Erstellt im September 2018, aktualisiert im April 2024, nächste geplante Aktualisierung: April 2029

Autoren: Nastasia Heilemann, Michael Mibs, Lisa-Marie Ströhlein
Wissenschaftliche Beratung: Dr. med. Dagmar Lühmann, Prof. Dr. med. Martin Scherer 

Vorhofflimmern ist eine Erkrankung, bei der der natürliche Herzschlag gestört ist. Es gibt verschiedene Formen von Vorhofflimmern, die unterschiedlich behandelt werden. In diesem Studiencheck geht es um persistierendes  Vorhofflimmern. Persistierend bedeutet hier, dass das Vorhofflimmer bereits länger als sieben Tage anhält.

Für Menschen mit persistierendem Vorhofflimmern kommen unter bestimmten Voraussetzungen zwei Behandlungen in Betracht: Medikamente oder ein minimal-invasiver chirurgischer Eingriff: eine sogenannte Katheter-Ablation

Welche Medikamente kommen bei persistierendem Vorhofflimmern zum Einsatz?

Medikamente, die den Herzschlag kontrollieren, heißen Antiarrhythmika. Sie beeinflussen die Aktivität des Herzmuskels.

Was passiert bei einer Katheter-Ablation zur Behandlung von persistierendem Vorhofflimmern?

Bei der Katheter-Ablation werden bestimmte Bereiche des Herzmuskels in einer Operation verödet. Dabei führt der Arzt, die Ärztin einen dünnen Schlauch in das Herz ein – einen Herzkatheter. Mit diesem Katheter vernarbt der Arzt oder die Ärztin einen Teil des Gewebes durch Hitze oder Kälte. Dadurch können in diesen Bereichen keine unregelmäßigen Flimmerwellen mehr weitergeleitet werden. 

Welche Behandlung hilft besser gegen persistierendes Vorhofflimmern? Wie sicher sind beide Methoden und welche Nebenwirkungen können auftreten? Wir haben uns die Studienlage dazu angeschaut. Eine Metaanalyse untersuchte diese Frage und fasst die Ergebnisse von vier randomisiert-kontrollierten Studien (RCT) zusammen.

Was wurde untersucht?

Eine Übersichtsarbeit untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit einer Katheter-Ablation im Vergleich zu einer Behandlung mit Antiarrhythmika bei Menschen mit persistierendem Vorhofflimmern, also einem Vorhofflimmern, das bereits länger als sieben Tage andauert. Dazu wurden vier randomisiert-kontrollierte Studien ausgewertet.

Die Teilnehmenden in den Studien wurden jeweils in zwei Gruppen eingeteilt. Sie erhielten entweder eine Katheter-Ablation oder Antiarrhythmika. In den einzelnen Studien wurden die Teilnehmenden dann 6 bis 24 Monaten beobachtet.

Zum Ende der jeweiligen Beobachtungszeiten wurden folgende Fragen untersucht:

  • Wie viele Teilnehmende hatten nach der Behandlung keine Herzrhythmusstörungen mehr?
  • Wie viele Teilnehmende, die nach der Katheter-Ablation keine Antiarrhythmika eingenommen haben, hatten nach der Behandlung keine Herzrhythmusstörungen mehr?
  • Bei wie vielen Teilnehmenden musste der normale Herzschlag durch eine medizinische Maßnahme (Kardioversion) nach der Behandlung und einer daran anschließenden dreimonatigen Heilungsphase wiederhergestellt werden? 
  • Bei wie vielen Teilnehmenden traten nach der Behandlung mit einer Katheter-Ablation oder mit Antiarrhythmika Komplikationen auf?
  • Wie viele Teilnehmende mussten während der Studien auf Grund von Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus?
  • Wie viele Teilnehmende starben während der Studien?

Die Anzahl der jeweiligen Ereignisse in beiden Gruppen wurde dann miteinander verglichen.

Die Ergebnisse im Einzelnen

Wirksamkeit der Behandlungen von persistierendem Vorhofflimmern

Wie viele Menschen hatten nach der Behandlung keine Herzrhythmusstörungen mehr?

In den Behandlungsgruppen, die eine Katheter-Ablation erhielten, hatten insgesamt ungefähr 61 von 100 Personen nach dem Beobachtungszeitraum der jeweiligen Studien keine Herzrhythmusstörungen mehr. Menschen in den Behandlungsgruppen, die Antiarrhythmika, also eine medikamentöse Rhythmustherapie erhielten, hatten ungefähr 30 von 100 Personen nach den Beobachtungszeiträumen keine Herzrhythmusstörungen mehr.

Ein ähnliches Ergebnis zeigt sich auch mit Blick auf die Fragestellung inwiefern Teilnehmende, die nach der Katheter-Ablation keine Antiarrhythmika mehr einnehmen sollten, keine Herzrhythmusstörungen mehr hatten:

Von den Menschen in der Gruppe mit Katheterablation, die nach der Ablation keine Antiarrhythmika mehr einnahmen, hatten ungefähr 54 von 100 keine Herzrhythmusstörungen mehr. Im Vergleich dazu hatten ungefähr nur 30 von 100 Personen, die im Untersuchungszeitraum ein Antiarrhythmika eingenommen haben, keine Herzrhythmusstörungen mehr.

Die ersten drei Monate nach einer Katheter-Ablation gelten häufig als Heilungsphase. Treten in dieser Phase Herzrhythmusstörungen auf, wird dies nicht sofort als fehlgeschlagene Behandlung gesehen. Treten allerdings danach immer noch Herzrhythmusstörungen auf, kann eine Kardioversion notwendig sein, um den Herzschlag wieder zu normalisieren. Eine solche Kardioversion kann mit Medikamenten, aber auch mit einem kontrollierten Stromstoß erfolgen.

In den untersuchten Studien benötigten ungefähr 27 von 100 Personen, die eine Katheter-Ablation bekommen hatten, eine Kardioversion nach der dreimonatigen Heilungsphase. In den Gruppen, die mit rhythmusregulierenden Medikamenten behandelt wurden, benötigten ungefähr 41 von 100 Personen eine Kardioversion.

Sicherheit der Behandlungen von persistierendem Vorhofflimmern

Wie viele Komplikationen traten nach den Behandlungen von persistierendem Vorhofflimmern auf?

Komplikationen sind unerwünschte Folgen einer Behandlung – z. B. Nebenwirkungen oder starke Beschwerden, die ärztlich behandelt werden müssen. Diese traten sowohl bei der Katheter-Ablation als auch bei der Einnahme von Antiarrhythmika auf.

In den Behandlungsgruppen, die eine Katheter-Ablation erhielten, traten insgesamt bei ungefähr 12 von 100 Personen eine Komplikation auf. In den Medikamentengruppen insgesamt bei ungefähr 5 von 100 Personen. Der Unterschied zwischen den beiden Behandlungsmöglichkeiten in Bezug auf das Auftreten von behandlungsspezifischen Komplikationen ist allerdings nach statistischer Prüfung nur ein zufälliger Unterschied und keiner, der tatsächlich auf die unterschiedlichen Behandlungen zurückzuführen ist. So gesehen, ist keine Behandlung weniger sicher als die andere.

Wie viele Menschen mussten ins Krankenhaus?

Zwei Studien untersuchten, wie viele Personen im Studienverlauf aufgrund von Herzrhythmusstörungen oder Herzinsuffizienz ungeplant ins Krankenhaus aufgenommen werden mussten. Im Laufe von 6 bis 24 Monaten mussten ungefähr 17 von 100 Personen nach einer Katheter-Ablation im Krankenhaus behandelt werden. Aus der Gruppe, die mit rhythmusregulierenden Medikamenten behandelt wurde, mussten 41 von 100 Personen im Krankenhaus behandelt werden.

Wie viele Menschen verstarben während der Studien?

Im Studienzeitraum von 6 bis 24 Monaten nach der Behandlung starben aus den Katheter-Ablationsgruppen ungefähr 3 von 100 Personen. In der Medikamentengruppe starben im selben Zeitraum 8 von 100 Personen. Für die Analyse zu diesem Ergebnis wurde jeder Todesfall, egal welche Ursache, gezählt. Obwohl sich ein Unterschied von 5 Personen (je 100 Personen) zeigt, lässt sich aus statistischen Gründen nicht sagen, ob dieser Unterschied durch die unterschiedlichen Behandlungen des persistierenden Vorhofflimmerns zustande kam. Anders ausgedrückt: Keine Behandlung (Katheter-Ablation oder Antiarrhythmika) verhindert besser oder schlechter Todesfälle in den jeweiligen Untersuchungszeiträumen.

Einschränkung der Ergebnisse

Die Studienergebnisse der Übersichtsarbeit sind nur eingeschränkt aussagekräftig. Dafür gibt es mehrere Gründe:

Junge Teilnehmende mit leichter Erkrankung

Die Teilnehmenden der Studien zur Behandlung von persistierendem Vorhofflimmern waren im Durchschnitt zwischen 55 und 62 Jahre alt. Wenn man berücksichtig, dass Vorhofflimmern am häufigsten bei Menschen ab 65 Jahren auftritt, war das Teilnehmerfeld also eher jung. Auch waren die Teilnehmenden im Durchschnitt nicht schwer herzkrank. Es ist unklar, inwiefern sich die Studienergebnisse auf ältere Menschen oder Menschen mit schweren Herzerkrankungen übertragen lassen.

Wenige Teilnehmende in den Studien

Die Übersichtsarbeit wertete Ergebnisse aus vier Studien aus. Die einzelnen Studien hatten eher wenige Teilnehmende. Dementsprechend traten die Ereignisse, mit denen die Sicherheit bewertet wurde (Komplikationen, Krankenhausbehandlung, Tod) auch nur selten auf. Dies macht die Ergebnisse bei einer kleinen Teilnehmerzahl unsicher. Es könnte sein, dass sich bei mehr Teilnehmenden ein größerer Unterschied zwischen den beiden Behandlungen gezeigt hätte. Um dies sicher sagen zu können, benötigt es aber weiterer Forschung.

Beobachtungszeitraum

Die Studien zu den Behandlungsmöglichkeiten von persistierendem Vorhofflimmern verfolgten das Befinden der Teilnehmenden unterschiedlich lange. Der Beobachtungszeitraum dauerte in den vier Studien 6 bis 24 Monate.

Methodische Qualität

Die methodische Qualität der Übersichtsarbeit wird insgesamt noch als gut eingeschätzt und der Einfluss der methodischen Qualität auf das Verzerrungsrisiko als eher gering erachtet.

Weitere Informationen zur Studie

Die systematische Übersichtsarbeit berücksichtige vier Studien. An den vier Studien nahmen insgesamt 604 Personen teil: 139 Frauen und 465 Männer. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden lag in den einzelnen Studien zwischen 55 und 62 Jahren. Als Ablationstechnik kam die Pulmonalvenenisolation plus weiterer Substratmodifikation zur Anwendung, welche mittels sogenannter Radiofrequenzablationen durchgeführt wurden. Es wurden Medikamente der Klasse Ic (reine Natriumblocker) oder Klasse III (reine Kaliumblocker; inklusive Amiodaron) Antiarrhythmika eingesetzt.

Weitere Ergbnisse aus Studien

In dieser randomisiert-kontrollieren multinationalen Studie wurde untersucht, ob eine Katheter-Ablation im Vergleich zu Medikamenten wirksamer ist und wie sich die Behandlung des persistierenden Vorhofflimmerns auf die Lebensqualität auswirkt.

An der Studie nahmen Menschen mit verschiedenen Arten von Vorhofflimmern teil. Bei manchen war das Vorhofflimmern unbehandelt, bei anderen nicht ausreichend behandelt. Bei einigen trat das Vorhofflimmern anfallsartig auf, bei anderen handelte es sich um ein anhaltendes Vorhofflimmern.

Alle Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhielt eine Katheter-Ablation, die andere wurde mit Medikamenten behandelt. In der Untersuchungsgruppe, die eine Katheter-Ablation als Behandlung erhielten, hatten ungefähr 50 von 100 Personen im Beobachtungszeitraum erneutes Vorhofflimmern. In der Medikamentengruppe waren es ungefähr 70 von 100 Personen.

Bei beiden Behandlungen traten unerwünschte Wirkungen auf. Das Risiko für schwere Schlaganfälle, schwerwiegende Blutungen, Herzstillstand oder Tod war im Studienzeitraum in beiden Behandlungsgruppen gleich hoch.

Diese Studie untersuchte auch die Lebensqualität der Teilnehmenden. Die Teilnehmenden mit Katheter-Ablation stuften ihre Lebensqualität nach 12 Monaten höher ein als die Teilnehmenden der Medikamentengruppe.

Das Vertrauen in diese Studienergebnisse ist eingeschränkt. Es besteht ein erhöhtes bzw. hohes Risiko, dass die Ergebnisse möglicherweise von ihrem tatsächlichen Wert abweichen können. Gründe für diese Einschätzungen liegen u.a. in der Art der Datenerhebung oder auch in dem Verhältnis von fehlenden Daten und dem Auftreten der untersuchten Ereignisse.

Mehr über die Studie

Eine weitere Studie

Nach dem Erscheinen der oben berichteten Übersichtsarbeit ist noch eine weitere, relevante Studie zu dem Vergleich Katheter-Ablation versus Antiarrhythmika bei Personen mit persistierendem und langanhaltend persistierendem Vorhofflimmern erschienen. 

Die CAPA-Studie Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

In der multizentrischen, randomisiert-kontrollierten CAPA-Studie aus China wurde die Behandlung mit einer Katheter-Ablation mit einer -Behandlung, die hauptsächlich aus der Behandlung mit Antiarrhythmika bestand bei Menschen mit persistierendem und langanhaltend persistierendem Vorhofflimmern verglichen. Es nahmen 648 Personen an der Studie teil, 227 Frauen und 421 Männer. Die Teilnehmenden waren im Durchschnitt etwa 64 Jahre alt. Die Beobachtungszeit nach der ersten Behandlung betrug im Durchschnitt viereinhalb Jahre.

Auch in dieser Studie traten bei mehr Menschen, die mit einer Katheter-Ablation behandelt wurden im Vergleich zu Menschen, die mit Antiarrhythmika behandelt wurden, keine weiteren Herzrhythmusstörungen auf. Dies bestätigt das Ergebnis der Übersichtsarbeit von Chen et al. (2018). Das Vertrauen in dieses Ergebnis ist durch ein erhöhtes Verzerrungsrisiko aufgrund von Unklarheiten in der Studienmethodik eingeschränkt.

In der Behandlungsgruppe, die eine Katheter-Ablation erhielt, hatten im Beobachtungszeitraum im Vergleich zur Behandlungsgruppe, die eine medikamentöse Versorgung erhielt, weniger Personen einen Schlaganfall oder eine TIA. Das gleiche galt für die Diagnose einer Herzschwäche. Das Risiko hinsichtlich des Auftretens von systemischen Embolien und schwerwiegenden Blutungen war dagegen in beiden Gruppen gleich. Das Vertrauen in diese Ergebnisse ist eingeschränkt. Unter anderem, da die untersuchten Ereignisse selten bzw. sehr selten auftraten.  
Bei 45 von 100 Patientinnen und Patienten, die eine Katheter-Ablation erhielten, musste im Studienverlauf eine zweite Katheter-Ablation (bei einigen auch mehr als zwei) durchgeführt werden, um einen regelmäßigen Herzrhythmus wiederherzustellen.

Auch in der CAPA-Studie waren die Teilnehmenden eher jung und sie wiesen zu Studienbeginn im Durchschnitt eher leichtgradige Veränderungen des Herzens auf. Dies muss bei der Übertragung der Studienergebnisse auf andere Populationen beachtet werden.

Interessenkonflikte Quellen