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Diabetes Typ 2

Hilft eine Behandlung mit Dapagliflozin und Metformin?

Studiencheck

Reicht die Basistherapie nicht aus, um die Blutzuckerwerte zu senken, können zusätzlich Diabetes-Medikamente in Betracht gezogen werden. In der Regel beginnt man mit dem Medikament Metformin. Lassen sich auch dadurch die Behandlungsziele nicht erreichen, können weitere Medikamente hinzukommen – zum Beispiel Dapagliflozin. Es wird zusätzlich zu Metformin eingenommen. Bei manchen Menschen kann die Diabetes-Behandlung auch direkt mit der Kombination aus Dapagliflozin und Metformin beginnen. Das sind zum Beispiel Menschen mit Diabetes, die zusätzlich eine Herz-Kreislauf-Erkrankung haben. 

Dapagliflozin ist ein Diabetes-Medikament aus der Wirkstoffklasse der SGLT 2-Hemmer. Es blockiert ein spezielles Eiweiß in der Niere (SGLT-2) und sorgt dafür, dass mehr Zucker über den Urin ausgeschieden wird. Dadurch soll der Blutzuckerspiegel sinken. 

Welchen Nutzen hat eine zusätzliche Einnahme von Dapagliflozin zu Metformin? Welche Nebenwirkungen können dabei auftreten? Wir haben uns die Studienlage für Menschen mit Diabetes Typ 2 angeschaut – in diesem Fall anhand vier randomisiert-kontrollierter Studien (RCTs).

Kurz zusammengefasst

Wie waren die Studien aufgebaut?
Der Nutzen einer Behandlung mit Dapagliflozin zusätzlich zu Metformin wurde in vier randomisiert-kontrollierten Studien untersucht. Eine Gruppe der teilnehmenden Personen bekam Metformin und zusätzlich Dapagliflozin in unterschiedlichen Dosierungen. Die andere Gruppe nahm Metformin und ein Scheinmedikament ein.
 
Was sind die Ergebnisse?
Personen die zusätzlich Dapagliflozin einnahmen, konnten ihren HbA1c-Wert stärker senken als Personen, die nur Metformin bekamen. Sie verloren auch mehr Gewicht. 
Der Blutdruck scheint durch die zusätzliche Einnahme von Dapagliflozin nicht stärker zu sinken als durch Metformin allein. 

Bei Personen, die zusätzlich Dapagliflozin eingenommen haben, sind teilweise Infektionen der Geschlechtsorgane oder Harnwegsinfektionen aufgetreten. Ob diese Nebenwirkungen tatsächlich auf Dapagliflozin zurückzuführen sind, lässt sich allerdings nicht beurteilen. 

Schwerwiegende Unterzuckerungen gab es nicht. 

Wie verlässlich sind die Ergebnisse?
Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Ergebnisse ist eingeschränkt. Die Studien weisen einige methodische Mängel v. a. bei der Berichterstattung auf. Zudem wurden in den Studien teilweise weniger Personen in der Kontrollgruppe untersucht als ursprünglich beabsichtigt. Das kann die Ergebnisse verzerren. 

Die Studien untersuchten nicht, welche Auswirkungen die zusätzliche Einnahme von Dapagliflozin auf die Sterblichkeit hat und ob sie Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern kann.

Was wurde untersucht? 

In vier randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) wurde untersucht, welchen Nutzen die Behandlung mit Dapagliflozin zusätzlich zu Metformin für Menschen mit Diabetes Typ 2 hat. Die Teilnehmenden wurden dazu in zwei Gruppen aufgeteilt:

  • Die eine Gruppe bekam Metformin und zusätzlich Dapagliflozin. Die Dosierung von Dapagliflozin unterschied sich je nach Studie und lag bei 2,5 mg oder 5 mg ein- oder zweimal täglich sowie 10 mg einmal täglich. 
  • Die Kontrollgruppe bekam Metformin und zusätzlich ein Scheinmedikament (Placebo). 

Nach 16 Wochen, 24 Wochen oder maximal nach zwei Jahren wurde überprüft wie sich die zusätzliche Einnahme von Dapagliflozin zu Metformin auf den HbA1c-Wert, den Blutdruck, das Körpergewicht oder die Lebensqualität der Teilnehmenden ausgewirkt hat. In einer RCT wurde zusätzlich die Lebensqualität untersucht. Beurteilt wurde die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Das bedeutet, inwiefern der Gesundheitszustand das persönliche Wohlbefinden in verschiedenen Lebensbereichen beeinflusst. Dies geschah mit einem speziellen Fragebogen und einer optischen Skala, auf der die Teilnehmenden ihre Lebensqualität einordnen sollten.
 

Nutzen der Behandlungsmethode

Wie verändert die zusätzliche Behandlung mit Dapagliflozin den HbA1c-Wert?
Die vier Studien untersuchten jeweils unterschiedliche Dosierungen von Dapagliflozin im Zeitraum von mindestens 16 Wochen bis höchstens zwei Jahren. Alle untersuchten Dosierungen führten zu einer stärkeren Verringerung des HbA1c-Wertes als durch Metformin allein. Es lässt sich aber nicht eindeutig beurteilen, in welchem Ausmaß diese Verringerung die Erkrankung beeinflusst. 

Wie verändert die zusätzliche Behandlung mit Dapagliflozin das Körpergewicht? 

Personen, die Metformin und zusätzlich Dapagliflozin einnahmen, verloren mehr Gewicht als Personen, die Metformin und das Scheinmedikament bekamen (Kontrollgruppe). Je nach Dosierung und Dauer der Untersuchung wogen Personen, die Dapagliflozin zusätzlich einnahmen, etwa 1,5 bis 3 kg weniger als Personen der Kontrollgruppe. 

Beeinflusst die zusätzliche Einnahme von Dapagliflozin den Blutdruck? 

Diese Fragestellung wurde in nur einer der vier Studien untersucht. Die zusätzliche Behandlung mit 5 mg oder 10 mg Dapagliflozin (einmal täglich) führte nach zwei Jahren zu keiner bedeutsamen Verringerung des systolischen Blutdruckwertes der teilnehmenden Personen. Die Behandlung mit 2,5 mg Dapagliflozin erbrachte gar keine Unterschiede im Vergleich zur Kontrollgruppe. Auch der diastolische Blutdruckwert unterschied sich zwischen den beiden Gruppen nicht, unabhängig von der Dosierung. 

Kann die zusätzliche Einnahme von Dapagliflozin die Lebensqualität der Betroffenen verbessern?

Über den Verlauf von 24 Wochen bis zwei Jahren behielten die Personen in beiden Gruppen ihre hohen Werte auf der Lebensqualitäts-Skala und im Fragebogen bei. Das bedeutet, dass die zusätzliche Einnahme von Dapagliflozin die bereits hohe Lebensqualität der Teilnehmenden nicht zusätzlich steigern konnte. 

Kann die zusätzliche Einnahme von Dapagliflozin die Sterblichkeit senken?

Diese Frage lässt sich derzeit nicht beantworten. Es wurden keine randomisiert-kontrollierten Studien gefunden, die dies im Vergleich zu alleiniger Metformin-Einnahme untersucht haben. 

Kann die zusätzliche Einnahme von Dapagliflozin Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern?

Diese Frage lässt sich derzeit nicht beantworten. Es wurden keine randomisiert-kontrollierten Studien gefunden, die dies im Vergleich zu alleiniger Metformin-Einnahme untersucht haben.

Schaden der Behandlungsmethode

Welche Nebenwirkungen können durch die zusätzliche Einnahme von Dapagliflozin auftreten? 

Die Nebenwirkungen der zu Metformin zusätzlichen Dapagliflozin-Einnahme wurden in den vier Studien untersucht. Bei den Teilnehmenden der Studien sind teilweise Nebenwirkungen aufgetreten. Allerdings lässt sich nicht sagen, ob die Dapagliflozin-Einnahme wirklich die Ursache dafür war. 

Bei den Teilnehmenden einer Studie sind zum Beispiel Infektionen der Geschlechtsorgane oder Harnwegsinfektionen aufgetreten. Dabei waren Frauen in dieser Studie häufiger betroffen als Männer. Symptome dieser Infektionen konnten durch eine übliche Behandlung gelindert werden. Die Dapagliflozin-Behandlung musste dafür in der Regel nicht unterbrochen werden. Ein erneutes Auftreten dieser Symptome wurde selten beobachtet. In einer anderen Studie führten die Nebenwirkungen zum Teil dazu, dass die Teilnehmenden die Behandlung mit Dapagliflozin abbrachen. Welche Nebenwirkungen es genau waren, wird in dieser Arbeit nicht berichtet. Schwere Unterzuckerungen traten in allen vier Studien nicht auf.

Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Ergebnisse ist eingeschränkt. So weisen die Studien einige methodische Mängel bei der Berichterstattung auf. Bei längeren Untersuchungszeiträumen konnten in den Studien zudem teilweise weniger Teilnehmende der Kontrollgruppen berücksichtigt werden, als ursprünglich geplant war. Dies kann die Ergebnisse verzerren. Der Grund war, dass es aus ethischen Gründen geboten ist, dass die Teilnehmenden zusätzliche blutzuckersenkende Medikamente bekamen, wenn ihr Langzeit-Blutzuckerwert zu hoch war. Diese Personen wurden jedoch aus der Untersuchung des HbA1c-Wertes ausgeschlossen. 
Anhand der Studien lässt sich nicht beurteilen, welche Auswirkungen die zusätzliche Einnahme von Dapagliflozin auf die Sterblichkeit hat oder ob sie Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern kann. Das wurde nicht untersucht. 

Die hier dargestellten Informationen beruhen auf den Ergebnissen von vier randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) mit insgesamt 1502 Personen mit Diabetes mellitus Typ 2. In drei Studien lag das durchschnittliche Alter der teilnehmenden Personen zwischen 54 bis 61 Jahren. Für die vierte Studie wurde kein Alter berichtet. Der HbA1c-Wert der Teilnehmenden lag zu Beginn der Behandlung zwischen etwa 7,2 und 8,2 %. Das Körpergewicht der teilnehmenden Personen bewegte sich zu Beginn zwischen etwa 71 und 94 kg. In den eingeschlossenen Studien wurden die Teilnehmenden für die Dauer von 16, 24 und 102 Wochen beobachtet.

Die RCTs wurden an mehreren Standorten in verschiedenen Ländern durchgeführt. Die Teilnehmenden stammen aus Nordamerika, Europa, Afrika und Asien.

Ausgangspunkt des Studienchecks bildete eine systematische Literaturrecherche in den relevanten Datenbanken. Gesucht wurde nach randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) sowie systematischen Übersichtsarbeiten und Metaanalysen aus RCTs, die zur Fragestellung passten. Anhand vorher festgelegter Kriterien wurde die vorgefundene Literatur von zwei Personen unabhängig voneinander gesichtet und geprüft. Nicht geeignete Studien wurden dabei ausgeschlossen. Aus den am Ende ausgewählten Studien wurden die Informationen zu Nutzen und Schaden entnommen, geprüft und zu einem Gesamtergebnis zusammengeführt (Evidenzsynthese).

Die Informationen stellen keine endgültige Bewertung dar, sondern basieren auf den besten derzeit verfügbaren Erkenntnissen.

Was kann ich selbst für meine Behandlung tun?

Je nach Krankheitsfortschritt, sind Medikamente unumgänglich, um den Diabetes zu behandeln. Daneben können Sie aber auch selbst zu ihrer Behandlung beitragen, indem sie gesunde Lebensgewohnheiten fördern. Was dazu gehört, lesen Sie hier.

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Atypische diabetische Ketoazidosen im Zusammenhang mit SGLT-2-Hemmern (Gliflozine) („Aus der UAW-Datenbank“) [online]. 2018. https://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/Bekanntgaben/Archiv/2018/20180921.html [22.02.2021].

Bailey CJ, Gross JL, Pieters A, Bastien A, List JF. Effect of dapagliflozin in patients with type 2 diabetes who have inadequate glycaemic control with metformin: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 2010;375(9733):2223–33.

Bailey CJ, Gross JL, Hennicken D, Iqbal N, Mansfield TA, List JF. Dapagliflozin add-on to metformin in type 2 diabetes inadequately controlled with metformin: a randomized, double-blind, placebo-controlled 102-week trial. BMC Med 2013;11:43. 

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Bolinder J, Ljunggren O, Johansson L, Wilding J, Langkilde AM, Sjostrom CD et al. Dapagliflozin maintains glycaemic control while reducing weight and body fat mass over 2 years in patients with type 2 diabetes mellitus inadequately controlled on metformin. Diabetes Obes Metab 2014;16(2):159–69.

Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes – Teilpublikation der Langfassung, 2. Auflage, Version 1. AWMF-Register-Nr. nvl-001 [online]. 2021. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/nvl-001m_S3_Typ_2_Diabetes_2021-03.pdf [27.05.2021].

Grandy S, Langkilde AM, Sugg JE, Parikh S, Sjöström CD. Health-related quality of life (EQ-5D) among type 2 diabetes mellitus patients treated with dapagliflozin over 2 years. Int J Clin Pract 2014;68(4):486–94.

Schumm-Draeger PM, Burgess L, Korányi L, Hruba V, Hamer-Maansson JE, de Bruin TW. Twice-daily dapagliflozin co-administered with metformin in type 2 diabetes: a 16-week randomized, placebo-controlled clinical trial. Diabetes Obes Metab 2015;17(1):42–51.

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Erstellt vom Team Stiftung Gesundheitswissen.

Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. Anke Steckelberg
Prof. Dr. Anke Steckelberg

Prof. Dr. Anke Steckelberg

Prof. Dr. phil. Anke Steckelberg studierte Lehramt Berufliche Schulen mit der Fachwissenschaft Gesundheit; promovierte in den Gesundheitswissenschaften zum Thema Evidenzbasierte Gesundheitsinformation und arbeitete danach an den Universitäten Hamburg und Bremen. Die Wissenschaftlerin forscht und lehrt zu den Themen evidenzbasierte Gesundheitsinformationen und kritische Gesundheitskompetenz. Sie ist seit 2016 als Professorin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg tätig.

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Erstellt am: 30.07.2021