Beeinflusst Schlafmittel die Fahrtüchtigkeit?
- Sicherer Umgang mit Schlafmitteln
- Schlafmittelabhängigkeit
Studiencheck
Wer an dauerhaften Schlafstörungen leidet, für den kommen sogenannte verschreibungspflichtige Z-Substanzen als Behandlungsoption in Frage. Sie erleichtern das Ein- und Durchschlafen, haben aber auch Nebenwirkungen – z. B. kann man sich am Tag nach der Einnahme noch schläfrig fühlen. Dadurch könnte auch die Fahrtüchtigkeit eingeschränkt sein. Wir haben die Studienlage dazu überprüft.
Was wurde untersucht?
Eine systematische Übersichtsarbeit untersuchte unter anderem die Frage, ob die in Deutschland zugelassenen Schlafmittel Zolpidem und Zopiclon die Fahrtüchtigkeit von Menschen mit Insomnie am nächsten Tag einschränken. In dieser Arbeit wurden zu der Frage vier einzelne Studien betrachtet. In jeder Einzelstudie nahm eine Gruppe von Testpersonen am Abend eine Z-Substanz ein: entweder das Schlafmittel Zolpidem (10 mg) oder das Schlafmittel Zopiclon (7,5 mg). Eine Kontroll-Gruppe nahm ein Scheinmedikament ein. Am Tag nach der Medikamenten-Einnahme wurde die Fahrtüchtigkeit aller Testpersonen überprüft und verglichen. Dies geschah in einem Fahrsimulator oder durch standardisierte Fahrtests im echten Straßenverkehr.
Die Ergebnisse auf einen Blick
Die Ergebnisse der Studien aus der Übersichtsarbeit legen nahe: Wenn Menschen mit Ein- und Durchschlafstörungen zur Nacht das Schlafmittel Zopiclon (7,5 mg) einnehmen, müssen sie damit rechnen, am nächsten Tag nur eingeschränkt fahrtüchtig zu sein. Bei Zolpidem (10 mg) kommen die Autoren der Übersichtsarbeit zu dem Ergebnis, dass eher nicht mit Beeinträchtigungen am Morgen zu rechnen ist, wenn das Schlafmittel zur Nacht eingenommen wurde. Die Aussagekraft der Ergebnisse wird u. a. dadurch eingeschränkt, dass nur zwei bzw. drei kleinere Studien Daten zur Fahrtüchtigkeit lieferten. Die systematische Übersichtsarbeit zeigt methodische und inhaltliche Mängel. Deshalb ist das Vertrauen in die Ergebnisse eingeschränkt.
Die Ergebnisse im Einzelnen
Zwei Studien untersuchten, ob die einmalige Einnahme von Zopiclon (7,5 mg) am Abend die Fahrtüchtigkeit am nächsten Tag einschränkt. Die Fahrtests fanden neun bis elf Stunden nach der Medikamenten-Einnahme statt. Beide Studien stellten nach der Einnahme von Zopiclon (7,5 mg) Beeinträchtigungen der Fahrtüchtigkeit am nächsten Morgen fest.
Drei Studien untersuchten die Fahrtüchtigkeit nach der abendlichen Einnahme von Zolpidem (10 mg). Eine dieser Studien ging zusätzlich der Frage nach, wie sich das Medikament auf die Fahrtüchtigkeit auswirkt, wenn es über sieben Tage lang eingenommen wurde. Zwischen Medikamenteneinnahme und Testungen lagen in einer Studie 5,5 Stunden, in den anderen neun bis elf Stunden. Alle drei Studien zeigten, dass Zolpidem (10 mg) einmalig am Abend eingenommen, die Fahrtüchtigkeit am Morgen nicht beeinträchtigt. Das gleiche Ergebnis zeigte sich nach einer siebentägigen Einnahme.
Ärztliche Empfehlungen beachten
Die Hersteller der untersuchten Schlafmittel weisen darauf hin, dass die Fahrtüchtigkeit nach der Einnahme eingeschränkt sein kann. Sie empfehlen deshalb, nach der Einnahme für einen bestimmten Zeitraum kein Fahrzeug zu bedienen. Bei Zopiclon werden zwölf Stunden empfohlen, bei Zolpidem acht. Weitere Nebenwirkungen der Schlafmittel Zolpidem und Zopiclon wurden nicht untersucht. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin dazu beraten und beachten Sie die ärztlichen Empfehlungen zur Einnahme.
Das Vertrauen in die Ergebnisse der systematischen Übersichtsarbeit ist stark eingeschränkt. Zum einen wird die methodische Qualität der Übersichtsarbeit als schwach eingeschätzt. Zum anderen ist das Verzerrungsrisiko der vier in die Übersichtsarbeit eingeschlossenen Studien unklar. Zwei der vier Studien sind keine randomisiert-kontrollierten Studien. Deshalb besteht ein hohes Risiko, dass die Ergebnisse verzerrt sind. Zukünftige Studien könnten zu genaueren Ergebnissen führen. Außer den genannten Einschränkungen gilt es zu beachten, dass nur eine kleine Anzahl an Studien mit wenigen Testpersonen eingeschlossen werden konnte. In dieser Übersichtsarbeit wurden – wahrscheinlich aufgrund der kleinen Anzahl an Studien – keine Ergebnisse zu den Altersgruppen präsentiert.
Die Übersichtsarbeit (Brunnauer et al. 2021) untersuchte die Fahrtüchtigkeit nach der Einnahme von Psychopharmaka. Darin enthalten waren auch vier Studien, die den Einfluss der Schlafmedikamente Zolpidem und Zopiclon auf die Fahrtüchtigkeit ermitteln sollten.
An einer Studie (Leufkens et al. 2014), die die Einnahme von Zopiclon (7,5 mg) prüfte, nahmen 22 Frauen und 26 Männer im Alter von 52 bis 71 Jahren teil. 32 Personen hatten eine Insomnie und 16 Personen hatten keine Insomnie. Die Studie wurde in den Niederlanden durchgeführt.
Eine randomisiert-kontrollierte Studie (Staner et al. 2005) untersuchte sowohl Zopiclon (7,5 mg) als auch Zolpidem (10 mg). Daran nahmen 9 Männer und 14 Frauen mit Insomnie und einem Durchschnittsalter von 39 Jahren teil. Die Studie wurde in Frankreich durchgeführt.
Zwei Studien überprüften den Einfluss von Zolpidem (10 mg) auf die Fahrtüchtigkeit. An einer randomisiert-kontrollierten Studie (Partinen et al. 2003) aus Finnland nahmen 18 Frauen mit Insomnie im Alter von 35 bis 58 Jahren teil. An der anderen Studie (Vermeeren et al. 1995) nahmen 17 Frauen mit Insomnie im Alter von 25 bis 51 Jahren. Sie wurde in den Niederlanden durchgeführt.
Was ist Schlafmittel-Abhängigkeit?
Schlafmittel-Abhängigkeit ist eine Erkrankung. Sie kann entstehen, wenn man wiederholt ein abhängig machendes Schlafmittel einnimmt.
Quellen und Hinweise
Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.
Brunnauer A, Herpich F, Zwanzger P, Laux G. Driving performance under treatment of most frequently prescribed drugs for mental disorders: A systematic review of patient studies. Int J Neuropsychopharmacol 2021;24(9):679–693. doi: 10.1093/ijnp/pyab031.
Leufkens TR, Ramaekers JG, de Weerd AW, Riedel WJ, Vermeeren A. Residual effects of zopiclone 7.5 mg on highway driving performance in insomnia patients and healthy controls: A placebo controlled crossover study. Psychopharmacology 2014;231:2785–2798.
Staner L, Ertlé S, Boeijinga P, Rinaudo G, Arnal MA, Muzet A et al. Next-day residual effects of hypnotics in DSM-IV primary insomnia: A driving simulator study with simultaneous electroencephalogram monitoring. Psychopharmacology (Berl) 2005;181(4):790–8. doi: 10.1007/s00213-005-0082-8.
Partinen M, Hirvonen K, Hublin C, Halavaara M, Hiltunen H. Effects of after-midnight intake of zolpidem and temazepam on driving ability in women with non-organic insomnia. Sleep Med 2003;4(6):553–61. doi: 10.1016/j.sleep.2003.06.005.
Vermeeren A, O Hanlon JF, Declerck AC, Kho L. Acute effects of zolpidem and flunitrazepam on sleep, memory and driving performance, compared to those of partial sleep deprivation and placebo. Acta Therapeutica 1996;21(1):47–64.
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Dr. med. Dagmar Lühmann
Prof. Dr. med. Martin Scherer
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Erstellt am: 27.10.2022