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Depression

Depression mit Online-Therapien behandeln

Studiencheck

Online-Therapien sind Behandlungsprogramme, die Menschen mit Depression selbst über ein Smartphone, Tablet oder den Computer anwenden können. Sie kommen insbesondere bei leichten Formen der Depression infrage. Menschen mit leichter Depression können Online-Therapien – unter ärztlicher oder therapeutischer Begleitung – ausprobieren, bevor sie eine Psychotherapie oder Medikamente erwägen. Bei mittelgradigen oder schweren Depressionen können Online-Therapien zusätzlich zu einer Behandlung mit Psychotherapie oder Antidepressiva angewendet werden. Die Programme eignen sich auch, um Wartezeiten vor einer Psychotherapie zu überbrücken.

Online-Therapien nutzen meist Methoden aus der Psychotherapie. Allerdings sollte die Anwendung von ärztlicher oder psychotherapeutischer Seite verordnet und begleitet werden. Denn auch wenn die Apps einfache und schnelle Hilfe bieten, kann die Nutzung intensiv sein.

Es gibt begleitete und unbegleitete Online-Therapien. Bei begleiteten Programmen enthalten die Erkrankten regelmäßig Feedback. Das Feedback kann in unterschiedlicher Form stattfinden, wie z. B. per E-Mail oder als persönliche Rückmeldung eines Therapeuten, einer Therapeutin. Unabhängig davon, ob es sich um eine begleitete oder unbegleitete Online-Therapie handelt, wird empfohlen, dass Erkrankte regelmäßig mit einem Arzt oder einem Psychotherapeuten besprechen, wie sie mit der Anwendung zurechtkommen und ob sich die Beschwerden dadurch verändert haben.

Wie wirksam sind Online-Therapien bei der Behandlung einer Depression? Wir haben uns die Studienlage angeschaut und eine Übersichtsarbeit zu dieser Fragestellung gefunden. Diese systematische Übersichtsarbeit fasste die Ergebnisse mehrerer randomisiert-kontrollierter Studien (RCT) zusammen.

Was wurde untersucht?

Die systematische Übersichtsarbeit untersuchte, wie wirksam Online-Therapien bei Menschen mit Depression sind. Dabei wurden Ergebnisse mehrerer randomisiert-kontrollierter Studien zusammengefasst.

An den einzelnen Studien nahmen insgesamt mehr als 7000 Menschen mit Depression teil. 

Diese wurden in Gruppen eingeteilt:

•    Eine Gruppe erhielt Zugang zu einer Online-Therapie.
•    Eine andere Gruppe erhielt keinen Zugang zur Online-Therapie.

An den Studien nahmen überwiegend Menschen mit leichten bis mittelschweren Depressionen teil. In den einzelnen Studien wurden verschiedene Programme untersucht. Aufbau und Inhalt der Programme waren aber ähnlich. Alle untersuchten Programme basierten auf den Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT). Dabei handelt es sich um eine Therapieform, die depressive Gefühle und Denkmuster durch neue Verhaltensweisen verändern soll. Es wurden sowohl begleitete als auch unbegleitete Programme untersucht.

Die Dauer der Behandlung war je nach Programm unterschiedlich und betrug zwischen vier und 32 Wochen. Nach Abschluss der Online-Therapie wurde untersucht, ob sich die Beschwerden der Depression verändert hatten.

Die Ergebnisse auf einen Blick

Menschen mit Depression, die eine Online-Therapie anwendeten, hatten danach weniger depressive Beschwerden als Menschen ohne Online-Therapie. Es gibt auch Hinweise, dass begleitete Online-Programme sich besser auf die Beschwerden auswirken als unbegleitete.

Die Aussagekraft der Ergebnisse ist jedoch eingeschränkt. Die Übersichtsarbeit weist erhebliche methodische Mängel auf. Zudem schwanken die Ergebnisse zwischen den untersuchten Online-Therapien stark. Aus diesem Grund lassen sich die Aussagen nicht auf alle verfügbaren Programme gleichermaßen übertragen. 
Nebenwirkungen wurden in der Übersichtsarbeit nicht berichtet. Das bedeutet nicht, dass bei der Anwendung einer Online-Therapie keine Nebenwirkungen auftreten können.

Die Ergebnisse im Einzelnen

Nutzen der Behandlungsmethode

Die Übersichtsarbeit wertete 40 Studien mit mehr als 7000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus. Untersucht wurde die Frage, ob Online-Therapien auf Basis der kognitiven Verhaltenstherapie depressive Beschwerden lindern können. Vor und nach der Therapie wurde mithilfe von Fragebögen die Stärke der Beschwerden ermittelt.

Menschen, die Online-Therapien nutzten, hatten danach weniger depressive Beschwerden als Menschen, die die Programme nicht nutzten. 

Begleitete Online-Therapien schienen in den Studien besser zu wirken als Programme ohne Begleitung.

Die Übersichtsarbeit weist jedoch erhebliche methodische Mängel auf. So ist zum Beispiel nicht klar, welches Alter oder Geschlecht die Teilnehmenden der einzelnen Studien hatten. Auch andere Angaben aus den einzelnen Studien fehlen oder werden in der Übersichtsarbeit unzureichend beschrieben. Zudem schwanken die Ergebnisse zwischen den einzelnen untersuchten Online-Therapien stark. Aus diesem Grund können die Ergebnisse nicht auf alle verfügbaren Online-Therapien übertragen werden.

Schaden der Behandlungsmethode

In der Übersichtsarbeit wurden keine Nebenwirkungen berichtet. Das bedeutet nicht, dass keine Nebenwirkungen auftreten können.

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungsleitlinie Unipolare Depression – Langfassung, Version 3.1; 2022.

Hoyer J, Knappe S, Hrsg. Klinische Psychologie & Psychotherapie. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; 2020.

Wright JH, Owen JJ, Richards D, Eells TD, Richardson T, Brown GK et al. Computer-assisted cognitive-behavior therapy for depression: A systematic review and meta-analysis. The Journal of Clinical Psychiatry 2019; 80(2). doi: 10.4088/JCP.18r12188.

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Erstellt vom Team Stiftung Gesundheitswissen.

Wissenschaftliche Beratung:
Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch
Portrait Univ.Ass. Mag.rer.nat. Thomas Semlitsch

Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch

Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch studierte Chemie mit dem Ausbildungsschwerpunkt Biochemie und Zellbiologie der Karl Franzens Universität Graz. Vor seiner Anstellung an der Medizinischen Universität Graz war er mehrere Jahre im Bereich Qualitätsmanagement und als Koordinator klinischer Studien an einer österreichischen Privatklinik tätig und absolvierte 2007 eine Post-Graduate Ausbildung zum Good Laboratory Practice (GLP) -Beauftragten für den Bereich analytisches Labor. Von 2008 bis 2014 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Research Unit „EBM Review Center“ der Medizinischen Universität Graz und von 2011 bis 2014 auch am Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften der Joanneum Research Forschungsgesellschaft tätig. Seit 2015 ist er als Univ. Assistent am Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung im Fachbereich Evidenzbasierte Medizin beschäftigt. Herr Semlitsch ist seit 2018 Fachbereichssprecher der Sektion Österreich und somit Mitglied des erweiternden Vorstands des Deutschen Netzwerks Evidenz basierte Medizin (DNEbM).

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Erstellt am: 30.07.2023