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Wissensvermittlung im Fokus

Gesundheitswissen stellt eine wichtige Grundlage der Gesundheitskompetenz dar.  Mit ihrem unabhängigen und evidenzbasierten Informationsangebot leistet die Stiftung Gesundheitswissen dabei einen wichtigen Beitrag, um diese Schlüsselkompetenz für die Gesundheitsversorgung in Deutschland zu stärken. Ihr Arbeitsansatz fokussiert auf die Wissensvermittlung – zielgruppenspezifisch und digital.

Das digitale Informationszeitalter. Nur etwas mehr als eine Tafel Schokolade wiegt der Zugang zu seinen Errungenschaften – zumindest über das Smartphone. Und ebenso süß sind auch seine Verheißungen: Informationen sind für jeden zugänglich. Überall und zu jeder Zeit. Wissen ist endgültig befreit aus den monastischen Skriptorien und auch die „Mauern des akademischen Dorfes“ 3 werden eingerissen! Tatsächlich ermöglicht die digitale Transformation heute einfache Zugänge zu einer den meisten unvorstellbaren Informations- und Datenmenge. 2023 gaben lediglich fünf Prozent der deutschen Bevölkerung zwischen 16 und 74 Jahren an, noch nie online gewesen zu sein 4. Zugleich griffen 2023 schon knapp die Hälfte der Personen ab 14 Jahren in Deutschland mehrmals täglich auf das Internet zu 5. Auch, um Informationen zu gesundheitlichen Fragen zu recherchieren. So zeigt die HINTS Germany-Studie zum Gesundheitsinformationsverhalten der Deutschen, dass sich fast drei Viertel der befragten Internetnutzer schon einmal online gezielt über gesundheitliche Fragestellungen informiert haben

Mehr als 75 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland haben eine geringe digitale Gesundheitskompetenz, also Schwierigkeiten, im Internet relevante Gesundheitsinformationen zu finden und angemessen mit ihnen umzugehen.

Im Internet konkurrieren Fakten mit Geschwurbel

Die Informationsfülle bereitet jedoch auch Schwierigkeiten. Denn nicht alle digital verfügbaren Inhalte sind qualitativ gut oder gar richtig. Wissenschaftlich belegbare Fakten stehen neben falschen Behauptungen. Meinung oder Geschwurbel neben Tatsachen. Bereits 1996 wurde diese „Epidemiologie der (Mis-)Information“ wissenschaftlich zum ersten Mal untersucht 8. Erschreckend greifbar wurden die Folgen informationeller Heterogenität für den Bereich der Gesundheitsversorgung jüngst im Rahmen der Coronapandemie. Hier trug die „infodemische“ Verbreitung einer Flut von in Teilen irreleitenden oder gar falschen Informationen unter anderem zu erhöhten gesundheitlichen Risiken in der Bevölkerung bei und auch zum Vertrauensverlust in das Gesundheitswesen 9,10. Zudem bestimmen klandestine Algorithmen und Ökonomie das Informationsangebot auf den digitalen Plattformen. Deren Ziel: hohe Online-Verweildauern, nicht die Bereitstellung der verlässlichsten aller aktuell verfügbaren Informationen. Und: Die Informationsmenge steigt weiter, der Informationszuwachs beschleunigt sich sogar 

Einige prognostizieren, unter anderem angesichts der Verbreitung von KI-Anwendungen, mittlerweile ein exponentielles Wachstum mit atemberaubend kurzen Verdopplungszeiten des Wissens der Menschheit und deuten eine „Informationsexplosion“ und einen „Wissenstsunami“ an 14. Jede Beschleunigung des Informationszuwachses kann dabei auch bedeuten, dass sich die Zeit verkürzt, bis sich Informationen als überholt, falsch oder irrelevant erweisen können.

Bewertung von Onlinequellen als Fähigkeit des Digitalzeitalters

Zu den Voraussetzungen für die mündige Nutzung der Möglichkeiten des digitalen Zeitalters wird im Bildungskontext mittlerweile die Fähigkeit gerechnet, Online-Informationsquellen auf ihre Verlässlichkeit hin bewerten zu können15. Dabei besteht allerdings noch deutlicher Nachholbedarf: Bei der 2021 vorgestellten Sonderauswertung der Daten der jüngsten PISA-Studie war nur etwa jeder zweite Schüler beim digitalen Lesen in der Lage, Fakten von Meinung zu unterscheiden. Und auch nur ungefähr die Hälfte gab an, unterrichtet zu werden, wie man subjektive Quellen von interessenunabhängigen unterscheiden kann16. Ein ähnlicher Befund wurde auch im Hinblick auf die Bewertung digitaler Informationen zum Thema Gesundheit erhoben: Dahingehend haben mehr als drei Viertel der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland eine geringe digitale Gesundheitskompetenz, also Schwierigkeiten, im Internet relevante Gesundheitsinformationen zu finden und angemessen mit ihnen umzugehen17. Vor diesem Hintergrund verwundert es auch weniger, dass nahezu jeder der von der Stiftung Gesundheitswissen 2022 befragten Hausärzte angab, zumindest gelegentlich aus dem Internet falsch informierte Patienten korrigieren und deren Halbwissen korrekt einordnen zu müssen.

Stärkung der Schlüsselfähigkeit Gesundheitskompetenz

Gesundheitskompetenz ist wesentlich für gesundheitsförderliches Verhalten und ein gesundes Leben Maßnahmen zur Stärkung dieser Schlüsselkompetenz sind hierbei dringender denn je benötigt. Denn viele Präventionspotenziale zur Verhinderung von Krankheit und frühem Tod sind unausgeschöpft. Zudem müssen Transformations prozesse durch demografischen Wandel und Klimakrise bewältigt werden, um nur einige der multiplen Herausforderungen auf Ebene der öffentlichen Gesundheit in Deutschland zu nennen. Die Arbeit der Stiftung Gesundheitswissen ist damit hochrelevant, auch zehn Jahre nach Stiftungserrichtung. Dabei gilt es, wie die aufgezeigten Befunde darlegen, weiterhin harte Nüsse zu knacken in diesem versorgungs- und gesundheitspolitisch höchst bedeutsamen Themenfeld. Zugleich unterstreichen sowohl die Erfahrungen mit den Stiftungsbeiträgen zur Verbesserung der Vermittlungspraxis als auch die Erkenntnisse aus deren Evaluation und der eigenen Forschungsarbeit, dass der von der Stiftung Gesundheitswissen in den vergangenen Jahren entwickelte Arbeitsansatz zielführend ist . Um einem diversifizierten Rezeptionsverhalten und unterschiedlichen Zielgruppen Rechnung zu tragen, gehört Multimedialität bei der Wissensvermittlung zur DNA der Stiftung –Bewegtbildformate, crossmedial distribuiert, auch in den sozialen Medien, sowie die Nutzung von Elementen der Gamification bei den Transferformaten. Wissen ist nicht nur gesund. Gesundheitsinformationen sollen einfach zugänglich sein und zum Wissenserwerb motivieren.

Die Informationsangebote erreichen die Zielgruppen am schwersten, die von Gesundheitswissen und verbesserter Gesundheitskompetenz besonders profitieren würden.

Personalisierung von Gesundheitsinformationen

Es gibt verschiedene Anbieter, die wie die Stiftung Gesundheitswissen bei der Erstellung ihrer gesundheitlichen Informationen streng den Regeln der evidenzbasierten Medizin folgen. Teilweise sind diese deutlich länger etabliert und bieten dahingehend auch schon ein breiteres Informationsportfolio zu medizinischen Fragestellungen. Dabei haben alle etwas gemein: Diejenigen Zielgruppen werden vom jeweiligen Informationsangebot am schwersten erreicht, die von Gesundheitswissen und verbesserter Gesundheitskompetenz besonders profitieren würden. Aktuell prüft die Stiftung Gesundheitswissen daher auch mögliche Einsatzgebiete von KI-Anwendungen. So könnte beispielsweise durch eine stärkere Personalisierung von Gesundheitsinformationen im Hinblick auf die Sprache oder das Sprachniveau der Zugang von Menschen mit diesbezüglichen Barrieren weiter verbessert werden. Schon heute adressiert die Stiftung mit ihrem Angebot zudem nicht nur Internetnutzer, sondern vermittelt gesundheitliche Kompetenzen auch lebensweltlich orientiert. So stellt sie mit sehr gutem Ergebnis spezifische Informationsformate für Schüler und Jugendliche zur Verfügung23. Und ergänzt diese durch Maßnahmen zur Kapazitäts- und Organisationsentwicklung für den Alltagsund Lernort Schule. Zur Stärkung der Patientensouveränität im Rahmen des Gesprächs mit dem Hausarzt wurden partizipativ entwickelte und am Patientenpfad orientierte Materialien erfolgreich pilotiert. Sie sollen Wissensdefizite dort ausgleichen, wo diese eine partnerschaftliche, informierte Entscheidung zu Gesundheitsfragen besonders erschweren. Damit trägt die Stiftung auch dem Umstand Rechnung, dass die Heraus -

PD Dr. med. Ralf Suhr

ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen und des Zentrums für Qualität in der Pflege. Er ist Arzt und Versorgungsforscher.  Seine Arbeitsschwerpunkte liegen unter anderem auf Fragen der Vermittlung von Gesundheitswissen und der digitalen Gesundheitskompetenz sowie der Versorgungsqualität pflegebedürftiger älterer Menschen. Er lehrt an der Charité – Universitätsmedizin.

Stiftungsmagazin kompetent "Wissensvermittlung im Fokus"

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

World Health Organisation (WHO), Division of Health Promotion, Education and Communications (HPR), Health Education and Health Promotion Unit (HEP). Health promotion glossary; 1998. Verfügbar unter: https://www.who.int/publications/i/item/WHO-HPR-HEP-98.1 [07.11.2024]. 

Sørensen K, van den Broucke S, Fullam J et al. Health literacy and public health: a systematic review and integration of definitions and models. BMC Public Health 2012; 12:80. doi: 10.1186/1471-2458-12-80. 

 Bourdieu P. Für eine neue europäische Aufklärung. In: Rosa-Luxemburg-Stiftung e. V., (Hrsg.). UTOPIE kreativ: Diskussion sozialistischer Alternativen. Berlin: NDZ Neue Zeitungsverwaltung GmbH; 2002. S. 389–397 (vol. 139). 

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Institut für Demoskopie Allensbach. Internetnutzer in Deutschland nach Häufigkeit der Internetnutzung von 2019 bis 2023; 2023. Verfügbar unter: https://de.statista. com/statistik/daten/studie/171009/umfrage/haeufigkeit-der-internetnutzung [07.11.2024]. 

Stiftung Gesundheitswissen. Health Information National Trends Survey (HINTS) Germany, Welle 1 [Fragebogen]; 2020. Verfügbar unter: http://hints-germany.de [07.11.2024]. 

Baumann E, Czerwinski F, Rosset M, Seelig M, Suhr R. Wie informieren sich die Menschen in Deutschland zum Thema Gesundheit? Erkenntnisse aus der ersten Welle von HINTS Germany. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 2020; 63(9):1151–60. doi: 10.1007/s00103-020-03192-x. 

Eysenbach G. Infodemiology: the epidemiology of (mis)information. The American Journal of Medicine 2002; 113(9):763–5. doi: 10.1016/S0002-9343(02)01473-0. 

The Lancet Infectious diseases. The COVID-19 infodemic [editorial] 2020; 20(8):875. doi: 10.1016/S1473-3099(20)30565-X. 

World Health Organisation (WHO). Infodemic. Verfügbar unter: https://www.who.int/health-topics/infodemic#tab=tab_1 [07.11.2024]. 

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Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD). 21st-Century Readers: Developing Literacy Skills in a Digital World, PISA. OECD Publishing, Paris; 2021. Verfügbar unter: https://www.oecd-ilibrary.org/deliver/a83d84cb-en.pdf?itemId =%2Fcontent%2Fpublication%2Fa83d84cb-en&mimeType=pdf [07.11.2024]. 

Schaeffer D, Berens E-M, Gille S et al. Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland vor und während der Corona Pandemie: Ergebnisse des HLS-GER 2. Bielefeld: Interdisziplinäres Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung (IZGK), Universität Bielefeld 2021. doi: 10.4119/unibi/2950305. 

Institut für Demoskopie Allensbach. AWA – Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse; 2024. Verfügbar unter: https://www.ifd-allensbach.de/awa/startseite.html [07.11.2024]. 

Rudinger G, Soellner R, Lenartz N. Gesundheitskompetenz: Modellbildung und empirische Modellprüfung einer Schlüsselqualifikation für gesundes Leben. DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung; (2):29–32. doi: 10.3278/DIE1402W029. 

Tschaftary A, Hess N, Hiltner S, Oertelt-Prigione S. The association between sex, age and health literacy and the uptake of cardiovascular prevention: a cross-sectional analysis in a primary care setting. J Public Health (Berl.) 2018; 26(5):551–8. doi: 10.1007/s10389-017-0888-y. 

König L, Marbach-Breitrück E, Engler A, Suhr R. The Development and Evaluation of an e-Learning Course That Promotes Digital Health Literacy in School-age Children: Pre-Post Measurement Study. J Med Internet Res 2022; 24(5):e37523. doi: 10.2196/37523. 

Stiftung Gesundheitswissen. Pilotierungen Gesundheitsinformation; 2018–2021. 

König L, Suhr R. The Effectiveness of Publicly Available Web-Based Interventions in Promoting Health App Use, Digital Health Literacy, and Media Literacy: Pre-Post Evaluation Study. J Med Internet Res 2023; 25:e46336. doi: 10.2196/46336. 

 Lühnen J, Albrecht M, Mühlhauser I, Steckelberg A. Leitlinie evidenzbasierte Gesundheitsinformation. Hamburg; 2017. Verfügbar unter: https://www.leitliniegesundheitsinformation.de/wp-content/uploads/2017/07/Leitlinie-evidenzbasierteGesundheitsinformation.pdf [07.11.2024]. 

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. Gute Praxis Gesundheitsinformation: Ein Positionspapier des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.; 2016. Verfügbar unter: https://www.ebm-netzwerk.de/

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Autoren und Autorinnen:
PD Dr. med. Ralf Suhr
Dr. Ralf Suhr

PD Dr. med. Ralf Suhr

Vorstandsvorsitzender
PD Dr. med. Ralf Suhr ist Arzt und war u.a. in der Alzheimerforschung tätig. Als Experte für Gesundheits- und Pflegethemen beriet er internationale Unternehmen und Institutionen. Heute ist er Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen und des ZQP.

Die Stiftung Gesundheitswissen hat das Ziel, verlässliches Gesundheitswissen in der Bevölkerung zu stärken. Die an der Erstellung unserer Angebote beteiligten Personen haben keine Interessenkonflikte, die eine unabhängige und neutrale Informationsvermittlung beeinflussen.

Weitere Hinweise zum Umgang mit Interessenkonflikten finden Sie hier.

Alle unsere Angebote beruhen auf den derzeit besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie stellen keine endgültige Bewertung dar und sind keine Empfehlungen.

Weitere wichtige Hinweise zu unseren Angeboten finden Sie hier.

Erstellt am: 13.03.2025