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Harninkontinenz

Dranginkontinenz im Alltag

Dranginkontinenz ist ein weitreichendes Gesundheitsproblem, das auch soziale und psychische Auswirkungen haben kann. Hier finden Sie Erfahrungsberichte anderer Betroffener sowie weitere Anregungen, welche Strategien, Hilfsmittel und Anlaufstellen den Umgang mit Inkontinenz im Alltag erleichtern können. 

Erfahrungsberichte Dranginkontinenz

Wie gehen andere Betroffene mit Dranginkontinenz um?

Viele Betroffene verschweigen, inkontinent zu sein – nicht zuletzt aus Angst und Scham, sich zu blamieren, oder weil sie negative Reaktionen anderer befürchten. Was bedeutet Dranginkontinenz für Betroffene und wie lassen sich Probleme meistern? In den folgenden Filmen geben Patientinnen und Patienten einen persönlichen Einblick in ihr Leben mit Dranginkontinenz. Sie berichten über ihren Umgang mit dem Gesundheitsproblem, schildern mögliche Bewältigungsstrategien und sprechen auch darüber, wie sie mit Schamgefühlen umgehen.

Edda Klein (62)

Sie ist seit über 10 Jahren von Dranginkontinenz betroffen und hat mit einem offenen Umgang gute Erfahrungen gemacht.

Christian (54)

Er empfand es als eine besondere Herausforderung, sich als Mann die Inkontinenz einzugestehen.

Katrin Kallweit (43)

Die berufstätige Mutter versuchte zunächst ihre Inkontinenz zu verdrängen, aber die Probleme verschlimmerten sich.

Eine oder mehrere hier gezeigte Personen stellen sich auf eigenen Wunsch unter einem Pseudonym vor.

Edda Klein (62) - ein persönlicher Erfahrungsbericht

Mein Name ist Edda Klein, ich bin 62 jahre alt, lebe im Wangerland und bin Rentnerin.
2006 hatte ich einen psychischen Zusammenbruch und musste in die Reha. Und in der Reha ist die Dranginkontinenz das erste mal aufgetreten, ohne dass ich natürlich einordnen konnte was es ist.Ich habe erst einfach nur gedacht: Das ist der Stress. Nach der Reha bin ich zwei Monate später etwa zur Gynäkologin gegangen. Die hat nach gynäkologischer Untersuchung mich an einen Urologen verwiesen und eben auch an einen Neurologen. Und nachdem dann alle Untersuchungen abgeschlossen waren bekam ich dann 2007 die klare Diagnose "sensorische Dranginkontinenz". 

Erstmal so der Anfang war wirklich katastrophal. Ich wollte das nicht, ich hab gedacht "nee", mein Leben ist zu Ende. Ich kann nicht mehr raus, ich kann nirgendwo hin, ich kann mich nicht verabreden und ich muss ja ständig Angst haben einzunässen. Fürchterlich, es war richtig fürchterlich. Ich bin immer knallrot geworden wenn ich das erzählte,
hab mich immer ganz ganz fürchterlich geschämt. Aber irgendwann habe ich gemerkt: Das ist okay, es ist okay, du willst nicht dein Leben davon so abhängig machen, so bestimmen lassen. Und dann war ich auch offen dafür zu gucken: Welche Hilfsmittel gibt es?

Es gibt Windeln oder eben Einlagen und Netzhosen. Die waren ganz wichtig, gerade so wenn ich unterwegs war. Dann fing ich an mit dem Toiletten-Training. Das heißt eben: Am Anfang bin ich jede Stunde zur Toilette gegangen und dann immer ein bisschen also immer größere Pausen und jetzt ist es so, dass ich alle vier Stunden zur Toilette gehe, also ob ich muss oder nicht spielt keine Rolle - ich gehe zur Toilette, verringere dadurch also auch ganz stark das Risiko.

Ich fahr viel Fahrrad und da sind natürlich nicht immer Toiletten. Dann gibt es so Trichter, so dass also auch Frauen im Stehen Wasser lassen können. Das hab ich jetz mal ein bisschen umschrieben. Und ja, dann ist das dann eine große Hilfe. Wenn mich andere Betroffene fragen würden "Wie spreche ich mit dem mit dem Arzt, mit der Ärztin darüber?", würde ich empfehlen: So offen wie es geht. Also auch wirklich sagen "Ja, da war ich gerade, ich weiß nicht, im schlimmsten Fall im Kaufhaus und hab mich eingenässt. Das ist mega peinlich, überhaupt keine Frage. Und man denk so "Das war ich nicht", so ungefähr. Aber das wichtigste ist wirklich die Offenheit. Denn nur so kann man ja auch letztendlich, also nur so kann eine klare Diagnose gestellt werden. Vor allen Dingen, weil es eben auch unterschiedliche Arten von Inkontinenz gibt, die dann eben auch unterschiedlich behandelt werden können.

Es war für mich auch ein Prozess bis ich da hingekommen bin, dass ich da offen drüber reden kann. Das ist eine Krankheit und es ist ja nichts was ich mir ausgesucht habe,
sag ich jetzt mal so. Und man redet über so viele andere Krankheiten und dann habe ich es angesprochen, auch wenn es mir wirklich, also es war absolut peinlich. Aber es war richtig.

 

Christian (54) - persönlicher Erfahrugnsbericht

Ich bin der Christian, 54 Jahre alt und Projektmanager. Also ich bin ein Typ, der, wenn er unter Anspannung steht, immer schon ein bisschen ja ähm Harn, Urin, verloren hat. Und das ist dann auffällig geworden. Also das war 2006 und es wurde diagnostiziert eine Dranginkontinenz. Für mich war es eine Überwindung. Muss ich ehrlich sagen. Es ist schon eine Herausforderung dann als Mann zu sagen, man hat da Probleme. Ich dachte immer, das wäre eine Alterserscheinung. 

Am Anfang war die Scham. Muss ich wirklich sagen. Weil ich dachte, es wäre so eine Altherren-, Altdamenerkrankung. Und dann hab ich's umfunktioniert. Ich hab gesagt "Mensch, das ist doch keine Erkrankung, das ist eine Störung. Ich kann einfach nur jedem empfehlen, wenn man wirklich etwas merkt, an seinem Körper. 

Recherchieren ist gut, aber dann sollte man sich eine Vertrauensperson nehmen, die dann, wo man das Gefühl hat, die könnte was bewegen. Es ist schwierig, überhaupt das Thema erstmal anzusprechen. Damit man erstmal zum Arzt geht, und man geht ja nicht offensiv rein, in die Geschichte und sagt "Hey, ich hab dies und das", sondern man fragt so nach wie faktisch in der dritten Person, "Ich kenn da jemanden"...

Meine Ärztin hat die verschiedensten Möglichkeiten aufgezeigt. Ich bin jemand, der viele Sachen hinterfragt, dass ich nicht ein Typ bin, der sagt "Ok, das ist gleich das, was mit helfen könnte", sondern die hat mir die ganzen einzelnen Dinge, die es gibt, vorgestellt ob mit Unterhose speziell, mit Einlagen, mit Medikamenten, mit Hyaluron, sogar Botox hat sie angesprochen. Jetzt war es meine Angelegenheit, herauszufinden, welche Therapieform oder welche Sache mir helfen würde. Da war ich mir noch nicht schlüssig und deshalb habe ich viele Sachen erstmal ausprobiert.

Ich brauche wie ein Tankstellennetz erstmal ein Toilettennetz in der Nähe. Meine Firma weiß davon nichts. Ich möchte das auch nicht. Die wissen schon, dass ich häufig auf Toilette gehe. Die denken immer, ich trink halt zuvieloder hab halt ne schwache Blase. Allerdings bei Präsentationen, da ist man total aufgeregt, da muss man dafür Sorge tragen, dass man kurz davor noch auf Toilette geht, und dass man eine kleine Pause einbaut. Also ich halte das nicht ne Stunde durch sondern dazwischen muss, mach ich mir schon die Gelegenheit, und wenns ein Witz ist. Ich sage "Ja, jetzt machen wir kurz mal ne Raucherpause" und die Raucherpause nutz ich dann, um auf Toilette zu gehen.

Ich verstehe unsere Gesellschaft nicht, dass das immer gleich als Schwäche ausgelegt wird. Also meine Störung ist nicht sichtbar. Wenn ich sie öffentlich machen würde dann heißt es gleich "Das ist ja die Schwäche", dann ist das so eine Leistungsreduzierung. Ich glaube, ich habe mittlerweile eine gute Regelung gefunden, die mich beruhigt. Also, meine Frau weiß das, ich weiß, wie man damit umgeht und das Umfeld muss das nicht unbedingt wissen.

Also ich fühl mich auch nicht schlecht dabei. Die Störung oder solche Krankheitsbilder sind nicht das Ende der Welt. Sondern man muss den Umgang damit üben.Man kann ihn meistern, man wird ihn meistern und mein Lebensmotto ist wirklich: Das Leben ist schon eine Herausforderung. Da macht so ein kleines, winziges Störungsrädchen nicht irgendwie das Leben kaputt. Also, man verliert kaum Lebensqualität. Im Gegenteil, man wird sich vielen Sachen bewußter. Und achtet dann mehr auf seine Gesundheit. Das ist auch eine Chance um Sachen tiefgründiger zu begreifen.

 

Katrin Kallweit (43) - persönlicher Erfahrungsbericht

Ich bin Katrin Kallweit, 43 Jahre alt und ich bin von Beruf Kauffrau für Bürokommunikation, arbeite in einem Steuerbüro. Angefangen hat alles schon 2014, als ich festgestellt hab, dass ich meinen Urin nicht mehr halten konnte, gar nicht mehr, und ich hab gedacht: "Das kann alles gar nicht sein, das ist doch nicht normal."

Diagnostiziert wurde halt die Belastungsinkontinenz, auch die Dranginkontinenz gleich mit. Also gemerkt habe ich, dass etwas nicht in Ordnung ist, ja schon 2014. Da war's das erste mal, dass ich das bewusst wahrgenommen hab, weil's gleich so schlimm war, dass ich wirklich komplett nass war. Also das war ein ganz, ganz furchtbarer Moment. Aber das war dann so "Kopf in den Sand und ist alles gar nicht da." Es ist natürlich immer schlimmer geworden. Dreimal die Stunde musste ich zur Toilette, weil ich das Gefühl hatte, ich muss so dringend, dass ich, wenn jetzt irgendwas dazwischen kommt, dass dann alles schief geht.

Morgens schon fing's an. Ich geh eigentlich immer gemeinsam mit meiner Tochter aus dem Haus. Und spätestens wenn wir an der Tür waren und ich wusste, ich muss 20 Minuten bis zur Arbeit fahren. Wenn da noch was dazwischen kommt! Ich hab so oft zu ihr gesagt: "Geh schon mal, ich muss noch mal." Und dann haben wir uns immer einen Spass draus gemacht, und dann hat sie gesagt "Wieder drei Tröpfchen?" Und letztenendes war das dann immer bloß ganz wenig. Aber das Gefühl war unglaublich. Also ich habe wirklich gedacht, das geht nicht lange gut, das geht keine zehn Minuten gut. Das war echt verrückt. Und das war dann auch keine Lebensqualität mehr.

Wenn ich es irgendwie mal eilig hatte und so, ich wusste immer: Das wird mit einer nassen Hose enden.
Und so war's ja dann auch immer. Und das wollte ich dann ja auch immer. Inkontinenz ist schon etwas sehr privates, etwas sehr intimes auch. Das hat ja auch mit Urin zu tun, mit Geruch hat es auch zu tun Aber ich wollte es auch nicht jemandem erzählen. Ich wusste schon, ich muss es irgendjemandem erzählen. Deshalb habs ich's meiner Frauenärztin erzählt, weil sie ja auch eine Frau war. Und als sie dann gesagt hat "Ich kann Ihnen da nicht helfen, das muss ein Urologe abklären", dann bin ich erstmal für einen Monat wieder von der ganzen Sache abgekommen. 

Naja, und dann bin ich zum Urologen gegangen. Musste dann schon der Anmeldung sagen was los ist, und das war mir alles so unangenehm. Aber ich war dann an dem Punkt wo ich gesagt hab "Ich will so nicht weitermachen". Ich kann's nur jedem empfehlen zum Arzt zu gehen, sich selbst zu überwinden, ein Stück weit, weil es bringt ja nichts, es wird ja nicht besser, und irgendwann muss es dann doch gemacht werden. Es sei denn, man lebt gerne so und man nimmt das billigend in Kauf, dann darf man sich halt nicht darüber ärgern.

Wünschen würde ich mir in der Öffentlichkeit dass das Thema nicht mehr so Tabu ist. Es gehört zum Körper dazu, es ist menschlich, und ob man jetzt dreißig ist, vierzig ist oder achtzig ist - ich hab ja gemerkt, das ist keine Frage des Alters. Es können junge Menschen genau betroffen sein wie ältere. Deshalb ist es nicht gesagt, dass es nur 80 plus betrifft und das dann ein Opa-und-Oma-Problem ist. Das ist es tatsächlich nicht.

Toiletten-Apps : Hilfen im Alltag

Um unterwegs vor einem unliebsamen Ereignis gefeit zu sein, kann auch das Smartphone helfen: Die in den App-Stores erhältlichen Toiletten-Apps informieren über öffentlich zugängliche Toiletten in der Nähe.

Umgang mit Harninkontinenz

Anregungen von anderen Betroffenen, was ihnen hilft:

Welchen Umgang man im Alltag persönlich mit der Dranginkontinenz findet, kann von verschiedenen Faktoren beeinflusst sein ‒ den individuellen Beschwerden, der persönlichen Lebenssituation, aber auch von der eigenen Persönlichkeit und den persönlichen Neigungen. In den Filmen gaben andere Betroffene u. a. folgende Anregungen, was ihnen den Alltag mit Dranginkontinenz erleichtert oder erleichtert hat:

  • Aufsaugende Hilfsmittel wie Einlagen, Einmalunterhosen oder Windeln für Erwachsene, um „Pannen“ zu minimieren
  • Spezielle Trichter, die auch Frauen das Wasserlassen im Stehen ermöglichen ‒ zum Beispiel bei Ausflügen in der Natur, wenn sich keine Toilette in der Umgebung finden lässt 
  • Informationen über Toiletten in der Nähe
  • Absprachen mit Kollegen über kleine Pausen bei längeren Arbeitssitzungen ‒ zum Beispiel indem man humorvoll auf die „schwache Blase“ verweist
  • Offene Worte über die eigenen Probleme gegenüber anderen, anstatt sich damit zu verstecken
  • Das Gespräch mit einem Arzt, einer Ärztin, auch wenn man sich zunächst schämt 
     
Edda Klein
„Ich habe mich immer ganz fürchterlich geschämt, wenn ich es erzählte. Aber irgendwann habe ich gemerkt, es ist o. k., du willst dein Leben davon nicht so bestimmen lassen“
Edda Klein (62) lebt seit mehr als 10 Jahren mit Dranginkontinenz.

Wie gehe ich mit meiner Scham um?

Ein Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin und eine auf die persönliche Situation abgestimmte Behandlung können dazu beitragen, den Alltag besser zu meistern. Nicht selten kommt es vor, dass Schamgefühle wegen der Inkontinenz einem offenen Gespräch im Wege stehen. Prof. Dr. Ruth Kirschner-Hermanns, Fachärztin für Urologie, erklärt im folgenden Video, was den Umgang mit Inkontinenz oft schwierig macht und warum sich Betroffene dennoch dazu entscheiden, zum Arzt zu gehen.

Video: Wie kann ich Inkontinenz ansprechen?

Prof. Kischner-Hermanns. Beim Klick auf das Bild startet das Video.

Prof. Dr. Ruth Kirschner-Hermanns, Fachärztin für Urologie, Bonn: Wie kann ich Inkontinenz ansprechen?

Über Inkontinenz zu reden fällt erstmal schwer. Wir reden ja auch nicht über unsere Toilettengewohnheiten und das hat natürlich ein hohes Tabu-Maß. Aber wenn Sie zu einem Arzt gehen, und erst Recht, wenn Sie zu einem Urologen oder einem Gynäkologen gehen dann wissen sie ja eigentlich, wie beim Zahnarzt, dass er keine Angst davor hat in den Mund zu gucken so haben wir natürlich auch keine Angst über Inkontinenz zu sprechen.

Die Männer haben mehr unter Inkontinenz zu leiden weil sie weniger an den Gebrauch von Vorlagen gewöhnt sind und weil Sie weniger auf ihren Körper hören und weil sie, glaube ich, leichter verdrängen. Auf der anderen Seite: jungen Menschen fällt es schwer, weil sie sich auf einmal älter fühlen und denken "Nee, das kann doch nicht sein, dass ich schon in meinem Alter mit solchen Problemen, die jetzt vielleicht auch meine Großmutter oder meine Großeltern haben, konfrontiert werde." Aber sie sind es, wenn sie dann mal den Schritt zum Arzt machen, auch mehr gewöhnt, darüber zu reden.

Es ist einfach so: der Funktionsverlust wird empfunden, vor allen Dingen bei jüngeren Leuten. Wenn Sie also gerne Sport machen und Sie merken, Sie kommen bei einem Lauf nicht mehr trocken in die Zielgerade oder Sie merken Urinverlust beim Tanzen. Und ich glaube, wenn Sie die Entscheidung für sich getroffen haben dann ist das mit dem Reden auch gar nicht mehr so schwer.

Also ganz unverkrampft, wenn man mal ehrlich ist, kann das nicht sein. Weil wir entleeren nun mal normalerweise unsere Blase nicht in der Öffentlichkeit. Und ich glaube das muss man auch einfach so akzeptieren. Die andere Sache ist nur, dass diese normale Scham nicht dazu führen sollte, sich bei Problemen nicht dem Spezialisten zu öffnen.

„Es ist immer eine Überwindung, sich mit Inkontinenz zu öffnen und erst mal zum Arzt zu gehen … Die andere Sache ist nur, dass diese normale Scham nicht dazu führen sollte, sich bei Problemen nicht dem Spezialisten zu öffnen“
Prof. Dr. Ruth Kirschner-Hermanns, Fachärztin für Urologie, Bonn

Hilfsmittel für den Alltag

Welche Hilfsmittel gibt es bei Harninkontinenz?

Video: Welche Hilfsmittel gibt es bei Harninkontinenz?

Prof. Kischner-Hermanns erläutert Hilfsmittel bei Inkontinenz. Beim Klick auf das Bild startet das Video.

Prof. Dr. Ruth Kirschner-Hermanns, Fachärztin für Urologie, Bonn: Welche Hilfsmittel gibt es bei Harnkontinenz?

Erstmal muss man natürlich unterscheiden zwischen Hilfsmitteln, die ich mir selber anlege mit denen der Patient oder der Betroffene selber umgeht und die, die in der Pflege benutzt werden, wenn jemand nicht mehr selber für sich sorgen kann. Die Hilfsmittel, die wir hier haben, sind Hilfsmittel, die der mobile Patient bei sich selber anlegen kann.

Wir haben hier ganz verschiedene Hilfsmittel. Ein Hilfsmittel, was gern benutzt wird für Männer, die nicht so viel Urin verlieren, sind sogenannte Tropfenfänger. Und da muss man immer drauf achten, dass wirklich der Hodensack und der Penis hier rein passen, so dass beim Tröpfeln wirklich das auch nur in die Vorlage geht. Manche Männer kommen aber auch viel besser damit zurecht, dass sie eine Vorlage haben, die einfach vorne hier viel stärker gefüttert ist als hinten.

Und diese sogenannten Höschenwindeln gibt es auch unterschiedlich für Männer und Frauen. Und das Gute bei Hosen, im Gegensatz zu Vorlagen, die man so festkleben muss: Die machen den Wechsel einfacher. Das heißt, jemand, auch wenn er inkontinent ist, sollte natürlich möglichst trotzdem zur Toilette gehen und die Blase auf normalem Weg entleeren.

Noch besser, und vielleicht auch schöner, sind diese Hosen, die ganz normal auch nach außen hin wie eine normale Unterhose aussehen die aber, entweder eingearbeitet, schon einen gewissen Nässeschutz haben wo man aber auch noch zusätzlich eine Vorlage, die man dann wechselt, benutzen kann. Im Prinzip gibt es alle diese Vorlagen auch für Frauen.

Und bei Vorlagen, wenn Sie jetzt sagen: Wo ist der Unterschied zwischen einer Vorlage für Inkontinenz und einer Vorlage für eine Regelblutung, dann ist das einfach in dem Saugvermögen. Man sollte sich genau die Saugfähigkeit angucken, und zwar Größe im Verhältnis zur Saugfähigkeit. Also je kleiner und je mehr Saugfähigkeit desto besser die Vorlage. Auf allen Packungen sind Symbole, meistens in Tropfenform, die dann zeigen: ist das mehr für eine leichtere Inkontinenz oder für eine schwerere? Meistens sind die Tropfen, die dunkel ausgefüllt auf der Packung erscheinen die zeigen, wie stark die Saugfähigkeit des jeweiligen Hilfsmittels ist.

Andere Kriterien sind aber auch, ob sie Geräusche machen. Wenn ich damit laufe, dass sie dann nicht so knistern und knackern. Es muss ja nicht unbedingt meine Nachbarin wissen, was ich in der Hose habe. Und das dritte ist, wie sehr sie sitzen. Ob die sich verschieben, ob die, wenn ich mich bewege, ob ich Fahrrad fahre, ob das bequem ist, und unten nicht unbequem, und nicht scheuert. Die Hilfsmittel können vom Arzt verschrieben werden, und das ist auch erstmal der richtige Weg. Aber kaum ein Arzt hat wirklich Überblick über die ganze Breite der Hilfsmittel. Und ich kann aus meiner Erfahrung nur sagen: Wenden Sie sich an spezielle Pflegekräfte und natürlich an das Sanitätshaus Ihrer Wahl.

Anregungen von Frau Prof. Kirschner-Hermanns

  • Bei Inkontinenz können spezielle Produkte genutzt werden, die optimal auf die Schwere des Urinverlusts zugeschnitten sind.
  • Ob ein Hilfsmittel für eine leichte, mittlere oder schwere Inkontinenz geeignet ist, kann man in der Regel an der angegebenen Tropfenstärke auf den Verpackungen erkennen.
  • Für Männer und Frauen stehen unterschiedliche Hilfsmittel zur Verfügung. Sie berücksichtigen den unterschiedlichen Körperbau im Intimbereich. 
  • Männer mit weniger starkem Urinverlust können beispielsweise Einlagen wie die sogenannten Tropfenfänger verwenden, die in unterschiedlichen Größen zur Verfügung stehen und Penis und Hoden umschließen.
  • Auch speziell für Männer ausgelegte Vorlagen, die vorn stärker als hinten gefüttert sind, können geeignet sein. 
  • Darüber hinaus gibt es für beide Geschlechter u. a. auch Hilfsmittel, die wie Unterwäsche getragen werden, sodass man sie beim Wasserlassen einfach an- und auszieht. In diese Kategorie fallen die sogenannten Höschenwindeln, aber auch „normale“ Unterhosen mit eingearbeitetem Nässeschutz, in die sich bei Bedarf zusätzlich weitere Vorlagen einbringen lassen.
  • Auch für Frauen gibt es spezielle Inkontinenzvorlagen. Diese sind saugfähiger als normale Monatsbinden und damit speziell auf die Ansprüche bei Inkontinenz ausgelegt. 
  • Für eine gute Qualität von Hilfsmitteln sprechen u. a. folgende Eigenschaften: 
    • eine kleine Größe bei möglichst großer Saugfähigkeit
    • Geräuscharmut und Sitzfestigkeit bei Bewegung, beispielsweise beim Gehen 
    • kein Scheuern an der Haut 
  • Wer Beratung zu Hilfsmitteln sucht, kann sich zum Beispiel an Sanitätshäuser wenden.

Ihr Arzt bittet Sie, ein Miktionstagebuch zu führen?

Hier können Sie nachlesen, was ein Miktionstagebuch ist und wie es bei der Diagnose von Dranginkontinenz helfen kann. Sie finden außerdem ein Miktionstagebuch mit Nutzungsanleitung zum Herunterladen.

Anlaufstellen für Betroffene: Selbsthilfegruppen und Arztsuche

Können Selbsthilfegruppen sinnvoll sein?

Selbsthilfegruppen bieten Menschen mit Inkontinenz die Möglichkeit, Erfahrungen zu teilen und sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Indem man sich gemeinsam mit der Bewältigung der Inkontinenz im Alltag oder auch den möglicherweise damit verbundenen psychischen und sozialen Problemen befasst, fühlt man sich vielleicht weniger allein und kann die Erfahrungen und Informationen anderer nutzen, um Lösungen für sich selbst zu finden.

In einer Selbsthilfegruppe besteht Schweigepflicht. Jeder bestimmt selbst, was er den anderen preisgibt und welche Informationen oder Erfahrungen anderer er für sich nutzen möchte.

Wo finde ich Selbsthilfegruppen?

Der Inkontinenz Selbsthilfe e. V. bietet Informationen zum Thema Inkontinenz, ein Internet-Forum zum Austausch und auch regelmäßig Online-Gruppentreffen. Über eine Internetsuchmaschine lassen sich möglicherweise lokale Selbsthilfegruppen in Ihrer Umgebung finden. Geben sie als Suchwörter zum Beispiel Selbsthilfegruppe, Inkontinenz und ihren Wohnort oder Landkreis oder die nächst größere Stadt an. In Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen machen lokale Selbsthilfegruppen auch gerne auf sich aufmerksam.

An wen kann ich mich bei Harninkontinenz wenden?

Bei Inkontinenzbeschwerden können sich Betroffene zunächst an ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt wenden. Er oder sie zieht bei Bedarf eine Fachärztin, einen Facharzt für Erkrankungen der Harnwege und Harnorgane, einen sogenannten Urologen oder eine Urologin, hinzu. Bei Frauen kann dies auch ein Facharzt oder eine Fachärztin für Frauenheilkunde (Gynäkologie) sein.  Auf der Internetseite gesund.bund.de des Bundesministeriums für Gesundheit können Sie nach einer passenden Ärztin oder einem passenden Arzt für Urologie oder Gynäkologie suchen.

Eventuell erhalten Sie auch eine Überweisung, z. B. von Ihrem Frauenarzt, zu einem sogenannten Kontinenz- und Beckenbodenzentrum. Hier arbeiten verschiedene Fachbereiche zusammen. Neben Ärzten und Ärztinnen verschiedener Fachrichtungen sind hier z. B. oftmals auch Physiotherapeuten tätig. Die Deutsche Kontinenz Gesellschaft bietet eine Suchfunktion zu solchen Zentren und zu beratenden Ärztinnen und Ärzten an.

Speziell im Bereich Beckenbodentraining ausgebildete Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen finden Sie nach Postleitzahlen geordnet auf der Seite der Arbeitsgemeinschaft „Gynäkologie, Geburtshilfe, Urologie und Proktologie“ des Zentralverbands der Physiotherapeuten (AGGUP).

Erste Anlaufstelle sollte aber wie bei allen Gesundheitsproblemen die Hausärztin, der Hausarzt bleiben. Sie haben auch den Überblick über alle Erkrankungen ihrer Patientinnen und Patienten, die den Verlauf und die Behandlung der Inkontinenz beeinflussen können.

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

AG GGUP – Gynäkologie Geburtshilfe Urologie Proktologie im Deutschen Verband für Physiotherapie ZVK e.V. Therapeutenliste Beckenboden; o. J. Verfügbar unter: https://www.ag-ggup.de/therapeutenliste/therapeutenliste-beckenboden/  [18.04.2024].

Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). S2k-Leitlinie Harninkontinenz der Frau: Version 1.0. AWMF-Registriernummer 015-091 [29.08.2023: Gültigkeit der Leitlinie nach inhaltlicher Überprüfung durch das Leitliniensekretariat verlängert bis 31.12.2026]. 2021. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-091 [18.04.2024].

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V. Expertensuche - Deutsche Kontinenz Gesellschaft; 2024. Verfügbar unter: https://www.kontinenz-gesellschaft.de/expertensuche/  [18.04.2024].

gesund.bund.de. Arztsuche; o. J. Verfügbar unter: https://gesund.bund.de/suchen/aerztinnen-und-aerzte  [18.04.2024].

Inkontinenz Selbsthilfe e.V. Forum, Info & Rat; 2024. Verfügbar unter: https://www.inkontinenz-selbsthilfe.com/ [18.04.2024].

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Autoren und Autorinnen:
Claudia Höppner
Claudia Höppner

Claudia Höppner

Referentin Evidenzbasierte Medizin
Claudia Höppner ist Gesundheitswissenschaftlerin (MPH) und Soziologin. Für die Stiftung erarbeitet sie Inhalte für multimediale Informationsangebote auf Basis der Methoden der evidenzbasierten Medizin und unterstützt bei wissenschaftlichen Projekten.
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Jochen Randig
Jochen Randig

Jochen Randig

Senior-Multimedia-Producer / Fachleitung multimediale Formate
Jochen Randig ist Kommunikationswissenschaftler mit Schwerpunkt Bewegtbild. Für die Stiftung konzipiert er multimediale Formate und ist für die Qualitätssicherung und Dienstleistersteuerung in diesem Bereich zuständig.
Wissenschaftliche Beratung:
Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch
Portrait Univ.Ass. Mag.rer.nat. Thomas Semlitsch

Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch

Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch studierte Chemie mit dem Ausbildungsschwerpunkt Biochemie und Zellbiologie der Karl Franzens Universität Graz. Vor seiner Anstellung an der Medizinischen Universität Graz war er mehrere Jahre im Bereich Qualitätsmanagement und als Koordinator klinischer Studien an einer österreichischen Privatklinik tätig und absolvierte 2007 eine Post-Graduate Ausbildung zum Good Laboratory Practice (GLP) -Beauftragten für den Bereich analytisches Labor. Von 2008 bis 2014 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Research Unit „EBM Review Center“ der Medizinischen Universität Graz und von 2011 bis 2014 auch am Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften der Joanneum Research Forschungsgesellschaft tätig. Seit 2015 ist er als Univ. Assistent am Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung im Fachbereich Evidenzbasierte Medizin beschäftigt. Herr Semlitsch ist seit 2018 Fachbereichssprecher der Sektion Österreich und somit Mitglied des erweiternden Vorstands des Deutschen Netzwerks Evidenz basierte Medizin (DNEbM).
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Mag. (FH) Christine Loder

Mag. (FH) Christine Loder

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Erstellt am: 18.06.2024