Eine Wochenbettdepression ist eine psychische Erkrankung, die bei Müttern innerhalb der ersten zwölf Monate nach der Geburt auftreten kann. Betroffene Frauen fühlen sich niedergeschlagen, antriebslos und verlieren das Interesse an ihrer Umgebung.
Für die Behandlung einer Wochenbettdepression stehen hauptsächlich die Psychotherapie und Medikamente zur Verfügung. Alternativ oder ergänzend kann auch körperliche Bewegung helfen, die Beschwerden der Depression zu lindern. Man nimmt an, dass Bewegung von negativen Gedanken und Gefühlen ablenkt. In einer Gruppe kann man sich zum Beispiel gemeinsam bewegen und dabei neue Kontakte knüpfen.
Kann regelmäßige Bewegung die Beschwerden einer Wochenbettdepression lindern? Wir haben uns die Studienlage dazu angeschaut.
Weitere Informationen zu der Behandlung von Wochenbettdepression finden Sie in unserer Gesundheitsinformation.
Wir haben zwei systematische Übersichtsarbeiten angeschaut, die Sport und Bewegung für Frauen mit Wochenbettdepression untersucht haben. In den Übersichtsarbeiten wurden Ergebnisse mehrerer randomisiert-kontrollierter Studien zusammengefasst.
An den einzelnen Studien nahmen Frauen mit einer Wochenbettdepression teil, die innerhalb des letzten Jahres eine Geburt hatten. Alle untersuchten Frauen erhielten eine Grundversorgung: abwartendes Begleiten, Psychotherapie oder medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva. Die Frauen wurden in zwei Gruppen eingeteilt:
In den einzelnen Studien wurden verschiedene Formen der Bewegung untersucht, z. B. Spazierengehen mit dem Kinderwagen, Training am Laufband oder Hometrainer, Yoga, Gymnastik-Übungen, Dehn- oder Kraftübungen. In manchen Studien wurden die Bewegungseinheiten in einer angeleiteten Gruppe durchgeführt. In anderen trainierten die Frauen allein und selbstständig.
Im Anschluss wurde u. a. verglichen, wie viele Frauen weiterhin an Wochenbettdepression erkrankt waren und wie sich die Beschwerden durch das Training verändert haben.
Frauen, die sich zusätzlich zur Psychotherapie oder Medikamentenbehandlung bewegten, erholten sich häufiger von der Wochenbettdepression als Frauen, die kein Bewegungsprogramm bekamen. Sport und Bewegung scheinen auch die Beschwerden einer Wochenbettdepression etwas lindern zu können.
Die Zuverlässigkeit der Ergebnisse ist jedoch eingeschränkt. Zum einen nahmen nur wenige Frauen an den Studien teil. Dadurch ist es schwierig, die Ergebnisse zu verallgemeinern. Zum anderen waren die Art und die Dauer der Bewegungsprogramme in den einzelnen Studien unterschiedlich. Dadurch sind die Ergebnisse über alle Studien hinweg nicht einheitlich. Die Übersichtsarbeiten weisen zudem kritische Mängel auf.
In drei Studien mit insgesamt 173 Teilnehmerinnen wurde untersucht, wie viele Frauen sich durch Bewegung - zusätzlich zur Grundversorgung - von der Wochenbettdepression erholten.
Die Studien untersuchten verschiedene Arten von Sport und Bewegung, z. B. Aerobic oder Dehnübungen. Eine Trainingseinheit dauerte mindestens 30 Minuten. Es fanden zwei bis fünf Einheiten pro Woche über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten statt. Die Teilnehmerinnen trainierten entweder angeleitet in einer Gruppe oder führten selbstständig Einzelübungen aus.
Es wurden folgende Ergebnisse erzielt:
Das heißt, durch das regelmäßige körperliche Training erholten sich etwa 19 von 100 Frauen mehr von der Wochenbettdepression als ohne Training.
Die Aussagekraft der Studienergebnisse ist eingeschränkt. An den drei untersuchten Studien nahmen insgesamt 173 Frauen mit Wochenbettdepression teil. Das sind zu wenige, um die Ergebnisse zu verallgemeinern. Es wurde auch berichtet, dass nicht alle Frauen die Trainingseinheiten wie vereinbart absolvierten. In den Studien wurden nur Frauen mit leichter bis mittelschwerer Wochenbettdepression untersucht. Deswegen lassen sich die Ergebnisse nicht auf Frauen mit schweren depressiven Symptomen übertragen.
Zudem weisen sowohl die Übersichtsarbeit als auch die Studien methodische Mängel auf.
In einer weiteren aktuellen Übersichtsarbeit wurde untersucht, ob Bewegung die Beschwerden einer Depression lindern kann. Die acht Einzelstudien der Arbeit mit insgesamt 383 Frauen untersuchten verschiedene Formen von Bewegung, wie z. B. Spazierengehen mit dem Kinderwagen, Laufbandtraining, Hometrainer, Gymnastik-Übungen oder Bewegung zu Musik. Die Bewegungseinheiten dauerten zwischen 30 und 60 Minuten und wurden drei- bis fünfmal pro Woche durchgeführt.
Bei Frauen, die sich regelmäßig bewegten, verringerten sich die Beschwerden der Depression stärker als bei Frauen, die sich nicht bewegten. Die Besserung trat im Zeitraum zwischen vier Wochen und sechs Monaten ein.
Die Aussagekraft der Ergebnisse ist eingeschränkt, da die einzelnen Studien nur schlecht miteinander vergleichbar sind. So untersuchten sie verschiedene Arten von Bewegung über unterschiedlich lange Zeiträume. Außerdem wurde die Stärke der Beschwerden zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemessen.
Die Beschwerden der Wochenbettdepression besserten sich durch das Training nur geringfügig. Sie wurden in den Studien vor und nach der Behandlungszeit mit speziellen Fragebögen erfasst. Die Antworten auf die Fragen ergeben einen Punktewert. Frauen in der Bewegungsgruppe hatten am Ende der Studie im Mittel einen etwas geringeren Punktwert als Frauen ohne Bewegung. Es ist unklar, ob sich diese Verbesserung im Punktwert auch wirklich auf das Wohlbefinden und den Alltag der Frauen auswirkt.
Zudem weisen sowohl die Übersichtsarbeit als auch die Studien methodische Mängel auf.
In den beiden systematischen Übersichtsarbeiten wurde nicht über Nebenwirkungen berichtet. Auch in den einzelnen Studien wurden keine Nebenwirkungen der Behandlung untersucht.
Wir konnten auch keine andere Übersichtarbeit finden, die Nebenwirkungen von Bewegung bei Wochenbettdepression untersucht.
Dies bedeutet nicht, dass keine Nebenwirkungen auftreten können.
Die Übersichtsarbeiten untersuchten nicht, wie sich Bewegung auswirkt auf:
Zusätzlich ist unklar, welche Art der Bewegung welche Wirkung auf die Wochenbettdepression hat. Unklar ist auch, wie intensiv die Bewegung sein muss.
Zu diesen Punkten können wir daher keine Information zur Verfügung stellen.
Die Zahlen und Informationen dieser Darstellung stammen aus zwei systematischen Übersichtsarbeiten.
Ob Bewegung helfen kann sich von einer Wochenbettdepression zu erholen, untersuchte die Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2017 und fasste dabei die Ergebnisse von drei einzelnen Studien zusammen. An diesen Studien nahmen 173 Frauen teil, die innerhalb des vorangegangenen Jahres eine Geburt hatten und im Durchschnitt 30 Jahre alt waren. Je nach Studie wurde das körperliche Training für drei bis sechs Monate durchgeführt.
In der Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2023 wurde untersucht, ob Bewegung die Beschwerden einer Wochenbettdepression lindern kann. Dabei wurden acht einzelne RCTs mit insgesamt 383 Frauen mit einer Wochenbettdepression zusammengefasst. Im Mittel waren die Frauen 20 bis 40 Jahre alt. Die Bewegungseinheiten wurden – je nach Studie – vier Wochen bis sechs Monate durchgeführt.
Beide systematische Übersichtsarbeiten weisen eine niedrige methodische Qualität auf. Daher ist die Zuverlässigkeit der Studienergebnisse eingeschränkt.
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Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungsleitlinie Unipolare Depression – Langfassung, Version 3.1. 2022.
He L, Soh KL, Huang F, Khaza'ai H, Geok SK, Vorasiha P et al. The impact of physical activity intervention on perinatal depression: A systematic review and meta-analysis. Journal of Affective Disorders 2023; 321. Verfügbar unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36374719/.
McCurdy AP, Boule NG, Sivak A, Davenport MH. Effects of Exercise on Mild-to-Moderate Depressive Symptoms in the Postpartum Period: A Meta-analysis. Obstetrics and gynecology 2017; 129(6):1087–97. doi: 10.1097/AOG.0000000000002053.
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Erstellt am: 30.03.2023