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Hypertonie

Alkohol und Bluthochdruck: Was bringt es, weniger zu trinken?

Studiencheck

Bluthochdruck ist eine Erkrankung, bei der der Druck auf die Blutgefäße dauerhaft erhöht ist. Ohne Behandlung kann Bluthochdruck gesundheitliche Folgen für den ganzen Körper haben, insbesondere für Herz und Kreislauf.

Neben Medikamenten gibt es weitere Möglichkeiten, den Blutdruck zu senken, z. B. durch eine Ernährungsumstellung, Sport und Bewegung oder den Verzicht auf Alkohol.

Es ist nicht abschließend geklärt, wie Alkohol den Blutdruck genau beeinflusst. Es ist aber bekannt, dass der Blutdruck steigt, wenn man regelmäßig viel Alkohol trinkt. Was aber, wenn man sich entschließt, weniger Alkohol zu trinken? Sinkt dadurch auch der Blutdruck wieder?

Wir haben uns die Studienlage zu dieser Frage angeschaut. 

Was wurde untersucht?

In drei randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) wurde untersucht, ob der Blutdruck sinkt, wenn man weniger Alkohol als bisher trinkt. An den Studien nahmen fast ausschließlich Männer mit leichtem Bluthochdruck teil (systolischer Wert von 140 bis 159 mmHg und/oder diastolischer Wert von 90 bis 99 mmHg). Die Studienteilnehmer nahmen alle regelmäßig vermehrt Alkohol zu sich. Sie tranken an mindestens drei Tagen pro Woche. Zu Beginn der Studie tranken die Teilnehmer im Durchschnitt 44 bis 64 Gramm Alkohol pro Tag. Das entspricht im Mittel etwa zwei bis drei Gläsern Bier (à 0,5 l) oder Wein (à 0,25 l) täglich.

Die Teilnehmer wurden in zwei Gruppen eingeteilt. 

  • Gruppe 1 wurde gebeten, während der Studie möglichst wenig Alkohol zu trinken.
  • Gruppe 2 durfte wie bisher Alkohol trinken.
     

Die Ergebnisse auf einen Blick

Bei Männern, die während der Studie weniger Alkohol tranken, sank der Blutdruck nach zwei bis drei Wochen. Der obere (systolische) Wert sank durchschnittlich um 5 mmHg und der untere (diastolische) Wert um 3 mmHg.

Es lässt sich nicht sagen, ob sie dadurch auch weniger Folgeerkrankungen von Bluthochdruck hatten.

Es wird nicht berichtet, ob der Alkoholverzicht auch Nachteile für die Männer hatte.

Einschränkung der Ergebnisse

Wir bewerten die Qualität der Studien als gering. Die Ergebnisse sind nicht verlässlich und lassen sich nicht auf Frauen mit Bluthochdruck übertragen. Es ist zudem unklar, wie maßvolles Trinken sich auf Menschen mit Bluthochdruck auswirkt, die generell nicht viel Alkohol trinken. 

Die Ergebnisse im Einzelnen

Die genauen Ergebnisse der Studie werden hier getrennt in Nutzen und Schaden beschrieben.

Nutzen der Behandlungsmethode

Sinkt der Blutdruck, wenn ich weniger Alkohol trinke?

Die folgenden Studienergebnisse gelten für Männer mit leichtem Bluthochdruck, die regelmäßig vermehrt Alkohol tranken.

Bei Teilnehmern, die für zwei bis drei Wochen weniger Alkohol tranken, sank der Blutdruck stärker als bei den Männern, die in dieser Zeit wie gewohnt weitertranken. Der obere (systolische) Wert sank um 5 mmHg und der untere (diastolische) Wert um 3 mmHg.

Ob diese Senkung langfristig anhält, wurde in den Studien nicht untersucht und ist derzeit unklar.

In einer Studie machten die Teilnehmenden eine sechsmonatige Verhaltenstherapie, um ihr Trinkverhalten zu verändern. Während der Therapie sollten sie die Trinkmenge um mindestens die Hälfte verringern oder sich auf höchstens 14 alkoholische Getränke pro Woche beschränken. Erneut gemessen wurde der Blutdruck zwei Jahre nach Studienbeginn. Hier zeigte sich kein Unterschied in den Blutdruckwerten zwischen der Therapiegruppe und der Vergleichsgruppe.

Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass Alkoholverzicht keine langfristige Senkung des Blutdrucks bewirkt. Es kann aber auch sein, dass die Teilnehmer es nicht geschafft haben, ihren Alkoholkonsum über einen längeren Zeitraum einzuschränken.

Sinkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wenn man weniger Alkohol trinkt?

Derzeit lässt sich nicht sagen, ob maßvolles Trinken das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringert. Es gibt keine verlässlichen Ergebnisse dazu.

Sinkt das Risiko zu sterben, wenn man weniger Alkohol trinkt?

Diese Frage lässt sich derzeit nicht beantworten, denn es liegt nur eine Studie vor, deren Ergebnisse nicht verlässlich sind. 

Verändert sich die Lebensqualität, wenn man weniger Alkohol trinkt?

Diese Frage lässt sich derzeit nicht beantworten, denn es wurden keine Studien gefunden, die die Lebensqualität erhoben haben.

Schaden der Behandlungsmethode

Welche unerwünschten Folgen oder Nebenwirkungen sind aufgetreten?

In keiner der eingeschlossenen Studien wurden Ergebnisse zu Nebenwirkungen von Alkoholverzicht berichtet. Das schließt nicht aus, dass Nebenwirkungen auftreten können.

Die Aussagekraft der Ergebnisse ist stark eingeschränkt, da die Qualität der wenigen Einzelstudien gering war. Außerdem nahmen nur wenige Menschen an den Studien teil.

Es ist unklar, ob die Studienergebnisse auf andere Personengruppen übertragbar sind, z. B. auf Frauen oder Menschen, die generell wenig Alkohol trinken. Alle Studien schlossen ausschließlich Personen mit erhöhtem Alkoholkonsum ein. Frauen waren nur in einer von drei Studien eingeschlossen, wobei auch hier der Anteil bei unter zwei Prozent lag.

Die hier dargestellten Informationen stammen aus drei randomisiert-kontrollierten Studien aus Japan und den USA. Insgesamt nahmen 369 Personen mit leichtem Bluthochdruck teil, die regelmäßig mindestens an drei Tagen der Woche Alkohol tranken. Die Teilnehmenden erhielten weitgehend keine Medikamente gegen Bluthochdruck.

Der mittlere Alkoholkonsum lag zu Beginn der Studien zwischen 44 und 64 Gramm Alkohol pro Tag. Das entspricht im Mittel etwa zwei bis drei Gläsern Bier (à 0,5 l) oder Wein (à 0,25 l) täglich.

In zwei Studien sollten insgesamt 103 Männer mit einem mittleren Alter von etwa 45 Jahren auf Alkohol vollständig oder so weit wie möglich für eine Dauer von zwei bzw. drei Wochen verzichten. In einer weiteren Studie mit 266 Teilnehmenden mit leichtem Bluthochdruck erhielt die eine Gruppe ein sechsmonatiges kognitives Verhaltenstraining mit dem Ziel, den Alkoholkonsum auf weniger als 14 alkoholische Getränke pro Woche oder 50 Prozent des Ausgangswertes zu reduzieren. Das mittlere Alter lag bei etwa 59 Jahren und nur etwa zwei Prozent der Teilnehmenden waren Frauen. Diese Studie dauerte zwei Jahre.

Ausgangspunkt des Studienchecks bildete eine systematische Literaturrecherche in den relevanten Datenbanken. Gesucht wurde nach randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) sowie systematischen Übersichtsarbeiten und Metaanalysen aus RCTs, die zur Fragestellung passten. Anhand vorher festgelegter Kriterien wurde die vorgefundene Literatur von zwei Personen unabhängig voneinander gesichtet und geprüft. Nicht geeignete Studien wurden dabei ausgeschlossen. Den am Ende ausgewählten Studien wurden die Informationen zu Nutzen und Schaden entnommen, geprüft und zu einem Gesamtergebnis zusammengeführt (Evidenzsynthese).

Die Informationen stellen keine endgültige Bewertung dar, sondern basieren auf den besten derzeit verfügbaren Erkenntnissen.

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

Cushman WC, Cutler JA, Hanna E, Bingham SF, Follmann D, Harford T et al. Prevention and Treatment of Hypertension Study (PATHS): Effects of an alcohol treatment program on blood pressure. Arch Intern Med 1998;158(11):1197–207.

Roerecke M, Kaczorowski J, Tobe SW, Gmel G, Hasan OSM, Rehm J. The effect of a reduction in alcohol consumption on blood pressure: A systematic review and meta-analysis. The Lancet Public Health 2017;2[2]:e108–e120. doi: 10.1016/S2468-2667(17)30003-8.)

Ueshima H, Mikawa K, Baba S, Sasaki S, Ozawa H, Tsushima M et al. Effect of reduced alcohol consumption on blood pressure in untreated hypertensive men. Hypertension 1993;21(2):248–52.

Ueshima H, Ogihara T, Baba S, Tabuchi Y, Mikawa K, Hashizume K et al. The effect of reduced alcohol consumption on blood pressure: A randomised, controlled, single blind study. J Hum Hypertens 1987;1(2):113–9.

Williams B, Mancia G, Spiering W, Agabiti Rosei E, Azizi M, Burnier M et al. 2018 ESC/ESH guidelines for the management of arterial hypertension. Eur Heart J 2018;39(33):3021–104. doi: 10.1093/eurheartj/ehy339.

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Autoren und Autorinnen:
Dr. Eugenia Marbach-Breitrück
Dr. Eugenia Marbach-Breitrück

Dr. Eugenia Marbach-Breitrück

Referentin Interventionsentwicklung / Fachleitung Informationsangebote
Dr. Eugenia Marbach-Breitrück ist promovierte Biomedizinerin mit Schwerpunkt Stoffwechselerkrankungen. Für die Stiftung erarbeitet sie auf Basis der Methoden der evidenzbasierten Medizin Inhalte für multimediale Informationsangebote und setzt sich vertiefend mit deren Weiterentwicklung auseinander.
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Jochen Randig
Jochen Randig

Jochen Randig

Senior-Multimedia-Producer / Fachleitung multimediale Formate
Jochen Randig ist Kommunikationswissenschaftler mit Schwerpunkt Bewegtbild. Für die Stiftung konzipiert er multimediale Formate und ist für die Qualitätssicherung und Dienstleistersteuerung in diesem Bereich zuständig.
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Lisa-Marie Ströhlein
Lisa-Marie Ströhlein

Lisa-Marie Ströhlein

Medical Writerin
Lisa-Marie Ströhlein studierte Medizinische Biologie mit dem Schwerpunkt Wissenschaftskommunikation. Für die Stiftung bereitet sie komplexe medizinische Themen und Inhalte in laienverständlicher Sprache auf.
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Michael Mibs
Michael Mibs

Michael Mibs

Referent Evidenzbasierte Medizin
Michael Mibs ist studierter Gesundheitswissenschaftler und Soziologe. Für die Stiftung erarbeitet er Inhalte für multimediale Informationsangebote auf Basis der Methoden der evidenzbasierten Medizin und konzipiert Analysen mit Bezug zur klinischen Versorgung.
Wissenschaftliche Beratung:
PD Dr. med. Karl Horvath
PD Dr. med. Karl Horvath

PD Dr. med. Karl Horvath

Priv.-Doz. Dr. Karl Horvath promovierte 1993 an der Karl-Franzens-Universität Graz. 1997 Erhalt des Diploms Arzt für Allgemeinmedizin, 2002 Erhalt des Facharztdiploms, Facharzt für Innere Medizin und 2013 des Additivfachs, Facharzt für Endokrinologie und Diabetologie. Im Jahr 2010 Habilitation im Fach Innere Medizin an der Medizinischen Universität Graz. Aktuell ist er als Facharzt für Innere Medizin an der Universitätsklinik für Innere Medizin, Universitätsklinikum Graz, Medizinische Universität Graz praktisch ärztlich tätig. Von 2005 bis 2014 hatte er die Co-Leitung des „EBM Review Center“ der Medizinischen Universität Graz inne. Seit 2015 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Instituts für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung der Medizinischen Universität Graz. Dort leitet er den Fachbereich Evidenzbasierte Medizin.
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Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch
Portrait Univ.Ass. Mag.rer.nat. Thomas Semlitsch

Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch

Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch studierte Chemie mit dem Ausbildungsschwerpunkt Biochemie und Zellbiologie der Karl Franzens Universität Graz. Vor seiner Anstellung an der Medizinischen Universität Graz war er mehrere Jahre im Bereich Qualitätsmanagement und als Koordinator klinischer Studien an einer österreichischen Privatklinik tätig und absolvierte 2007 eine Post-Graduate Ausbildung zum Good Laboratory Practice (GLP) -Beauftragten für den Bereich analytisches Labor. Von 2008 bis 2014 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Research Unit „EBM Review Center“ der Medizinischen Universität Graz und von 2011 bis 2014 auch am Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften der Joanneum Research Forschungsgesellschaft tätig. Seit 2015 ist er als Univ. Assistent am Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung im Fachbereich Evidenzbasierte Medizin beschäftigt. Herr Semlitsch ist seit 2018 Fachbereichssprecher der Sektion Österreich und somit Mitglied des erweiternden Vorstands des Deutschen Netzwerks Evidenz basierte Medizin (DNEbM).

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Erstellt am: 31.12.2023