„Eine Studie belegt, dass ein tägliches Schaumbad mit Zusätzen das Leben verlängert“ – solche oder ähnliche Aussagen lesen wir fast täglich in den Medien. Und wenn sie mit einer Studie als Quelle belegt sind, müssen sie auch stimmen, oder? So einfach ist es leider nicht. In Sachen Zuverlässigkeit und Aussagekraft bestehen zwischen Studien sehr große Unterschiede. Woran liegt das?
Studie ist nicht gleich Studie. Zum einen gibt es verschiedene Arten von Studien, die sich in ihrer Aussagekraft unterscheiden. Zum anderen können die Studien Mängel aufweisen, die ihre Zuverlässigkeit einschränken. Beides lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen. Die folgende Studie ist frei erfunden:
Studie belegt: Haferflocken beugen Demenz vor
Professor G. Treide verkündet in seinem Blog, dass Haferflocken Demenz vorbeugen können. Das hat er in einem Experiment mit Mäusen herausgefunden. Laut dem Blogbeitrag hat der Professor die Mäuse in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine bekam täglich Haferflocken zu fressen, die andere nur Weizen. Je älter die Mäuse wurden, umso deutlicher zeigten sich die Unterschiede. Während die Weizen-Mäuse im gehobenen Alter sogar vergaßen, wo ihr Futternapf stand, konnten die Mäuse in der Haferflockengruppe noch komplexe Matheaufgaben lösen.
Aufgrund dieser Ergebnisse empfiehlt der Professor auch Menschen, täglich eine Portion Haferflocken zu essen, um geistig länger fit zu bleiben.
Darf der Professor aus einem Experiment mit Mäusen ableiten, dass Haferflocken Demenz bei Menschen vorbeugen können? Lesen Sie weiter, um zu erfahren, warum das schwierig ist und wie der Professor eine bessere Studie aufbauen könnte.
Studien sollen uns helfen, unser Wissen zu erweitern und Fragen zu beantworten. Je nachdem, welche Art von Frage wir stellen, sind dafür unterschiedliche Ansätze erforderlich. Deshalb gibt es unterschiedliche Studientypen. Jeder Studientyp ist speziell darauf ausgerichtet, eine bestimmte Art von Fragestellung zu erforschen. Die Studientypen unterscheiden sich aber auch in ihrer Verlässlichkeit und Aussagekraft.
In der Medizin unterscheidet man zwischen Grundlagenforschung, klinischer Forschung und epidemiologischer Forschung.
Am Anfang jedes medizinischen Fortschritts, z. B. der Entwicklung eines neuen Medikamentes, steht die Grundlagenforschung. Hier wird beispielsweise untersucht, wie Stoffe wirken, bestimmte Prozesse im Körper ablaufen oder wie Einflüsse aus der Umgebung auf den Körper wirken. Zur Grundlagenforschung gehören z. B. Tierversuche und Experimente mit Zellkulturen oder Computermodellen. Studien in der Grundlagenforschung haben oft eine hohe Aussagekraft, weil sie unter einheitlichen und kontrollierten Bedingungen durchgeführt werden. Dadurch sind die Ergebnisse sehr klar und zuverlässig. Allerdings ist es schwierig, diese Ergebnisse auf andere Gruppen oder Situationen zu übertragen. Ein Beispiel dafür sind Tierversuche: Die Ergebnisse aus solchen Studien lassen sich nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen, da die Bedingungen zwischen dem Labor und der realen Welt sich unterscheiden, ebenso wie die Körper von Menschen und Tieren.
Beispiel: Das Mäuseexperiment von Professor G. Treide ist ein Tierversuch aus der Grundlagenforschung.
In der klinischen Forschung werden vielversprechende Behandlungsmethoden aus der Grundlagenforschung am Menschen untersucht. Sie überprüfen, ob Behandlungen wirksam sind und ob sie mit Risiken verbunden sind, z. B. Nebenwirkungen. Man unterscheidet Beobachtungsstudien und Interventionsstudien.
In Beobachtungsstudien werden bestimmte Verhaltensweisen oder Umwelteinflüsse unter den Teilnehmenden erhoben und mit gesundheitlichen Ereignissen in Verbindung gebracht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nehmen dabei eine beobachtende Rolle ein. Zum Beispiel:
Professor G. Treide untersucht in einer Gruppe von 100 Menschen, wie viele von ihnen in den letzten 12 Monaten an Demenz erkrankt sind. Dabei erfasst er, wie oft die Teilnehmenden seiner Studie Haferflocken essen und wie viele an Demenz erkranken. So möchte er herausfinden, ob Menschen, die häufiger Haferflocken essen, seltener an Demenz erkranken.
Bei Interventionsstudien greifen die Wissenschaftler aktiv ein, etwa indem sie eine bestimmte Behandlung verordnen. So werden z. B. neue Medikamente oder Operationsverfahren, Schulungen oder Diäten getestet. Typische Interventionsstudien sind randomisierte kontrollierte Studien (RCTs).
Bei einer RCT werden die Studienteilnehmenden nach dem Zufallsprinzip (randomisiert) in zwei oder mehr Behandlungsgruppen eingeteilt. Die zufällige Verteilung soll sicherstellen, dass bestimmte Merkmale der Teilnehmenden gleichmäßig verteilt sind, z. B. Geschlecht, Alter oder Vorerkrankungen. So wird verhindert, dass einer Gruppe etwa jüngere und gesündere Menschen zugewiesen werden als der anderen. Wenn die Merkmale nicht gleichmäßig verteilt sind, könnte dies die Ergebnisse der Studie verzerren.
Eine der Gruppen dient immer als Kontrolle. Diese Kontrollgruppe bekommt entweder keine Behandlung oder eine Standardbehandlung, z. B. mit einem Medikament, das schon zugelassen ist. Sie dient als Vergleich, um zu prüfen, ob und wie viel besser die neue Behandlung tatsächlich ist.
RCTs gelten als der Goldstandard bei der Testung neuer Medikamente und bilden die Grundlage für die Zulassung bei den Behörden.
Beispiel: Professor G. Treide will in einer RCT untersuchen, ob Haferflocken Demenz bei Menschen vorbeugen können. Dafür teilt er Versuchspersonen per Los in zwei Gruppen ein. Die eine Gruppe soll jeden Morgen eine Portion Haferflocken essen. Die andere Gruppe sollte sich wie gewohnt weiter ernähren. Alle Probanden und Probandinnen machen zu Beginn der Studie einen Test, um ihre Denk- und Merkfähigkeiten zu testen. Nach sechs Monaten wird der Test wiederholt, um zu prüfen, ob sich die Fähigkeiten verbessert oder verschlechtert haben.
Die Epidemiologie beschäftigt sich mit der Verbreitung und den Ursachen von Krankheiten in der Bevölkerung. Drei häufige Arten von Studien in der Epidemiologie sind:
Mit Kohortenstudien lässt sich der gesundheitliche Einfluss bestimmter Verhaltensweisen oder Umwelteinflüsse untersuchen. Zwei gesunde Personengruppen werden über einen bestimmten Zeitraum beobachtet. Die eine Gruppe ist dabei einem Einfluss ausgesetzt, von dem man erwartet, dass er sich auf die Gesundheit auswirkt, und die andere Gruppe nicht. Dabei verfolgt man, wie häufig eine bestimmte Erkrankung in den jeweiligen Gruppen auftritt. Kommt es in der Gruppe, die dem Einfluss ausgesetzt ist, häufiger zur Erkrankung, kann das auf einen Zusammenhang zwischen dem Einfluss und der Krankheit hindeuten. Kohortenstudien sind gut dazu geeignet, Ursachen für Krankheiten zu finden, sind aber oft teuer und zeitaufwendig.
Beispiel: Professor G. Treide beobachtet zwei gesunde Personengruppen über mehrere Jahre. Eine der Gruppen isst regelmäßig Haferflocken. Die andere Gruppe isst keine Haferflocken. Am Ende der Beobachtungszeit zählt der Professor, wie viele Menschen in den Gruppen jeweils an Demenz erkrankten. Kommt es in der Haferflockengruppe zu weniger Erkrankungen, könnte das bedeuten, dass Haferflocken vor Demenz schützen.
Bei Fall-Kontroll-Studien wird von einer Gruppe erkrankter Personen ausgegangen. Anschließend wird eine gesunde Vergleichsgruppe gesucht, die den erkrankten Personen in möglichst vielen Merkmalen (z. B. Alter, Geschlecht, berufliche Tätigkeit, Vorerkrankungen, Behandlungen etc.) gleicht. Es handelt sich also nicht um zufällig, sondern gezielt ausgesuchte Kontrollen. Diese Gruppen werden befragt, um herauszufinden, ob es in der Vergangenheit Unterschiede gab, die eine Krankheit herbeigeführt oder davor geschützt haben könnten.
Fall-Kontroll-Studien sind anfällig für Verzerrung. Beispielsweise können die befragten Personen sich nicht mehr genau erinnern, weil der erfragte Zeitraum zu lange zurückliegt. Oder sie erinnern sich eher an Ereignisse, von denen sie glauben, dass sie zur Krankheitsentstehung beigetragen haben könnten.
Beispiel: Prof. G. Treide hat eine Gruppe von Patienten mit Demenz. Diese vergleicht er mit einer Gruppe Gesunder, die den Erkrankten in so vielen Merkmalen wie möglich ähnlich sind. Er befragt sie zu ihren Ernährungsgewohnheiten und ihrer Krankengeschichte der letzten 15 Jahre. Wenn sich herausstellt, dass der einzige Unterschied darin besteht, dass die gesunden Menschen in den letzten 15 Jahren täglich Haferflocken gegessen haben, die Erkrankten jedoch nicht, so könnte das ein Hinweis auf die Schutzwirkung von Haferflocken gegen Demenz sein.
Mithilfe von Querschnittsstudien lässt sich ermitteln, wie bestimmte Merkmale zu einem festen Zeitpunkt in der Bevölkerung verteilt sind, z. B. die Verbreitung einer Erkrankung. Außerdem können Zusammenhänge untersucht werden, etwa zwischen Alter und Lebensqualität.
Beispiel: Professor G. Treide zählt in einer Stichprobe, wie viele Menschen aktuell an Demenz erkrankt sind und wie viele regelmäßig Haferflocken essen. Dann überprüft er, wie oft die Demenzkranken Haferflocken gegessen haben. Hier ließe sich ein möglicher Zusammenhang zwischen Demenz und Haferflocken feststellen. Allerdings lässt sich nicht ableiten, ob Haferflocken auch die Ursache für das Auftreten oder Nichtauftreten von Demenz sind.
Querschnittsstudien sind schnell durchgeführt und außerdem kostengünstig. Sie eignen sich vor allem, um häufige Erkrankungen oder dauerhafte Lebensgewohnheiten zu untersuchen. Bei seltenen oder kurzfristigen Erkrankungen sind sie weniger geeignet.
In der medizinischen Forschung gibt es oft mehrere Studien, die sich mit der gleichen oder ähnlichen Frage beschäftigen, z. B. ob Haferflocken vor Demenz schützen. Nicht immer kommen sie zu demselben Schluss: Manche finden heraus, dass Haferflocken vor Demenz schützen, während andere keine Schutzwirkung feststellen. Die Ursachen dafür können unterschiedlich sein. So ist es möglich, dass eine der Studien eine viel zu kleine Anzahl an Teilnehmenden hat. Wie aber lässt sich nun herausfinden, welche Studie richtig liegt? Hier kommen sogenannte systematische Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen ins Spiel. Systematische Übersichtsarbeiten sind Literaturübersichten, die zu einem bestimmten Thema alles verfügbare Wissen aus Studien sammeln, zusammenfassen und kritisch bewerten. Zur Erstellung solcher Übersichtsarbeiten gibt es festgelegte methodische Vorgehensweisen. Wenn die Ergebnisse der Einzelstudien dann auch zusammengefasst werden, nennt man das Meta-Analyse.
Beispiel: Professor G. Treide sammelt alle Studien, die untersucht haben, ob Haferflocken vor Demenz schützen. Er schaut sich jede einzelne Studie an, fasst die Ergebnisse zusammen und bewertet das Vorgehen der Autoren kritisch. Am Ende kommt er dann zu einem Fazit: Können Haferflocken Demenz vorbeugen oder nicht?
Nicht nur die Wahl des Studientyps entscheidet über die Verlässlichkeit einer Studie: Wichtig ist auch, dass die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ordentlich gearbeitet und sich konsequent an ihren Plan gehalten haben. Wirft man einen Blick auf die persönlichen Notizen von Professor G. Treide, findet man Folgendes heraus:
Der Professor schreibt, er habe das Experiment an zwei Gruppen von Mäusen durchgeführt. Allerdings bestand jede Gruppe nur aus jeweils einem Tier: einer Feldmaus, die der Professor beim Spaziergang gefunden, und einer Ratte, die er zu Hause gefangen hat. Dadurch wird die Studie wenig aussagekräftig: zum einen, weil das Versuchstier und das Kontrolltier zwei verschiedenen Arten angehörten. Zum anderen, weil zwei Tiere auch viel zu wenig sind, um eine allgemeine Schlussfolgerung für alle Mäuse oder Ratten zu ziehen.
Studien können Fehler oder Schwächen haben. Das kann an Fehlern im Studienaufbau, in der Datenerhebung oder Datenauswertung liegen. Solche Schwächen nennt man methodische Mängel. Derartige Mängel verringern die Zuverlässigkeit einer Studie. Manche Studien berichten offen über ihre Mängel und den möglichen Einfluss auf die Ergebnisse, aber nicht alle.
Die Firma „Flotte Flöckchen“ kontaktiert Professor G. Treide: Sie möchte eine Studie bei ihm in Auftrag geben, die untersuchen soll, ob Haferflocken vor Demenz schützen. Der Professor freut sich natürlich über das Geld und macht sich gleich an die Arbeit.
Möglicherweise hat Professor G. Treide sich mit diesem Auftrag in einen Interessenkonflikt begeben: Einerseits möchte er sich als Wissenschaftler an alle Grundsätze guter Forschungsarbeit halten. Andererseits erhofft sich die Firma natürlich, dass die Studie eine Schutzwirkung von Haferflocken belegt, damit sie damit werben kann. Und der Professor möchte die Firma gerne zufriedenstellen, weil er viel Geld für die Studie bekommt – und vielleicht in Zukunft noch mehr. Kann der Professor unter diesen Umständen noch neutral bleiben? Oder besteht das Risiko, dass er seine eigene Studie bewusst oder unbewusst so manipuliert, dass das gewünschte Ergebnis dabei herauskommt?
Interessenkonflikte können dazu führen, dass Entscheidungen nicht mehr im besten Interesse der ursprünglichen Aufgabe getroffen werden. Interessenkonflikte entfalten ihre Wirkung auf das Urteilsvermögen weitgehend unbewusst. Es handelt sich also nicht automatisch um ein bewusstes Fehlverhalten oder eine Charakterschwäche.
Forschende sind dazu angehalten, mögliche Interessenkonflikte offenzulegen. Weiterhin sollen unbeteiligte Personen einschätzen, wie stark das Risiko einer Beeinflussung tatsächlich ist. Interessenkonflikte lassen sich erst dann verringern oder vermeiden, wenn man entsprechende Konsequenzen daraus zieht.
Wann werden Interessen zum Konflikt? Interessen sind Gründe, die uns motivieren, etwas zu denken oder zu tun. Jeder Mensch hat verschiedene Interessen. Manchmal passen allerdings nicht alle davon gut zueinander. Sie können miteinander in Konflikt kommen. Wenn das passiert, spricht man von einem Interessenkonflikt.
Interessenkonflikte kommen in unserer Welt häufig vor und haben auch nicht zwangsläufig negative Folgen. Die Wissenschaft ist da keine Ausnahme. Wissenschaftler haben das vorrangige Interesse, sich an die Regeln guter wissenschaftlicher Arbeit zu halten, also zum Beispiel eine neutrale Haltung bei der Bewertung von Forschungsergebnissen.
Dazu können aber auch andere Interessen kommen- zum Beispiel, beruflichen Erfolg zu haben oder das eigene Einkommen zu verbessern. Wenn diese Interessen einander entgegenstehen können sie das Urteilsvermögen oder professionelle Verhalten von Wissenschaftlern unangemessen beeinflussen.
Das kann etwa bedeuten, dass ein Wissenschaftler seine eigenen Forschungsergebnisse weniger ausgewogen wahrnimmt und berichtet, damit sie in einer bedeutsamen Fachzeitschrift erscheinen. Oder weil es die Chancen erhöht, dass ein Unternehmen, das eine Studie finanziert hat, ihm weitere Forschungsarbeit finanziert.
Interessenkonflikte lassen sich in der Praxis oft nicht ausschließen. Ein offener Umgang damit und weitere Sicherungsmaßnahmen sollen verhindern, dass sich Interessenkonflikte unangemessen auf gute, wissenschaftliche Arbeit auswirken. Aus diesen Gründen ist es wichtig, sensibel für Interessenskonflikte zu sein. Damit wir trotz Interessenkonflikten zu zuverlässigen Forschungsergebnissen kommen.
Wissen ist gesund.
Studien untersuchen nie die gesamte Bevölkerung oder alle Betroffenen einer Erkrankung, sondern immer nur einen Teil davon. Dieser untersuchte Teil wird auch als Stichprobe bezeichnet. Je größer die Stichprobe, desto genauer können die Ergebnisse einer Studie ausfallen. Im Haferflockenbeispiel beträgt die Stichprobengröße 2 (wenn man die Ratte als Maus zählen würde). Eine so kleine Stichprobe führt eher zu ungenauen Ergebnissen.
Wenn bei einer Studie die Messinstrumente und auch die Auswertungsmethoden nicht geeignet sind, um die Fragestellung zu untersuchen, kann das ebenfalls zu falschen Ergebnissen führen.
Professor G. Treide will in seiner Fall-Kontroll-Studie ermitteln, wie viele Haferflocken Menschen mit oder ohne Demenz essen. Dazu fragt er: „Wie viele Haferflocken essen Sie?“ Diese Frage ist aber zu ungenau. Beispielsweise antwortet ein Teilnehmer darauf mit „zwei“. Das kann vieles bedeuten:
Bei Studien, in denen Gruppen miteinander verglichen werden, sollten die Gruppen sich möglichst ähnlich sein. So sollten z. B. alte und junge, kranke und gesunde Menschen oder Männer und Frauen möglichst in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen.
Professor G. Treide testet in einem RCT, ob Haferflocken Demenz vorbeugen. Dabei erhält eine Testgruppe täglich eine Portion Haferflocken zum Frühstück, während die andere weiterhin ihr gewohntes Frühstück isst. Nach sechs Monaten zeigt sich, dass die geistige Leistungsfähigkeit der Haferflockengruppe höher ist als in der anderen Gruppe. Ein genauer Blick auf die Gruppen zeigt jedoch: Die Teilnehmenden in der Haferflockengruppe waren im Durchschnitt 15 Jahre jünger als die der Kontrollgruppe. Die Leistungsverbesserung lässt sich also nicht nur durch die Haferflocken erklären, sondern auch durch ein jüngeres Lebensalter.
In RCTs versucht man, eine möglichst gleiche Verteilung der Gruppen zu erreichen, indem man die Teilnehmenden per Los einer Gruppe zuteilt.
Für manche Studienaussagen ist eine Vergleichsgruppe unverzichtbar. Sie hilft zu erkennen, ob eine bestimmte Behandlung oder Maßnahme tatsächlich wirkt. Wenn in einer Studie zum Beispiel ein Medikament getestet wird, aber keine Gruppe ohne Behandlung mit diesem Medikament vorhanden ist, kann man nicht sagen, ob die Wirkung vom Medikament ausgeht oder ob sie nur zufällig aufgetreten ist.
Um überhaupt in einer Fachzeitschrift veröffentlicht zu werden, müssen Studien hohe Anforderungen erfüllen. Dennoch erscheinen immer wieder auch Studien, die nicht den höchsten Standards entsprechen. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Hier werden einige Beispiele dafür genannt.
Für beruflichen Erfolg müssen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen möglichst viele Studien veröffentlichen. So kann es vorkommen, dass Manuskripte, die bei etablierten Fachzeitschriften abgelehnt worden sind, bei anderen Verlagen, deren Anforderungen an eine Publikation wesentlich geringer sind, erneut eingereicht und hier veröffentlicht werden. Solche Verlage arbeiten häufig gewinnorientiert und verlangen Gebühren für die Veröffentlichung. Die Höhe der Gebühren entscheidet darüber, wie schnell Artikel erscheinen. Dabei werden ethische Standards und Prüfverfahren umgangen.
Unternehmen oder Organisationen, die Studien finanzieren, könnten versuchen, deren Ergebnisse zu beeinflussen, oder Studien fördern, die ihren eigenen Interessen dienen. Wissenschaftliche Standards spielen dann eine untergeordnete Rolle.
Vor der Veröffentlichung lassen renommierte Fachzeitschriften eine Studie von unabhängigen Expertinnen und Experten prüfen. Diese sollen kontrollieren, ob die Studie richtig durchgeführt wurde und die Darstellung der Ergebnisse korrekt sind, bevor die Arbeit veröffentlicht wird. Dies nennt man Peer-Review-Verfahren.
Allerdings ist auch dieses Verfahren nicht fehlerfrei. Es kann passieren, dass Studien durch den Überprüfungsprozess kommen, obwohl sie Fehler enthalten oder schlecht gemacht sind. Auch der umgekehrte Fall kann eintreten. Diese Fehler passieren, wenn etwa die Fachleute, die die Studie prüfen, nicht ausreichend Fachwissen haben oder sich nicht einig sind.
Wenn Forscherinnen und Forscher ihre Methoden, Datensätze oder Analysen gar nicht oder nicht vollständig offenlegen, wird es schwierig, die Qualität ihrer Studien nachzuvollziehen. Schlechte Forschungspraktiken, wie z. B. Datenmanipulation, lassen sich so nicht erkennen. Das kann dazu führen, dass Studien trotz methodischer Mängel veröffentlicht werden.
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Erstellt am: 30.07.2025