Halten Schmerzen im unteren Rücken über mehrere Wochen an, kann ein Arztbesuch sinnvoll sein. Doch was macht der Arzt in diesem Fall? Und was bringen hier bildgebende Verfahren wie Röntgen, MRT oder CT?
Die allermeisten Kreuzschmerzen verschwinden auch ohne spezielle Behandlung wieder – und kehren gelegentlich zurück. Wenn die Schmerzen Sie im Alltag nicht zu stark beeinträchtigen, ist es daher auch nicht unbedingt notwendig, zum Arzt oder zur Ärztin zu gehen.
Haben sich die Beschwerden nach 4 bis 6 Wochen nicht deutlich gebessert oder ist die Ausübung alltäglicher oder beruflicher Aktivitäten stark beeinträchtigt, dann bietet sich ein Hausarztbesuch an. Bei Warnhinweisen auf dringend behandlungsbedürftige Schmerzursachen sollten Sie schon früher ärztliche Hilfe suchen.
Bei einem Arztbesuch werden verschiedene Fragen geklärt:
Hierzu werden als Erstes die aktuellen Beschwerden und die Krankengeschichte erfasst. Daran schließt sich eine körperliche Untersuchung des Rückens und je nach Beschwerdebild anderer Körperregionen an. Finden sich hier keine Hinweise auf einen Notfall oder eine spezifische Ursache, ist die Diagnostik erst einmal beendet. Die Erkrankung wird dann als nicht-spezifische Rückenschmerzen eingeordnet, also als Rückenschmerzen ohne klare Ursache. Auf dieser Einordnung baut die weitere Behandlung auf. Nur wenn die Erstuntersuchung Hinweise auf eine spezifische Ursache ergibt, schließen sich weitere Untersuchungen an.
Wie Ärzte und Ärztinnen vorgehen, um Rücken- und Kreuzschmerzen zu diagnostizieren und welche Rolle dabei bildgebende Untersuchung spielen, erläutert Dr. med. Oliver Bachmann vom Rückenzentrum der Hamburger Asklepios Klinik St. Georg im Video.
Nicht-spezifische Rückenschmerzen oder überhaupt Rückenschmerzen diagnostiziert man durch eine gute körperliche Untersuchung. Das ist das A und O. Und wenn ich in der körperlichen Untersuchung feststelle, dass da nichts Gravierendes zugrunde liegen kann, dann brauche ich auch kein Bild zu machen.
Erst, wenn ich damit nicht weiter komme, ist man angehalten - nach ungefähr vier Wochen - nochmal nachzuuntersuchen und dann vielleicht eine bildgebende Diagnostik zu machen bzw. auch eine spezifische Physiotherapie einzuleiten. Es ist ganz wichtig zu wissen, dass Schmerz nicht gleich Schaden ist. Es kann etwas wehtun, was völlig gesund aussieht und sich auch gesund anfühlt.
Und es kann etwas wehtun, was auch krankhaft aussieht. Aber es kann auch etwas nicht wehtun, was krankhaft aussieht. Die meisten kommen ja an und denken: "Ich habe jetzt einen Bandscheibenvorfall, weil den habe ich auf diesem MR." Aber den haben ganz viele. Und dann ist die Frage: Macht dieser Bandscheibenvorfall auch die Schmerzen? Das kann ich aber so nicht sagen. Das kann ich nicht sagen, indem ich sie nicht untersucht habe. Das wäre der gleiche Irrglaube, als wenn ich Ihnen ein Foto vorlegen würde von einem Telefon und sie dann frage, ob das klingelt. Das können Sie auch nicht beantworten. Genauso wenig kann der Arzt das auch nicht. Der muss das Bild in Verbindung mit Ihnen als Patient nehmen.
Patienten fühlen sich häufig vom Arzt nicht ernst genommen, wenn in den Bildern nichts Schwerwiegendes zu sehen ist. Oder etwas, was die Symptome erklären würde. Weil der Arzt ja sagt: "Da ist ja nichts. Da haben sie ja nichts." Und es wird falsch verstanden von den Patienten, was bedeutet: "Da ist nichts " bedeutet "Du bildest dir das ein." Das ist aber nicht das, was der Arzt sagen möchte. Sondern der Arzt möchte sagen, er kann da nichts drauf sehen, was die Symptome erklärt. Was nicht heißt, dass Sie diese nicht haben oder sich einbilden. Kein Mensch bildet sich Schmerzen ein . Es gilt immer, danach zu suchen, warum ich Schmerzen habe.
Beim Thema Rückenschmerzen gibt es häufig keine klare Diagnose.Es haben so viele Faktoren einen Einfluss auf Schmerzen, die kann man alle gar nicht auseinander halten. Sie haben ein 6000-teiliges Puzzle vor sich liegen und ich finde 3 Teile, an denen ich dieses Puzzle aufbauen kann. Aber es kann nie einer sagen: "Sie haben nur deswegen Rückenschmerzen." Das kann nicht stimmen.
Auch bei erneuten oder länger dauernden Rückenbeschwerden bleibt das Vorgehen gleich. Hinzu kommt aber die gezielte Erfassung von Risiken für lang dauernde Verläufe: Im ärztlichen Gespräch oder mithilfe von speziellen Fragebögen werden die sozialen, psychischen und arbeitsplatzbezogenen Risikofaktoren (Stressoren) erfasst. Dies sollte spätestens nach 6 Wochen passieren, wenn sich die Kreuzschmerzen und die Beeinträchtigung durch die Schmerzen trotz angemessener Behandlung nicht deutlich gebessert haben.
Bei nicht-spezifischen Kreuzschmerzen ist keine klare Ursache erkennbar, die durch eine gezielte Behandlung beseitigt werden kann. Das Ziel einer Behandlung ist vielmehr, die Einschränkungen im Alltag, die durch die Schmerzen ausgelöst werden, zu verringern. Wir geben einen Überblick zu den Behandlungsmöglichkeiten.
Rückenschmerzen können für den Betroffenen sehr lästig und beeinträchtigend sein – in solch einem Fall ist die Auskunft „Schmerzen ohne klare Ursache“ nicht gerade zufriedenstellend. Man wünscht sich einen klaren Befund, der die Symptome erklärt und eine gezielte Behandlung ermöglicht.
Da liegt es nahe, die Ursachen mithilfe bildgebender Verfahren wie Röntgen oder Magnetresonanztomographie (MRT) suchen zu wollen. Doch internationale und nationale Leitlinien raten vom routinemäßigen Einsatz bildgebender Untersuchungsverfahren ab. Denn die Ergebnisse solcher Untersuchungen führen laut Studien nicht zu besseren Behandlungserfolgen.
Auf den Untersuchungsbildern können sich zwar Veränderungen finden, die die Schmerzen erklären könnten. Das Problem ist aber, dass auch bei vielen beschwerdefreien Personen derartige Veränderungen zu sehen sind. Es lässt sich also aus den in der Bildgebung gefundenen Veränderungen nicht schließen, dass diese tatsächlich für die Beschwerden verantwortlich sind. Wird daraus dennoch eine spezielle Behandlung abgeleitet, ist der Behandlungserfolg fraglich.
Auch ist es (derzeit noch) nicht möglich, anhand von MRT-Befunden den zu erwartenden Verlauf oder das Wiederauftreten von Schmerzepisoden vorherzusagen. Zudem werden Patientinnen und Patienten von den gefundenen Veränderungen oder „Schäden“ verunsichert – selbst wenn diese gar nicht für die Schmerzen verantwortlich sind.
Man unterscheidet verschiedene Formen von Rückenschmerzen - je nachdem wo sie auftreten, welche Ursache sie haben und wie lange sie dauern. Als Kreuzschmerzen werden Schmerzen im unteren Rücken bezeichnet.
Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.
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Erstellt am: 27.05.2025