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Adipositas

Was bringt Semaglutid bei Adipositas?

Adipositas bedeutet starkes Übergewicht ab einem BMI von 30 kg/m². Dadurch steigt das Risiko vieler weiterer Erkrankungen, z. B. Diabetes Typ 2 und Herzerkrankungen.

Adipositas wird in erster Linie durch eine Änderung der Lebensgewohnheiten behandelt. Man nennt dies auch die Basistherapie. Dabei sollen die Betroffenen ihre Ernährung umstellen und für mehr Bewegung im Alltag sorgen. Beides soll dazu beitragen, das Übergewicht abzubauen. Eine Verhaltenstherapie kann diese Umstellung begleiten.

Reicht diese Behandlung nicht aus, kann in Absprache mit dem Arzt, der Ärztin zusätzlich ein Medikament eingesetzt werden. Eines dieser Medikamente heißt Semaglutid.

Semaglutid (2,4 mg) soll im Gehirn die Hungersignale verringern und das Sättigungsgefühl verstärken. Es wird einmal pro Woche unter die Haut (am Bauch, Oberschenkel oder Oberarm) gespritzt.

Was wurde untersucht?

In mehreren randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) wurde untersucht, ob Semaglutid die Gewichtsabnahme bei Menschen mit Adipositas unterstützt.

Nach dem Zufallsprinzip wurden die Teilnehmenden jeweils in zwei Gruppen eingeteilt:

Die Teilnehmenden der Testgruppen spritzten sich täglich das Medikament Semaglutid.
Die Teilnehmenden der Kontrollgruppen spritzten sich täglich ein Medikament ohne Wirkstoff (Placebo).

In einigen Studien erhielten die Teilnehmenden zusätzlich eine Basistherapie.

Die Ergebnisse auf einen Blick

Menschen, die Semaglutid einnahmen, verloren mehr Gewicht als Menschen, denen ein Medikament ohne Wirkstoff verabreicht wurde. Es traten Nebenwirkungen auf, die insbesondere den Magen-Darm-Trakt betrafen. Das Wohlbefinden verbesserte sich nur geringfügig.

Einschränkung der Ergebnisse

Die Studien dauerten bis zu 15 Monate. Es lässt sich nicht sagen, welche Wirkungen und Nebenwirkungen Semaglutid über einen längeren Zeitraum ausübt. Die Ergebnisse lassen sich nicht auf Kinder, Jugendliche und ältere Menschen übertragen. Die Studien zeigen nicht, ob die Gewichtsabnahme durch Semaglutid dauerhaft ist. An den Studien nahmen Personen mit und ohne Begleiterkrankungen teil. Die Basistherapien unterschieden sich in den Studien. 
 

Hilft Semaglutid beim Abnehmen?

Ärztliche Leitlinien empfehlen, dass Menschen mit Übergewicht (BMI 25 bis 35) innerhalb von einem Jahr 5 Prozent ihres Gewichts abnehmen sollten. Bei einer Person, die 100 Kilogramm wiegt, wären das z. B. 5 Kilogramm. Menschen mit einem BMI von 35 oder höher sollten sogar 10 Prozent ihres Körpergewichts abnehmen. Bei einer Person, die 100 Kilogramm wiegt, wären das also 10 Kilogramm.

Wie viele Personen haben mit der Einnahme von Semaglutid innerhalb eines Jahres fünf Prozent oder mehr ihres Gewichts verloren?

79 von 100 Personen, die Semaglutid einnahmen, verloren 5 Prozent oder mehr ihres Gewichts. In den Kontrollgruppen nahmen 35 von 100 Personen 5 Prozent oder mehr ihres Gewichts ab.

Wie viele Personen haben mit der Einnahme von Semaglutid innerhalb eines Jahres zehn Prozent oder mehr ihres Gewichts verloren?

61 von 100 Personen, die Semaglutid einnahmen, verloren zehn Prozent oder mehr ihres Gewichts. In den Kontrollgruppen nahmen insgesamt 14 von 100 Personen 10 Prozent oder mehr ihres Gewichts ab.

Die oben dargestellten Informationen entstammen einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2022. Diese berücksichtigte die Daten aus fünf einzelnen Untersuchungen (RCTs) mit insgesamt 4724 Teilnehmenden mit Übergewicht oder Adipositas (BMI > 27kg/m2) mit und ohne Begleiterkrankungen. Das Durchschnittsalter lag zwischen 42 bis 55 Jahren. 33 bis 81 Prozent der Teilnehmenden waren Frauen. Der durchschnittliche BMI der Teilnehmenden betrug 33,8 bis 40 kg/m2. Die Studien waren mehrheitlich internationale multizentrisch durchgeführte RCTs und dauerten zwischen drei und 15 Monaten. Die Qualität der Evidenz wurde insgesamt als moderat eingestuft.

In den Testgruppen, die Semaglutid einnahmen, verbesserte sich das Wohlbefinden etwas mehr als in den Kontrollgruppen. Die Verbesserung bezog sich jedoch nur auf die „körperliche Funktionsfähigkeit“ und es ist unsicher, ob diese Änderung für die Teilnehmenden wirklich spürbar war. 

Die Informationen zum Wohlbefinden beruhen auf einer systematischen Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2022, mit Daten aus vier Einzelstudien (RCTs) von insgesamt bis zu 4586 Teilnehmenden mit Übergewicht oder Adipositas (BMI > 27 kg/m2). Das Durchschnittsalter lag zwischen 42 bis 55 Jahren. 33 bis 81 Prozent der Teilnehmenden waren Frauen. Der durchschnittliche BMI der Teilnehmenden betrug 33,8 bis 40 kg/m2. Die Lebensqualität wurde mit den Fragebögen IWQoL und SF-36 erhoben. IWQoL bedeutet „Impact of Weight on Quality of Life“, übersetzt „Einfluss des Körpergewichts auf die Lebensqualität“. Der IWQoL misst also den Einfluss des Körpergewichts auf die Lebensqualität. Der SF-36-(Short-Form-36)-Fragebogen misst die generelle Lebensqualität unabhängig von einer bestimmten Erkrankung. Die Studien waren mehrheitlich internationale multizentrisch durchgeführte RCTs und dauerten zwischen drei und 15 Monaten. Die Aussagekraft der Ergebnisse wurde insgesamt als moderat eingestuft.

Welche Nebenwirkungen können unter Semaglutid auftreten und wie häufig sind sie?

In den Gruppen, die Semaglutid einnahmen, traten häufiger Nebenwirkungen auf als in den Kontrollgruppen. Die häufigsten Nebenwirkungen betrafen den Magen-Darm-Trakt. 68 von 100 Personen, die Semaglutid spritzten, hatten Magen-Darm-Beschwerden. In den Kontrollgruppen mit Placebo war dies bei 27 von 100 Personen der Fall.

Die Zahlen zu den Nebenwirkungen stammen aus zwei systematischen Übersichtsarbeiten aus dem Jahr 2022 mit Daten aus sieben Einzeluntersuchungen (RCTs) mit insgesamt 4950 Teilnehmenden bzw. fünf Einzeluntersuchungen (RCTs) mit insgesamt 4421 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie einem zusätzlichen RCT, an dem 213 Personen teilnahmen.

Die Studien waren mehrheitlich internationale multizentrische RCTs mit einer Studiendauer von drei bis 15 Monaten. Die Qualität der Evidenz wurde insgesamt als moderat eingestuft.

Die Teilnehmenden in den Studien bekamen unterschiedliche Basistherapien. Es bleibt daher unklar, ob es eine besonders wirksame Kombination von Basistherapie und Semaglutid gibt.
Die längsten Studien dauerten 15 Monate. Es lässt sich nicht sagen, wie Semaglutid die Gewichtsabnahme und die allgemeine Gesundheit über einen längeren Zeitraum beeinflusst. 
An den Studien nahmen Erwachsene mit und ohne Begleiterkrankungen teil. Daher bleibt unklar, welche Patientengruppe eher von einer Behandlung mit Semaglutid profitiert als eine andere.

Es gibt noch weitere Medikamente, die bei Adipositas eingesetzt werden können.

Auch für diese haben wir uns die Studienlage angeschaut:

Zum Studiencheck Orlistat
Zum Studiencheck Bupropion/Naltrexon
Zum Studiencheck Liraglutid

Was ist Adipositas

Adipositas ‒ oder Fettleibigkeit ‒ nimmt immer weiter zu und ist mit zahlreichen Folgeerkrankungen verbunden. Welche das sind und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt:

Adipositas im Überblick

Quellen und Hinweise

Unsere Gesundheitsinformationen können eine gesundheitsbezogene Entscheidung unterstützen. Sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin und dienen nicht der Selbstdiagnostik oder Behandlung.

Deutsche Adipositas-Gesellschaft. Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur "Prävention und Therapie der Adipositas": Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG); 2014 [Stand: 21.02.2022]. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/assets/guidelines/050-001l_S3_Adipositas_Prävention_Therapie_2014-11-abgelaufen.pdf

European Medicines Agency. Assesment regort Wegovy: International non-proprietary name: semaglutide; Prodcedure No. EMEA/H/C/005422/0000 [Stand: 28.02.2023]. Verfügbar unter: https://www.ema.europa.eu/en/documents/assessment-report/wegovy-epar-public-assessment-report_en.pdf

He K, Guo Q, Zhang H, Xi W, Li J, Jing Z. Once-weekly semaglutide for obesity or overweight: A systematic review and meta-analysis. Diabetes Obes Metab 2022; 24(4):722–6. Verfügbar unter: https://ovidsp.ovid.com/ovidweb.cgi?T=JS&CSC=Y&NEWS=N&PAGE=fulltext&D=med20&AN=34866313 https://dom-pubs.onlinelibrary.wiley.com/doi/pdfdirect/10.1111/dom.14612?download=true

Shi Q, Wang Y, Hao Q, Vandvik PO, Guyatt G, Li J et al. Pharmacotherapy for adults with overweight and obesity: a systematic review and network meta-analysis of randomised controlled trials. 2021/12/14. Lancet; 2022. ( Bd. 399). Verfügbar unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/34895470

Rubino DM, Greenway FL, Khalid U, O'Neil PM, Rosenstock J, Sorrig R et al. Effect of Weekly Subcutaneous Semaglutide vs Daily Liraglutide on Body Weight in Adults With Overweight or Obesity Without Diabetes: The STEP 8 Randomized Clinical Trial. JAMA 2022; 327(2):138–50. Verfügbar unter:https://ovidsp.ovid.com/ovidweb.cgi?T=JS&CSC=Y&NEWS=N&PAGE=fulltext&D=med20&AN=35015037

ttps://jamanetwork.com/journals/jama/articlepdf/2787907/jama_rubino_2022_oi_ 210142_1641310203.77797.pdf

Unsere Angebote werden regelmäßig geprüft und bei neuen Erkenntnissen angepasst. Eine umfassende Prüfung findet alle drei bis fünf Jahre statt. Wir folgen damit den einschlägigen Expertenempfehlungen, z.B. des Deutschen Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin.

Informationen dazu, nach welchen Methoden die Stiftung Gesundheitswissen ihre Angebote erstellt, können Sie in unserem Methodenpapier nachlesen.

Autoren und Autorinnen:
Jochen Randig
Jochen Randig

Jochen Randig

Senior-Multimedia-Producer / Fachleitung multimediale Formate
Jochen Randig ist Kommunikationswissenschaftler mit Schwerpunkt Bewegtbild. Für die Stiftung konzipiert er multimediale Formate und ist für die Qualitätssicherung und Dienstleistersteuerung in diesem Bereich zuständig.
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Lisa-Marie Ströhlein
Lisa-Marie Ströhlein

Lisa-Marie Ströhlein

Medical Writerin
Lisa-Marie Ströhlein studierte Medizinische Biologie mit dem Schwerpunkt Wissenschaftskommunikation. Für die Stiftung bereitet sie komplexe medizinische Themen und Inhalte in laienverständlicher Sprache auf.
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Dr. Pia Gamradt
Dr. Pia Gamradt

Dr. Pia Gamradt

Referentin Evidenzbasierte Medizin
Dr. Pia Gamradt ist studierte Biologin mit Schwerpunkt immunologische Grundlagenforschung. Für die Stiftung erstellt sie wissenschaftliche Inhalte für multimediale Informationsangebote und unterstützt bei wissenschaftlichen Projekten.
Wissenschaftliche Beratung:
Prof. Dr. Andrea Siebenhofer-Kroitzsch
Foto von Prof. Dr. Andrea Siebenhofer-Kroitzsch

Prof. Dr. Andrea Siebenhofer-Kroitzsch

Univ. Prof. Dr. Andrea Siebenhofer-Kroitzsch promovierte 1993 an der Karl-Franzens-Universität Graz und ist seit 2000 Fachärztin für Innere Medizin. Die Habilitation im Fach der Inneren Medizin erfolgte 2004. Von 2005 bis 2014 hatte sie die Gesamtleitung und wissenschaftliche Leitung der Research Unit „EBM Review Center“ der Medizinischen Universität Graz inne. Seit 2009 ist sie Professorin für chronische Krankheit und Versorgungsforschung und stellvertretende Direktorin und Leiterin des Arbeitsbereichs Chronische Krankheit und Versorgungsforschung am Institut für Allgemeinmedizin, an der J.W. Goethe Universität in Frankfurt am Main. 2015 wurde Frau Siebenhofer-Kroitzsch zur Universitätsprofessorin für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung berufen und mit der Leitung des neu gegründeten Instituts für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung der Medizinischen Universität Graz betraut.
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Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch
Portrait Univ.Ass. Mag.rer.nat. Thomas Semlitsch

Univ. Ass. Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch

Mag. rer. nat. Thomas Semlitsch studierte Chemie mit dem Ausbildungsschwerpunkt Biochemie und Zellbiologie der Karl Franzens Universität Graz. Vor seiner Anstellung an der Medizinischen Universität Graz war er mehrere Jahre im Bereich Qualitätsmanagement und als Koordinator klinischer Studien an einer österreichischen Privatklinik tätig und absolvierte 2007 eine Post-Graduate Ausbildung zum Good Laboratory Practice (GLP) -Beauftragten für den Bereich analytisches Labor. Von 2008 bis 2014 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Research Unit „EBM Review Center“ der Medizinischen Universität Graz und von 2011 bis 2014 auch am Institut für Biomedizin und Gesundheitswissenschaften der Joanneum Research Forschungsgesellschaft tätig. Seit 2015 ist er als Univ. Assistent am Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung im Fachbereich Evidenzbasierte Medizin beschäftigt. Herr Semlitsch ist seit 2018 Fachbereichssprecher der Sektion Österreich und somit Mitglied des erweiternden Vorstands des Deutschen Netzwerks Evidenz basierte Medizin (DNEbM).

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Erstellt am: 04.08.2023