Berlin, 12.11.2021 - Seit diesem Jahr gibt es in Deutschland die elektronische Patientenakte – zumindest in einer ersten Testversion. Zukünftig sollen Patienten ihre elektronische Akte selbst oder mit dem jeweils behandelnden Arzt anlegen und ihre Daten dann mit weiteren Ärzten, Apothekern und anderem medizinischen Fachpersonal teilen können. Wie man als Patient an eine solche Akte kommt, welche Vorteile sie bringen kann und wie man die Kontrolle über seine Daten behält, erfahren Sie hier.
Vorbei die Zeit des tagelangen Suchens nach dem Impfpass oder doppelten Untersuchungen, weil Ergebnisse vom letzten Praxisbesuch nicht verfügbar sind. Zumindest ist das ein Ziel der elektronischen Patientenakte, die alle gesetzlich Versicherten seit Januar 2021 theoretisch nutzen können. Schon in den letzten Jahren hatten einige der gesetzlichen und privaten Krankenversicherer verschiedene Anwendungen entwickelt, um Patientendaten digital zu speichern. Wer das digitale Angebot nutzen wollte, konnte es bei der Krankenkasse anfordern und so seine persönliche Gesundheitsdatenbank pflegen. Mit dem Start der elektronischen Patientenakte (ePA) auf gesetzlicher Grundlage soll nun aber ein einheitliches, übergreifendes Angebot geschaffen werden, das Versicherte und Ärzte gemeinsam nutzen können.
In der elektronischen Patientenakte sollen alle wichtigen Informationen zu Gesundheitszustand und Krankheitsgeschichte eines Patienten gespeichert werden. Die Idee: So hat man beim Arztbesuch Daten wie eingenommene Medikamente, frühere Behandlungen oder Ergebnisse von bildgebenden Verfahren immer zur Hand. Unnötige Mehrfachuntersuchungen und Doppelbehandlungen können damit vermieden werden. Auch mögliche Wechselwirkungen verschiedener Arzneimittel ließen sich im Vorfeld besser beachten. Aber auch allgemein soll eine Bündelung von gesundheitsrelevanten Informationen in der ePA die Versorgung verbessern: So sollen ab 2022 der Mutterpass, das gelbe Untersuchungsheft für Kinder oder der Impfpass digital abrufbar sein. Die wichtigsten medizinischen Daten werden ortsunabhängig gespeichert und können von überall abgerufen werden.
Die ePA enthält zwei Speicherbereiche: von Versicherten selbst eingestellte Dokumente, wie beispielsweise ein Gesundheits- oder Schmerztagebuch und Dokumente von Leistungserbringern, etwa Arztbriefe oder Blutbilder. Die persönlichen Gesundheitsdaten kann der Versicherte selbst hochladen. Für das Hochladen der medizinischen Daten sind die behandelnden Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten in der Praxis oder im Krankenhaus zuständig. Diese übertragen auf Wunsch des Versicherten die medizinischen Unterlagen in seine Akte.
Alle gesetzlichen Kassen müssen ihren Versicherten jetzt auf Antrag eine App anbieten, mit der sie Gesundheitsdaten sammeln können. Nach Antragstellung wird von den jeweiligen Krankenkassen die entsprechende Anwendungssoftware für die elektronische Patientenakte zur Verfügung gestellt. Dazu zählt auch ein individueller Leitfaden zur Einrichtung sowie Hilfestellungen für das ebenfalls nötige Identifikationsverfahren. Die App kann auf dem Smartphone oder Tablet installiert werden. Zunächst kann aber nur der Patient selbst Informationen - wie etwa zu verordneten Medikamenten, zu Arztbesuchen, Behandlung, Krankenhausaufenthalten oder Impfungen - in die ePA eintragen. Dokumente, die nicht digitalisiert vorliegen, muss der Versicherte anfangs also selbst mit dem Handy oder Tablet abfotografieren, einscannen, hochladen - und aktiv freischalten. Denn die ePA wird im ersten Schritt noch nicht alle angedachten Funktionen enthalten.
Dies dürfte deutschlandweit erst im zweiten Halbjahr 2021 der Fall sein. Seit Jahresbeginn nehmen erst einmal wenige, ausgewählte Arztpraxen in Berlin und Nordrhein-Westfalen am Probebetrieb teil. Noch fehle laut der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) der so genannte Konnektor, damit die Ärztinnen und Ärzte sicher kommunizieren und Daten übertragen können. Ab dem 1. Juli 2021 sollen aber alle Leistungserbringer, die von den Krankenkassen zugelassen sind, technisch dafür ausgestattet sein, sich an das ePA-System anzuschließen – und damit mit Leben zu befüllen. Ab diesem Stichtag sind sie dazu auch gesetzlich verpflichtet. Die flächendeckende Anbindung der Krankenhäuser und Apotheken erstreckt sich auf das zweite Halbjahr 2021. Ab 2022 sollen weitere Inhalte hinzukommen. Unter anderem können dann das Zahnbonusheft, das Untersuchungsheft für Kinder und der Impfpass in der ePA gespeichert werden. Zudem wird das Zugriffsmanagement für die ePA verfeinert.
Nein. Seit 1. Januar kann jeder Versicherte eine elektronische Patientenakte bei seiner Krankenkasse erhalten – mit Betonung auf „kann“: Denn die Nutzung ist freiwillig.