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Diabetes Typ 2

Schulungen bei einfacher Insulintherapie

Studiencheck

Um Diabetes Typ 2 erfolgreich zu behandeln, ist die Mitarbeit der Betroffenen besonders wichtig. Dafür müssen Menschen mit Diabetes verschiedene Kenntnisse und Fähigkeiten zu ihrer Erkrankung erlernen. Diabetesschulungen sollen diese Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln. In Deutschland gibt es dafür verschiedene Schulungsprogramme.

Was ist die MEDIAS-2-BOT+SIT+CT-Schulung?

Die MEDIAS-2-BOT+SIT+CT-Gruppenschulung wurde für Menschen mit Diabetes Typ 2 entwickelt, die jeden Tag Insulin spritzen und zumeist noch zusätzlich blutzuckersenkende Tabletten einnehmen. Die Schulung ist auch unter dem Namen MEDIAS 2 BSC bekannt. MEDIAS 2 steht für „Mehr Diabetes-Selbstmanagement für Typ 2“. Die Schulung eignet sich bei folgenden Behandlungen:

  • Basalunterstützte orale Therapie (BOT)
  • Supplementäre Therapie (SIT)
  • Konventionelle Therapie (CT)

Die Schulung ist auf Menschen abgestimmt, die eine Insulintherapie neu beginnen, eignet sich aber auch für Personen, die schon länger eine der oben genannten Behandlungen anwenden. Die Teilnehmenden üben unter anderem, eigenständig den Blutzucker zu messen und sich selbst Insulin zu spritzen. Außerdem lernen sie, die richtigen Zeitabstände zwischen Insulinspritze und Mahlzeiten einzuhalten. Die Schulung vermittelt auch, wie man Unterzuckerungen vorbeugen kann, wie man sie erkennt und wie sie behandelt werden. 

Die MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung ist von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zertifiziert und vom Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) als Programm zur Verwendung im Rahmen des Disease Management Programms (DMP) anerkannt. Die Wirksamkeit der Schulung wurde in den Jahren 2013 bis 2016 von einer deutschen Forschungsgruppe untersucht.

Kurz zusammengefasst

Wie waren die Studien aufgebaut?
In einer in Deutschland durchgeführten randomisiert-kontrollierten Studie mit 182 Teilnehmenden wurde die MEDIAS 2 ICT-Schulung mit einer Kombination aus zwei bestehenden evaluierten Schulungen verglichen. 

Was sind die Ergebnisse?
Die Ergebnisse weisen auf den Nutzen der MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung hin und zeigen, dass Teilnehmende der MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung ihren HbA1c-Wert nach sechs Monaten stärker senken konnten als Teilnehmende der Kontrollschulung. Beide Schulungen schnitten etwa gleich gut ab bezüglich des Diabeteswissens, der diabetesbezogenen Belastung und des Selbstfürsorgeverhaltens. 

Die Schulungen zeigten keinen Einfluss auf den selbstberichteten Gesundheitszustand der Teilnehmenden oder auf das Auftreten von schweren Unterzuckerungen. Unerwünschte Wirkungen oder Schäden wurden nicht berichtet. 

Ob die Effekte über einen längeren Zeitraum anhalten, ist unklar. Für eine verlässlichere Aussage sind Studien mit einer längeren Beobachtungsdauer notwendig. 

Wie verlässlich sind die Ergebnisse?
Die Ergebnisse basieren auf einer Einzelstudie. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Ergebnisse ist nur geringfügig eingeschränkt. 

Was wurde untersucht?

Eine randomisiert-kontrollierte Studie (RCT) untersuchte den Nutzen der MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung bei Menschen mit Diabetes Typ 2, die Insulin spritzen. Verglichen wurde die MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung mit einer Kombination aus zwei bestehenden evaluierten Schulungen: eine Schulung für Menschen mit Diabetes Typ 2, die Insulin spritzen, bestehend aus fünf Einheiten, und eine Einheit aus einer Schulung zur Behandlung von Bluthochdruck.

In der Studie wurde untersucht, ob die MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung einen vergleichbaren Nutzen hat wie die bereits länger angebotene Schulung.

Wozu ist die Kontrollschulung nötig?

In der Wissenschaft überprüft man die Wirksamkeit einer Behandlung, indem man zwei Testgruppen miteinander vergleicht: Die eine Gruppe bekommt die Behandlung, während die andere Gruppe – die Kontrollgruppe – ohne Behandlung bleibt. So einfach ist es aber nicht immer. Denn für Diabetes gibt es ja bereits Schulungsprogramme, deren Nutzen erwiesen ist. Es wäre ethisch nicht vertretbar, der Kontrollgruppe keine Schulung zu ermöglichen. Deshalb wurde in dieser Studie die neue Schulung mit der älteren verglichen.

In der Studie wurden die Teilnehmenden per Zufall in zwei Gruppen aufgeteilt:

  • Die eine Gruppe nahm an der MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung teil.
  • Die andere Gruppe nahm an der Kontrollschulung teil.

Beide Schulungen bestanden aus jeweils sechs Schulungseinheiten zu je 90 Minuten.
Sechs Monate nach der letzten Einheit wurde untersucht, wie wirksam die Schulungen jeweils waren. Dabei wurde unter anderem auf folgende Punkte geachtet:

  • Hatten die Schulungen einen Einfluss auf den Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c-Wert)?
  • Konnten die Teilnehmenden nachhaltiges Wissen über ihre Erkrankung erwerben?
  • Konnten die Schulungen helfen, psychische Belastungen durch den Diabetes zu verringern?
  • Haben die Schulungen die Teilnehmenden dazu motiviert, besser für sich selbst zu sorgen?

Nutzen der MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung

Bewirkte die MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung eine Veränderung des Langzeit-Blutzuckerwerts (HbA1c)?

Der Langzeit- Blutzuckerwert entwickelte sich ein halbes Jahr nach den Schulungen wie folgt:

  • In der Gruppe, die an der MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung teilnahm, sank der durchschnittliche HbA1c-Wert um 0,6 Prozentpunkte.
  • In der Gruppe, die an der Kontrollschulung teilnahm, sank der durchschnittliche HbA1c-Wert um 0,3 Prozentpunkte.

Durch die MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung konnte der Langzeit-Blutzuckerwert stärker gesenkt werden. 

Welche Wirkung hat die MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung auf das Diabetes-Wissen? 

Der Wissensstand zum Diabetes wurde mit einem Wissenstest erhoben. Der Test bestand aus elf Fragen. 
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich das Diabetes-Wissen nach sechs Monaten durch die MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung gleichermaßen verbesserte wie in der Kontrollschulung. 

Welche Wirkung hat die MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung auf die diabetesbedingte Belastung?

Mit einem speziellen Fragebogen wurde erhoben, wie sehr die Teilnehmenden sich durch ihren Diabetes psychisch belastet fühlten. Der Fragebogen bestand aus 20 Fragen zu verschiedenen Schwierigkeiten im Umgang mit der Erkrankung. Die Befragten gaben an, inwieweit ein bestimmter Bereich für sie eine Belastung darstellte. Mögliche Belastungen können beispielsweise die Sorge um Unterzuckerungen, Zukunftsängste oder Schwierigkeiten bei der Bewältigung von Folgeerkrankungen sein. 
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die diabetesbezogene Belastung nach sechs Monaten in beiden Schulungsgruppen gleichermaßen verringert hatte. 

Welche Wirkung hat die MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung auf die Selbstfürsorge der Teilnehmenden?

Die Selbstfürsorge wurde mittels Fragebogen erhoben. Darin erfassten die Teilnehmenden, an wie vielen Tagen pro Woche sie etwas für ihre Selbstfürsorge getan haben. Zur Selbstfürsorge zählten gesunde Ernährung, körperliche Bewegung, Selbstüberwachung des Blutzuckers oder Fußpflege. 

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich das Selbstfürsorgeverhalten nach sechs Monaten in beiden Gruppen gleichermaßen verbessert hatte. Ebenso wie die Kontrollschulung führte die MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung also zu einer besseren Selbstfürsorge. 

Welche Wirkung hat die MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung auf den Gesundheitszustand?

Der Gesundheitszustand wurde mittels Fragebogen erhoben. Dabei schätzten die Befragten ihren Gesundheitszustand anhand von fünf Bereichen selbst ein: Beweglichkeit, die Fähigkeit, für sich selbst zu sorgen, alltägliche Tätigkeiten (wie Arbeit, Hausarbeit, Familie, Freizeit), Schmerzen und Angst/Niedergeschlagenheit. 

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung und die Kontrollschulung nach sechs Monaten keinen Einfluss auf den selbstberichteten Gesundheitszustand hatten.

Welche Wirkung hat die Schulung auf schwere Unterzuckerungen?

In beiden Gruppen traten in den sechs Monaten nach der Schulung keine schweren Fälle von Unterzuckerungen auf, die medizinische Hilfe erforderten. 

Schaden der MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung

Welche unerwünschten Folgen oder Nebenwirkungen sind aufgetreten?

Es wurden keine unerwünschten Folgen der MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung berichtet. Das bedeutet nicht, dass solche Folgen nicht auftreten können.

Die Ergebnisse basieren nur auf einer einzigen randomisiert-kontrollierten Studie (RCT). Aufgrund der Art der Intervention war keine Verblindung möglich: Sowohl die Teilnehmenden wussten, in welcher der beiden Gruppen sie waren und auch das Schulungspersonal hatte Kenntnis darüber. Es fehlt die Information, ob die Datenauswertung verblindet erfolgte. Durch eine fehlende Verblindung können bestimmte Erwartungen an die Schulung und ihre Wirkung entstehen. Es besteht ein Risiko, dass die Ergebnisse dadurch verzerrt werden.

Mit insgesamt 182 Teilnehmenden beruhen die Ergebnisse auf einer kleinen Studienpopulation. Aussagen, die über den untersuchten Zeitraum von sechs Monaten hinausgehen, sind nicht möglich. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Ergebnisse ist daher leicht eingeschränkt.

Die dargestellten Informationen stammen aus einer randomisiert-kontrollierten Studie (RCT), die von 2013 bis 2016 in Deutschland durchgeführt wurde. An der Studie nahmen 182 Personen teil. Das Durchschnittsalter lag bei rund 64 Jahren. Im Schnitt waren die Teilnehmenden zehn Jahre an Diabetes Typ 2 erkrankt. Nur zwei Teilnehmende wurden nicht mit Insulin behandelt. Die anderen Teilnehmenden wurden im Mittel seit zwei Jahren mit Insulin behandelt. Die meisten Teilnehmenden waren übergewichtig mit einem mittleren Body-Mass-Index (BMI) von rund 31. 

Die Gruppe, die an der MEDIAS 2 BOT+SIT+CT-Schulung teilnahm, bestand zu 58 Prozent aus Frauen. Der durchschnittliche Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c) lag zu Studienbeginn bei acht Prozent. 

Die Gruppe, die an der Kontrollschulung teilnahm, bestand zu 48 Prozent aus Frauen. Der durchschnittliche Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c) lag zu Studienbeginn bei 7,9 Prozent.

Was ist Diabetes Typ 2?

Diabetes Typ 2 ist eine Erkrankung des Stoffwechsels, die dazu führt, dass sich zu viel Zucker im Blut ansammelt. Dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte können zu schweren Komplikationen und Folgeerkrankungen führen. 

Wie Diabetes Typ 2 entsteht, welche Folgen er haben kann und wie die Erkrankung behandelt wird, erfahren Sie hier: > Diabetes Typ 2 im Überblick

Mehr über die Schulungsprogramme zu Diabetes Typ 2 können Sie hier nachlesen: > Alles Wichtige zu Diabetesschulungen im Überblick

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Diabetes – Strukturierte Schulungsprogramme – Langfassung, 1. Auflage. Version 4 [online]. 2012. https://www.leitlinien.de/mdb/downloads/nvl/diabetes-mellitus/archiv/schulungsprogramme/dm-schulungsprogramme-1aufl-vers4-lang.pdf [23.07.2021].

Hermanns N, Ehrmann D, Schall S, Maier B, Haak T, Kulzer B. The effect of an education programme (MEDIAS 2 BSC) of non-intensive insulin treatment regimens for people with type 2 diabetes: A randomized, multi-centre trial. Diabetic Medicine: A Journal of the British Diabetic Association 2017;34(8):1084–91. 

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Erstellt vom Team Stiftung Gesundheitswissen.

Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. Anke Steckelberg
Prof. Dr. Anke Steckelberg

Prof. Dr. Anke Steckelberg

Prof. Dr. phil. Anke Steckelberg studierte Lehramt Berufliche Schulen mit der Fachwissenschaft Gesundheit; promovierte in den Gesundheitswissenschaften zum Thema Evidenzbasierte Gesundheitsinformation und arbeitete danach an den Universitäten Hamburg und Bremen. Die Wissenschaftlerin forscht und lehrt zu den Themen evidenzbasierte Gesundheitsinformationen und kritische Gesundheitskompetenz. Sie ist seit 2016 als Professorin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg tätig.

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Erstellt am: 30.07.2021