Interview mit Prof. Dr. Martin Scherer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Berlin, 22. November 2023 –  Der Winter steht vor der Tür. Damit steigt auch das Infektionsrisiko – nicht nur mit Corona-, sondern auch mit Grippe- und Erkältungsviren. Muss ich mich auf Coronaviren testen lassen? Und wie verhalte ich mich bei einer Infektion?

Prof. Dr. Martin Scherer, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) und des Expertenbeirates der Stiftung Gesundheitswissen erklärt im Interview, wann ein Test angezeigt ist und wie man sich bei Verdacht auf eine Infektion verhalten sollte.

Sollte ich mich bei Erkältungssymptomen immer noch auf Covid-19 testen lassen?

Normalerweise ist das nicht nötig. So lange nur milde Symptome wie Schnupfen, Husten oder Halsschmerzen vorliegen, würde das Testergebnis für die Behandlung keine Rolle spielen. Wie bei einer Erkältung würde man auch bei einer milden Covid-Erkrankung nur versuchen, die Beschwerden zu lindern.

Bei allen Erkältungskrankheiten wird empfohlen, für 3 bis 5 Tage zu Hause zu bleiben, bis die Beschwerden sich deutlich gebessert haben. Vermeiden Sie nach Möglichkeit den Kontakt zu anderen Menschen, um niemanden anzustecken.

Für bestimmte Personen kann ein Covid-Test aber sinnvoll sein. Dies gilt z. B. für Menschen, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Sie benötigen eine frühe und zielgerichtete Behandlung. Auch Menschen, die in Krankenhäusern, Arztpraxen oder Pflegeeinrichtungen haben, sollten sich testen lassen, damit sie im Falle einer Covid-Infektion keine Patienten und Patientinnen anstecken. Auch wenn Sie engen Kontakt zu gefährdeten Personen haben, kann ein Test sinnvoll sein. Wenn Sie sich nicht sicher sind, fragen Sie Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin.

Kann ich mit Erkältungssymptomen direkt zum Arzt?

Im Prinzip ja. Bevor Sie mit Erkältungssymptomen eine Hausarztpraxis aufsuchen, informieren Sie sich aber bitte vorab, ob die Praxis besondere Maßnahmen für Menschen mit Atemwegsinfektionen vorsieht. Einige Praxen haben spezielle Sprechstunden für Menschen mit Erkältungsbeschwerden eingerichtet, um andere Patienten und Patientinnen vor Ansteckung zu schützen. Am einfachsten klären Sie vor dem Praxisbesuch telefonisch, wie Sie sich verhalten sollen. In jedem Fall ist es sinnvoll, bei Husten, Schnupfen oder Halsschmerzen eine FFP2-Maske zu tragen, um andere Patienten und das Praxispersonal vor einer Infektion zu schützen.

Wie verhalte ich mich richtig, wenn ich infiziert bin?

Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben mehr, wie man sich bei einer Infektion mit dem Coronavirus verhalten soll. Trotzdem sind bestimmte Verhaltensweisen sinnvoll, wenn man Erkältungssymptome hat – egal, ob durch Covid oder einen anderen Erreger. So sollte man sich weitestgehend zu Hause aufhalten und den Kontakt zu anderen Menschen meiden. Ihr Hausarzt, Ihre Hausärztin kann Sie für die Arbeit krankschreiben.

Falls Sie sich doch unter Menschen begeben müssen, etwa für einen Arztbesuch oder zum Einkaufen, können Sie Ihre Mitmenschen schützen, indem Sie eine FFP-2-Maske tragen. Halten Sie sich außerdem an die bekannten Hygieneregel: Husten und Niesen Sie in die Armbeuge und waschen Sie sich regelmäßig die Hände.

Sobald die Beschwerden abgeklungen sind, können Sie alle gewohnten Tätigkeiten wieder aufnehmen. Für Personen, die im Gesundheitsbereich tätig sind gelten eventuell abweichende, vom Arbeitgeber vorgegebene Regularien. Bitte erkundigen Sie sich bei Ihrem Arbeitgeber, wie Sie sich verhalten sollen.

Wie verhalte ich mich, wenn ich mit einer erkrankten Person in Kontakt war?

Wer vollständig gegen COVID-19 geimpft ist und keine besonderen Vorerkrankungen hat, braucht erst einmal nichts zu unternehmen. Es genügt, sich selbst zu beobachten. Solange keine Symptome auftreten, besteht auch kein Handlungsbedarf.

Wie geht es diesen Herbst und Winter weiter?

Die Wissenschaft geht davon aus, dass das Coronavirus inzwischen „endemisch“ geworden ist. Das bedeutet, dass es nun ähnlich wie Erkältung oder Grippe als Krankheit der „kalten Jahreszeit“ betrachtet wird.

Die meisten Menschen in Deutschland sind durch Impfungen und durchgemachte Infektionen ausreichend immun. Dadurch sind schwere Covid-Erkrankungen unwahrscheinlicher geworden. Es wird aber immer wieder Infektionen und Erkrankungen geben, die im Einzelfall auch schwer verlaufen können. Besonders gefährdet sind Menschen mit schweren Vorerkrankungen, Immunschwäche, Krebserkrankungen und Menschen über 60 Jahren. Daher sollten diese Menschen ihren Impfschutz gegen Covid-19 jährlich auffrischen lassen. Derzeit werden angepasste RNA-Impfstoffe gegen aktuelle Virusvarianten eingesetzt.

Unabhängig von der Impfung kann jeder einzelne dazu beitragen, die Ausbreitung von Covid, Grippe und Erkältungskrankheiten einzudämmen. Wer sich regelmäßig die Hände wäscht, Hust- und Niesetikette einhält oder freiwillig FFP2-Maske trägt, schützt sich selbst und andere vor Infektionen.

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