Header
Bewegung und Sport

Was bringen Sport-Apps?

Sie sollen an die tägliche Bewegungseinheit erinnern, beim Sport Hilfestellung geben oder die Motivation steigern: Apps, also Anwendungen auf dem Smartphone. Manche dieser Apps sind an einen Fitness-Tracker gekoppelt, ein Messgerät am Handgelenk, das Körperfunktionen wie den Puls, die Geschwindigkeit oder die verbrauchten Kalorien aufzeichnet. Aber können Apps auf Dauer tatsächlich zu mehr Sport und Bewegung anregen? Wir haben uns randomisiert-kontrollierte Studien (RCTs) angeschaut, die sich dieser Frage widmen.

Was wurde untersucht?

In elf randomisiert-kontrollierten Studien wurde untersucht, ob sich Menschen mehr bewegen, wenn sie Fitness-Apps verwenden. Hierzu bekam eine Personengruppe eine App oder eine App und einen Tracker zur Verfügung gestellt. Die Bewegungsdaten dieser Gruppe wurden anschließend mit denen einer Gruppe ohne App-Nutzung (Vergleichsgruppe) verglichen. Die Vergleichsgruppen erhielten stattdessen Informationen zu körperlicher Aktivität oder einem gesunden Lebensstil, eine minimale Hilfe (z. B. nur einen Schrittzähler) oder gar keine Alternativen.

Das Ausmaß an täglicher körperlicher Aktivität wurde in beiden Gruppen an verschiedenen Bewegungseinheiten erhoben, z. B. der Aktivitätszeit, der Gehdistanz oder der Schrittzahl. Zudem wurden in einem Teil der Studien die Motivation sowie die Lebensqualität der teilnehmenden Personen untersucht und miteinander verglichen.

Die Ergebnisse auf einen Blick

Wer sich wenig bewegt, dem gelingt es auch durch die Verwendung von Fitness-Apps nicht, seine regelmäßige körperliche Aktivität mittel- oder längerfristig zu steigern. Darauf geben Ergebnisse aus elf randomisiert-kontrollierten Studien Hinweise.

Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Verwendung einer Kombination aus Fitness-App und Tracker wurden nur in zwei der analysierten Studien untersucht; es traten aber keine Nebenwirkungen auf. Bei den Studien zu Fitness-Apps ohne Tracker wurden keine Nebenwirkungen untersucht.

Einschränkung der Ergebnisse: Das Vertrauen in die Ergebnisse ist aufgrund von methodischen Schwächen in den einzelnen Studien eingeschränkt. Auch können aufgrund der geringen Studienzahl keine verlässlichen Aussagen über Nebenwirkungen getroffen werden.

Mehr körperliche Aktivität durch eine Fitness-App?

Es liegt kein Hinweis darauf vor, dass die Verwendung einer Fitness-App oder eine Kombination aus Fitness-App und Tracker einen relevanten Einfluss auf das mittel- und längerfristige Ausmaß der regelmäßigen körperlichen Aktivität hat.

Bei kurzer Studiendauer (zwei bis zehn Wochen) scheinen sich App-Benutzerinnen und -benutzer mehr zu bewegen, bei längerer Studiendauer (bis zu zwölf Monaten) ist dies jedoch nicht mehr so. Dabei bestehen keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen, unterschiedlichen Altersgruppen oder Personen mit unterschiedlichem BMI.

Einfluss auf die Motivation: Die Motivation und Faktoren, die die Motivation beeinflussen, wurden lediglich in drei Studien erhoben: in zwei RCTs mit 128  bzw. 44 Teilnehmenden zu Fitness-Apps (ohne Tracker) und in einem RCT mit 130 Teilnehmenden zur Kombination aus Fitness-App und Tracker. Es zeigte sich jedoch kein relevanter Unterschied zwischen den Gruppen mit einer Fitness-App und den Kontrollgruppen ohne App. Das Vertrauen in die Ergebnisse ist jedoch aufgrund der methodischen Qualität und der geringen Teilnehmerzahl eingeschränkt. 

Einfluss auf die Lebensqualität: Nur in einem RCT mit 128 Teilnehmenden zu reinen Fitness-Apps und einem RCT mit 40 Teilnehmenden zu Fitness-Apps in Kombination mit Trackern wurde die gesundheitsbezogene Lebensqualität mittels eines Fragebogens erhoben. In einem RCT war nach acht Wochen ein Vorteil für die Fitness-App im Vergleich zu keiner App feststellbar. Im zweiten RCT wurde nach zwölf Wochen kein Unterschied in der Lebensqualität zwischen Personen mit und ohne Fitness-App plus Tracker berichtet. Das Vertrauen in die Ergebnisse ist jedoch aufgrund der minderen methodischen Qualität und der geringen Teilnehmerzahl eingeschränkt. 
 

Schadet die Nutzung von Fitness-Apps?

In keiner der eingeschlossenen Studien über Fitness-Apps ohne Tracker wurden Ergebnisse zu Nebenwirkungen berichtet. In zwei der sechs randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) zu Fitness-Apps plus Tracker wurde berichtet, dass im Zusammenhang mit der App-Nutzung keine unerwünschten Ereignisse (Nebenwirkungen) auftraten, für die Kontrollgruppe wurden keine Angaben gemacht. In den übrigen vier RCTs wurden unerwünschte Ereignisse nicht untersucht.

Die geringe Studienanzahl reicht nicht aus, um verlässlich beurteilen zu können, ob unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit der Verwendung auftreten oder nicht.

Einschränkung der Ergebnisse 

Zwei RCTs waren von eher hoher, sechs von moderater und drei von geringer methodischer Qualität. Diese methodische Schwäche schränkt das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Ergebnisse ein. 

Die Ergebnisse gelten nur für die untersuchten Apps; ob sie auch für andere Apps gelten, ist nicht sicher. An den Studien teilgenommen haben erwachsene Personen mit Bewegungsmangel und ohne spezifische Erkrankungen (z. B. Diabetes Typ II  , kardiovaskuläre Erkrankungen, Krebserkrankungen oder Ähnliches). Ob die Ergebnisse auch für Personen ohne Bewegungsmangel oder mit spezifischen Erkrankungen gelten, ist unklar.

 

Weitere Informationen zu den Studien

Die Ergebnisse stammen aus insgesamt elf randomisiert-kontrollierten Studien. Fünf RCTs untersuchten Fitness-Apps ohne Tracker; sechs Studien nahmen Fitness-Apps in Kombination mit Trackern in den Fokus.

An den fünf RCTs zu Fitness-Apps ohne Tracker nahmen insgesamt 1.158 Personen teil. Der Frauenanteil bewegte sich zwischen 51 und 88 %. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden lag zwischen 21 Jahren und 58 Jahren. Zwei RCTs wurden in den USA durchgeführt und je ein RCT in Belgien, Spanien und der Türkei.

An den sechs RCTs mit Fitness-Apps in Kombination mit Trackern nahmen insgesamt 610 Personen teil. An einer Studie beteiligten sich nur Frauen, an einer anderen nur Männer. In den weiteren RCTs lag der Frauenanteil zwischen 52 und 85 %. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden bewegte sich zwischen 25 Jahren und 64 Jahren. Vier RCTs wurden in den USA durchgeführt und je ein RCT in Belgien und Südkorea.

An den Studien teilgenommen haben erwachsene Personen mit Bewegungsmangel und ohne spezifische Erkrankungen (z. B. Diabetes Typ II, kardiovaskuläre Erkrankungen, Krebserkrankungen oder Ähnliches).

In den RCTs wurden unterschiedliche Smartphone-Apps verwendet, die alle das Ziel hatten, die regelmäßige körperliche Aktivität zu steigern. In drei RCTs wurden speziell für die Studien entwickelte Apps ohne Tracker verwendet, in allen anderen RCTs kommerziell erhältliche Apps. 

Die Apps beruhten auf unterschiedlichen motivations- und bewegungspsychologischen Prinzipien. Es wurden individuelle Bewegungsziele oder Trainingspläne generiert und an den Trainingserfolg angepasst. Zudem erhielten die Nutzer und Nutzerinnen regelmäßig Rückmeldung, entweder von der App oder von anderen Nutzerinnen der App („Community“). Einige Apps enthielten auch Informationsmaterialien zu körperlicher Aktivität. 

Die Informationen stellen keine endgültige Bewertung dar, sondern basieren auf den besten derzeit verfügbaren Erkenntnissen.

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

Arrogi A, Bogaerts A, Seghers J et al. Evaluation of stAPP: A smartphone-based intervention to reduce prolonged sitting among Belgian adults. Health Promotion International 2019;34(1):16–27.

Finkelstein J, Bedra M, Li X et al. Mobile App to reduce inactivity in sedentary overweight women. Studies in Health Technology and Informatics 2015;216:89–92.  

Garcia-Ortiz L, Recio-Rodriguez JI, Agudo-Conde C et al. Long-term effectiveness of a smartphone app for improving healthy lifestyles in general population in primary care: Randomized controlled trial (EVIDENT II Study). JMIR Mhealth Uhealth 2018;6(4):e107.

Gur F, Gur GC, Ayan V. The effect of the ERVE smartphone app on physical activity, quality of life, self-efficacy, and exercise motivation for inactive people: A randomized controlled trial. European Journal of Integrative Medicine 2020;39:101198

King AC, Hekler EB, Grieco LA et al. Effects of three motivationally targeted mobile device applications on initial physical activity and sedentary behavior change in midlife and older adults: A randomized trial. PloS one 2016;11(6):e0156370.

Lewis ZH, Ottenbacher KJ, Fisher SR et al. Effect of electronic activity monitors and pedometers on health: Results from the TAME Health Pilot Randomized Pragmatic Trial. International Journal of Environmental Research and Public Health 2020;17(18):   6800. 

Lyons EJ, Swartz MC, Lewis ZH et al. Feasibility and acceptability of a wearable technology physical activity intervention with telephone counseling for mid-aged and older adults: A randomized controlled pilot trial. JMIR mHealth and uHealth 2017;5(3):e28.

Poirier J, Bennett WL, Jerome GJ et al. Effectiveness of an activity tracker- and internet-based adaptive walking program for adults: A randomized controlled trial. Journal of Medical Internet Research 2016;18(2):e34.

Pope ZC, Gao Z. Feasibility of smartphone application and social media-based intervention on college studentsʼ health outcomes: A pilot randomized trial. Journal of American College Health: J of ACH. 2020:1–10.

Recio-Rodriguez JI, Agudo-Conde C, Martin-Cantera C et al. Short-term effectiveness of a mobile phone app for increasing physical activity and adherence to the Mediterranean diet in primary care: A randomized controlled trial (EVIDENT II Study). J Med Internet Res 2016;18(12):e331.

Shin DW, Yun JM, Shin JH et al. Enhancing physical activity and reducing obesity through smartcare and financial incentives: A pilot randomized trial. Obesity (Silver Spring) 2017;25(2):302–10.

Simons D, De Bourdeaudhuij I, Clarys P et al. Effect and process evaluation of a smartphone app to promote an active lifestyle in lower educated working young adults: Cluster randomized controlled trial. JMIR Mhealth Uhealth 2018;6(8):e10003.

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Erstellt vom Team Stiftung Gesundheitswissen.

Wissenschaftliche Beratung:
Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch
Portrait Univ.Ass. Mag.rer.nat. Thomas Semlitsch

Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch

Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch studierte Chemie mit dem Ausbildungsschwerpunkt Biochemie und Zellbiologie der Karl Franzens Universität Graz. Vor seiner Anstellung an der Medizinischen Universität Graz war er mehrere Jahre im Bereich Qualitätsmanagement und als Koordinator klinischer Studien an einer österreichischen Privatklinik tätig und absolvierte 2007 eine Post-Graduate Ausbildung zum Good Laboratory Practice (GLP) -Beauftragten für den Bereich analytisches Labor. Von 2008 bis 2014 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Research Unit „EBM Review Center“ der Medizinischen Universität Graz und von 2011 bis 2014 auch am Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften der Joanneum Research Forschungsgesellschaft tätig. Seit 2015 ist er als Univ. Assistent am Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung im Fachbereich Evidenzbasierte Medizin beschäftigt. Herr Semlitsch ist seit 2018 Fachbereichssprecher der Sektion Österreich und somit Mitglied des erweiternden Vorstands des Deutschen Netzwerks Evidenz basierte Medizin (DNEbM).

Die Stiftung Gesundheitswissen hat das Ziel, verlässliches Gesundheitswissen in der Bevölkerung zu stärken. Die an der Erstellung unserer Angebote beteiligten Personen haben keine Interessenkonflikte, die eine unabhängige und neutrale Informationsvermittlung beeinflussen.

Weitere Hinweise zum Umgang mit Interessenkonflikten finden Sie hier.

Alle unsere Angebote beruhen auf den derzeit besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie stellen keine endgültige Bewertung dar und sind keine Empfehlungen.

Weitere wichtige Hinweise zu unseren Angeboten finden Sie hier.

Erstellt am: 30.09.2021