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Schlafmittel

Wie wird Schlafmittelabhängigkeit festgestellt?

Es gibt verschiedene Anzeichen dafür, dass man von einem Schlafmittel abhängig ist. Wer diese Anzeichen bei sich feststellt, sollte sich an einen Arzt oder eine Ärztin wenden. Sie können untersuchen, ob eine Abhängigkeit besteht oder sich gerade entwickelt. 

Schlafmittel-Abhängigkeit feststellen

Portrait Dr. Rüdiger Holzbach

Woran erkenne ich Schlafmittel-Abhängigkeit?

Schlafmittel-Abhängigkeit ist eine späte Nebenwirkung im Verlauf der Langzeiteinnahme von Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Schon in früheren Phasen treten Veränderungen auf, zum Beispiel zu Beginn wird man wieder unruhiger, es gibt wieder Schlafstörungen, man wird reizempfindlicher, das heißt, das Licht ist schnell grell und blendend, Geräusche sind unangenehm, es gibt körperliche Missempfindungen.

In einer späteren Phase, wenn man schon etwas höhere Dosierungen nimmt, kommt das sogenannte Apathie-Syndrom zum Vorschein, das heißt, man stumpft emotional ab, man hat nicht mehr die körperliche Energie, Konzentration und Merkfähigkeit werden schlechter. Das wird grade bei älteren Menschen dann auch mit Alterserscheinungen verwechselt. Und erst dann, wenn eine weitere Dosissteigerung erfolgt, dann tritt die Abhängigkeit hervor.

Die Abhängigkeit ist dann gezeichnet davon, dass man versucht, einen Vorrat der Tabletten zu haben, dass man nicht mehr ohne die Tabletten aus dem Haus geht, dass man mehrere Ärzte hat, die einem das verschreiben oder weitere Quellen auftut, sich zum Beispiel über Dritte das verschreiben lässt, dass die Gedanken darum kreisen. Ich beschäftige mich vielmehr als mit einem normalen Medikament damit, ob ich das habe, und ob ich auch noch genug davon habe.

An wen kann ich mich wenden?

Bei Medikamenten, die ärztlich verschrieben werden, ist natürlich der verschreibende Arzt oder Ärztin erster Ansprechpartner. Aber insbesondere bei apothekenpflichtigen Präparaten sind die Apotheken die, die beraten können zu dem Thema. Aber auch Suchtberatungsstellen kennen sich gut aus im Thema Medikamente, Abhängigkeit und wie und wo man die beste Hilfe bekommt.

Woher weiß ich, dass ich von Schlafmitteln abhängig bin?

Es gibt bestimmte Warnzeichen für eine Schlafmittel-Abhängigkeit: Einige Beispiele für solche Warnzeichen sind:

  • Das Schlafmittel wird nicht nur zum Schlafen, sondern auch am Tag, zum Beispiel zur Beruhigung, eingenommen.
  • Man lässt das Schlafmittel von verschiedenen Ärzten verschreiben.
  • Es treten bestimmte Beschwerden auf, zum Beispiel Gedächtnisprobleme, Muskelschwäche oder Koordinationsprobleme.

Wer schon länger Schlafmittel einnimmt, sollte sich selbst einige Fragen stellen. Die Antworten können ebenfalls Hinweise darauf geben, ob eine Abhängigkeit vorliegt. Die Fragen wurden von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen zusammengestellt. 

  • Beunruhigt mich die Vorstellung, mehrere Tage oder Wochen auf das Schlafmittel zu verzichten?
  • Habe ich zur Sicherheit einen Vorrat des Schlafmittels angelegt?
  • Habe ich über die Zeit der Einnahme hinweg die Dosis gesteigert, weil die Wirkung des Medikaments nachgelassen hat und die ursprüngliche Schlafstörung trotz Einnahme des Medikaments wiedergekommen ist?
  • Verberge ich vor anderen, dass ich Schlafmittel einnehme, in welcher Dosis oder wie oft?

Wird eine der Fragen mit „Ja“ beantwortet, kann dies ein Hinweis auf Schlafmittel-Abhängigkeit sein. Wenn Sie befürchten, abhängig zu sein, oder sich nicht sicher sind, ist Ihr Hausarzt, Ihre Hausärztin eine gute Anlaufstelle. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Schlafmittel-Abhängigkeit zu behandeln. Wichtig ist, dass man in solchen Fällen das Medikament nicht selbstständig absetzt oder die Dosis verändert.

Wer stellt Schlafmittel-Abhängigkeit fest?

Wenn Sie sich fragen, ob bei Ihnen vielleicht eine Schlafmittel-Abhängigkeit vorliegt, sprechen Sie eine Ärztin oder einen Arzt Ihres Vertrauens darauf an. Eine Abhängigkeit ist eine Erkrankung, die sich behandeln lässt. Auch Apotheken oder Sucht-Beratungsstellen können erste Ansprechpartner sein.

Wie wird Schlafmittel-Abhängigkeit festgestellt?

Besteht der Verdacht auf Schlafmittel-Abhängigkeit, wird Ihre Ärztin oder Ihr Arzt Sie ausführlich befragen. Dazu gehören Fragen zum Medikament, wie Sie es eingenommen haben und ob bei der Einnahme Probleme aufgetreten sind. Möglicherweise wird Ihre Ärztin, Ihr Arzt Ihnen folgende oder ähnliche Fragen stellen:

  • Wie heißt das Schlafmittel, das Sie einnehmen?
  • Wie lange nehmen Sie das Schlafmittel schon ein? Wie häufig und in welcher Menge nehmen Sie das Medikament?
  • Haben Sie schon einmal versucht, das Schlafmittel abzusetzen?
  • Nehmen Sie das Schlafmittel nur ein, um Schlaflosigkeit zu lindern? Oder nehmen Sie es auch gegen andere Beschwerden wie Angstzustände oder Schmerzen?
  • Haben Sie das Gefühl, das Schlafmittel ständig griffbereit haben zu müssen?
  • Haben Sie schon einmal die Erfahrung gemacht, dass unangenehme Begleiterscheinungen aufgetreten sind, wenn Sie kein Schlafmittel eingenommen haben?
  • Haben Sie die Menge des Schlafmittels schon einmal gesteigert, um noch die beabsichtigte Wirkung zu erzielen?
  • Kam es schon einmal vor, dass Sie nicht mehr wussten, wie viele Tabletten Sie bereits genommen haben? 
  • Wurde Ihnen schon einmal von anderen Personen in Ihrer Umgebung vorgeworfen, dass Sie Ihre Arbeit, Familie oder Freunde vernachlässigen?
  • Nehmen Sie das Schlafmittel weiter ein, obwohl Sie eigentlich wissen, dass es Ihrer Gesundheit schaden kann? 

Außerdem wird Ihre Ärztin, Ihr Arzt möglicherweise eine Blutuntersuchung vornehmen, um festzustellen, wie viel von den Wirkstoffen sich in Ihrem Körper befinden. Manche Ärzte setzen auch bestimmte Fragebögen ein, um Schlafmittel-Abhängigkeit festzustellen.

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

Bundesärztekammer. Medikamente – schädlicher Gebrauch und Abhängigkeit: Leitfaden für die ärztliche Praxis; 2007 [online] https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/LeitfadenMedAbhaengigkeit.pdf [01.11.2022].

Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e.V., Hrsg. S3-Leitlinie. Medikamentenbezogene Störungen: 1. Auflage. Version 01. 2020.; 2020.

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. Immer mit der Ruhe: Nutzen und Risiken von Schlaf- und Beruhigungsmitteln; 2013 [online] https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/Broschueren/Immer_mit_der_Ruhe.pdf [01.11.2022].

Hahn M, Roll SC. Benzodiazepine: Vom Wundermittel zur Risikomedikation. Pharmazeutische Zeitung 2019 [online]. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/vom-wundermittel-zur-risikomedikation/#:~:text=H%C3%A4ufig% 20werden%20Benzodiazepine%20bei%20Schlafst%C3%B6rungen,(Tabellen%201%20und%202) [01.11.2022]

Nolte A. Medikamente und Sucht. Interessierte und Betroffene: Apotheker und Patient; 2014 [online]  https://www.medikamente-und-sucht.de/interessierte-und-betroffene/apotheker-und-patient.html [01.11.2022].

Raiser P. Medikamente und Sucht. Interessierte und Betroffene: Probleme erkennen; 2014 [online] https://www.medikamente-und-sucht.de/interessierte-und-betroffene/probleme-erkennen.html [01.11.2022].

Soyka M. Treatment of Benzodiazepine Dependence. N Engl J Med 2017; 376(12):1147–57. doi: 10.1056/NEJMra1611832.

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Autoren und Autorinnen:
Jochen Randig
Jochen Randig

Jochen Randig

Senior-Multimedia-Producer / Fachleitung multimediale Formate
Jochen Randig ist Kommunikationswissenschaftler mit Schwerpunkt Bewegtbild. Für die Stiftung konzipiert er multimediale Formate und ist für die Qualitätssicherung und Dienstleistersteuerung in diesem Bereich zuständig.
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Lisa-Marie Ströhlein
Lisa-Marie Ströhlein

Lisa-Marie Ströhlein

Medical Writerin
Lisa-Marie Ströhlein studierte Medizinische Biologie mit dem Schwerpunkt Wissenschaftskommunikation. Für die Stiftung bereitet sie komplexe medizinische Themen und Inhalte in laienverständlicher Sprache auf.
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Michael Mibs
Michael Mibs

Michael Mibs

Referent Evidenzbasierte Medizin
Michael Mibs ist studierter Gesundheitswissenschaftler und Soziologe. Für die Stiftung erarbeitet er Inhalte für multimediale Informationsangebote auf Basis der Methoden der evidenzbasierten Medizin und konzipiert Analysen mit Bezug zur klinischen Versorgung.
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. med. Martin Scherer
Prof. Dr. Martin Scherer

Prof. Dr. med. Martin Scherer

Prof. Dr. med. Martin Scherer studierte Humanmedizin in Marburg, Wien und Paris. Als Professor an der Universität Lübeck untersuchte er das Thema „Versorgungsforschung und ihre Methoden“. Seine Forschungsschwerpunkte liegen u.a. in der Über- und Unterversorgung und der Entwicklung von Qualitätsindikatoren und Leitlinien. Seit 2012 ist Scherer Leiter der klinischen Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Er ist zudem Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) und Mitglied in weiteren medizinischen Fachgesellschaften. Seit 2015 berät Prof. Dr. med. Martin Scherer die Stiftung Gesundheitswissen.
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Dr. med. Dagmar Lühmann
Dr. med. Dagmar Lühmann

Dr. med. Dagmar Lühmann

Dr. med. Dagmar Lühmann absolvierte eine Ausbildung zur Krankenschwester und studierte anschließend Medizin an der Universität zu Lübeck. Nach dem Examen arbeitete sie als Assistenzärztin am Institut für Transfusionsmedizin und Immunologie und promovierte dort zum Thema "Auswirkungen von Quecksilberexposition auf das menschliche Immunsystem". Später arbeitete sie am Institut für Sozialmedizin an der Universität zu Lübeck mit dem Schwerpunkt evidenzbasierte Medizin und Bewertung von medizinischen Verfahren (Health Technology Assessment). Seit 2013 ist sie als Forschungskoordinatorin am Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf tätig.

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Erstellt am: 14.11.2022