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Seltene Erkrankungen

Was sind Seltene Erkrankungen?

Jeder kennt große Volkskrankheiten wie Diabetes, Grippe oder Rückenschmerzen. Erkrankungen wie Mukoviszidose, Lungenhochdruck und Akromegalie sind dagegen weniger geläufig, weil nur wenige Menschen davon betroffen sind. Sie gehören zu den Seltenen Erkrankungen. Auf dieser Seite lesen Sie, was eine Seltene Erkrankung ausmacht und welche Herausforderungen sich für Betroffene, Ärzte und Ärztinnen ergeben. 

Was sind Seltene Erkrankungen?

Es gibt keine weltweit einheitliche Definition für Seltene Erkrankungen. In der Europäischen Union und in Deutschland gelten Krankheiten als selten, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen davon betroffen sind. Außerdem muss die Erkrankung lebensbedrohlich sein und chronisch verlaufen – es handelt sich also um eine bleibende Erkrankung, die nicht vollständig ausheilt.

Seltene Erkrankungen gehen häufig mit körperlichen oder geistigen Behinderungen einher. Viele schränken die selbstständige Lebensführung und Teilhabe sowie die Lebenserwartung ein. Wenn   die Erkrankung nicht mehr als einen von 50.000 Menschen betrifft, gilt sie in Deutschland sogar als sehr selten.

Viele der Seltenen Erkrankungen kommen jedoch noch deutlich vereinzelter vor. Eine Datenbank-Analyse zeigt, dass 85 Prozent der Seltenen Erkrankungen weniger als einen von einer Million Menschen betreffen. 

Was ist ein Syndrom?

Viele Seltene Erkrankungen sind Syndrome. Ein Syndrom beschreibt eine Kombination von verschiedenen Krankheitssymptomen, die üblicherweise gleichzeitig und gemeinsam auftreten. Dabei lassen sich die Symptome oft nicht auf eine konkrete Ursache zurückführen. Ein bekanntes Beispiel für ein Syndrom ist Demenz: Diese Erkrankung macht sich oft durch Vergesslichkeit und abnehmendes Denk- und Orientierungsvermögen bemerkbar. Meist ist aber nicht klar, was diese Beschwerden genau verursacht hat. 

Video: Was sind Seltene Erkrankungen?

Die Zeichnung zeigt ein Kind und einen Mann.

Was sind Seltene Erkrankungen?

Mit dem Begriff Seltene Erkrankungen wird eine Vielzahl unterschiedlichster Krankheiten zusammengefasst. Was sie verbindet? Ihre Seltenheit! In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen an ihr erkrankt sind. Ist höchstens eine von 50.000 Personen betroffen, spricht man von Sehr Seltenen Erkrankungen. In beiden Fällen gibt es also verhältnismäßig wenig Erkrankte. Nimmt man aber alle Menschen mit Seltenen Erkrankungen in Deutschland zusammen, so sind das mehr Menschen, als in Berlin wohnen: rund vier Millionen!

Die meisten Seltenen Erkrankungen sind nicht heilbar. Oft treten sie bereits im Kindesalter oder in der Jugend auf. Über die meisten ist auch noch wenig bekannt. Daher dauert es oft lange, bis sie diagnostiziert werden.

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Wie häufig treten Seltene Erkrankungen auf?

Jede einzelne Seltene Erkrankung für sich genommen betrifft nur wenige Menschen. Wenn man alle Seltenen Erkrankungen zusammenfasst, ist allerdings eine große Gruppe von Menschen davon betroffen. Von allen bekannten Erkrankungen ist etwa jede vierte selten.

Allein in Deutschland leben Schätzungen zufolge etwa vier Millionen Menschen mit einer Seltenen Erkrankung. Wenn diese Menschen zusammen in einer Stadt leben würden, hätte diese mehr Einwohner als Berlin. Weltweit wird von 263 bis 446 Millionen erkrankten Menschen ausgegangen.

Krankheiten können in verschiedenen Ländern unterschiedlich häufig auftreten: Eine Erkrankung kann in einem Teil der Welt als selten gelten, während sie anderswo verbreiteter ist. Der Großteil der Menschen mit Seltenen Erkrankungen verteilt sich auf wenige Diagnosen. Das bedeutet umgekehrt, dass es viele Erkrankungen gibt, die jeweils nur ganz wenige Menschen auf der Welt betreffen. Ein Beispiel dafür ist die Tuberkulose. In Deutschland gehört sie zu den Seltenen Erkrankungen. Global betrachtet gehört sie aber zu einer der häufigsten tödlichsten Erkrankungen. 

Wie viele Seltene Erkrankungen gibt es?

Da keine international einheitliche Definition für Seltene Erkrankungen vorliegt, lässt sich ihre Gesamtzahl nur schwer schätzen. Mehrere Datenbanken dokumentieren zwischen 6000 und 10.000 verschiedene Seltene Erkrankungen.

Experten und Expertinnen gehen davon aus, dass sich die Anzahl der Seltenen Erkrankungen weiter erhöhen wird. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Der medizinische Fortschritt in Forschung, Diagnose und Behandlung führt dazu, dass die Wissenschaft neue Seltene Erkrankungen entdeckt. Durch modernere Untersuchungsmethoden erhalten mehr Menschen mit bisher ungeklärten Beschwerden eine Diagnose und können so in den Datenbanken erfasst werden. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung und damit auch die Zahl der Menschen, die Seltene Erkrankungen entwickeln. 

Welche Seltenen Erkrankungen gibt es?

Wer noch nie mit Seltenen Erkrankungen in Berührung gekommen ist, kann sich darunter meist wenig vorstellen. Einige Beispiele für Seltene Erkrankungen.

Welche Ursachen haben Seltene Erkrankungen?

Über 70 Prozent der Seltenen Erkrankungen haben eine genetische Ursache. Daneben kommen Einzelfälle von Infektionskrankheiten, Autoimmun-Störungen und Krebskrankheiten vor. Für viele Seltene Erkrankungen sind die Ursachen noch nicht geklärt.

An welchen Beschwerden erkennt man eine Seltene Erkrankung?

Seltene Erkrankungen können sich durch viele verschiedene Beschwerden bemerkbar machen. Es gibt keine spezifischen Symptome, die darauf hinweisen, dass es sich um eine Seltene Erkrankung handelt. Die meisten Seltenen Erkrankungen betreffen mehrere Körperregionen. Es kann aber auch vorkommen, dass nur ein einzelnes Organ betroffen ist. 

Welche gemeinsamen Merkmale haben Seltene Erkrankungen?

Obwohl Seltene Erkrankungen sehr unterschiedlich sind, haben Sie auch einige Gemeinsamkeiten:

  • Die meisten Seltenen Erkrankungen sind nicht heilbar und begleiten die Betroffenen ein Leben lang. Sie verschlimmern sich im Laufe der Zeit. Menschen mit Seltenen Erkrankungen haben oft eine kürzere Lebenserwartung als gesunde Menschen. 
  • Mehr als die Hälfte der Seltenen Erkrankungen beginnt in der Kindheit. 
  • Viele Seltene Erkrankungen bedeuten Einschränkung im Alltag und einen Verlust an Lebensqualität für die Erkrankten. Unter Umständen müssen diese Hilfe von Pflegekräften oder Angehörigen in Anspruch nehmen.
  • Menschen mit Seltenen Erkrankungen und auch Angehörige fühlen sich oft seelisch belastet – nicht nur durch die Erkrankung selbst, sondern auch durch den Umgang mit anderen Menschen, Behörden und Versorgern. 
  • Für viele Seltene Erkrankungen gibt es noch keine Therapie. Meist ist es nur möglich, die Beschwerden zu behandeln.
  • Der Weg zur Diagnose und Behandlung ist bei Seltenen Erkrankungen oft schwer und langwierig. Häufig bestehen noch keine geeigneten Versorgungseinrichtungen in Wohnortnähe.

Welche Herausforderungen stellen Seltene Erkrankungen?

Die Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten für einige Seltene Erkrankungen sind in den letzten Jahren deutlich besser geworden. Das wirkt sich günstig auf die Lebenserwartung und die Lebensqualität der Erkrankten aus. Ein Beispiel dafür ist die Mukoviszidose.

Für viele Seltene Erkrankungen bestehen jedoch nach wie vor große Herausforderungen.

Die Suche nach der richtigen Diagnose und einer geeigneten Versorgung kann organisatorisch und emotional sehr belastend sein.

Auswirkungen auf die Psyche

Menschen mit Seltenen Erkrankungen können sich überfordert und alleingelassen fühlen. In ihrem sozialen Umfeld erleben die Betroffenen oft wenig Verständnis für ihre Probleme und häufig besteht kein Kontakt zu anderen Erkrankten. Eine Seltene Erkrankung kann normale Alltagaktivitäten erheblich schwerer machen. Deshalb können Familienangehörige auch von psychischen Problemen und Isolation betroffen sein.

Schwierigkeiten in der Forschung

Die Entwicklung von Medikamenten für Seltene Erkrankungen ist mit hohen Ausgaben verbunden. Gleichzeitig fallen die Einnahmen aufgrund kleiner Fallzahlen gering aus. Das ist für pharmazeutische Unternehmen wenig attraktiv. Für viele Seltene Erkrankungen fehlt daher bisher aufgrund mangelnder Forschungs- und Entwicklungsanreize eine medikamentöse Behandlung.

Begleitung von Kindern und Jugendlichen

Ein großer Teil der Seltenen Erkrankungen beginnt bereits im Kindesalter. Manche Seltenen Erkrankungen können dazu führen, dass die Patienten und Patientinnen schon in jungen Jahren versterben. Eine weitere Herausforderung liegt im Übergang von der Kindermedizin zur Erwachsenenmedizin. Hier ist eine enge Abstimmung zwischen Kinderärzten, dem weiterbehandelnden Erwachsenen-Arzt, Eltern und den betroffenen Kindern wichtig, damit die Versorgung lückenlos weitergehen kann.

Wie hilft die Selbsthilfe bei Seltenen Erkrankungen?

Für Menschen mit Seltenen Erkrankungen ist die Selbsthilfe eine wichtige Stütze. Selbsthilfegruppen können Unterstützung leisten, die über die medizinische Betreuung durch Ärzte und Ärztinnen hinausgeht. Darüber hinaus setzt sich die Selbsthilfe auch politisch für die Belange von Menschen mit Seltenen Erkrankungen ein. Lesen Sie hier, was Selbsthilfe für Menschen mit Seltenen Erkrankungen bedeutet.

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

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Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Autoren und Autorinnen:
Jochen Randig
Jochen Randig

Jochen Randig

Senior-Multimedia-Producer / Fachleitung multimediale Formate
Jochen Randig ist Kommunikationswissenschaftler mit Schwerpunkt Bewegtbild. Für die Stiftung konzipiert er multimediale Formate und ist für die Qualitätssicherung und Dienstleistersteuerung in diesem Bereich zuständig.
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Johanna Lindner
Porträtfoto Johanna Lindner

Johanna Lindner

Referentin Evidenzbasierte Medizin
Johanna Lindner ist Gesundheitswissenschaftlerin (MScPH). Sie erstellt wissenschaftliche Inhalte für multimediale Informationsangebote der Stiftung und ist an der Entwicklung und Pflege der Datenbanken der Stiftungsangebote beteiligt
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Lisa-Marie Ströhlein
Lisa-Marie Ströhlein

Lisa-Marie Ströhlein

Medical Writerin
Lisa-Marie Ströhlein studierte Medizinische Biologie mit dem Schwerpunkt Wissenschaftskommunikation. Für die Stiftung bereitet sie komplexe medizinische Themen und Inhalte in laienverständlicher Sprache auf.

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Erstellt am: 12.02.2025