Häufig wird Eierstockkrebs erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt, weil er keine oder keine eindeutigen Beschwerden verursacht. Dadurch sinken die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung.
Hinweise auf Eierstockkrebs können sich im Rahmen einer frauenärztlichen Untersuchung ergeben. Wenn der Verdacht sich erhärtet, werden betroffenen Frauen meistens einer oder beide Eierstöcke bei einer Operation entfernt und anschließend im Labor untersucht. Erst jetzt lässt sich endgültig feststellen, ob es sich wirklich um Eierstockkrebs handelt.
In Deutschland erkrankten im Jahr 2019 zwei von 10.000 Frauen an Eierstockkrebs. Eine von 10.000 Frauen ist 2019 an Eierstockkrebs verstorben. Das Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter. Er kann sich z. B. durch Verdauungsprobleme, häufiges Wasserlassen oder Bauchschmerzen bemerkbar machen.
Mehr über Eierstockkrebs erfahren
Um Eierstockkrebs möglichst zu einem frühen, noch beschwerdefreien Zeitpunkt zu erkennen, bieten manche Ärzte und Ärztinnen im Rahmen einer gynäkologischen Untersuchung eine Früherkennungsuntersuchung mit Ultraschall durch die Scheide an. Die frühe Diagnose soll die Chance einer erfolgreichen Behandlung erhöhen. Die Eierstockkrebs-Früherkennung mit Ultraschall ist eine sogenannte individuelle Gesundheitsleistung (IGeL). Das bedeutet, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen und die Untersuchung selbst zu zahlen ist. Mehr Informationen dazu, wie diese Früherkennungsmaßnahme abläuft, finden Sie hier.
Ob die Früherkennungsuntersuchung mit Ultraschall tatsächlich einen Nutzen hat oder sogar schaden kann, erfahren Sie auf dieser Seite. Dazu stellen wir die Ergebnisse einer großen Studie vor.
In einer großen Studie wurden u. a. Nutzen und Schaden der Eierstockkrebs-Früherkennung mit Ultraschall erforscht. An der Studie nahmen 200.000 Frauen nach den Wechseljahren teil. Diese wurden nach einem Zufallsprinzip in mehrere Gruppen aufgeteilt (randomisiert-kontrollierte Studie). In diesem Studiencheck besprechen wir zwei davon. Diese erhielten entweder
Die beiden Gruppen wurden anschließend miteinander verglichen. In der Studie wurden dabei u. a. folgende Fragen untersucht:
Bei Frauen, die einen jährlichen Früherkennungs-Ultraschall erhielten, wurde nicht häufiger Eierstockkrebs festgestellt als bei denjenigen, denen diese Früherkennungsuntersuchung nicht angeboten wurde. Auch wurde der Eierstockkrebs nicht in einem früheren Stadium festgestellt.
Frauen, die über mehrere Jahre an dieser Früherkennung teilgenommen hatten, starben genauso häufig an Eierstockkrebs wie Frauen ohne Früherkennungsuntersuchung.
Bei Frauen mit Früherkennung wurden im Vergleich zur Gruppe der Frauen ohne Früherkennung die Eierstöcke häufiger entfernt, ohne dass sich anschließend die Diagnose Eierstockkrebs bestätigte. Bei Eierstockkrebsoperationen können Komplikationen auftreten.
Die Studie ist von hoher Qualität. Die Ergebnisse werden deshalb als vertrauenswürdig eingestuft.
In beiden Studiengruppen – mit und ohne Ultraschall-Früherkennung – wurde etwa gleich häufig Eierstockkrebs festgestellt. Etwa 6 von 1.000 Frauen erhielten jeweils innerhalb der mittleren Beobachtungszeit von 11 Jahren die Diagnose Eierstockkrebs.
Es gab auch keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen, wie fortgeschritten der Krebs zum Zeitpunkt der Entdeckung war: Die Früherkennung half also nicht dabei, den Krebs früher festzustellen.
In beiden Studiengruppen – mit oder ohne Ultraschall-Früherkennung – verstarben etwa gleich viele Frauen an Eierstockkrebs. Etwa 3 von 1.000 Frauen starben jeweils innerhalb der mittleren Beobachtungszeit von 11 Jahren an Eierstockkrebs. Auch bei einer längeren Beobachtungsdauer zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen: Jeweils 6 von 1.000 Frauen starben innerhalb einer mittleren Beobachtungszeit von gut 16 Jahren an Eierstockkrebs.
Die Früherkennung mit Ultraschall führte also nicht dazu, dass weniger Frauen an Eierstockkrebs verstarben.
Mögliche Gründe dafür sind, dass Eierstockkrebs mit Ultraschall nicht früh genug entdeckt werden kann. Bestimmte Arten von Eierstockkrebs haben eventuell schon Metastasen gebildet („gestreut“), wenn der Krebs entdeckt wird.
Etwa 47 von 1000 Frauen, die über sieben bis elf Jahre hinweg eine Früherkennung mit Ultraschall erhielten, wurden die Eierstöcke entfernt. Bei etwa 41 dieser operierten Frauen wurde hinterher kein Eierstockkrebs festgestellt.
Bei den Frauen, die sieben bis elf Jahre lang keine Früherkennungen erhielten, wurden in 14 von 1000 Fällen die Eierstöcke entfernt. Bei etwa 8 dieser operierten Frauen wurde hinterher kein Eierstockkrebs festgestellt.
Zusammengefasst zeigt die Studie, dass Frauen mit Früherkennung im Vergleich zu Frauen ohne Früherkennung häufiger operiert wurden, ohne dass sie anschließend die Diagnose Eierstockkrebs erhielten.
Operiert wurde in der Studie meistens erst, wenn sich an eine erste auffällige Ultraschall-Untersuchung eine oder mehrere weitere auffällige Untersuchungen angeschlossen haben. Viele der zunächst auffälligen Befunde stellten sich schon während der weiteren Untersuchungen als harmlos heraus. Bleiben die Befunde jedoch auffällig, muss operiert werden, um den Verdacht auf Krebs mit Sicherheit bestätigen oder entkräften zu können. Dafür wird das entnommene Gewebe in einem Labor untersucht.
In der Gruppe der Frauen mit Früherkennung wurde deshalb geschaut, wie viele dieser Operationen unnötig waren. Unnötig heißt: Nach der Operation ließ sich im entnommenen Gewebe kein Eierstockkrebs feststellen. Die Forscher und Forscherinnen fanden heraus, dass etwa 90 Prozent der Operationen aufgrund auffälliger Befunde bei der Früherkennung mit Ultraschall unnötig waren.
Bei wie vielen Frauen mit Ultraschall-Früherkennung traten infolge unnötiger Operationen Komplikationen auf?
Bei etwa einer von 1.000 Frauen, die über sieben bis elf Jahre hinweg eine jährliche Früherkennung erhielten, traten Komplikationen infolge einer unnötigen Operation der Eierstöcke auf. Dabei handelte es sich z. B. um Verletzungen der Blase, Blutungen, Thrombosen der tiefen Venen oder Lungenembolien.
Die Zahlen zu Nutzen und Schaden der Eierstockkrebs-Früherkennung mit Ultraschall stammen aus einer randomisiert-kontrollierten Studie mit insgesamt über 200.000 Frauen aus England, Wales und Nordirland. Den Frauen in der Früherkennungsgruppe mit Ultraschall wurde zwischen 2001 und 2011 sieben bis elf Jahre lang eine jährliche Früherkennungsuntersuchung angeboten. Bei allen Frauen, die an der Studie teilgenommen haben, wurde bis Ende 2020 geprüft, ob sie die Diagnose Eierstockkrebs erhalten haben und gegebenenfalls daran verstorben sind.
An der Studie haben Frauen teilgenommen, die
Das durchschnittliche Alter der Teilnehmerinnen lag zu Beginn der Studie zwischen 56 und 66 Jahren.
Auf jüngere Frauen vor den Wechseljahren sind die Ergebnisse nur eingeschränkt übertragbar. Bei Frauen, die ihre Regelblutung noch haben, ist die Wahrscheinlichkeit noch höher, dass mit der Ultraschalluntersuchung Hinweise auf Eierstockkrebs gefunden werden, obwohl in Wirklichkeit gar kein Eierstockkrebs vorliegt.
Die Studie ist von hoher Qualität und weist keine methodischen Mängel auf.
Die dargestellten Zahlen basieren auf den derzeit besten wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Die Eierstöcke produzieren verschiedene Geschlechts-Hormone, die bei der Fruchtbarkeit eine Rolle spielen. Mit den Wechseljahren lässt die Hormon-Produktion nach und hört schließlich ganz auf. Wenn bei einer Operation beide Eierstöcke entfernt werden, fehlen diese Hormone plötzlich. Frauen, die noch ihre Periode bekommen, sind dann mit einem Mal in den Wechseljahren. Diese können sich durch verschiedene Beschwerden bemerkbar machen:
Außerdem steigt das Risiko für „Knochenschwund“ (Osteoporose). Das ist eine Erkrankung, bei der die Dichte der Knochen abnimmt. Ob und wie stark die einzelnen Wechseljahresbeschwerden auftreten, kann von Frau zu Frau unterschiedlich sein.
Wenn einer Frau beide Eierstöcke entfernt wurden, kann sie nicht mehr schwanger werden.
Mehr über die Funktion der Eierstöcke erfahren
Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.
Barrett J, Jenkins V, Farewell V, Menon U, Jacobs I, Kilkerr J et al. Psychological morbidity associated with ovarian cancer screening: Results from more than 23,000 women in the randomised Trial of Ovarian Cancer Screening (UKCTOCS). BJOG 2014; 121(9):1071–9. doi: 10.1111/1471-0528.12870.
Henderson JT, Webber EM, Sawaya GF. Screening for ovarian cancer: Updated evidence report and systematic review for the US Preventive Services Task Force. JAMA 2018; 319(6):595–606. doi: 10.1001/jama.2017.21421.
IGeL Monitor. Ultraschall der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung; 2020. Verfügbar unter: https://www.igel-monitor.de/igel-a-z/igel/show/ultraschall-der-eierstoecke-zur-krebsfrueherkennung.html [26.01.2023].
Jacobs IJ, Menon U, Ryan A, Gentry-Maharaj A, Burnell M, Kalsi JK et al. Ovarian cancer screening and mortality in the UK Collaborative Trial of Ovarian Cancer Screening (UKCTOCS): A randomised controlled trial. Lancet 2016; 387(10022):945–56. doi: 10.1016/S0140-6736(15)01224-6.
Jacobs IJ, Menon U, Ryan A, Gentry-Maharaj A, Burnell M, Kalsi JK et al. Supplement to: Jacobs IJ, Menon U, Ryan A et al. Ovarian cancer screening and mortality in the UK Collaborative Trial of Ovarian Cancer Screening (UKCTOCS): A randomised controlled trial. Lancet 2016; 387(10022). doi: 10.1016/S0140-6736(15)01224-6.
Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V., der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. und der Stiftung Deutsche Krebshilfe. Patientinnenleitlinie Eierstockkrebs; 2018. Verfügbar unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Patientenleitlinien
/Patientenleitlinie_Eierstockkrebs-1920010.pdf [23.01.2023].
Menon U, Gentry-Maharaj A, Burnell M, Singh N, Ryan A, Karpinskyj C et al. Ovarian cancer population screening and mortality after long-term follow-up in the UK Collaborative Trial of Ovarian Cancer Screening (UKCTOCS): A randomised controlled trial. The Lancet 2021; 397(10290):2182–93. doi: 10.1016/S0140-6736(21)00731-5.
Robert Koch-Institut und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V., Hrsg. Krebs in Deutschland für 2017/2018. Berlin; 2021.
Zentrum für Krebsregisterdaten im Robert Koch-Institut. Datenbankabfrage mit Schätzung der Inzidenz, Prävalenz und des Überlebens von Krebs in Deutschland auf Basis der epidemiologischen Landeskrebsregisterdaten. Mortalitätsdaten bereitgestellt vom Statistischen Bundesamt. Letzte Aktualisierung: 13.09.2022. Datenbankabfrage Inzidenz, Mortalität, Rohe Rate, Eierstockkrebs (C.56), alle Altersgruppen, für das Jahr 2019. Verfügbar unter: www.krebsdaten.de/abfrage [27.10.2022].
Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.
Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.
Die Stiftung Gesundheitswissen hat das Ziel, verlässliches Gesundheitswissen in der Bevölkerung zu stärken. Die an der Erstellung unserer Angebote beteiligten Personen haben keine Interessenkonflikte, die eine unabhängige und neutrale Informationsvermittlung beeinflussen.
Weitere Hinweise zum Umgang mit Interessenkonflikten finden Sie hier.
Alle unsere Angebote beruhen auf den derzeit besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie stellen keine endgültige Bewertung dar und sind keine Empfehlungen.
Weitere wichtige Hinweise zu unseren Angeboten finden Sie hier.
Erstellt am: 19.04.2023