Header

Können Vareniclin und Cytisin bei der Rauchentwöhnung helfen?

Unterschiedliche Behandlungen können einen Rauchstopp unterstützen. Eine Möglichkeit sind Medikamente der Klasse der Nikotinrezeptor-Teilagonisten (NRTA) mit den Wirkstoffen Vareniclin und Cytisin.

Vareniclin soll zum einen die Entzugserscheinungen lindern, denn ebenso wie das Nikotin erhöht es den Dopaminspiegel im Gehirn. Zum anderen soll es den Rauchgenuss dämpfen, da es an den Nikotinrezeptoren im Gehirn bindet. Die zusätzliche Zufuhr von Nikotin durch das Rauchen hat dann keine fühlbare Wirkung mehr.

Cytisin ist ein sekundärer Pflanzenstoff des Goldregens (Cytisus Laburnum L.) und hat einen vergleichbaren Wirkmechanismus wie Vareniclin.

Was wurde untersucht?

Eine systematische Übersichtsarbeit untersuchte den Nutzen und Schaden von Vareniclin bzw. Cytisin bei der Rauchentwöhnung.

Dafür wurden erwachsene Raucherinnen und Raucher per Zufall in zwei Gruppen aufgeteilt.

  • Die eine Gruppe erhielt Vareniclin bzw. Cytisin.
  • Die andere Gruppe nahm ein Scheinmedikament (Placebo).

Sechs bzw. 24 Monate nach dem Rauchstopp wurde in beiden Gruppen überprüft, wer rauchfrei war und wer nicht.

Die Ergebnisse auf einen Blick

23 von 100 Personen, die Vareniclin einnahmen, rauchten auch nach sechs bis 24 Monaten nicht mehr. Von den Personen, die ein Scheinmedikament nutzten, waren 10 von 100 rauchfrei. 
Leichte Nebenwirkungen wie Übelkeit, Kopfschmerzen oder Schlafstörungen traten häufiger bei der Vareniclin-Einnahme auf. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wie Infektionen, Krebs und Verletzungen traten in beiden Gruppen bei jeweils 3 von 100 Personen auf.

21 von 100 Personen, die Cytisin einnahmen, rauchten auch nach sechs bis 24 Monaten nicht mehr. Von den Personen, die ein Scheinmedikament nutzten, waren 16 von 100 rauchfrei. Leichte Nebenwirkungen wie Übelkeit, Kopfschmerzen oder Schlafstörungen traten häufiger bei der Cytisin-Einnahme auf. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wie Infektionen, Krebs und Verletzungen traten in beiden Gruppen bei jeweils 5 von 100 Personen auf.

Einschränkung der Ergebnisse

Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Ergebnisse ist moderat bis hoch, da die zugrunde liegenden randomisiert-kontrollierten Studien größtenteils von hoher Qualität sind. Ein Großteil der Studien zu Vareniclin wurde von der Herstellerfirma des Medikaments finanziert oder finanziell unterstützt.

Die Ergebnisse im Einzelnen

In einer systematischen Übersichtsarbeit aus 41 randomisiert-kontrollierten Studien wurden der Nutzen und Schaden von Vareniclin im Vergleich zu Scheinmedikamenten bei der Rauchentwöhnung untersucht. In zwei Studien nahmen die Teilnehmenden Vareniclin über acht Wochen ein, in allen anderen Studien über einen Zeitraum von zwölf Wochen. Die Dosierung betrug in jeder Studie zweimal täglich je 1,0 mg Vareniclin. 
Der Rauchstopp fand nach der ersten bis zweiten Woche nach Beginn der Medikamenteneinnahme statt.

Der Nutzen und Schaden von Cytisin im Vergleich zu Scheinmedikamenten bei der Rauchentwöhnung wiederum wurde in fünf randomisiert-kontrollierten Studien untersucht. Cytisin wurde in einer Studie über 40 bzw. 84 Tage eingenommen, in allen anderen über 20-25 Tage. Die Dosierung betrug 9 mg täglich.

Hilft Vareniclin bei der Rauchentwöhnung?

In der systematischen Übersichtsarbeit wurde untersucht, wie viele Personen nach sechs bis 24 Monaten rauchfrei waren:

  • 23 von 100 Personen, die Vareniclin einnahmen, rauchten nicht mehr.
  • 10 von 100 Personen, die ein Scheinmedikament bekamen, rauchten nicht mehr.

Hilft Cytisin bei der Rauchentwöhnung?

In der systematischen Übersichtsarbeit wurde untersucht, wie viele Personen nach sechs bis vierundzwanzig Monaten rauchfrei waren:

  • 21 von 100 Personen, die Cytisin einnahmen, rauchten nicht mehr.
  • 16 von 100 Personen, die ein Scheinmedikament bekamen, rauchten nicht mehr.

Bei wie vielen Personen traten Nebenwirkungen auf?

In der systematischen Übersichtsarbeit wurde auch erfasst, welche Nebenwirkungen bei den Studienteilnehmenden in den Studien zu Vareniclin im Vergleich zu einer Scheinmedikation oder keiner medikamentösen Behandlung bzw. zu Cytisin im Vergleich zu einer Scheinmedikation oder keiner medikamentösen Behandlung auftraten, und zwischen leichten Nebenwirkungen und schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen unterschieden.

Die methodische Qualität der systematischen Übersichtsarbeit ist hoch. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Ergebnisse zum Nutzen von Vareniclin ist hoch, jenes zum Nutzen von Cytisin ist moderat. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Ergebnisse für die schweren unerwünschten Ereignisse ist moderat für Vareniclin und niedrig für Cytisin.

Die Autorinnen und Autoren der systematischen Übersichtsarbeit bewerten die methodische Qualität der einzelnen Studien insgesamt als hoch und halten die Ergebnisse für Vareniclin für zuverlässig. Die Ergebnisse zu Cytisin werden als weniger zuverlässig angesehen, da nur wenige Studien dazu vorliegen.

Die Ergebnisse stammen aus einer systematischen Übersichtsarbeit. Den Ergebnissen zur Rauchfreiheit für Vareniclin im Vergleich zu einer Scheinmedikation liegen 41 randomisiert-kontrollierte Studien mit insgesamt 17.395 Teilnehmenden zugrunde. Jene für Cytisin im Vergleich zu einer Scheinmedikation beruhen auf 4 randomisiert-kontrollierten Studien mit insgesamt 4.623 Teilnehmenden.

Die Ergebnisse zu den einzelnen Nebenwirkungen und den schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen für Vareniclin im Vergleich zu einer Scheinmedikation bzw. keiner medikamentösen Therapie beruhen auf den Daten von 18 bis 36 randomisiert-kontrollierten Studien, an denen je nach untersuchter Fragestellung zwischen 7.151 bis 17.080 erwachsene Raucherinnen und Raucher teilnahmen, welche einen Entwöhnungsversuch unternehmen wollten.

Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse bzw. Nebenwirkungen allgemein von Cytisin im Vergleich zu einer Scheinmedikation bzw. keiner medikamentösen Therapie wurden in 3 Studien mit 3.781 Teilnehmenden bzw. 4 Studien mit 4.052 Teilnehmenden berichtet.

An den Studien nahmen auch Personen teil, die an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, COPD, Asthma, HIV, Substanzmissbrauch, Alkoholabhängigkeit, psychischen Erkrankungen oder Depressionen erkrankt waren. Die systematische Übersichtsarbeit stellte keine zusammenfassenden Angaben zu Alter und Geschlecht bereit. Die Teilnehmenden waren erwachsene Raucher und Raucherinnen.

Die Studien zu Vareniclin wurden weltweit durchgeführt, 8 davon waren multinationale Studien, 26 wurden in den USA und/oder Kanada, 3 in Europa, 7 in Asien und eine in Australien durchgeführt. Bis auf neun Studien wurden alle von der Herstellerfirma finanziert oder finanziell unterstützt. Die Studien zu Cytisin wurden in Europa (3 Studien) bzw. Asien durchgeführt (2 Studien), wobei nur eine Studie von der Herstellerfirma finanziell unterstützt wurde.

Die Informationen und Zahlen stellen keine endgültige Bewertung dar, sondern basieren auf den besten derzeit verfügbaren Erkenntnissen.

Hilft das Antidepressivum Bupropion bei der Rauchentwöhnung?

Auch der Wirkstoff Bupropion kann eingesetzt werden, um einen Rauchstopp zu unterstützen. Wie steht es um den Nutzen und Schaden dieses Medikaments? Und was wirkt besser: Bupropion oder Vareniclin?

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

Livingstone-Banks J, Fanshawe TR, Thomas KH, Theodoulou A, Hajizadeh A, Hartman L, Lindson N. Nicotine receptor partial agonists for smoking cessation. Cochrane Database Syst Rev. 2023 May 5;5(5):CD006103. doi: 10.1002/14651858.CD006103.pub8.

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Autoren und Autorinnen:
Anne Engler
Anne Engler

Anne Engler

Referentin Evidenzbasierte Medizin
Anne Engler ist Gesundheitswissenschaftlerin. Für die Stiftung erarbeitet sie mit den Methoden der evidenzbasierten Medizin Inhalte für multimediale Informationsangebote.
,
Michael Mibs
Michael Mibs

Michael Mibs

Referent Evidenzbasierte Medizin
Michael Mibs ist studierter Gesundheitswissenschaftler und Soziologe. Für die Stiftung erarbeitet er Inhalte für multimediale Informationsangebote auf Basis der Methoden der evidenzbasierten Medizin und konzipiert Analysen mit Bezug zur klinischen Versorgung.
Wissenschaftliche Beratung:
Mag. (FH) Christine Loder

Mag. (FH) Christine Loder

,
BSc, MSc Cornelia Krenn
Cornelia Krenn, BSc, MSc

BSc, MSc Cornelia Krenn

Frau Cornelia Krenn, BSc, MSc studierte Gesundheits- und Pflegewissenschaft an der Medizinischen Universität Graz. Vor ihrer Anstellung an der Medizinischen Universität Graz war sie mehrere Jahre als Pharmakovigilanz-Managerin in einem österreichischen Pharmaunternehmen tätig. Seit 2017 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich evidenzbasierte Medizin am Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung beschäftigt. Daneben absolviert Frau Krenn aktuell das Doktoratsstudium „Sustainable Health Research“ an der Medizinischen Universität Graz.
,
Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch
Portrait Univ.Ass. Mag.rer.nat. Thomas Semlitsch

Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch

Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch studierte Chemie mit dem Ausbildungsschwerpunkt Biochemie und Zellbiologie der Karl Franzens Universität Graz. Vor seiner Anstellung an der Medizinischen Universität Graz war er mehrere Jahre im Bereich Qualitätsmanagement und als Koordinator klinischer Studien an einer österreichischen Privatklinik tätig und absolvierte 2007 eine Post-Graduate Ausbildung zum Good Laboratory Practice (GLP) -Beauftragten für den Bereich analytisches Labor. Von 2008 bis 2014 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Research Unit „EBM Review Center“ der Medizinischen Universität Graz und von 2011 bis 2014 auch am Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften der Joanneum Research Forschungsgesellschaft tätig. Seit 2015 ist er als Univ. Assistent am Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung im Fachbereich Evidenzbasierte Medizin beschäftigt. Herr Semlitsch ist seit 2018 Fachbereichssprecher der Sektion Österreich und somit Mitglied des erweiternden Vorstands des Deutschen Netzwerks Evidenz basierte Medizin (DNEbM).

Die Stiftung Gesundheitswissen hat das Ziel, verlässliches Gesundheitswissen in der Bevölkerung zu stärken. Die an der Erstellung unserer Angebote beteiligten Personen haben keine Interessenkonflikte, die eine unabhängige und neutrale Informationsvermittlung beeinflussen.

Weitere Hinweise zum Umgang mit Interessenkonflikten finden Sie hier.

Alle unsere Angebote beruhen auf den derzeit besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie stellen keine endgültige Bewertung dar und sind keine Empfehlungen.

Weitere wichtige Hinweise zu unseren Angeboten finden Sie hier.

Erstellt am: 24.03.2025