Wie steht es um die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland? Wie beurteilen die Menschen ihre eigene Selbstwirksamkeit oder verschiedene Präventionsmaßnahmen? Und wie informieren sie sich zu Gesundheitsthemen, welche Informationsbedürfnisse haben sie und welche Rolle spielt dabei die persönliche Betroffenheit? Gemeinsam mit dem Institut für Demoskopie Allensbach führte die Stiftung Gesundheitswissen bereits zum zweiten Mal eine repräsentative Bevölkerungsumfrage durch. Die erste Erhebungswelle fand 2015 mit über 2.000 Befragten und 30 Einzelinterviews statt, die zweite 2019. In 1.255 mündlich-persönlichen Interviews wurde zuletzt die deutsche Bevölkerung zu wichtigen Gesundheitsthemen befragt. 2020 erfolgte die erste Datenauswertung im Gesundheitsbericht 2020.
Wissenschaftliche Beratung:
Wieweit unterscheiden sich die sozialen Schichten in Bezug auf ihr Verhalten und ihr Informationsbedürfnis in Gesundheitsfragen? Diese Frage stand im Fokus der ersten Analyse der repräsentativen Allensbach-Befragung.
Gäbe es Sport als Pille, würde sie wohl jeder schlucken. Trotzdem schnüren längst nicht alle ihre Sportschuhe, wie die Daten des aktuellen Gesundheitsberichtes der Stiftung Gesundheitswissen zeigen.
Wissen als Basis für Gesundheitsentscheidungen
Das Interesse an Gesundheitsthemen ist bei der Bevölkerung grundsätzlich hoch. Generell gilt: Für ihre Gesundheit interessieren sich ältere Menschen mehr als jüngere Menschen, Erkrankte mehr als Gesunde und Frauen mehr als Männer.
Zusätzlich ist es auch eine Frage der sozialen Schicht: Während es jedem Vierten aus sozial schwächeren Schichten schwerfällt, sich über Krankheiten zu informieren, äußern lediglich sechs Prozent aus sozial stärkeren Schichten ähnliche Probleme.
Diese Unterschiede bei der Informationssuche haben weitreichende Konsequenzen für das individuelle Handeln, das Zurechtfinden, die Navigation im Gesundheitssystem und die eigene Lebensweise. Gesundheitskompetenz und sozialer Status hängen also unmittelbar zusammen.
Bei Gesundheitsfragen geht ein Riss durch Deutschland
Menschen mit niedrigerem sozioökonomischem Status haben immer noch Nachteile in Gesundheitsfragen. Im Vergleich mit Menschen mit besserer Bildung und höherem Einkommen bewerten sie ihre Gesundheit schlechter und obendrein glauben sie seltener, dass sie ihre Gesundheit oder den Verlauf einer Erkrankung auch tatsächlich beeinflussen können.
An die präventive Wirkung von Sport glauben in sozial niedrigeren Schichten nur 59%, bei Menschen mit höherem sozioökonomischem Status liegt der Anteil bei 82%.
Ein bemerkenswertes Ergebnis der Studie ist auch, dass das Vertrauen der Menschen, die eigene Gesundheit stark beeinflussen zu können in den vergangenen fünf Jahren gesunken ist – und zwar statusunabhängig. Bei Befragten mit niedrigem sozioökonomischem Status wird das besonders deutlich. Sie glauben viel häufiger, dass ihr eigener Lebensstil keine Effekte auf ihre Gesundheit habe. Dabei ist gerade dieses Zutrauen eine wichtige Ressource.
Prävention zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Vielen Menschen ist durchaus bewusst, dass sich bestimmte Verhaltensweisen wie ausreichend Bewegung oder gesunde Ernährung positiv auf die Gesundheit auswirken können. Trotzdem setzt ein großer Anteil solche Maßnahmen in der Realität nicht um.
Immerhin rund zwei Drittel der Deutschen halten Stressvermeidung, Sport und Ernährung für wichtig. Aber nur knapp die Hälfte sorgt für mehr Entspannung, mehr Bewegung und gesunde Ernährung. Dabei ist die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit beim Sport am größten.
Unsere Studie zeigt eindrücklich die soziale Kluft in Gesundheitsfragen. Besonders überrascht hat mich bei den Ergebnissen der Studie, dass das Vertrauen, die eigene Gesundheit stark beeinflussen zu können, in den letzten Jahren quer durch die Bevölkerung gesunken ist. Daher ist es ein großes Anliegen der Stiftung Gesundheitswissen, das Vertrauen in die Selbstwirksamkeit, das entsprechende Wissen und das Verhalten ALLER Menschen zu verbessern. Damit Gesundheit nicht länger ein Statussymbol bleibt.
Zentrale Erkenntnisse des Gesundheitsberichts 2020 der Stiftung Gesundheitswissen auf einen Blick:
Bereichsleiter Kommunikation und Pressesprecher
markus.wohsmann@stiftung-gesundheitswissen.de
Das Thema "Informationsbedürfnisse von Patientinnen und Patienten" hat in den vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Das gilt sowohl für die öffentliche, politische und mediale Diskussion als auch für die wissenschaftliche Debatte, die vor allem in Medizin, Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Medizinsoziologie und -psychologie und Kommunikationswissenschaften intensiv angelaufen ist (Fromm et al. 2011: 68; Hurrelmann/Baumann 2014). Insgesamt gibt es aber noch erstaunlich wenige empirische Erkenntnisse darüber, wie sich die Informationsbedürfnisse in der Bevölkerung darstellen, wie Informationen tatsächlich gesucht und genutzt werden und wie das Informationsverhalten mit der eigenen gesundheitlichen Lage zusammenhängt. Auch die Informationssuche mit dem Ziel der Prävention und Gesundheitserhaltung hat stark an Bedeutung gewonnen (Fromm et al. 2011: 70). Aus diesem Grund hat die STIFTUNG GESUNDHEITSWISSEN das INSTITUT FÜR DEMOSKOPIE ALLENSBACH mit einer Studie zu diesen Themen beauftragt. Wissenschaftlich begleitet werden die Erhebungen und Analysen von Prof. Dr. Doris Schaeffer, Leitung Interdisziplinäres Zentrum für Gesundheitskompetenzforschung der Universität Bielefeld und Prof. Dr. Klaus Hurrelmann, Professor of Public Health and Education an der Hertie School of Governance.
Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung
Erstellt vom Team Stiftung Gesundheitswissen.
Dieser Text wurde ursprünglich am 03.02.2021 erstellt und wird regelmäßig überprüft.
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Bei der Erstellung dieser Gesundheitsinformationen lagen keine Interessenkonflikte vor.
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