Berlin, 12. Juli 2022 – Schwere Erkrankungen wie Krebs, Demenz oder Herz-Kreislauf-Probleme treffen die meisten Menschen unvorbereitet. Früherkennungs-Untersuchungen sollen Krankheiten im Körper aufspüren, noch bevor Beschwerden auftreten. Aber sind diese Verfahren auch sinnvoll und zuverlässig? Lesen Sie hier, was man bei der Entscheidung für oder gegen eine Früherkennungs-Untersuchung bedenken sollte.

Für viele Erkrankungen gilt: Je früher sie erkannt werden, desto besser stehen die Chancen einer erfolgreichen Behandlung. Hier setzen Früherkennungs-Untersuchungen an: Sie sollen Krankheiten oder ihre Vorstufen aufspüren, selbst wenn sich noch keine Beschwerden bemerkbar machen. 

Solche Untersuchungen gibt es für viele verschiedene Krankheiten, z. B. für Diabetes, verschiedene Arten von Krebs sowie Erkrankungen der Nieren, Augen oder des Herz-Kreislauf-Systems.

Welche Untersuchungen bezahlt die Krankenkasse?

Einige Früherkennungs-Untersuchungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Je nach Alter und Geschlecht kann man zum Beispiel die folgenden Untersuchungen in Anspruch nehmen:

Für Menschen ab 35 Jahren bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen alle drei Jahre einen Gesundheits-Check-up. Menschen zwischen 18 und 34 Jahren können einmalig einen Check-up in Anspruch nehmen. Dazu gehören folgende Untersuchungen:

  • Fragen nach Beschwerden und gesundheitlichen Risiken wie Rauchen, Übergewicht und Erkrankungen in der Familie
  • Überprüfung von fehlenden Impfungen
  • Körperliche Untersuchung mit Blutdruck-Messung
  • Blutuntersuchung: Messung von Blutfetten (z. B. Cholesterin) und Blutzucker
  • Urin-Untersuchung
  • Besprechung der Ergebnisse mit ärztlichen Empfehlungen

Menschen ab 18 Jahren können zweimal im Jahr kostenlos ihre Zähne und ihr Zahnfleisch untersuchen lassen. Alle zwei Jahre zahlt die Krankenkasse außerdem noch eine spezielle Untersuchung des Zahnfleischs.

Diese regelmäßigen Kontroll-Untersuchungen werden von Zahnärztinnen und Zahnärzten empfohlen, um eine Zahnfleischentzündung oder beginnende Parodontitis rechtzeitig erkennen zu können. Mehr zum Thema Parodontitis können Sie hier nachlesen.

 

Für Erwachsene ab 35 Jahren gibt es alle zwei Jahre ein kostenloses Hautkrebs-Screening. Dabei wird der ganze Körper auf Hautveränderungen untersucht, die auf Hautkrebs hindeuten können.

Menschen ab 50 Jahren bieten die Krankenkassen ein Programm zur Früherkennung von Darmkrebs an. Dabei unterscheiden sich die Programme für Frauen und Männer leicht. 

Gesetzlich Versicherte zwischen 50 und 54 Jahren können ihren Stuhl einmal jährlich untersuchen lassen. Ab einem Alter von 55 Jahren wird die Untersuchung alle zwei Jahre bezahlt. 

Als Alternative dazu kann eine Darmspiegelung erfolgen. Männer ab 50 Jahren und Frauen ab 55 Jahren können in der Regel insgesamt zweimal eine Darmspiegelung zur Krebs-Früherkennung in Anspruch nehmen. Zwischen den beiden Untersuchungen müssen zehn Jahre Abstand liegen.

Es gibt einige Früherkennungs-Untersuchungen, die nur Frauen kostenlos erhalten. Dazu gehören die folgenden:

  • Chlamydien-Screening: Chlamydien sind Bakterien, die beim Geschlechtsverkehr übertragen werden können. Sie können zum Beispiel Entzündungen im Bauch und Becken verursachen. Beim Screening wird untersucht, ob der Urin Chlamydien enthält. Die Untersuchung ist einmal jährlich kostenlos für Frauen unter 25 Jahren.
  • Gebärmutterhalskrebs-Früherkennung: Der Pap-Test ist ein Abstrich vom Gebärmutter-Hals. Durch diesen Abstrich gewinnt man Zellen, die dann unter dem Mikroskop genauer untersucht werden. Der Pap-Test ist für Frauen zwischen 20 und 34 Jahren einmal im Jahr kostenlos. Ab 35 Jahren können Frauen alle drei Jahre eine Kombinations-Untersuchung aus Pap-Test und HPV-Test wahrnehmen. Der HPV-Test ist ebenfalls ein Abstrich vom Gebärmutter-Hals. Dabei sucht man nach bestimmten Viren, die Gebärmutterhalskrebs verursachen können.
  • Brustkrebs-Früherkennung: Die Tast-Untersuchung der Brust ist bei Frauen ab 30 Jahren einmal jährlich möglich. Für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren wird alle zwei Jahre das Mammografie-Screening angeboten, eine Röntgenuntersuchung der Brust.
  • Untersuchungen in der Schwangerschaft: In der Schwangerschaft werden mehrere Untersuchungen angeboten, z. B. das Screening auf Schwangerschafts-Diabetes und Ultraschall-Untersuchungen.
  • Untersuchung der Prostata und äußeren Geschlechtsorgane zur Früherkennung von Krebs und anderen Erkrankungen: Männer ab 45 Jahren können eine solche Untersuchung einmal jährlich in Anspruch nehmen.
  • Untersuchung der Bauchschlagader: Dabei wird die Bauchschlagader mit Ultraschall auf gefährliche Erweiterungen hin untersucht. Männer ab 65 Jahren können diese Untersuchung einmalig wahrnehmen.
  • „U“-Untersuchung: Dabei handelt es sich um insgesamt zehn Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten und Entwicklungsstörungen. Diese finden bis zum sechsten Lebensjahr statt.
  • J-Untersuchung: Jugendliche zwischen 12 und 14 Jahren können eine einmalige ärztliche Untersuchung wahrnehmen.
  • Untersuchung von Zähnen, Mund und Kiefer: Für Kinder bis sechs Jahre werden insgesamt sechs zahnärztliche Untersuchungen bezahlt. Ab sechs Jahren können Kinder ihre Zähne zweimal im Jahr untersuchen lassen. Manche Krankenkassen bezahlen auch zusätzliche Untersuchungen.

Was ist ein Screening?

Es gibt Untersuchungen, die nur für Menschen in bestimmten Lebensumständen oder mit Vorerkrankungen sinnvoll sind. Screenings sind Früherkennungs-Untersuchungen, die für alle Menschen einer bestimmten Gruppe angeboten werden, z. B. für alle Frauen ab 30 Jahren oder für alle Menschen ab 65 Jahren. So ist z. B. die Untersuchung von Muttermalen für Menschen ab 35 Jahren Teil des Hautkrebs-Screenings.

Gibt es auch kostenpflichtige Früherkennungs-Untersuchungen?

Manche Ärzte und Ärztinnen bieten auch Früherkennungs-Untersuchungen an, die in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden. Dazu gehören z. B.

  • Untersuchung der Augen zur Früherkennung eines Glaukoms (grüner Star)
  • Hirn-Leistungscheck zur Früherkennung von Demenz
  • Ultraschall-Untersuchung oder MRT zur Früherkennung von Brustkrebs
  • PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs

Es gibt noch viele weitere Früherkennungs-Untersuchungen, die normalerweise keine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse sind. Ärzte und Ärztinnen bieten sie aber häufig trotzdem an. Fragen Sie deshalb am besten immer vorher, ob Sie für eine Früherkennung bezahlen müssen.

Liste: Meine Fragen an den Arzt
Ihnen wurde eine Früherkennungs-Untersuchung empfohlen? Ärzte und Ärztinnen sind verpflichtet, Sie über Untersuchungen und Behandlungen aufzuklären. Folgende Fragen können Ihnen helfen, Ihr Anliegen beim nächsten Arztbesuch zu besprechen:

  • Wie wahrscheinlich ist es, dass ich die Krankheit bekomme?
  • Welche Vorteile habe ich, wenn die Krankheit früh entdeckt wird?
  • Gibt es Nebenwirkungen oder andere mögliche Nachteile durch die Untersuchung?
  • Wie zuverlässig ist der Test?
  • Was passiert, wenn mein Test positiv ist?
  • Wer bezahlt die Untersuchung?

Zum Herunterladen: Meine Fragen an den Arzt

Wer entscheidet, welche Untersuchungen die Krankenkassen bezahlen?

Welche Früherkennung die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen müssen und welche nicht, entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Der G-BA ist eine Gruppe von Experten und Expertinnen aus dem Gesundheitswesen. Dazu gehören unter anderem Vertreter und Vertreterinnen von Vereinigungen der Krankenkassen, Krankenhäuser und Kassenärzte und Kassenärztinnen. Anhand von Studien bewertet der G-BA den Nutzen von medizinischen Untersuchungen oder Behandlungen. Aber auch der mögliche Schaden wird  bewertet, z.B. welche Nebenwirkungen auftreten können. Anhand der Ergebnisse trifft der G-BA eine Entscheidung.

Mehr zu kostenpflichtigen Untersuchungen

Einige Untersuchungen sind sogenannte „Selbstzahlerleistungen“. Zu diesen Individuelle Gesundheitsleistungen, kurz IGeL, zählen beispielsweise Atteste und häufig auch medizinische Maßnahmen zur Vorsorge, Früherkennung oder Therapie von Krankheiten, wie Akupunktur. Warum die gesetzlichen Krankenkassen für solche Leistungen nicht aufkommen und was Patienten für das Arztgespräch wissen sollten.

Wann ist eine Früherkennungs-Untersuchung sinnvoll?

Ob eine Früherkennungs-Untersuchung sinnvoll, nutzlos oder gar schädlich ist, lässt sich nicht so einfach sagen. Dies hängt häufig vom Einzelfall und der jeweiligen Untersuchung ab. Die wichtigsten Kriterien, um den Nutzen von Screenings zu beurteilen, sind hier zusammengefasst:

  • Die Erkrankung, die das Screening aufspüren soll, sollte ein wichtiges Gesundheitsproblem darstellen. Sie ist so weit erforscht, dass man ihre Entstehung und den natürlichen Verlauf weitgehend versteht.
  • Es gibt eine anerkannte Behandlung für die Erkrankung in der Früh-Phase. Die Nebenwirkungen und Risiken dieser Behandlung sind annehmbar.
  • Die Behandlung bringt erhebliche Vorteile für den Patienten oder die Patientin, wenn sie schon vor Ausbruch der Erkrankung beginnt. Eine frühe Behandlung führt z.B. zu einem längeren Leben oder einem milderen Krankheitsverlauf.
  • Es gibt Untersuchungen und Tests, die die Erkrankung in der Früh-Phase zuverlässig erkennen. Falsche Ergebnisse können nahezu ausgeschlossen werden.
  • Die Untersuchung selbst ist für den Patienten, die Patientin annehmbar. Sie verursacht keine starken Nebenwirkungen oder Folgeschäden.

Medizinische Tests: Wie aussagekräftig sind sie?

Tests für die Diagnostik können Betroffenen und Ärzten helfen, bei Erkrankungen die richtige Therapie zu finden. Wie zuverlässig diese Tests sind und was Sie selbst vor einem Test beachten können.
 

Wieso können Früherkennungs-Untersuchungen auch schaden?

Eine Früherkennungs-Untersuchung kann auch Nachteile für den Patienten, die Patientin haben. Zum einen kann die Untersuchung selbst mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden sein. Zum anderen kann sie auch falsche Ergebnisse liefern. 

Früherkennungs-Untersuchungen bieten keine völlige Sicherheit. So besteht bei fast jeder Untersuchung die Möglichkeit, dass eine Erkrankung trotzdem übersehen wird. Oder es wird fälschlicherweise eine Erkrankung festgestellt, die tatsächlich gar nicht vorliegt. In diesem Fall kann es zu unnötigen weiteren Untersuchungen und vielleicht sogar Behandlungen kommen.

Das Ergebnis einer Früherkennungs-Untersuchung kann Erleichterung bringen, wenn das Ergebnis negativ ausfällt, also: Wenn keine Krankheit gefunden wird. Wird aber doch eine Erkrankung festgestellt, ist das für die meisten Betroffenen sehr belastend. Auch wenn Früherkennungs-Untersuchungen die Chance einer erfolgreichen Behandlung erhöhen, entscheiden sich deshalb manche Menschen dagegen.

Vorsorge oder Früherkennung – was ist der Unterschied?

Früherkennungs-Untersuchungen werden häufig auch als „Vorsorge“ bezeichnet. Bei Vorsorge handelt es sich aber genau genommen um etwas anderes: Mit diesem Wort bezeichnet man alle Maßnahmen, die Erkrankungen verhindern sollen. 

Bei Infektions-Krankheiten können z. B. Händewaschen und Impfungen Vorsorge sein, weil sie einer Ansteckung vorbeugen. Für Schwangere gibt es Vorsorge-Untersuchungen, die gesundheitliche Probleme bei Mutter und Kind verhindern sollen. 

Früherkennungs-Untersuchungen können keine Krankheiten verhindern. Sie dienen dazu, diese so  früh wie möglich festzustellen. Dadurch hat man die Möglichkeit, eine schnellere, erfolgreichere Behandlung zu bekommen.

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung

Allianz gegen Hautkrebs. Was ist ein Screening? [online]. https://www.hautkrebs-screening.de/de/screening/Was-ist-ein-Screening.php#:~:text=Fr%C3%BCherkennungsuntersuchungen%20k%C3%B6nnen%20in%20Form%20eines,richten%20sich%20an%20gesunde%20Personen (12.04.2022].

Bundesministerium für Gesundheit. Früherkennung [online]. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/f/frueherkennung.html [12.04.2022].

Bundesministerium für Gesundheit. Gesundheits-Check-up [online]. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/checkup.html [12.04.2022].

Bundesministerium für Gesundheit. Zahnvorsorgeuntersuchungen [online]. bundesgesundheitsministerium.de/zahnvorsorgeuntersuchungen.html [30.05.2022].

Gemeinsamer Bundesausschuss. Aufgaben und Arbeitsweise [online]. https://www.g-ba.de/ueber-den-gba/aufgabe-arbeitsweise/ [12.04.2022]. 

Gemeinsamer Bundesausschuss. Früherkennung von Krankheiten [online]. https://www.g-ba.de/themen/methodenbewertung/ambulant/frueherkennung-krankheiten/ [12.04.2022].

Gemeinsamer Bundesausschuss. Programm zur Früherkennung von Darmkrebs [online]. https://www.g-ba.de/themen/methodenbewertung/ambulant/frueherkennung-krankheiten/erwachsene/krebsfrueherkennung/darmkrebs-screening/ [30.05.2022].

IGeL-Monitor. Alle bewerteten IGeL [online]. https://www.igel-monitor.de/igel-a-z.html [12.04.2022].

Krebsinformationsdienst. Krebsvorsorge und Krebsfrüherkennung. Das gesetzliche Krebsfrüherkennungsprogramm [online]. https://www.krebsinformationsdienst.de/vorbeugung/frueherkennung/index.php [12.04.2022].

Schmid D, Piribauer F. Die 10 WHO Screening Prinzipien 1968 und 2003 – Einführung und Überblick [online]. https://www.aspik.at/Asub/zaeg/screening/Wilson_Jungner_Criteria1968_2003.pdf [30.05.2022].

Weltgesundheitsorganisation. Vorsorgeuntersuchung und Screening: ein kurzer Leitfaden. Kopenhagen: WHO-Regionalbüro für Europa; 2020.

Erstellt vom Team Stiftung Gesundheitswissen.

Dieser Text wurde ursprünglich am 12.07.2022 erstellt und wird regelmäßig überprüft.

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