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Seltene Erkrankungen

Krankheitscodes bei Seltenen Erkrankungen: Was bedeuten sie?

Vielleicht haben Sie auf Ihrem letzten Krankenschein eine Kombination aus Zahlen und Buchstaben bemerkt? Dabei handelt es sich um einen Code, der Ihre Diagnose bezeichnet. Damit wissen Ärzte und Ärztinnen auf einen Blick, was Sie haben. Für Seltene Erkrankungen gibt es verschiedene Codier-Systeme. Lesen Sie hier, was es damit auf sich hat.

Wozu gibt es Krankheitscodes?

Unsere Alltagssprache ist oft nicht eindeutig, wenn wir Krankheiten beschreiben. Viele alltägliche Krankheitsbezeichnungen sind zu ungenau. Manchmal gibt es auch mehrere Namen für ein- und dieselbe Krankheit, z. B. Mumps oder Ziegenpeter. Wenn Fachleute im Gesundheitswesen miteinander kommunizieren, ist aber Genauigkeit gefragt. Hier kommen die Krankheitscodes ins Spiel. Ein Code ist eine Kombination aus Zahlen oder Zahlen und Buchstaben. Eine bestimmte Kombination entspricht dabei einer einzelnen Krankheit oder einer Gruppe von ähnlichen Krankheiten. Anhand des Codes lässt sich ablesen, welche Diagnose bei einer Patientin, einem Patienten gestellt wurde. Das ist z. B. wichtig, wenn Ärzte und Ärztinnen mit anderen Gesundheitsfachleuten kommunizieren – womöglich sogar über Landesgrenzen hinweg.

Internationaler Standard: ICD-Codes

Krankheiten lassen sich nach verschiedenen Systemen codieren. In Deutschland ist das ICD-System üblich. ICD steht für International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, zu Deutsch: Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme. In Deutschland werden alle Erkrankungen mit einem ICD-Code verschlüsselt. Manche Erkrankungen haben einen eigenen Code. So steht „I21“ etwa für einen Herzinfarkt. Manchmal kann ein Code aber auch für mehrere Erkrankungen stehen. Das ist gerade bei Seltenen Erkrankungen häufiger der Fall. Mitunter werden auch nur bestimmte Beschwerden mit einem Code verschlüsselt, wenn sie noch keiner Erkrankung zuzuordnen sind. So steht beispielsweise „R00.0“ für einen zu schnellen Herzschlag.

Den ICD-Code findet man auf Arztbriefen oder anderen medizinischen Dokumenten. Auch Ihre Ärztin, Ihr Arzt kann Ihnen den ICD-Code Ihrer Erkrankung auf Nachfrage mitteilen. 

Was ist das Besondere bei der Codierung von Seltenen Erkrankungen?

Bei der Codierung von Seltenen Erkrankungen mit dem ICD-System kann es zu Problemen kommen. Das liegt daran, dass das ICD-System diese Erkrankungen nicht ausreichend genau erfasst. In der Regel haben nur häufige Erkrankungen einen eigenen ICD-Code. Seltene Erkrankungen werden meist gemeinsam mit weiteren häufigeren Erkrankungen in Form eines einzigen ICD-Codes abgebildet. Anhand des Codes allein ist also nicht zu erkennen, um welche Seltene Erkrankung es sich genau handelt.

Da Seltene Erkrankungen durch die ICD-Codes nicht genau erfasst werden, lässt sich schwer feststellen, wie häufig diese Erkrankungen tatsächlich sind. Dementsprechend ist es auch schwierig zu bestimmen, wie viele Versorgungsangebote und Gelder für Menschen mit diesen Erkrankungen benötigt werden. Betroffene können aus einem ICD-Code außerdem nicht ableiten, welche Gesundheitsfachleute für ihre Erkrankung zuständig sind.

Aus diesem Grund galt bisher die Empfehlung, für Seltene Erkrankungen zusätzlich zu ICD-Codes auch ORPHA-Codes zu verwenden. ORPHA-Codes wurden von Orphanet entwickelt – einem internationalen Netzwerk für Seltene Erkrankungen. Sie folgen einem eigenen System, mit dem sich Seltene Erkrankungen sehr genau abbilden lassen.

ORPHA-Codes und ICD-Codes können Sie in der Orphanet-Datenbank nachschlagen. Dort können Sie auch über den Namen nach Seltenen Erkrankungen suchen.

Um eine doppelte Codierung bei Seltenen Erkrankungen zu verhindern, wurde die Alpha-ID-SE entwickelt. Dabei handelt es sich um eine neue Form der Codierung, die die ICD-Codes und ORPHA-Codes miteinander verknüpft.

ORPHA-Codes und Alpha-ID werden in Deutschland bisher jedoch kaum genutzt. Zwar wird Gesundheits-Fachleuten empfohlen, ORPHA-Codes bei Seltenen Erkrankungen zu gebrauchen. Es besteht aber keine Verpflichtung dazu. Die Alpha-ID-SE ist seit 2023 verpflichtend, aber auch nur für Krankenhäuser. Menschen mit Seltenen Erkrankungen werden häufiger von niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen behandelt. Diese müssen die Alpha-ID-SE bislang nicht verwenden. 
 

Video: Was ist die Alpha-ID-SE?

Die Zeichnung zeigt einen Arzt, der in Bücher schaut.

Seltene Erkrankungen: Was ist die Alpha-ID-SE?

Fast alle Krankheiten haben einen weltweit gültigen Code: den ICD-Code. Damit können Gesundheitsfachleute aus aller Welt eine Erkrankung, etwa aus dem Arztbrief, eindeutig erkennen, ohne dass es dabei zu Missverständnissen oder Verwechslungen kommt. Für viele Seltene Erkrankungen gab es jedoch lange Zeit keine ICD-Codes. Eben weil sie so selten waren. Deshalb wurde ein eigener Code für Seltene Erkrankungen entwickelt: das ORPHA-Code-System. Doch inzwischen haben auch viele Seltene Erkrankungen einen ICD-Code erhalten.

Das Problem: ICD-Codes und ORPHA-Codes funktionieren sehr unterschiedlich. Es kann passieren, dass eine Erkrankung mit einem bestimmten Orpha-Code mehrere ICD-Codes hat - und umgekehrt. Dadurch kann es zu Missverständnissen kommen. Aus diesem Grund wurde die ALPHA-ID-SE entwickelt. Hierbei handelt es sich um eine Kodierung, die sowohl die Seltene Erkrankung identifiziert als auch beide alten Codes beinhaltet. Um also Verwechslungen ausschließen zu können ist es wichtig, die genaue Kodierung einer Seltenen Erkrankung zu kennen: die ALPHA-ID-SE.

Wissen ist gesund.

Warum sollte ich meine Codierung kennen?

Bei Seltenen Erkrankungen sind oft viele Fachleute und Behandelnde beteiligt, manchmal sogar über Landesgrenzen hinweg. Die meisten Krankheitscodes funktionieren international. Das bedeutet, dass Gesundheitsfachleute aus aller Welt sich damit verständigen können. Da Menschen mit Seltenen Erkrankungen häufig sehr aktiv in ihre Behandlung eingebunden sind, ist es sinnvoll, den eigenen Krankheitscode, nach ICD-10 und eventuell auch Alpha-ID, zu kennen. Sie können Ihren Arzt, Ihre Ärztin danach fragen. 

Was sind Zentren für Seltene Erkrankungen?

Für Haus- und Fachärzte sind Seltene Erkrankungen meist ein Rätsel. Oft fällt es ihnen schwer, eine Diagnose zu stellen oder eine passende Behandlung anzubieten. Dabei können Zentren für Seltene Erkrankungen helfen. Sie unterstützten bei der Diagnosefindung und zeigen Möglichkeiten für die Therapie auf. Lesen Sie hier, wie diese Zentren arbeiten und welche Aufgaben sie haben.

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Kodiersysteme: Gesundheitsdaten standardisieren. Digitalisierung voranbringen. Verfügbar unter: https://www.bfarm.de/DE/Kodiersysteme/_node.html [04.08.2023].

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). ICD-10-GM. Verfügbar unter: https://www.bfarm.de/DE/Kodiersysteme/Klassifikationen/ICD/ICD-10-GM/_node.html;jsessionid=8F87002506717C091EDAD277340F8D77.intranet662 [27.07.2023].

Martin T, Rommel K, Thomas C, Eymann J, Kretschmer T, Berner R et al. Seltene Erkrankungen in den Daten sichtbar machen – Kodierung. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 2022; 65(11):1133–42. doi: 10.1007/s00103-022-03598-9.

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Autoren und Autorinnen:
Jochen Randig
Jochen Randig

Jochen Randig

Senior-Multimedia-Producer / Fachleitung multimediale Formate
Jochen Randig ist Kommunikationswissenschaftler mit Schwerpunkt Bewegtbild. Für die Stiftung konzipiert er multimediale Formate und ist für die Qualitätssicherung und Dienstleistersteuerung in diesem Bereich zuständig.
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Johanna Lindner
Porträtfoto Johanna Lindner

Johanna Lindner

Referentin Evidenzbasierte Medizin
Johanna Lindner ist Gesundheitswissenschaftlerin (MScPH). Sie erstellt wissenschaftliche Inhalte für multimediale Informationsangebote der Stiftung und ist an der Entwicklung und Pflege der Datenbanken der Stiftungsangebote beteiligt
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Lisa-Marie Ströhlein
Lisa-Marie Ströhlein

Lisa-Marie Ströhlein

Medical Writerin
Lisa-Marie Ströhlein studierte Medizinische Biologie mit dem Schwerpunkt Wissenschaftskommunikation. Für die Stiftung bereitet sie komplexe medizinische Themen und Inhalte in laienverständlicher Sprache auf.

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Erstellt am: 12.02.2025