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Rückenschmerzen

Hilft Wärmesalbe bei Kreuzschmerzen?

Bei akuten Kreuzschmerzen ist sich bewegen und aktiv bleiben die Grundlage der Behandlung. Will man darüber hinaus noch etwas machen, kommt laut medizinischer Leitlinie u.a. die Wärmetherapie in Frage. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Ansätze: durchblutungsfördernde Medikamente, die auf die Haut aufgetragen werden, oder äußere Wärmeanwendungen, wie Wärmflaschen, Fango & Co.

Durchblutungsfördernde Medikamente zum Aufbringen auf die Haut sind Arzneimittel, die durch eine Reizung der Haut die Durchblutung fördern. Dies führt an dieser Stelle zu einer erhöhten Temperatur im Hautgewebe. Die Reizung kann durch chemische Wirkstoffe als auch durch pflanzliche Wirkstoffe (z. B. Capsaicin, Kampfer, Franzbranntwein) erfolgen. Die Präparate werden u. a. als Salbe, Gel und Pflaster aufgebracht. 

Was wurde untersucht?

In dieser randomisiert-kontrollierten Studie (RCT) wurde eine Wärmesalbe im Vergleich zu einer Placebo-Salbe bei Menschen mit akuten nicht-spezifischen Kreuzschmerzen untersucht. Die Wärmesalbe enthielt eine Kombination aus den Wirkstoffen Nicoboxil und Nonivamid. Die Salben wurden bis zu dreimal täglich für vier Tage angewendet.
Die Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen erhielten zum Eincremen des schmerzenden Bereichs entweder

  • eine durchblutungsfördernde Salbe 
  • eine wirkstofffreie Salbe (Placebo-Salbe) 

Die Teilnehmenden war es erlaubt im Notfall das Schmerzmedikament Paracetamol einzunehmen.

Die Ergebnisse auf einen Blick

Die Ergebnisse der Studie sprechen für den Nutzen der durchblutungsfördernden Wärmesalbe gegenüber der Placebo-Salbe. Die Schmerzen wurden stärker gesenkt und die Beweglichkeit im unteren Rücken hat sich deutlicher verbessert.
Zu den unerwünschten Folgen der Behandlung gehörten Hautreaktionen, wie Rötungen, sowie Hitzegefühl, Brennen und Juckreiz im eingecremten Bereich.

Einschränkung der Ergebnisse: Die Ergebnisse basieren auf einer randomisiert-kontrollierten Studie mit Unklarheiten bei der Verblindung. Zudem wurde die Studie mit finanzieller Unterstützung des Herstellers durchgeführt. Dies schränkt das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Ergebnisses ein.

Nutzen der Behandlungsmethode

Welche Wirkung hat die Wärmesalbe bei akuten nicht-spezifischen Kreuzschmerzen?

Im Vergleich zu Teilnehmenden, die die wirkstofffreie Salbe anwendeten, hatten die Teilnehmenden mit Wärmesalbe nach acht Stunden deutlich weniger Schmerzen. Diese Schmerzlinderung währte bis zum letzten Behandlungstag.

Die Teilnehmenden mit Wärmesalbe beurteilten die Beweglichkeit im unteren Rücken am ersten Behandlungstag besser. Dies gilt auch für die persönlich wahrgenommene Wirksamkeit der Behandlung am letzten Tag. 

In der Gruppe mit Placebo-Salbe haben 42 von 100 Teilnehmenden die Behandlung vorzeitig wegen fehlendem Nutzen abgebrochen. In der Gruppe mit Wärmesalbe waren es etwa 7 von 100 Studienteilnehmenden.

Schaden der Behandlungsmethode

Welche Nebenwirkungen und unerwünschten Folgen sind mit der Wärmesalbe aufgetreten?

Zu den aufgetretenen Nebenwirkungen gehörten neben Hautreaktionen, wie Rötungen, u.a. auch Hitzegefühl, Brennen und Juckreiz im eingecremten Bereich. In der Gruppe mit der Wirkstoffsalbe traten bei 9 von 100 Patienten diese Nebenwirkungen auf. Bei Patienten mit Placebo-Salbe traten diese bei weniger als 1 von 100 auf.

Obwohl die Verträglichkeit der Behandlung von der Mehrheit der Teilnehmenden insgesamt als gut oder sehr gut bewertet wurde, haben dennoch etwa 6 von 100 Studienteilnehmern, die die Wärmesalbe anwendeten, die Behandlung wegen der Nebenwirkungen vorzeitig abgebrochen. Eine Person aus der Placebo-Gruppe brach wegen Nebenwirkungen die Behandlung vorzeitig ab.

Eingeschränkte Übertragbarkeit der Ergebnisse

In den Studien erhielten die Betroffenen nicht die Standardtherapie, die heute in Deutschland bei nicht-spezifischen Kreuzschmerzen verordnet wird. Studien, die die Standardtherapie plus zusätzlicher Wärmebehandlung untersucht haben, konnten nicht gefunden werden. Ob eine Standardtherapie plus Wärmesalbe von Vorteil ist, kann auf Grundlage der vorhandenen wissenschaftlichen Studien also nicht beantwortet werden. 

Einschränkung der Ergebnisse

Die Ergebnisse basieren auf einer randomisiert-kontrollierten Studie. Es ist unklar, ob die Teilnehmenden und die Wissenschaftler, die die Messungen vorgenommen haben, wussten, wer welche Behandlung erhalten hat. Dadurch könnten die Ergebnisse beeinflusst sein. 

Die Studie wurden mit finanzieller Unterstützung des herstellenden Pharmaunternehmens durchgeführt und ein beteiligter Wissenschaftler war zu dem Zeitpunkt für dieses als Berater tätig.

Woher stammen die Informationen?

Die hier dargestellten Informationen entstammen einer randomisiert-kontrollierten Studie, die von Herbst 2012 bis Frühling 2013 an verschiedenen Studienorten in ganz Deutschland durchgeführt wurde. Insgesamt nahmen 805 Personen in vier Gruppen daran teil. Für die vorliegende Darstellung wurden die Ergebnisse aus zwei Gruppen mit 406 Personen herangezogen. Das Durchschnittsalter lag bei 39-40 Jahren und etwa die Hälfte der Teilnehmenden waren Frauen. Für die Teilnahme an der Studie durfte der Beginn der akuten Rückenschmerzen nicht länger als drei Wochen zurückliegen. Im Mittel bestand der Schmerz seit sechs Tagen und die mittleren Schmerzwerte lagen zu Beginn bei 6-7 auf einer Skala von 0-10. Die Salben durften maximal dreimal am Tag und für vier Tage angewendet werden.

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungsleitlinie nicht-spezifischer Kreuzschmerz – Langfassung. 2017; 2. Auflage (Version 1).

Gaubitz M, Schiffer T, Holm C, Richter E, Pisternick-Ruf W, Weiser T. Efficacy and safety of nicoboxil/nonivamide ointment for the treatment of acute pain in the low back - A randomized, controlled trial. Eur J Pain 2016; 20(2):263–73.

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Autoren und Autorinnen:
Anne Engler
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Anne Engler

Referentin Evidenzbasierte Medizin
Anne Engler ist Gesundheitswissenschaftlerin. Für die Stiftung erarbeitet sie mit den Methoden der evidenzbasierten Medizin Inhalte für multimediale Informationsangebote.
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Lisa-Marie Ströhlein
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Lisa-Marie Ströhlein

Medical Writerin
Lisa-Marie Ströhlein studierte Medizinische Biologie mit dem Schwerpunkt Wissenschaftskommunikation. Für die Stiftung bereitet sie komplexe medizinische Themen und Inhalte in laienverständlicher Sprache auf.
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Michael Mibs
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Referent Evidenzbasierte Medizin
Michael Mibs ist studierter Gesundheitswissenschaftler und Soziologe. Für die Stiftung erarbeitet er Inhalte für multimediale Informationsangebote auf Basis der Methoden der evidenzbasierten Medizin und konzipiert Analysen mit Bezug zur klinischen Versorgung.
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Nastasia Vogelsang
Nastasia Heilemann

Nastasia Vogelsang

Senior-Multimedia-Producerin
Nastasia Vogelsang studierte Angewandte Medienwirtschaft mit Schwerpunkt TV-Producing. Für die Gesundheitsinformationen der Stiftung konzipiert sie multimediale Formate und steuert deren Umsetzung.
Wissenschaftliche Beratung:
Dr. med. Dagmar Lühmann
Dr. med. Dagmar Lühmann

Dr. med. Dagmar Lühmann

Dr. med. Dagmar Lühmann absolvierte eine Ausbildung zur Krankenschwester und studierte anschließend Medizin an der Universität zu Lübeck. Nach dem Examen arbeitete sie als Assistenzärztin am Institut für Transfusionsmedizin und Immunologie und promovierte dort zum Thema "Auswirkungen von Quecksilberexposition auf das menschliche Immunsystem". Später arbeitete sie am Institut für Sozialmedizin an der Universität zu Lübeck mit dem Schwerpunkt evidenzbasierte Medizin und Bewertung von medizinischen Verfahren (Health Technology Assessment). Seit 2013 ist sie als Forschungskoordinatorin am Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf tätig.
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Prof. Dr. med. Martin Scherer
Prof. Dr. Martin Scherer

Prof. Dr. med. Martin Scherer

Prof. Dr. med. Martin Scherer studierte Humanmedizin in Marburg, Wien und Paris. Als Professor an der Universität Lübeck untersuchte er das Thema „Versorgungsforschung und ihre Methoden“. Seine Forschungsschwerpunkte liegen u.a. in der Über- und Unterversorgung und der Entwicklung von Qualitätsindikatoren und Leitlinien. Seit 2012 ist Scherer Leiter der klinischen Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Er ist zudem Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) und Mitglied in weiteren medizinischen Fachgesellschaften. Seit 2015 berät Prof. Dr. med. Martin Scherer die Stiftung Gesundheitswissen.

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Erstellt am: 27.05.2025