Psychotherapie kann dazu beitragen, Beschwerden bei Depression zu lindern und späteren Rückfällen vorzubeugen. Sie kommt bei leichter, mittelschwerer und schwerer Depression infrage. Online-Therapien arbeiten ebenfalls mit Methoden der Psychotherapie. Lesen Sie hier, welche Therapieformen es gibt und wie sie funktionieren.
Die Psychotherapie kann als einzelne Behandlung bei Depression angewendet werden oder in Kombination mit anderen Behandlungen, z. B. mit Medikamenten. Zusätzlich oder manchmal alternativ kommt auch eine Online-Therapie in Betracht. Diese nutzt Methoden der Psychotherapie, die Erkrankte selbst per App oder Computer zu Hause anwenden können. Online-Therapien bieten auch die Chance, Wartezeiten zu überbrücken, bevor eine Psychotherapie beginnt.
Psychotherapie ist ein Oberbegriff für verschiedene Behandlungsformen, die vor allem mit Gesprächen arbeiten. Eine Psychotherapie hat in der Regel das Ziel, Erkrankungen zu erkennen oder zu heilen, Beschwerden zu lindern oder deren Verschlimmerung vorzubeugen. Sie lässt sich auch nach dem Abklingen der Beschwerden weiterführen.
In der Therapie klären Erkrankte gemeinsam mit dem Therapeuten, der Therapeutin, welche Umstände zur Depression beigetragen haben könnten. Das können zum Beispiel Konflikte mit Mitmenschen oder bestimmte Denkmuster sein. Die Therapie soll dabei helfen, mit diesen Problemen besser umzugehen.
Was ist eine Psychotherapie?
Psychotherapie bedeutet übersetzt - die Behandlung der menschlichen Seele. Hierzu gehören verschiedene nichtmedikamentöse Behandlungen, die bei Depressionen, Angststörungen, Essstörungen oder Schlafstörungen und Suchterkrankungen eingesetzt werden. Aber auch ergänzend zur Bewältigung schwerer Krankheiten oder operativer Eingriffe.
Hierzu werden verschiedenste Therapieverfahren angeboten, die alle zum Ziel haben: Die Ursachen für eine Verhaltensstörung oder den Leidenszustand herauszufinden.
Gemeinsam mit dem Therapeuten werden Methoden erarbeitet, die es den Betroffenen ermöglichen soll, die auslösenden Umstände selbst zu erkennen, sie neu zu bewerten, besser damit umzugehen oder sie zu beseitigen.
Das kann je nach Therapie einzeln, in einer Gruppe, ambulant, stationär oder teilstationär erfolgen. Die Behandlung an sich erfolgt regelmäßig im Rahmen intensiver Gespräche, mittels verschiedener Lernmethoden, ggf. Rollenspiele, aber auch durch Entspannungsverfahren, körperliche Übungen oder Anleitungen zu Körperachtsamkeit.
Wichtig für einen Therapieerfolg sind eine jeweils aktive Teilnahme Betroffener, Geduld sowie die Bereitschaft, auch schwierige Phasen zu bestehen.
Eine gegenseitige und vertrauensvolle Beziehung zum Therapeuten ist dafür die Grundlage.
Wissen ist gesund
Es gibt verschiedene Formen der Psychotherapie, die bei Depressionen angewendet werden können. Dazu gehören unter anderem:
Bei der Verhaltenstherapie geht man davon aus, dass sich Gedanken, Gefühle und Verhalten gegenseitig beeinflussen. Gefühle werden etwa durch Gedanken und Erwartungen und die persönliche Wahrnehmung geprägt. Ziel der Therapie ist es herauszufinden, welche Gedanken und Verhaltensweisen die Erkrankung gefördert haben, und diese zu verändern. So sollen bedrückende Gefühle nachlassen und positive Gefühle entstehen, die es ermöglichen, den Alltag wieder zu bewältigen.
Die Psychoanalyse basiert auf der Annahme, dass vergangene Erlebnisse zur Depression beigetragen haben – etwa Verluste oder Kränkungen. In der Therapie gilt es, diese Erlebnisse zu verarbeiten, unter anderem mit den Methoden des „freien Sprechens“ und des „Assoziierens“. Beim Assoziieren äußern Erkrankte spontane Gedanken zu einem Thema, einem Bild oder dergleichen, um damit unbewusste Ängste, Belastungen oder Konflikte bewusst und greifbar zu machen. So können diese Konflikte gemeinsam mit der Therapeutin oder dem Therapeuten verstanden und aufgearbeitet werden.
Bei der systemischen Therapie geht es vorrangig um Beziehungen zwischen Erkrankten und ihren Mitmenschen. Daher werden wichtige Bezugspersonen der Erkrankten direkt oder indirekt in die Behandlung einbezogen. Ein Schwerpunkt der Therapieform ist es, gemeinsam krankmachende Verhaltensweisen zu verändern und hilfreiche Kommunikations- und Beziehungsmuster aufzubauen. Lösungen für die bestehenden Probleme werden also gemeinsam erarbeitet.
Bei der interpersonellen Psychotherapie werden vorrangig zwischenmenschliche Konflikte und psychosoziale Stressfaktoren bearbeitet. Stressfaktoren sind z. B. unbewältigte Trauer oder Veränderungen der eigenen Rolle in der Familie.
Die Gesprächspsychotherapie beruht auf der Annahme, dass Menschen mit Depression Erwartungen an sich selbst haben, die sie in ihren Augen nicht erfüllen. Dies kann dazu führen, dass sie sich selbst abwerten, Schuldgefühle haben und unzufrieden mit sich sind. Die Gesprächspsychotherapie soll die Selbstwahrnehmung und die Selbsterfahrung der Patientinnen und Patienten anregen.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für die kognitive Verhaltenstherapie, die psychodynamischen Psychotherapien und die systemische Therapie. Die interpersonelle Psychotherapie bei einem niedergelassenen Therapeuten und die Gesprächspsychotherapie werden nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Ist man privat versichert, hängt die Kostenübernahme vom individuellen Versicherungspaket ab.
Nicht jede Form der Psychotherapie eignet sich für jeden Patienten, jede Patientin. Wenn Sie sich für eine Psychotherapie entscheiden, dann wird Ihre Therapeutin, Ihr Therapeut Ihnen ein passendes Verfahren vorschlagen. Wie jede Behandlung kann auch eine Psychotherapie Nebenwirkungen zeigen. Lassen Sie sich deshalb vorab über mögliche negative Auswirkungen informieren. Bei der Entscheidung für ein Verfahren sollen auch Ihre Wünsche und die Vorerfahrungen berücksichtigt werden.
Online-Therapien gibt es als Apps fürs Smartphone oder als Computerprogramme. In der Regel nutzen sie Methoden aus der Psychotherapie. Menschen mit Depression können sie selbstständig zur Selbsthilfe, zum Selbstmanagement oder zur Unterstützung einer anderen Behandlung einsetzen. Allerdings sollte die Anwendung von ärztlicher oder psychotherapeutischer Seite verordnet und begleitet werden. Denn auch wenn die Apps einfache und schnelle Hilfe bieten, kann die Nutzung intensiv sein. Online-Therapien sind kein Ersatz für Psychotherapie oder eine Behandlung mit Medikamenten.
Online-Therapien kommen insbesondere bei leichten Formen der Depression infrage. Sie können den Betroffenen helfen, aus eigener Kraft etwas gegen die Erkrankung zu unternehmen. Menschen mit leichter Depression können Online-Therapien – unter ärztlicher oder therapeutischer Begleitung – ausprobieren, bevor sie eine Psychotherapie oder Medikamente erwägen. Bei mittelgradigen oder schweren Depressionen können Online-Therapien zusätzlich zu einer Behandlung mit Psychotherapie oder Antidepressiva angewendet werden. Die Programme eignen sich auch, um Wartezeiten vor einer Psychotherapie zu überbrücken.
HINWEIS: Es gibt verschiedene Apps und Programme, die unterschiedliche Ziele haben: Aufklärung und Informationsvermittlung, Selbsthilfe oder Unterstützung der Behandlung. Fachleute empfehlen jedoch nur die Anwendung von wissenschaftlich geprüften Programmen.
Online-Therapien können dabei helfen, die Wartezeiten für eine Psychotherapie zu überbrücken. Aber bringen sie auch was? Können sie die Beschwerden einer Depression lindern? Und bergen sie auch Risiken? Wir haben uns die Studienlage zu Online-Therapien angeschaut.
In der Regel sind Online-Therapien so gestaltet, dass man sich bei einem Programm, einer Website oder App anmeldet. Der Inhalt ist zumeist in Einheiten oder Module strukturiert und man arbeitet bestimmte Aufgaben durch. Die angebotenen Online-Therapien unterscheiden sich jedoch.
Bei unbegleiteten Online-Therapien durchlaufen Erkrankte das Programm selbstständig. Die einzelnen Einheiten können zu beliebigen Zeiten bearbeitet werden.
Bei begleiteten Online-Therapien erhalten die Erkrankten regelmäßig Feedback zu ihrem Fortschritt. Die Begleitung kann in unterschiedlicher Form erfolgen:
HINWEIS: Unabhängig davon, ob es sich um eine begleitete oder unbegleitete Online-Therapie handelt, sollten Erkrankte regelmäßig mit einem Arzt oder einem Psychotherapeuten besprechen, wie sie mit der Anwendung zurechtkommen und ob sich die Beschwerden dadurch verändert haben.
Online-Therapien zur Behandlung von Depressionen können unterschiedliche Inhalte haben und unterschiedlich aufgebaut sein – je nachdem welchem Therapieansatz sie folgen.
Die meisten Angebote orientieren sich an der kognitiven Verhaltenstherapie.
Manche Online-Therapien folgen auch anderen Behandlungsansätzen – etwa der Problemlösetherapie, der Akzeptanz- und Commitment-Therapie oder der interpersonellen Therapie. Auch Achtsamkeitstraining ist ein möglicher Inhalt.
Die Fachleute der Nationalen Versorgungsleitlinie empfehlen behandelnden Ärztinnen oder Psychotherapeuten, Online-Therapien zu verordnen und zu betreuen.
Ärzte und Ärztinnen, Psychotherapeutinnen und -therapeuten können bestimmte Apps und Programme auch auf Rezept verschreiben. Die Kosten für solche Apps werden dann von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Zum Teil tragen auch die privaten Krankenversicherungen die Kosten, dies hängt jedoch von den persönlichen Vertragsbedingungen ab.
Online-Therapien, die ärztlich verordnet werden können, heißen auch digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA). Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt eine Liste solcher Anwendungen im DiGA-Verzeichnis. Alle darin enthaltenen Apps wurden vom Institut überprüft.
Derzeit hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für Betroffene sechs Anwendungen zertifiziert und in ihr Verzeichnis für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) aufgenommen. Bisher zertifizierte DiGAs arbeiten in der Regel mit den Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie.
Im DiGA-Verzeichnis findet man Anwendungen, die dauerhaft aufgenommen wurden, weil ihr Nutzen in wissenschaftlichen Studien untersucht wurde. Dies sind die Apps deprexis und Selfapys Onlinekurs bei Depression.
Daneben gibt es auch Anwendungen, für die der Nutzen noch nachgewiesen werden muss. Diese werden vorläufig ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen. Aktuell gibt es die Apps edupression.com®, elona therapy Depression, My7Steps App und Novego – Depression bewältigen.
Außer den Anwendungen aus dem DiGA-Verzeichnis gibt es weitere verfügbare Online-Anwendungen bei Depression. Kostenlose Programme sind z. B. moodgym und iFightDepression®.
Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.
Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungsleitlinie Unipolare Depression – Langfassung, Version 3.1. 2022.
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Das Fast-Track-Verfahren für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) nach § 139e SGB V: Ein Leitfaden für Hersteller, Leistungserbringer und Anwender. Version 3.1; 2022.
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), DiGA-Verzeichnis. Selfapys Online-Kurs bei Depression; 2023. Verfügbar unter: https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis/00876 [28.03.2023].
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), DiGA-Verzeichnis. deprexis; 2023. Verfügbar unter: https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis/00450 [28.03.2023].
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), DiGA-Verzeichnis. Novego: Depressionen bewältigen; 2023. Verfügbar unter: https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis/01110 [28.03.2023].
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), DiGA-Verzeichnis. My7steps App; 2023. Verfügbar unter: https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis/01786 [28.03.2023].
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), DiGA-Verzeichnis. elona therapy Depression; 2023. Verfügbar unter: https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis/01254 [28.03.2023].
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), DiGA-Verzeichnis. edupression.com®; 2023. Verfügbar unter: https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis/01815.
European Alliance Against Depression e. V. (EAAD e. V.). iFightDepression® (DE); ohne Jahr. Verfügbar unter: https://ifightdepression.com/de/start. [28.03.2023].
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Erstellt am: 04.10.2023