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Medfluencer: Kann ich Gesundheitsexperten im Netz vertrauen?

Eine Influencerin spricht in einem Podcast über ihre seltene Erkrankung. Fitnessgurus turnen die besten Übungen gegen Rückenschmerzen vor. Ernährungscoaches posten gesunde Rezepte auf Instagram. Gesundheits-Influencer oder Medfluencer kommen als kompetente Ratgeber und Unterhalter im Internet daher. Aber sind alle von ihnen auch wirklich Experten? Und wie lassen sich gute von schlechten Medfluencern unterscheiden?

Wer sind Medfluencer?

Medfluencer oder Medical Influencer sind Influencer für Gesundheit. Es handelt sich um Menschen, die sich mit Gesundheitsthemen auseinandersetzen und entsprechende Inhalte auf ihren Social-Media-Kanälen posten.
Sie beschäftigen sich beispielsweise mit bestimmten Erkrankungen, Ernährung, Sport oder seelischer Gesundheit. Andere klären über Gesundheitsmythen oder Probleme im Gesundheitssystem auf.

Da der Begriff keine geschützte Berufsbezeichnung ist, kann jeder als Medfluencer auftreten, zum Beispiel:

  • Ärzte und Ärztinnen
  • Psychotherapeuten und -therapeutinnen
  • Pflegefachkräfte
  • Ernährungsberaterinnen und -berater
  • Medizinstudierende
  • Gesundheitsbehörden
  • Krankenhäuser
  • Krankenkassen

Dazu gehören aber auch:

  • Laien ohne medizinische Ausbildung
  • Unternehmen, Agenturen, Dienstleister

Sind Medfluencer Experten?

Medfluencer können Experten sein, wenn sie sich mit dem Thema, über das sie sprechen, nachweislich sehr gut auskennen. Das gilt z. B. für Ärztinnen, Psychotherapeuten oder andere Gesundheitsprofessionelle, die sich durch ihre Berufsausbildung und -erfahrung Expertenwissen angeeignet haben.

Eine Ernährungsberaterin, die Rezepte teilt, ist also eine Expertin, ebenso ein Physiotherapeut, der Übungen gegen Schulterbeschwerden zeigt, oder eine Suchtberaterin, die Tipps zum Rauchstopp gibt.

Auch Personen ohne Ausbildung im medizinischen Bereich können Experten sein. Wenn z. B. ein Patient mit der seltenen Erkrankung Mukoviszidose seine Erfahrungen mit der Erkrankung und dem Gesundheitssystem beschreibt, handelt es sich um eine Expertenmeinung. In diesem Fall ist der Erfahrungsschatz das Expertenwissen. Bei Erfahrungswissen ist wichtig zu beachten: Es handelt sich meist um eine Einzelwahrnehmung, die nicht auf jeden zutreffen muss.

In den sozialen Medien trifft man allerdings auch viele Medfluencer ohne Expertenwissen. Bevor Sie einem Medfluencer folgen, lohnt ein kritischer Blick: Hat die Person die nötige Expertise, um über dieses Thema zu sprechen?

Ist es sinnvoll, Beiträge von Medfluencern anzuschauen?

Vertrauenswürdige Medfluencer können eine gute Quelle für Gesundheitsinformationen sein. Außerdem können sie ihr Publikum motivieren, dauerhaft etwas für die eigene Gesundheit zu tun. So können die Rezepte der Ernährungsberaterin dazu inspirieren, neue Lebensmittel auszuprobieren oder gesunde Essgewohnheiten zu festigen. Vom Physiotherapeuten lernt man nicht nur hilfreiche Übungen: Er kann auch ein Vorbild für einen aktiven und bewegungsreichen Lifestyle sein.

Viele Medfluencer sprechen mit ihrem Publikum wie mit guten Freunden. Dadurch wirken sie nicht nur sympathischer: Man kann sich auch leichter mit ihnen identifizieren und ist eher bereit, ihre Empfehlungen umzusetzen.

Allerdings sollte man nicht jedem Medfluencer sein Vertrauen schenken. Denn neben den echten Gesundheitsexperten tummeln sich auch viele selbsternannte „Trainer“ und „Gurus“ im Internet, die einseitige oder falsche Informationen verbreiten.

Welchen Medfluencern kann ich vertrauen?

Bevor Sie einem Medfluencer in den sozialen Medien folgen, ist eine kritische Begutachtung in der Regel sinnvoll. Denn hohe Follower- und Klickzahlen allein belegen noch nicht die Vertrauenswürdigkeit eines Medfluencers.

Viele Medfluencer sind außerdem gute Präsentatoren: Ihre Beiträge sind leicht verständlich, ansprechend gestaltet und unterhaltsam. Das allein sagt aber noch nichts darüber aus, ob ihre Inhalte auch fachlich korrekt sind.

Einen vertrauenswürdigen Influencer für Medizin erkennen Sie z. B. an folgenden Merkmalen:

  • Der Medfluencer nennt seinen vollen Namen oder es ist klar, um wen es sich handelt.
  • Der Medfluencer verfügt über Fachwissen zu seinem Thema, z. B. durch eine Berufsausbildung. 
  • Die Beiträge enthalten keine Werbung für Produkte, Medikamente, Dienstleistungen oder Behandlungen. 
  • Wenn der Medfluencer Fakten benennt, gibt er dafür Quellen an. 
  • Wenn der Medfluencer eine Meinung äußert, kündigt er das an (z. B. „Meine Meinung dazu ist …“).
  • Wenn der Medfluencer eine Behandlung bespricht, nennt er immer die Vor- und Nachteile sowie Alternativen dazu.

Anzeichen für unseriöse Medfluencer sind:

  •  Es ist nicht klar, wer genau hinter dem Kanal steckt.
  • Der Medfluencer gibt keine Expertise an oder nur eine vage Beschreibung wie „Coach“, „Mediziner“ oder „Trainer“.
  • Die angegebene Expertise passt nicht zum Thema. So kann ein Sportmediziner z. B. nur eingeschränkt Aussagen über Leberkrankheiten treffen.
  • Die Beiträge dienen hauptsächlich dazu, Produkte oder Dienstleistungen zu bewerben.
  • Der Medfluencer nennt keine Quellen für benannte Fakten.
  • Der Medfluencer fordert dazu auf, eine ärztliche Behandlung abzubrechen oder gar nicht erst anzufangen.
  • Der Medfluencer macht Heilungsversprechen, z. B. „Iss das und du wirst nie wieder Übergewicht haben“ oder „Mit meinen Wundertropfen gehören Schlafprobleme der Vergangenheit an“.
  • Der Kanal des Medfluencers wird von einer Firma finanziert.

Was dürfen Medfluencer?

Medfluencer dürfen über beliebige Gesundheitsthemen sprechen oder ihre eigenen Erfahrungen zum Thema Gesundheit teilen. Dazu dürfen sie eigene Inhalte in Form von Texten, Bildern, Podcasts oder Videos erstellen. Medfluencer dürfen auch Produkte oder Dienstleistungen bewerben, solange dieser Teil des Beitrags als Werbung gekennzeichnet und vom restlichen Beitrag getrennt ist. Beiträge von Medfluencern können zum Beispiel von einer Firma gesponsert sein. In diesem Fall bekommt der Medfluencer Geld dafür, dass er ein Produkt oder eine Dienstleistung der Firma auf seinem Kanal erwähnt. Das Sponsoring sollte aber keinen Einfluss auf den restlichen Inhalt des Beitrags ausüben.

Was dürfen Medfluencer nicht?

Medfluencer in Deutschland müssen sich an geltende Gesetze halten. So gibt etwa das Digitale-Dienste-Gesetz vor, dass Werbung für Produkte oder Dienstleistungen klar gekennzeichnet sein muss. Es ist verboten, unwahre Heilungsversprechen zu machen. Das bedeutet: Ein Medfluencer darf nicht behaupten, dass ein Medikament oder eine Behandlung eine Erkrankung heilt, wenn er das nicht belegen kann. Die Werbung darf nicht irreführen oder täuschen. Für verschreibungspflichtige Medikamente darf grundsätzlich nur in Fachkreisen geworben werden. Außerdem müssen Medfluencer sich an die Vorgaben des Urheberrechts und des Markenrechts halten.

Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten als Medfluencer müssen zudem ihre jeweiligen Berufsordnungen beachten. So dürfen Ärztinnen und Ärzte zwar allgemeine Gesundheitsaussagen im Internet treffen. Sie dürfen aber in der Regel keine Einzelberatung anbieten oder Ferndiagnosen stellen. Inhalte und Meinungen, die sie als Experten verbreiten, müssen medizinisch korrekt sein. 

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

§ 6 des Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) vom 6. Mai 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 149).

§ 33 des Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) vom 6. Mai 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 149).

Altendorfer L-M. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie den Content-Generator Ihres Vertrauens! tv diskurs 2021; 25(4):34–7.

Bundesärztekammer. Handreichung der Bundesärztekammer - Ärztinnen und Ärzte in sozialen Medien: Worauf Ärztinnen und Ärzte sowie Medizinstudierende bei der Nutzung sozialer Medien achten sollten; 2023. Verfügbar unter: https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/BAEK/Themen/Digitalisierung/2023-01-19_Handreichung_Aerzte_in_sozialen_Medien.pdf [25.06.2024].

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Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) e.V. Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur „Prävention und Therapie der Adipositas“; Version 5.0 – AWMF-Register-Nr. 050/001; 2024.

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Deutscher Bundestag. Rechtlicher Rahmen für Influencer; 2023. Verfügbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/944946/a70c5fe3ed1e88846ff448b328854248/WD-10-014-23-pdf-data.pdf [16.08.2024].

Döring N. Gesundheitskommunikation auf YouTube: Aktueller Forschungsstand. In: Scherenberg V, Pundt J, Hrsg. Digitale Gesundheitskommunikation: Zwischen Meinungsbildung und Manipulation. Bremen: APOLLON University Press; 2018. S. 223–244.

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Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254), das zuletzt durch Artikel 21 des Gesetzes vom 6. Mai 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 149) geändert worden ist.

Heilmittelwerbegesetz (HWG) vom 19. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3068), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 19. Juli 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 197) geändert worden ist.

Kurz C. Medizinische Influencer: Gesundheitsaufklärung per Video. Deutsches Ärzteblatt 2023; 120(41):1668–74.

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Stehr N, Grundmann R. Expertenwissen: Die Kultur und die Macht von Experten, Beratern und Ratgebern: Velbrück Wissenschaft; 2010.

Reifegerste D, Baumann E. Suche von Gesundheitsinformationen im Internet. In: Scherenberg V, Pundt J, Hrsg. Digitale Gesundheitskommunikation: Zwischen Meinungsbildung und Manipulation. Bremen: APOLLON University Press; 2018. S. 45–60.

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Autoren und Autorinnen:
Jochen Randig
Jochen Randig

Jochen Randig

Senior-Multimedia-Producer / Fachleitung multimediale Formate
Jochen Randig ist Kommunikationswissenschaftler mit Schwerpunkt Bewegtbild. Für die Stiftung konzipiert er multimediale Formate und ist für die Qualitätssicherung und Dienstleistersteuerung in diesem Bereich zuständig.
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Johanna Lindner
Porträtfoto Johanna Lindner

Johanna Lindner

Referentin Evidenzbasierte Medizin
Johanna Lindner ist Gesundheitswissenschaftlerin (MScPH). Sie erstellt wissenschaftliche Inhalte für multimediale Informationsangebote der Stiftung und ist an der Entwicklung und Pflege der Datenbanken der Stiftungsangebote beteiligt
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Lisa-Marie Ströhlein
Lisa-Marie Ströhlein

Lisa-Marie Ströhlein

Medical Writerin
Lisa-Marie Ströhlein studierte Medizinische Biologie mit dem Schwerpunkt Wissenschaftskommunikation. Für die Stiftung bereitet sie komplexe medizinische Themen und Inhalte in laienverständlicher Sprache auf.

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Erstellt am: 17.09.2025