Wie informieren sich Menschen mit chronischen Erkrankungen zu Gesundheitsthemen? Welche Informationen wünschen sie sich? Und welche Schlüsse können für eine verbesserte Ansprache im Bereich Gesundheitskommunikation gezogen werden? Eine Zusammenfassung der Studie „Gesundheitsorientierung und Informationsverhalten chronisch Kranker“ der Stiftung Gesundheitswissen.
In Deutschland haben etwa 40 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren eine chronische Erkrankung. Diese Zahl wird in den kommenden Jahren steigen, denn mit dem Alter der Bevölkerung nimmt auch die Anzahl der chronisch kranken Menschen zu. Die Stiftung Gesundheitswissen hat daher gemeinsam mit dem Institut für Demoskopie Allensbach in einer Umfrage den Blick speziell auf die Informationsbedarfe von Menschen mit chronischen Erkrankungen gerichtet. Untersucht wurden unter anderem die Nutzung von Informationen und das Vertrauen in Informationsquellen.
Menschen mit chronischen Erkrankungen haben ein hohes Interesse, sich allgemein über Gesundheitsthemen, Krankheitsbilder und Prävention zu informieren. Allerdings tritt dieses allgemeine Interesse in den Hintergrund, je stärker die eigene Krankheit den Alltag beeinträchtigt. Informationen, die die persönliche Situation betreffen, werden wichtiger.
Konkret suchen die betroffenen Menschen nach Hilfen für den Umgang mit der Erkrankung und bei Entscheidungen zu Behandlungsmöglichkeiten: 71 Prozent der chronisch Kranken interessieren sich besonders für die Wirksamkeit und Risiken von Medikamenten, 68 Prozent für die Frage, welche Behandlungen und Therapien in bestimmten Fällen sinnvoll sind.
Die Mehrheit der chronisch Kranken interessiert sich zudem für die Möglichkeiten einer konsequenten Gesundheitsvorsorge durch Vorsorgeuntersuchungen und auch die Einschätzung, was eine gute Behandlung und eine gute Ärztin und einen guten Arzt ausmacht. Auch Hilfen zur Bewertung, um den richtigen Facharzt, das geeignete Krankenhaus oder die beste Reha-Einrichtung zu finden, treffen auf großes Interesse.
Schlussfolgerung der Stiftung Gesundheitswissen:
„Für chronisch Kranke reicht es nicht, Basis-Informationen über Krankheiten zur Verfügung zu stellen. Die Informationen müssen so konzipiert und aufbereitet sein, dass sie speziell auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen eingehen“, sagt Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen.
Die überwältigende Mehrheit der chronisch Kranken zieht die positive Bilanz, dass sie über ihre Krankheit und die Behandlungsmöglichkeiten gut bis sehr gut Bescheid wissen. Über die letzten Jahre hinweg hat sich der Anteil sogar erhöht: 2015 fühlten sich 25 Prozent der chronisch Erkrankten sehr gut informiert, Ende 2019 waren es 32 Prozent. 55 Prozent schätzten ihren Wissensstand als "gut" ein, 2015 sagten das 64 Prozent der Befragten. Je länger die eigene Erkrankung bereits dauert, desto weniger haben die Betroffenen den Eindruck, dass sie nur einen unzureichenden Zugang zu den relevanten Informationen haben.
Allerdings fällt es überdurchschnittlich älteren und insbesondere chronisch Kranken mit erheblichen Einschränkungen schwer, an relevante Informationen zu kommen. 35 Prozent wussten gar nicht, an wen sie sich wenden sollten. 40 Prozent der chronisch Kranken mit erheblichen Einschränkungen im Alltag beklagten, dass man sich für ihre Information und Beratung nicht genügend Zeit genommen habe und 34 Prozent sagten, dass nicht genug auf ihre persönliche Situation eingegangen wurde.
Auch die Bewertung von Informationen fällt chronisch Kranken mit erheblichen Einschränkungen schwerer als denjenigen, die nur begrenzt oder überhaupt nicht im Alltag durch ihre Krankheit beeinträchtigt werden. So waren 35 Prozent der chronisch Kranken mit erheblichen Einschränkungen öfter unsicher, welche Informationen zuverlässig sind und welche nicht. Ebenso viele berichten von widersprüchlichen Informationen.
Schlussfolgerung der Stiftung Gesundheitswissen:
„Die Menschen wünschen sich verlässliche Gesundheitsinformationen, die ihnen unmittelbar bei der Einschätzung und Bewältigung der eigenen Krankheit helfen wie auch bei der Suche geeigneter Ansprechpartner und Anlaufstellen im Gesundheitssystem“, so Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen. „Hier sind alle Anbieter von verlässlichen Gesundheitsinformationen gefordert.“
Vor allem persönliche Informationsquellen spielen für Menschen mit chronischen Erkrankungen eine große Rolle. Insbesondere Gespräche mit dem Hausarzt und mit privaten Bezugspersonen sind sehr wichtig, wie die Analyse ergab. Demnach informieren sich 58 Prozent der chronisch Kranken durch Gespräche mit dem Hausarzt über Gesundheitsthemen und Krankheitsbilder. Bei Erkrankten mit erheblichen Einschränkungen sind es sogar 68 Prozent.
Haus- und Fachärzten wird gleichzeitig auch das größte Vertrauen geschenkt. Mehr als 80 Prozent der Menschen mit chronischen Erkrankungen sagen, dass sie im Gespräch mit dem Facharzt oder dem Hausarzt zuverlässige Informationen erhalten. Gefolgt von Gesprächen mit Apothekern und Gesundheitspersonal, Fernsehbeiträgen und Artikeln in Fachbüchern und Fachzeitschriften und in Apothekenzeitschriften. 37 Prozent der chronisch Kranken vertrauen Apothekenzeitschriften, 19 Prozent Gesundheitsartikel in Tageszeitungen. Beiträge im Fernsehen sind für 38 Prozent der chronisch Erkrankten eine vertrauenswürdige Informationsquelle.
Das Internet wird von Menschen mit chronischen Erkrankungen hingegen eher weniger als Informationsquelle für Gesundheitsthemen genutzt. Wobei dies stark vom Alter der Personen abhängt: Während von den unter 50-Jährigen praktisch alle das Internet nutzen – und 77 Prozent davon sogar täglich –, bewegen sich von den 65-jährigen und älteren chronisch Kranken nur knapp die Hälfte im Netz. Je stärker auch noch die Einschränkungen durch die Erkrankung sind, desto schwieriger ist die Gruppe über das Internet erreichbar, aber in beträchtlichem Umfang über andere Medienkanäle – vor allem auch über Informationen, die in Praxen und Gesundheitseinrichtungen ausliegen.
Schlussfolgerung der Stiftung Gesundheitswissen:
„Insbesondere ältere chronisch Kranke müssen auf anderem Wege angesprochen werden als jüngere chronisch Kranke. Um die Patientinnen und Patienten insgesamt zu erreichen, setzt die Stiftung daher nicht allein auf ihr Angebot von Gesundheitsinformationen im Internet. Sie stärkt auch Informationswege außerhalb des Netzes und möchte verstärkt mit Hausärzten zusammenarbeiten“, sagt Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gesundheitswissen.
2019 wurde in 1255 mündlich-persönlichen Interviews die deutsche Bevölkerung über 16 Jahre zu wichtigen Gesundheitsthemen befragt. Die Daten wurden vom Institut für Demoskopie Allensbach als repräsentative Bevölkerungsumfrage erhoben. Die aktuelle Analyse stützt sich auf 521 Fälle. Ergänzend wurden Daten aus der Mediaforschung des Instituts hinzugezogen, um die Entwicklung des Informationsverhaltens in der älteren Generation zu dokumentieren, die einen großen Teil der chronisch Kranken ausmacht. Erhebungszeitraum war vom 1. bis 12. September 2019.
40 Prozent der Bevölkerung in Deutschland haben eine oder mehrere chronische Erkrankungen und 30 Prozent leben 20 Jahre oder länger mit ihrer Erkrankung. Das zeigt eine aktuelle Studie der Stiftung Gesundheitswissen, die den Blick speziell auf chronisch Kranke und ihre individuellen Informationsbedürfnisse richtet. Lesen Sie dazu mehr in unserer Pressemitteilung.
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Erstellt am: 09.02.2022