen hatten psychotische Symptome oder Verhaltens-Auffälligkeiten unterschiedlicher Schwere. In zwei Studien waren die Teilnehmenden durchschnittlich unter 80 Jahre alt. An allen Studien nahmen mehr Frauen als Männer teil. Die Patientinnen und Patienten wurden ambulant oder stationär behandelt. In zwei der Studien kamen alle Teilnehmenden aus Langzeit-Pflegeeinrichtungen. Der Schweregrad der Demenz wurde in nur einer Studie bezeichnet: Es waren alle Schweregrade vertreten.

Inwieweit die Ergebnisse der Studien auf andere Personengruppen, z .B. jüngere Menschen mit Alzheimer-Demenz übertragbar sind, ist unklar. 

Hier finden Sie mehr zur Wirkungsweise von Neuroleptika und zu Nutzen und Schaden anderer Neuroleptika.

 

Die Informationen stellen keine endgültige Bewertung dar, sondern basieren auf den besten derzeit verfügbaren Erkenntnissen.

Aktualisiert im September 2022. Erstellt im März 2019. Nächste geplante Aktualisierung: September 2025

Autoren: Dr. Martina Albrecht, Lisa-Marie Ströhlein, Jochen Randig (alle von der Stiftung Gesundheitswissen)

Wissenschaftliche Beratung: Dr. Dagmar Lühmann

Quellen Interessenkonflikte