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Gesunde Ernährung

Schützen Quinoa und Hirse vor Erkrankungen?

Studiencheck

Quinoa und Hirse werden viele gesundheitsfördernde Wirkungen zugesprochen. Aber wird man wirklich gesünder, wenn man Quinoa- oder Hirse-Produkte isst? Wir haben uns die Studienlage dazu angeschaut.

Quinoa ist eine südamerikanische Pflanze, deren Samen ähnlich wie Getreide verwendet werden. Hirse ist ein sehr altes Getreide, das seit einigen Jahren auch hierzulande wieder beliebter wird. Quinoa und Hirse enthalten viel Eiweiß (Protein) und Eisen. Eisen ist ein lebensnotwendiger Stoff. Der Körper braucht z. B. Eisen, um Sauerstoff zu transportieren. Auch bei der Abwehr von Krankheitserregern spielt Eisen eine wichtige Rolle. Fast alle Lebensmittel enthalten es. Bei einer ausgewogenen Ernährung bekommt der Körper in der Regel also ausreichend Eisen. 

Was bedeutet „glutenfrei“?

Quinoa und Hirse sind glutenfrei – sie enthalten also kein Gluten. Gluten ist eine Eiweißart, die in vielen Getreidesorten (z. B. Weizen oder Roggen) vorkommt. Die meisten Menschen vertragen es gut. Bei manchen Menschen verursacht Gluten aber heftige Bauchschmerzen, Blähungen und Übelkeit. Diese Unverträglichkeit nennt man Zöliakie. Menschen mit Zöliakie dürfen keine Lebensmittel mit Gluten essen. Für diese Menschen sind glutenfreie Lebensmittel also sehr wichtig.

Quinoa und Hirse sollen viele gesundheitsfördernde Eigenschaften haben. So senken sie angeblich den Blutdruck und das Cholesterin. Dadurch sollen sie vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkten oder Schlaganfällen schützen. Von Quinoa wird behauptet, dass sie lange satt macht und dadurch beim Abnehmen helfen kann. Hirse soll sogar Krebs vorbeugen und Diabetes heilen. Aber stimmt das auch? 

Was wurde untersucht?

Bei unseren Recherchen fanden wir vier randomisiert-kontrollierte Studien (RCTs) zu Quinoa und zwei zu Hirse. Jede Studie bestand aus zwei Gruppen: Die eine aß täglich Quinoa oder Hirse, etwa in Form von Gebäck oder Frühstücksflocken. Die andere Gruppe aß weiterhin herkömmliche Produkte aus Weizen- oder Maismehl. Es gab keine Studien, in der Hirse und Quinoa direkt miteinander verglichen wurden. Keine Studie untersuchte, ob Quinoa oder Hirse Krebs vorbeugen oder Diabetes heilen können. Für diese nachgesagten Wirkungen gibt es also keinen wissenschaftlichen Beleg.

Die Ergebnisse

Studien bestätigten die angeblichen Gesundheitseffekte von Quinoa und Hirse nicht. Es ließ sich kein Effekt durch Quinoa und Hirse auf den Blutdruck, das Cholesterin oder die Blutzuckerwerte bei gesunden Erwachsenen beobachten. Bei Menschen, die Quinoa aßen, sank das Körpergewicht innerhalb von vier bis zwölf Wochen um 0,5 Kilogramm. Es ist fraglich, ob diese Gewichtsabnahme Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Die Menschen, die täglich Hirse aßen, zeigten keine Gewichtsabnahme. Da die Studien nur einige Wochen dauerten, lässt sich nicht sagen, wie Quinoa und Hirse die Gesundheit langfristig beeinflussen. Die Studien machten keine Angaben zu Nebenwirkungen durch den Verzehr von Quinoa und Hirse.

Einschränkung der Ergebnisse

Das Vertrauen in die Studienergebnisse ist eingeschränkt. Das liegt zum einen daran, dass nur wenige Menschen an den Studien teilnahmen und der Studienzeitraum zu kurz war, um langfristige Effekte von Quinoa und Hirse zu untersuchen. Zum anderen könnten Mängel im Aufbau der Studien, vor allem zu Hirse, die Ergebnisse beeinflusst haben.

Woher stammen die Aussagen?

An den Studien nahmen Erwachsene ohne Vorerkrankungen teil. Manche von ihnen hatten ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. erhöhte Blutdruck- oder Cholesterin-Werte). Sie nahmen jedoch keine entsprechenden Medikamente ein. An zwei der vier Studien zu Quinoa und an beiden Studien zu Hirse nahmen übergewichtige Personen mit einem BMI von über 25 kg/m2 teil. An der größten Quinoa-Studie beteiligten sich 64 Menschen, an der größten Hirse-Studie 60 Personen. Keine Studie dauerte länger als zwölf Wochen.

Ernährungstrend Superfood

Sie gelten als Wunderwaffen gegen Erkrankungen, Schlankheitsmittel oder Anti-Aging-Elixier: sogenannte Superfoods. Aber halten sie auch, was sie versprechen?

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

Anunciacao PC, Cardoso LdM, Alfenas RdCG et al. Extruded sorghum consumption associated with a caloric restricted diet reduces body fat in overweight men: A randomized controlled trial. Food Research International (Ottawa, Ont) 2019;119:693–700.

BfR – Bundesinstitut für Risikobewertung. Fragen und Antworten zu Eisen in Lebensmitteln. 2008. [online] https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_eisen_in_lebensmitteln-28383.html [21.03.2022].

De Carvalho FG, Ovidio PPa, Padovan GJo, Jordao Junior AAf, Marchini JSe, Navarro AMa. Metabolic parameters of postmenopausal women after quinoa or corn flakes intake – a prospective and double-blind study. International Journal of Food Sciences and Nutrition 2014;65(3):380–5.

Eat Smarter. 5 Gründe, warum Quinoa so gesund ist. 2019. [online] https://eatsmarter.de/ernaehrung/gesund-ernaehren/5-gruende-warum-quinoa-so-gesund-ist-0 [21.03.2022].

Eat Smarter. Hirse. 2021. [online] https://eatsmarter.de/lexikon/warenkunde/getreide/hirse [21.03.2022]. 

Li L, Lietz G, Watson A, Morfey B, Seal C, Bal W. Effects of quinoa (Chenopodium quinoa Willd.) consumption on markers of CVD risk. Nutrients 2018;10(6):777.

Navarro-Perez D, Jois M, Radcliffe J, Tierney A. Quinoa seed lowers serum triglycerides in overweight and obese subjects: A dose-response randomized controlled clinical trial. Current Developments in Nutrition 2017;1(9):e001321.
    
Pourshahidi LK, Ternan NG, Gill CIR, Caballero E, Osses A, Hyland BW. Modest improvement in CVD risk markers in older adults following quinoa (Chenopodium quinoa Willd.) consumption: A randomized-controlled crossover study with a novel food product. European Journal of Nutrition 2020;59(7):3313–23.

Pschyrembel Online. Gluten. 2020. [online] https://www.pschyrembel.de/Gluten/K0902 [21.03.2022]

Stefoska-Needham A, Beck EJ, Tapsell LC et al. A diet enriched with red sorghum flaked biscuits, compared to a diet containing white wheat flaked biscuits, does not enhance the effectiveness of an energy-restricted meal plan in overweight and mildly obese adults. Journal of the American College of Nutrition 2017;36(3):184–92.

Verbraucherzentrale Bremen e. V. Superfood – super nah. Heimische Alternativen zu exotischem Superfood. 2019. [online] https://www.verbraucherzentrale-bremen.de/sites/default/files/2020-05/Flyer_Superfood_HB_web_2.pdf [21.03.2022]

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Autoren und Autorinnen:
Anne Engler
Anne Engler

Anne Engler

Referentin Evidenzbasierte Medizin
Anne Engler ist Gesundheitswissenschaftlerin. Für die Stiftung erarbeitet sie mit den Methoden der evidenzbasierten Medizin Inhalte für multimediale Informationsangebote.
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Jochen Randig
Jochen Randig

Jochen Randig

Senior-Multimedia-Producer / Fachleitung multimediale Formate
Jochen Randig ist Kommunikationswissenschaftler mit Schwerpunkt Bewegtbild. Für die Stiftung konzipiert er multimediale Formate und ist für die Qualitätssicherung und Dienstleistersteuerung in diesem Bereich zuständig.
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Lisa-Marie Ströhlein
Lisa-Marie Ströhlein

Lisa-Marie Ströhlein

Medical Writerin
Lisa-Marie Ströhlein studierte Medizinische Biologie mit dem Schwerpunkt Wissenschaftskommunikation. Für die Stiftung bereitet sie komplexe medizinische Themen und Inhalte in laienverständlicher Sprache auf.
Wissenschaftliche Beratung:
BA MA Carolin Zipp

BA MA Carolin Zipp

Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung, Medizinische Universität Graz
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BSc, MSc Cornelia Krenn
Cornelia Krenn, BSc, MSc

BSc, MSc Cornelia Krenn

Frau Cornelia Krenn, BSc, MSc studierte Gesundheits- und Pflegewissenschaft an der Medizinischen Universität Graz. Vor ihrer Anstellung an der Medizinischen Universität Graz war sie mehrere Jahre als Pharmakovigilanz-Managerin in einem österreichischen Pharmaunternehmen tätig. Seit 2017 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich evidenzbasierte Medizin am Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung beschäftigt. Daneben absolviert Frau Krenn aktuell das Doktoratsstudium „Sustainable Health Research“ an der Medizinischen Universität Graz.
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Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch
Portrait Univ.Ass. Mag.rer.nat. Thomas Semlitsch

Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch

Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch studierte Chemie mit dem Ausbildungsschwerpunkt Biochemie und Zellbiologie der Karl Franzens Universität Graz. Vor seiner Anstellung an der Medizinischen Universität Graz war er mehrere Jahre im Bereich Qualitätsmanagement und als Koordinator klinischer Studien an einer österreichischen Privatklinik tätig und absolvierte 2007 eine Post-Graduate Ausbildung zum Good Laboratory Practice (GLP) -Beauftragten für den Bereich analytisches Labor. Von 2008 bis 2014 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Research Unit „EBM Review Center“ der Medizinischen Universität Graz und von 2011 bis 2014 auch am Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften der Joanneum Research Forschungsgesellschaft tätig. Seit 2015 ist er als Univ. Assistent am Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung im Fachbereich Evidenzbasierte Medizin beschäftigt. Herr Semlitsch ist seit 2018 Fachbereichssprecher der Sektion Österreich und somit Mitglied des erweiternden Vorstands des Deutschen Netzwerks Evidenz basierte Medizin (DNEbM).

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Erstellt am: 17.08.2022