Das Blasentraining oder auch Toilettentraining ist eine Behandlungsmöglichkeit bei Dranginkontinenz. Dabei wird ein Toilettenplan aufgestellt – er gibt Toilettengänge zu bestimmten Zeiten vor, die die Betroffenen auch dann einhalten sollen, wenn kein Harndrang besteht. Die festgelegten Toilettengänge erfolgen zunächst in kurzen Abständen, die mit der Zeit ausgedehnt werden. Zusätzlich werden Techniken erlernt, wie man Harndrang unterdrücken und die Blasenentleerung etwas hinauszögern kann. Das Training soll die Blase daran gewöhnen, mehr Urin zu speichern.
Im "Studiencheck Blasentraining" wurde anhand der vorhandenen wissenschaftlichen Studien geprüft, welchen Nutzen und Schaden Blasentraining hat.
Insgesamt kann ein ein- bis mehrwöchiges Blasentraining im Vergleich zu keiner Behandlung zu einer Verbesserung der Dranginkontinenz führen. Ob durch das Blasentraining auch ein Schaden entstehen kann, wurde in den Studien nicht untersucht.
Einschränkung der Ergebnisse: In den Studien wurden nur Frauen untersucht. Die Zuverlässigkeit der Ergebnisse zum Nutzen von Blasentraining ist stark eingeschränkt, denn die Anzahl der Teilnehmerinnen mit Dranginkontinenz war über alle Studien hinweg insgesamt sehr gering. Die Studien weisen darüber hinaus methodische Mängel auf.
Ob die Behandlung mit einem Blasentraining bei Dranginkontinenz im Vergleich zu keiner Behandlung einen Nutzen hat, wurde in drei randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) geprüft.
Zwei der drei Studien untersuchten, ob sich die Symptome der Dranginkontinenz verbesserten oder vollständig zurückbildeten. Es zeigte sich insgesamt, dass das Blasentraining bei erwachsenen Frauen wirksam sein kann.
Das Ergebnis der dritten Studie war, dass sich die Anzahl der wöchentlichen Inkontinenzepisoden durch Blasentraining verringern kann.
In einer der Studien verbesserte das Blasentraining zudem die Lebensqualität bei unterschiedlichen Inkontinenzformen. Ob das Training Auswirkungen auf die Lebensqualität speziell bei Dranginkontinenz hat, ist auf Grundlage der vorliegenden Studien nicht sicher einzuschätzen.
In den drei Studien liegen keine Ergebnisse dazu vor, ob die Wirksamkeit eines Blasentrainings länger als maximal sechs Monate anhält.
Keine der drei Studien untersuchte, ob durch das Blasentraining Nebenwirkungen auftreten.
Zusammengenommen nahmen in allen drei Studien nur 92 Frauen mit Dranginkontinenz teil, die entweder Blasentraining oder keine Behandlung erhielten. Auch weisen die Studien methodische Mängel auf. So fehlen beispielsweise in einer Studie die Angaben für etwa die Hälfte der Teilnehmerinnen, ob sich die Lebensqualität verändert hat.
An einer Studie nahmen nur Frauen mit Dranginkontinenz teil. In den zwei anderen Studien, in die ebenfalls nur Frauen einbezogen waren, hatten die Teilnehmerinnen unterschiedliche Formen der Inkontinenz. Für die meisten untersuchten Fragestellungen wurde dabei aber auch eine getrennte Auswertung des Nutzens von Blasentraining für die Teilnehmerinnen mit Dranginkontinenz durchgeführt.
Das mittlere Alter der einbezogenen Frauen variierte von Studie zu Studie. Insgesamt, über alle drei Studien hinweg, waren die Frauen im Durchschnitt etwa zwischen 45 und 67 Jahre alt.
Zwei der Studien liefern Angaben zur Dauer der Inkontinenz. Ein Großteil der Teilnehmerinnen war seit mehreren Jahren von Inkontinenz betroffen. Informationen über den Schweregrad der Inkontinenz werden lediglich in einer der drei Studien aufgeführt. Nur etwa 6 % der teilnehmenden Frauen wiesen hier eine leichte Inkontinenz auf, alle anderen hatten eine höhergradige Inkontinenz.
In einer der Studien gab etwa ein Drittel der Teilnehmerinnen an, bereits einmal medizinisch aufgrund der Harninkontinenz behandelt worden zu sein. In einer anderen Studie nahm etwa ein Viertel der untersuchten Frauen bis zum Studienbeginn Medikamente ein. Unklar ist, ob es sich bei den Medikamenten ausschließlich um Medikamente zur Behandlung der Harninkontinenz handelte. In der dritten Studie hatten die Patientinnen keine vorangegangenen Behandlungen. Auch durften sie im Verlauf dieser Studie keine Medikamente einnehmen, die die Blasenfunktion beeinflussen. In den beiden anderen Studien finden sich keine Angaben, ob die Frauen studienbegleitend Medikamente einnahmen.
Durchgeführt wurden die Studien in den USA, den Niederlanden beziehungsweise Großbritannien.
Inwieweit die Ergebnisse der Studien auf andere Personengruppen, z. B. Männer, übertragbar sind, ist unklar. In den letzten 30 Jahren wurde zu Blasentraining im Vergleich zu keiner Behandlung nicht geforscht. Ob zukünftig Studien zur Wirksamkeit des Trainings, z. B. bei Männern, zu erwarten sind, ist ungewiss.
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Erstellt am: 30.05.2024