Header
Gesunde Ernährung

Wie gesund sind Chia-Samen und Leinsamen?

Studiencheck

Chia-Samen enthalten viele wertvolle Fette, Eiweiße (Proteine) und Ballaststoffe. Deshalb werden sie als besonders gesund beworben. Leinsamen gilt als heimische und preisgünstige Alternative. Aber wird man wirklich gesünder, wenn man Chia-Samen- oder Leinsamen-Produkte isst? Wir haben uns die Studienlage dazu angeschaut.

Was sind Ballaststoffe?

Ballaststoffe sind bestimmte Fasern in pflanzlichen Lebensmitteln. Sie kommen in Vollkornprodukten, Gemüse, Obst, Nüssen und Hülsenfrüchten vor. Der Körper kann die Ballaststoffe selbst nicht verdauen. Sie helfen dem Magen-Darm-System aber dabei, andere Speisen zu verdauen. Außerdem sollen sie dazu beitragen, den Blutzuckerspiegel und das Cholesterin zu senken. Da Ballaststoffe keine Kalorien enthalten, machen sie satt, aber nicht dick.

Chia-Samen stammen von der mexikanischen Chia-Pflanze ab. Sie werden für Gebäck verwendet, aber auch als Grundlage für Pudding oder Smoothies. Leinsamen sind die Samen der Flachs-Pflanze. Man kennt sie als Garnitur von Brot oder als Zugabe im Müsli. Chia-Samen und Leinsamen enthalten fast gleich viele gesunde Fette, Eiweiße und Ballaststoffe. Beide Sorten Samen sollen angeblich die Verdauung unterstützen, das Cholesterin und den Blutzucker senken und dadurch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes vorbeugen.

Chia-Samen wird zudem nachgesagt, dass sie eine gesunde Haut fördern, beim Abnehmen helfen und Beschwerden wie Gelenkschmerzen oder Sodbrennen lindern.

Leinsamen fördern angeblich die Verdauung, lindern Entzündungen und beugen sogar Krebs vor. Aber stimmt das auch?

Was wurde untersucht?

Bei unseren Recherchen fanden wir drei randomisiert-kontrollierte Studien (RCTs) zu Chia-Samen und 15 zu Leinsamen. Jede Studie bestand aus zwei Gruppen: Die eine aß täglich Chia-Samen oder Leinsamen z. B. als Gebäck oder vermischt mit Joghurt. Die andere Gruppe aß dagegen ein anderes Samenprodukt, z. B. Weizen oder Mohn. Es liegt keine Studie vor, in der Leinsamen und Chia-Samen direkt miteinander verglichen wurden. Keine Studie untersuchte, ob Chiasamen oder Leinsamen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Krebs vorbeugen können. Für diese nachgesagten Wirkungen gibt es also keinen wissenschaftlichen Beleg.

Die Ergebnisse

Studien bestätigten die meisten Gesundheitseffekte von Chia-Samen und Leinsamen nicht oder nur zum Teil. In den Studien konnte kein Effekt der Chia-Samen auf die Blutfettwerte, den Blutzucker-Spiegel oder den Blutdruck beobachtet werden. Auch beim Körpergewicht und beim Hüftumfang zeigte sich keine Veränderung. Der Verzehr von Chia-Samen hatte auch keinen Einfluss auf das Wohlbefinden der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Bei Personen, die täglich Leinsamen aßen, verbesserten sich dagegen die Blutfettwerte und der Blutdruck: Das Gesamtcholesterin reduzierte sich leicht um 0,3 mmol/l (9,7 mg/dl) und das LDL-Cholesterin um 0,2 mmol/l (8,6 mg/dl). Der obere (systolische) Blutdruck sank um 3,1 mmHg über einen Zeitraum von einer Woche bis zwölf Monaten. 

Bei Frauen in oder nach den Wechseljahren sank zusätzlich das Körpergewicht um 0,7 kg. Bei manchen besserten sich auch typische Wechseljahrs-Beschwerden wie Hitzewallungen oder nächtliche Schweißausbrüche, bei anderen aber auch nicht. 

Verstärkt auftretende Nebenwirkungen durch den Verzehr von Chia- oder Leinsamen wurden in den Studien nicht festgestellt.

Einschränkungen der Ergebnisse

Das Vertrauen in die Studienergebnisse zu Chia-Samen und Leinsamen ist eingeschränkt. Bei den Chia-Samen lagen nur wenige Studien mit wenigen Teilnehmenden vor, zu Leinsamen mehr. Allerdings hatten auch diese nur wenige Beteiligte. Außerdem dauerten die Studien nur wenige Wochen. Lediglich eine Leinsamen-Studie beobachtete die Testpersonen über ein ganzes Jahr. Es gab außerdem zum Teil Mängel im Aufbau der Studien, die die Ergebnisse beeinflusst haben könnten. Daher lässt sich nicht sagen, wie sich der tägliche Verzehr von Chia-Samen oder Leinsamen langfristig auf die Gesundheit auswirkt.

Wer nahm an den Studien teil?

An den Studien nahmen Erwachsene ohne Vorerkrankungen teil. Manche von ihnen hatten ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie erhöhten Blutdruck oder hohe Cholesterinwerte. Einige waren auch übergewichtig. An einer Chia-Samen-Studie sowie sechs Leinsamen-Studien nahmen Frauen in oder nach den Wechseljahren teil. Die größte Chia-Samen-Studie hatte 90 Testpersonen, die größte Leinsamen-Studie 199 Teilnehmende. Die Studien dauerten zwischen einer und 24 Wochen. In nur einer Studie wurde der Effekt von Leinsamen im Zeitraum von einem Jahr untersucht.

Ernährungstrend Superfood

Sie gelten als Wunderwaffen gegen Erkrankungen, Schlankheitsmittel oder Anti-Aging-Elixier: sogenannte Superfoods. Aber halten sie auch, was sie versprechen?

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

Brahe LK, Blaedel T, Astrup A et al. Dietary modulation of the gut microbiota – a randomised controlled trial in obese postmenopausal women. British Journal of Nutrition 2015;114(3):406–17.

Cunnane SC, Hamadeh MJ, Liede AC et al. Nutritional attributes of traditional flaxseed in healthy young adults. American Journal of Clinical Nutrition 1995;61(1):62–8.

Colli MC, Bracht A, Soares AA et al. Evaluation of the efficacy of flaxseed meal and flaxseed extract in reducing menopausal symptoms. Journal of Medicinal Food 2012;15(9):840–5.

Dodin S, Lemay A, Jacques H et al. The effects of flaxseed dietary supplement on lipid profile, bone mineral density, and symptoms in menopausal women: A randomized, double-blind, wheat germ placebo-controlled clinical trial. Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism 2005;90(3):1390–7.

Dodin S, Lemay A, Asselin G et al. Flaxseed on cardiovascular disease markers in healthy menopausal women: A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Nutrition 2008;24(1):23–30.

Hutchins AM, Brown BD, Domitrovich SG et al. Daily flaxseed consumption improves glycemic control in obese men and women with pre-diabetes: A randomized study. Nutrition Research 2013;33(5):367–75.

Javidi A, Nadjarzadeh A, Mozaffari-Khosravi H et al. The effect of flaxseed powder on insulin resistance indices and blood pressure in prediabetic individuals: A randomized controlled clinical trial. Journal of Research in Medical Sciences 2016;21(5):70.

Kawakami Y, Yamanaka-Okumura H, Naniwa-Kuroki Y et al. Flaxseed oil intake reduces serum small dense low-density lipoprotein concentrations in Japanese men: A randomized, double blind, crossover study. Nutrition Journal 2015;14(1):39.

Kontogianni MD, Vlassopoulos A, Gatzieva A et al. Flaxseed oil does not affect inflammatory markers and lipid profile compared to olive oil, in young, healthy, normal weight adults. Metabolism: Clinical and Experimental 2013;62(5):686–93.

Kristensen M, Jensen MG, Aarestrup J, Petersen KE, Søndergaard L, Mikkelsen MS, Astrup A. Flaxseed dietary fibers lower cholesterol and increase fecal fat excretion, but magnitude of effect depend on food type. Nutr Metab (Lond). 2012 Feb 3;9:8. 

Kuang X, Kong Y, Hu X et al. Defatted flaxseed flour improves weight loss and lipid profile in overweight and obese adults: A randomized controlled trial. Food & Function 2020;11(9):8237–47.

Landeszentrum für Ernährung. Ballaststoffe – alles andere als Ballast.  2019. [online] https://landeszentrum-bw.de/,Lde/Startseite/wissen/Ballaststoffe/?LISTPAGE=9284417 [21.03.2022]

Landeszentrum für Ernährung. Kleine Samen, große Wirkung: Leinsamen. 2020. [online] https://landeszentrum-bw.de/,Lde/Startseite/wissen/Leinsamen [21.03.2022]

Lewis JE, Nickell LA, Hilditch JR et al. A randomized controlled trial of the effect of dietary soy and flaxseed muffins on quality of life and hot flashes during menopause. Menopause 2006;13(4):631–42.

Lucas EA, Wild RD, Hammond LJ et al. Flaxseed improves lipid profile without altering biomarkers of bone metabolism in postmenopausal women. Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism 2002;87(4):1527–32.

Nieman DC, Cayea EJ, Austin MD et al. Chia seed does not promote weight loss or alter disease risk factors in overweight adults. Nutrition Research 2009;29(6):414–8.

Nieman DC, Shanely RA, Gillitt N et al. Chia seed supplementation and disease risk factors in overweight women: A metabolomics investigation. Journal of Alternative and Complementary Medicine 2012;18(7):700–8.

Rolfsmeyer D. Merkblatt Leinsaat – Kulturanleitung Leinsaat/Öllein (Linum usitatissimum L.). Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen GmbH; 2018.

Simbalista RL, Areas JAG, Aldrighi JM et al. Consumption of a flaxseed-rich food is not more effective than a placebo in alleviating the climacteric symptoms of postmenopausal women. Journal of Nutrition 2010;140(2):293–7.

Tarpila S, Aro A, Salminen I et al. The effect of flaxseed supplementation in processed foods on serum fatty acids and enterolactone. European Journal of Clinical Nutrition 2002;56(2):157–65.

Tavares Toscano L, Tavares Toscano L, Leite Tavares R et al. Chia induces clinically discrete weight loss and improves lipid profile only in altered previous values. Nutricion hospitalaria 2015;31(3):1176–82.

Verbraucherzentrale NRW e. V. Chia-Samen – wie gesund ist das angebliche Superfood wirklich?. 2021. [online]. https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/chiasamen-wie-gesund-ist-das-angebliche-superfood-wirklich-11792 [21.03.2022]

Verbraucherzentrale Bremen e. V. Superfood – super nah. Heimische Alternativen zu exotischem Superfood. 2019. [online] https://www.verbraucherzentrale-bremen.de/sites/default/files/2020-05/Flyer_Superfood_HB_web_2.pdf [21.03.2022].

Yari Z, Rahimlou M, Poustchi H, Hekmatdoost A. Flaxseed supplementation improves anthropometric measurements, metabolic, and inflammatory biomarkers in overweight and obese adults. Int J Vitam Nutr Res. 2019 Mar 7:1-8. 
 

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Autoren und Autorinnen:
Anne Engler
Anne Engler

Anne Engler

Referentin Evidenzbasierte Medizin
Anne Engler ist Gesundheitswissenschaftlerin. Für die Stiftung erarbeitet sie mit den Methoden der evidenzbasierten Medizin Inhalte für multimediale Informationsangebote.
,
Jochen Randig
Jochen Randig

Jochen Randig

Senior-Multimedia-Producer / Fachleitung multimediale Formate
Jochen Randig ist Kommunikationswissenschaftler mit Schwerpunkt Bewegtbild. Für die Stiftung konzipiert er multimediale Formate und ist für die Qualitätssicherung und Dienstleistersteuerung in diesem Bereich zuständig.
,
Lisa-Marie Ströhlein
Lisa-Marie Ströhlein

Lisa-Marie Ströhlein

Medical Writerin
Lisa-Marie Ströhlein studierte Medizinische Biologie mit dem Schwerpunkt Wissenschaftskommunikation. Für die Stiftung bereitet sie komplexe medizinische Themen und Inhalte in laienverständlicher Sprache auf.
Wissenschaftliche Beratung:
BA MA Carolin Zipp

BA MA Carolin Zipp

Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Medizinische Universität Graz
,
BSc, MSc Cornelia Krenn
Cornelia Krenn, BSc, MSc

BSc, MSc Cornelia Krenn

Frau Cornelia Krenn, BSc, MSc studierte Gesundheits- und Pflegewissenschaft an der Medizinischen Universität Graz. Vor ihrer Anstellung an der Medizinischen Universität Graz war sie mehrere Jahre als Pharmakovigilanz-Managerin in einem österreichischen Pharmaunternehmen tätig. Seit 2017 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich evidenzbasierte Medizin am Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung beschäftigt. Daneben absolviert Frau Krenn aktuell das Doktoratsstudium „Sustainable Health Research“ an der Medizinischen Universität Graz.
,
Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch
Portrait Univ.Ass. Mag.rer.nat. Thomas Semlitsch

Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch

Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch studierte Chemie mit dem Ausbildungsschwerpunkt Biochemie und Zellbiologie der Karl Franzens Universität Graz. Vor seiner Anstellung an der Medizinischen Universität Graz war er mehrere Jahre im Bereich Qualitätsmanagement und als Koordinator klinischer Studien an einer österreichischen Privatklinik tätig und absolvierte 2007 eine Post-Graduate Ausbildung zum Good Laboratory Practice (GLP) -Beauftragten für den Bereich analytisches Labor. Von 2008 bis 2014 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Research Unit „EBM Review Center“ der Medizinischen Universität Graz und von 2011 bis 2014 auch am Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften der Joanneum Research Forschungsgesellschaft tätig. Seit 2015 ist er als Univ. Assistent am Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung im Fachbereich Evidenzbasierte Medizin beschäftigt. Herr Semlitsch ist seit 2018 Fachbereichssprecher der Sektion Österreich und somit Mitglied des erweiternden Vorstands des Deutschen Netzwerks Evidenz basierte Medizin (DNEbM).

Die Stiftung Gesundheitswissen hat das Ziel, verlässliches Gesundheitswissen in der Bevölkerung zu stärken. Die an der Erstellung unserer Angebote beteiligten Personen haben keine Interessenkonflikte, die eine unabhängige und neutrale Informationsvermittlung beeinflussen.

Weitere Hinweise zum Umgang mit Interessenkonflikten finden Sie hier.

Alle unsere Angebote beruhen auf den derzeit besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie stellen keine endgültige Bewertung dar und sind keine Empfehlungen.

Weitere wichtige Hinweise zu unseren Angeboten finden Sie hier.

Erstellt am: 17.08.2022