Es schallt von überall her – so gut wie ohne Unterlass. Schon heute steht Lärm auf der Liste der krankmachenden Umweltfaktoren der Weltgesundheitsorganisation weit oben. Doch bei der Forschung zu gesundheitlichen Gefahren herrscht noch Nachholbedarf.

Berlin, 27.04.2021 - Wir können zwar unsere Augen schließen, aber nicht unsere Ohren. Sie sind unser Alarmsystem, 24 Stunden auf Empfang. Jede Lärmbelästigung wird registriert. Insbesondere Verkehrslärm gilt laut Weltgesundheitsorganisation WHO europaweit als Umweltgefahr mit den zweitstärksten Auswirkungen auf die Gesundheit, nach Luftverschmutzung. Das Umweltbundesamt (UBA) fand heraus, dass drei Viertel der Deutschen sich von dieser Lärmquelle am stärksten belästigt fühlen.

Lärm – er betrifft uns alle, und dennoch ist es in der Diskussion darum vergleichsweise still. Beim UBA wird Lärm inzwischen sogar als „das am meisten unterschätzte Umweltthema“ betrachtet. Lärm verflüchtigt sich mit Schallgeschwindigkeit und kann doch bleibende Folgen haben. Chronische Schlafstörungen, Bluthochdruck und ein erhöhtes Herzinfarktrisiko etwa werden ihm zugeschrieben, wie in einem Bericht der Europäischen Umweltagentur oder in einer Auswertung des Robert Koch-Instituts. Aber was ist das überhaupt, Lärm? Und wann werden Geräusche zur Gefahr für die Gesundheit? Wir hören nach.

Lärm ist ein Stressfaktor und kann sich auf unsere Gesundheit auswirken. Welche Art von Lärm empfinden Sie als besonders störend?

Was wie laut ist Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Die gebräuchliche Maßeinheit, um die Stärke eines Schallereignisses zu beschreiben, ist Dezibel (dB). 1 Dezibel entspricht dem schwächsten für das menschliche Ohr hörbaren Ton. Flüstern liegt bei 40 Dezibel, Hauptverkehrsstraßen haben am Straßenrand einen Schallpegel von 80 dB. Ab 140 Dezibel werden Schallwellen als Schmerz empfunden.

Die Schallskala ist logarithmisch, das bedeutet, dass eine Steigerung um nur zehn Dezibel vom menschlichen Gehör als doppelt so laut empfunden wird. Daher sind schon geringe Dezibelsenkungen ein wichtiger Beitrag zur Lärmreduktion.

Wann aus einem Geräusch Lärm wird Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Lärm ist unerwünschter Schall. Das bedeutet: Neben der physikalischen Komponente spielt auch die Psychologie eine wichtige Rolle. Besucher eines Rockkonzertes empfinden die Geräusche trotz hoher Schalldruckpegel nicht als Lärm. Ein Anwohner, der in der Nähe wohnt, kann die Musik trotz sehr viel niedrigerer Pegel als Lärm empfinden, etwa wenn er beim Lesen gestört wird. Lärm ist eine Empfindung – nicht nur subjektiv, sondern auch situationsabhängig.

Lärm als Stressfaktor Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Wer was als Lärm empfindet und wie anfällig ist, ist subjektiv. Doch stören uns Geräusche, bedeutet das Stress für den Organismus, erläutert das UBA. Dies führt zur Ausschüttung von Stresshormonen, die ihrerseits in Kreislauf- und Stoffwechselvorgänge des Körpers eingreifen. Der Blutdruck steigt, ebenso wie die Herz- und Atemfrequenz. Bei Dauerstress kann auch das Immunsystem geschwächt werden, wie etwa bei der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) betont wird.   

Krankmacher Lärm? Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Lärm kann neben Stress zwei körperliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Zum einen durch Schäden am Gehör selbst, wie Tinnitus oder dauerhafte Hörschäden, die besonders durch kurze extreme Belastung, wie etwa einem lauten Knall, entstehen. Laut UBA sind ab 140 Dezibel Hörschädigungen schon nach kurzer Einwirkung möglich. Ein Martinshorn beispielsweise kommt in zehn Metern Entfernung auf diesen Wert. 
Zum anderen kann Lärm, wenn man ihm langjährig ausgesetzt ist, zu Problemen im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems führen, wie Wissenschaftler des Robert-Koch-Instituts in dem GBE-Bericht zur Gesundheit in Deutschland von 2015 aus wissenschaftlichen Studien subsummierten. Und häufiger nächtlicher Lärm beeinträchtigt dieser Auswertung zufolge die Gefäßfunktion, da er auch bei gesunden Menschen die Adrenalinausschüttung stimuliert. Zu den Folgen von Umgebungslärm mit Blick auf die psychischen Erkrankungen gibt es bisher nur wenige Studien. Die Evidenzlage ist hier noch nicht in ausreichendem Maße belastbar. 

Ungesunde Lautstärken Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Wann genau Lärm sich tatsächlich auf die Gesundheit auswirkt, lässt sich nicht an einen bestimmten Pegelwert knüpfen. Aber für den vorbeugenden Gesundheitsschutz existieren Grenzwerte. So liegt der von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlene Wert eines nächtlichen Lärmpegels ohne gesundheitliche Auswirkungen bei 40 dB. Für den vorbeugenden Gesundheitsschutz während des Tages nennt sie 55 dB.

Gewöhnung an Lärm Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Es hört sich nicht danach an, als könnte man sich an Lärm gewöhnen. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt es keinen Hinweis für die Gewöhnung an Lärm. Eher scheint es, als würden auch dann Stresshormone ausgeschüttet, wenn der Betroffene den Lärm nicht bewusst wahrnimmt oder nicht als störend empfindet - etwa im Schlaf. Dennoch scheint Lärm als mögliche Krankheitsursache unterschätzt. So könnten Ärzte etwa öfter beim Patienten nachfragen: Wo leben Sie, wie stark sind Sie Lärm ausgesetzt? Aber auch Patienten könnten im Arztgespräch aktiv auf derartige Einflussfaktoren hinweisen.

Was man tun kann Button: Infokorb-Ablage In den Infokorb legen

Lärm kann überall entstehen, entsprechend groß ist die Bandbreite an Empfehlungen: Generell ist es gut, zur Regeneration bewusst auch mal akustische Pausen einzulegen und Lärmquellen wie Radio, Fernseher oder Computer abzuschalten oder sich in ruhigere Bereiche, etwa in die Natur, zurückzuziehen. 
Bei längerem starken Lärm können Ohrstöpsel helfen. Wer gerne Musik mit Kopfhörern hört, sollte die Lautstärke nicht voll aufdrehen. Auch kann es helfen, lärmarme Geräte und Maschinen, die etwa mit dem Umweltzeichen "Blauer Engel" gekennzeichnet sind, einzusetzen. Schallerzeugende Geräte wie etwa Kühlschränke oder Waschmaschinen können durch weiche Unterlagen von Wohnungswänden und -böden abgekoppelt werden. Und was Kinder angeht: Sie sollten kein lautes Spielzeug wie Rasseln oder Spielzeugpistolen in die Hände bekommen. 

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